Lebensdaten
1838 – 1915
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Industrieller ; Gründer und Generaldirektor der AEG
Konfession
jüdisch?
Normdaten
GND: 118598422 | OGND | VIAF: 20473040
Namensvarianten
  • Rathenau, Emil Moritz
  • Rathenau, Emil
  • Rathenau, Emil Moritz
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Orte

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Zitierweise

Rathenau, Emil, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118598422.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Moses (Moritz) (1800–71), aus Prenzlau, Getreidehändler in B., S d. Abraham Salomon Rathenauer (1752–1830);
    M Therese (1819–95), T d. Joseph Liebermann (1783–1860), Kattunfabr. in Märk. Friedland, Bes. d. Eisenwerks Wilhelmshütte in Sprottau;
    Om Benjamin Liebermann (1812–1901), Inh. e. Kattundruckerei, stellv. Vors. d. Ältestenkollegiums d. Berliner Kaufmannschaft, Präs. d. Dt. Handelstags, GKR (s. BJ VI, Tl.), Louis Liebermann (1819–94), Kattun- u. Garnfabr. in B. (alle s. NDB 14*);
    B Albert (1837–1923), Oscar (1840–1926);
    Vt Carl Liebermann (1842–1914), o. Prof. d. organ. Chemie an d. Gewerbeak. in Berlin, ao. Prof. an d. Univ. Berlin, mit C. Graebe Entdecker d. künstl. Alizarins (s. NDB 21*), Felix Liebermann (1851–1925), Rechtshist., Max Liebermann (1849–1935), Maler, Graphiker (alle s. NDB 14);
    - 1866 Mathilde (1845–1926), T d. Isaak Nachmann (1816–70), Bankier in Frankfurt/M.;
    2 S Walther (s. 2), Erich (1871–1903), Untern., trat nach e. elektrotechn. Studium in d. AEG ein, leitete seit 1897 d. im Bau befindl. Kabelwerk Oberspree, 1900-01 Vorstandsmitgl. d. AEG, 1 T Edith (1883–1951, Fritz Andreae, 1873–1950, Bankier, während d. 1. Weltkriegs Mitarb. im Reichswirtsch.min., Mäzen, u. a. Förderer Max Reinhardts, emigrierte 1939 n. Zürich, s. NDB I; BHdE I).

  • Biographie

    R. besuchte die Berliner Knabenschule von Marggraf und das Gymnasium „Zum Grauen Kloster“, das er nach der Obersekunda verließ. 1855 begann er eine Lehre als Maschinenbauer an der großväterlichen „Wilhelmshütte“ in Sprottau. 1859 nahm er ein Studium am Polytechnikum in Hannover auf. Eine Erbschaft ermöglichte ihm die Fortsetzung seiner Studien an der ETH Zürich, die er 1862 mit dem Examen zum Diplomingenieur abschloß. Nach kurzer Tätigkeit bei der Lokomotivfabrik August Borsig in Berlin ging R. für zwei Jahre nach England, wo er in verschiedenen Maschinenfabriken seine technischen Kenntnisse vertiefte.

    1865 übernahm er in Berlin zusammen mit seinem Schulfreund Julius Valentin (1840-n. 1918) die kleine Maschinenfabrik M. Webers, in der er seine im Ausland erworbenen Erfahrungen in die Praxis umzusetzen versuchte. Das Startkapital für diese Unternehmung stammte zum Teil aus der Mitgift seiner Ehefrau. Mit der erfolgreichen Produktion von transportablen Einheitsdampfmaschinen|wuchs das Unternehmen. Die von seinem Kompagnon betriebene Umwandlung der Fabrik in eine Aktiengesellschaft lehnte R. ab. Er ließ sich, als er diese nicht verhindern konnte, auszahlen und arbeitete in der AG als angestellter Direktor weiter. Als das Unternehmen infolge der Gründerkrise 1875 in Liquidation geriet, schied R. ohne Verluste aus, sein unternehmerisches Renommee war allerdings vorübergehend beschädigt.

    In den nächsten Jahren zog sich R. aus dem Berufsleben zurück und begann eine intensive Reisetätigkeit, u. a. zu den Weltausstellungen. Ein Projekt zum Aufbau eines Berliner Fernsprechnetzes zog R. wieder zurück, nachdem dieses nur unter der Maßgabe eines Monopols der Post durchgeführt werden sollte. Auf der Internationalen Elektrizitäts-Ausstellung 1881 in Paris erkannte er die Zukunftschancen der dort gezeigten Kohlenfadenlampe Thomas A. Edisons (1847–1931) und erwarb 1882 die Edison-Patente für Deutschland. 1883 wurde in Berlin die „Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Elektricität AG“ gegründet, deren Leitung R. als zunächst einziges Vorstandsmitglied übernahm; später wurde der Vorstand noch um Oskar v. Miller (1855–1934) und Felix Deutsch (1858–1928) erweitert.

    1887 wurde das Grundkapital der Gesellschaft von 5 auf 12 Mio. Mark aufgestockt, die Verbindung zur amerik. Muttergesellschaft gelöst und das Unternehmen in „Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft“ (AEG) umbenannt. „Siemens & Halske“ und die „Dt. Bank“ stiegen als Anteilseigener in das neue Unternehmen ein. Die Einbeziehung der Konkurrenz Siemens & Halske in die Gründung zeugt von R.s unternehmerischem Weitblick und taktischem Geschick. Eine vertraglich geregelte Interessenabgrenzung mit Siemens ließ der AEG v. a. freie Hand im Konzessions- und Finanzierungsgeschäft. Innerhalb von wenigen Jahren gelang es R., aus der AEG ein international tätiges Unternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern zu formen, das in sämtlichen Bereichen der Starkstromtechnik tätig war. Nachdem die AEG zunehmend Siemens & Halske die Rolle als führendes dt. Unternehmen der Elektroindustrie streitig machte, wurde 1894 die vertraglich geregelte Zusammenarbeit gelöst. Dies schloß jedoch künftige Kooperationen nicht aus, wie etwa die gemeinsame Gründung der „Gesellschaft für drahtlose Telegraphie“ (Telefunken) 1903.

    Die Krise der Elektroindustrie um die Jahrhundertwende überstand die AEG ohne Schaden; es gelang R. sogar, durch eine geschickte Kooperations- und Beteiligungspolitik, u. a. mit dem amerik. Marktführer „General Electric“, die Position des Unternehmens weiter auszubauen. 1910 folgte die Angliederung der „Felten & Guilleaume-Lahmeyer“-Werke, die u. a. dem Ausbau der AEG-Präsenz in Süddeutschland und dem rhein.-westfäl. Industriegebiet diente. Seit 1912 zog sich R. krankheitsbedingt aus der Unternehmensleitung zurück und übertrug eine Reihe von Aufgaben an seinen Sohn Walther, zeichnete jedoch weiterhin alleinverantwortlich für den Geschäftsbericht. Vor Ausbruch des 1. Weltkriegs war die AEG eines der weltweit größten Unternehmen der Branche mit ca. 70 000 Beschäftigten.

    Nach 1945 gelang es der AEG trotz Demontagen und Enteignungen, noch einmal an die Weltspitze zurückzukehren. Seit Mitte der 70er Jahre begann der Niedergang des Unternehmens, der zur schrittweisen Veräußerung der verschiedenen Unternehmensteile führte. 1996 wurde der verbleibende Firmenrest in die „Daimler-Benz AG“ eingegliedert, die seit 1985 wesentlich am AEG-Kapital beteiligt war.

    R. verkörpert einen neuen Typ des Manager-Unternehmers, der sich deutlich vom klassischen Erfinder-Unternehmer eines Werner v. Siemens absetzt. R. verfügte zwar über eingehende Fachkenntnisse im Maschinenbau, seine hervorstechenden Qualitäten aber waren sein Gespür für strategische Unternehmensplanung, Marktbeobachtung und v. a. eines bis dahin in dt. Unternehmen kaum bekannten Marketings.|

  • Auszeichnungen

    Dr. phil. h. c.;
    Dr. techn. h. c.;
    Dr.-Ing. E. h.;
    Roter Adlerorden II. Kl., mit Eichenlaub;
    Kreuz II. Kl. d. Kronenordens;
    Kommandeurkreuz d. Belg. Leopold-Ordens;
    Österr. Orden d. Eisernen Krone III. Kl.;
    Offz.kreuz d. Franz. Ordens d. Ehrenlegion;
    Geh. Baurat (1900);
    Grashof-Gedenkmünze (1907);
    Emil Rathenau-Medaille f. „verdiente Beamte u. Arbeiter“ d. AEG u. d. Berliner Elekricitätswerke (1908);
    Brunnen im Volkspark Rehberge, Berlin-Mitte;
    Denkmal auf d. Wulheide, Berlin, Treptow-Köpenick;
    Gedenktafel, Markgrafenstr. 35, Berlin-Mitte;
    Straße, Berlin, Treptow-Köpenick.

  • Werke

    Erinnerung, in: Die Zukunft 65, 1908, S. 448 f.;
    Aufgaben d. Elektrizitaets-Ind., (um 1909).

  • Literatur

    A. Riedler, E. R. u. d. Werden d. Großwirtsch., 1916;
    F. Pinner, E. R. u. d. elektr. Za., 1918;
    ders., in: Dt. Wirtsch.führer, 1925, S. 11-27;
    I. Bauer-Keetman, in: Dt. Ind.pioniere, 1966, S. 172-92;
    S. v. Weiher, Berlins Weg z. Elektropolis, 1974 (P);
    M. Pohl, E. R. u. d. AEG, 1988, G. Buchheim, in: Biogrr. bedeutender Untern., hg. v. dems. u. W. D. Hartmann, 1991, S. 219-26;
    L. Gall u. a., Gesch. d. Dt. Bank, 1995, S. 34 f., 37 f.;
    W. Feldenkirchen,|Siemens, 1997, S. 57 f., 60 f., 91;
    G. D. Feldman, Hugo Stinnes, Biogr. e. Industr., 1870–1924, 1998, S. 129 f.;
    P. Strunk, Die AEG, Aufstieg u. Niedergang e. Industrielegende, 1999, S. 18-41;
    U. Mader, E. u. Walther R. in d. elektrotechn. Ind. (1888–1907), 2000;
    DBJ I, S. 158-67 u. Tl.;
    Berlin. Lb., Techniker, 1990;
    Lex. Elektrotechniker.

  • Porträts

    Gem. v. M. Liebermann, 1908 (Berlin, Nat.gal.);
    Bronzebüste d. Ehepaares Rathenau v. H. Hahn, 1898 (verschollen).

  • Autor/in

    Manfred Pohl
  • Zitierweise

    Pohl, Manfred, "Rathenau, Emil" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 172-173 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118598422.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA