Lebensdaten
1889 – 1981
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Burgbrohl (Eifel)
Beruf/Funktion
Bildhauer ; Graphiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118577573 | OGND | VIAF: 22414432
Namensvarianten
  • Marcks, Gerhard

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Zitierweise

Marcks, Gerhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118577573.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (1832–1912), Getreidekaufm. in Berlin, S d. Ferdinand (1804–84), aus Dramburg (Pommern), Geh. Kanzleirat in Berlin, u. d. Friederike Louise Volmar;
    M Marie (1853–1906), T d. Gutsbes. Heinrich Gottlieb Nordmann (1818–95) u. d. Wilhelmine Eltze;
    Vt Erich (s. 1);
    - Berlin 1914 Maria (1886–1983), T d. Geh. Sanitätsrats Carl Schmidtlein (1852–1917) u. d. Ida Hammacher;
    2 S (1 ⚔), 3 T;
    N Erich (s. 2).

  • Biographie

    M. wurde durch seine romantische Neigung bald zum Anhänger einer technikfeindlichen Reformbewegung, die dem pathetischen Historismus der wilhelminischen Staatskunst Einfachheit, Echtheit und Maßhaltung entgegenhielt. Als Autodidakt schloß er sich, zunächst als Tierbildhauer, dem Künstlerkreis um die Neue Sezession an. Die Bildhauer August Gaul, Georg Kolbe und Richard Scheibe – mit diesem teilte er das Atelier – sowie der Architekt Walter Gropius wurden seine Freunde. Für die Skulptur erkannte er das Primat der Architektur an, ohne jemals einen selbstgenügsamen Formalismus überhandnehmen zu lassen. Er fertigte Modelle für Porzellan, Keramik und Böttger-Steinzeug, die in den Schwarzburger Werkstätten von Unterweißbach, der Steingutfabrik Velten-Vordamm und der Manufaktur Meißen seriell produziert wurden. Die Bauten von Gropius für die Kölner Werkbund-Ausstellung 1914 stattete er mit figürlichen Reliefs aus.

    Bereits Ende 1914 aus dem Krieg verletzt heimgekehrt, wurde er mit der Betreuung von Kriegsgräbern in Ostpreußen beauftragt. 1918 kehrte er nach Berlin zurück. In seiner Kunst bemühte er sich nun, wie viele seiner Generation, in Auseinandersetzung mit dem Expressionismus und der Gotik einer neuen Spiritualität künstlerisch Ausdruck zu verschaffen. Den Künstlervereinigungen „Sturm“ und „Novembergruppe“ gehörte er lose an und beteiligte sich an dem utopischen Plan einer vom „Ethos der Form“ durchdrungenen Lebensgemeinschaft. Bruno Traut nahm ihn als Zeichenlehrer am Kunstgewerbemuseum auf, und Gropius übertrug ihm 1919 den Aufbau der Keramischen Werkstatt in seinem neu gegründeten Weimarer Bauhaus. Mit notdürftigsten Mitteln richtete M. im Marstall der alten Schloßgebäude als Form-Meister zusammen mit dem thür. Töpfer Max Krehan als Werk-Meister und seinen Schülern Otto Lindig, Theodor Bogler und Rudolf und Marguerite Friedländer-Wildenhain die Werkstatt ein. Auf der Grundlage des Handwerks, getreu dem ersten Manifest von Gropius, entwickelte er eine seriell auswertbare Gefäßform, die das Elementare der griech.-archaischen Vasen mit der thür. Töpfertradition verbindet. Tradition behandelte M. seither stets in einem sinnfälligen Verweis auf Ursprung und Wurzeln. Einer im Bauhaus propagierten Interdependenz von Kunst und Technik trat er mit. Entschiedenheit entgegen und trennte sich schließlich von der Schule und ihren Prinzipien. In seinem Werk kam nun eine neue Volumenfülle zur Wirkung. Die Skulptur, meist aus Holz oder Ton, sowie die ca. 125 Holzschnitte jener Zeit sind von disparaten, einander kontrastierenden Elementen und Kräften durchdrungen, aber dennoch wohlgeordnet und ausgeglichen zu einem Ganzen zusammengehalten.

    M. folgte 1925 dem Ruf Paul Thierschs ins Lehramt für Bildhauerei an die Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein b. Halle. Bei einem Aufenthalt in Paris wurde er von der Plastik Rodins zu einer vom Kern her bewegten und erregten Körperlichkeit gelenkt. Die Modellstudie wurde nun zu einem unverzichtbaren Medium. Dabei blieben die im Bauhaus gewonnenen Erfahrungen eines überschaubaren Formverbundes gewahrt. Eine Stipendienreise nach Griechenland 1928 wurde zum auslösenden Ereignis; an der archaischen Plastik erkannte er eigene künstlerische Ziele. Eine reife Schaffensphase setzte ein, in der die Gestalt auf das Tragende ihrer Substanz geprüft und nach Gewicht und Proportion ausgerichtet war.

    1933 wurde M., der inzwischen die kommissarische Leitung der Schule übernommen und zahlreiche ehemalige Kollegen und Schüler vom Bauhaus nachgezogen hatte, von den Nationalsozialisten aus seinem Amt entlassen. Seine Werke wurden beschlagnahmt und zerstört, er erhielt ein teilweises Ausstellungsverbot und wurde zu öffentlichen Aufträgen nicht mehr herangezogen. In seinem Domizil in Ahrenshoop, später in Niehagen an der Ostsee, entstanden kleine Plastiken von fragilem, hintergründigem Charakter. 1939 konnte er sich in Berlin-Nikolasee ein Atelierhaus bauen, wo nun wieder größere Werke entstanden, Mahnbilder an die Zügellosigkeit und an das Kriegsgetöse seiner Umwelt: „Eirene“, „Ecce homo“, „Ver sacrum“, „Rosselenkerin“. 1943 wurde das Atelier mit einem Teil seiner Werke von Bombenangriffen zerstört.

    1946 übernahm M. die Abteilung für Bildhauerei an der Hamburger Landeskunstschule. Es begann eine Zeit der großen Aufträge, Denkmäler, Toten- und Mahnmale: Der „Figurenfries für die Lübecker Katharinenkirche“ (1947), den Ernst Barlach vor|1933 begonnen hatte, der „Charonsnachen“ (1951) für die Hamburger Bombenopfer, die „Trauernde“ für Köln, der „Mannheimer Engel“ und anderes. M. nahm den Holzschnitt wieder auf, fand eine neue Art der Tierdarstellung. In seiner Kleinplastik verdichteten sich spontanere und intimere Eindrücke zu monumentaler Form.

    1950 stellte die Stadt Köln M. in Müngersdorf ein Atelierhaus zur Verfügung. Hier entstand in drei Jahrzehnten ein reiches Alterswerk mit Aufträgen von Kommunen, Kirchen, Universitäten und Schulen: Denkmäler, in denen M. Zeichen und Symbole fand, die einer Gesellschaft des Wiederaufbaus warnend Leitbilder entgegen halten. Reisen nach Afrika, USA, nach Mexiko und immer wieder nach Italien und Griechenland fanden im Werk ihren Niederschlag. Seit Mitte der 50er Jahre geriet M. im Vormarsch der abstrakten Kunst aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Wohl bedachte man ihn mit Ehrungen, doch fand sein „Ethos der Form“ im expandierenden „Informel“ einer raumgreifenden Plastik bei den Jüngeren nicht mehr den selben Anklang wie früher. Der große „Orpheus“ (1959) wirkte wie ein Appell zur Rückbesinnung auf eine europäische Kunst und auf ihren Ursprung in Griechenland. Seit 1960 hielt sich M. häufig in seinem Sommerhaus auf der Insel Aegina auf, seit 1970 in der Eifel, wo er sich besonders dem Landschaftspastell widmete. In den späten Jahren trat die romantische Naturbetrachtung wieder in den Vordergrund. – M. bekannte sich betont zu seinen Berliner Bildhauer-Ahnen Schlüter, Schadow, Rauch, zu Hildebrand und Gaul und setzte die Linie dieser Tradition bis weit in unser Jahrhundert hinein fort.|

  • Auszeichnungen

    Orden Pour le Mérite f. Wiss. u. Künste;
    Mitgl. d. Berliner Ak. d. Schönen Künste u. d. Bayer. Ak. d. Schönen Künste.

  • Werke

    (Aufbewahrung: G. M.-Stiftung, Bremen ; sonst eigene Angabe) Frau mit Säugling, Relief, 1919;
    Thüringer Mutter, 1920 (Privatbes.);
    Gewandfigur, 1924 (zerstört);
    Die Erde, 1926 (Privatbes.);
    Kuh u. Pferd f. Kröllwitzer Brücke, Halle, 1928;
    Betende, 1928;
    Thüringer Venus, 1930;
    Still allein, 1933 (Bayer. Staatsgem.slg., München);
    Seraphita, 1933 (Städt. Mus. Wiesbaden u. a.);
    Shenandoah, 1933 (zerstört);
    Alcina, 1934 (Collection Morton D. May, Saint Louis/Missouri u. a.);
    Konradin u. Friedrich, 1935 (Kunsthalle Mannheim);
    Schwimmerin, 1938 (Staatl. Mus. Berlin [Ost], Nat.gal. u. a.);
    Nanna, 1939 (Privatbes.);
    Maja, 1942 (Staatl. Mus. Preuß. Kulturbes., Nat.gal. Berlin);
    Gefesselter Prometheus, 1948;
    Freya, 1949 (Modern Art Mus., New York);
    Bremer Stadtmusikanten, 1951 (am Rathaus Bremen u. a.);
    Venus u. Amor, 1952;
    Adam u. Eva, 1954;
    Albertus Magnus, 1955 (Univ. Köln);
    Hererofrau, 1955;
    Oeynhauser Kruzifix, 1956 (Auferstehungskirche Bad Oeynhausen);
    Staffelläufer, 1956 (Antwerpen u. a.);
    Hiob, 1957 (Friedhof Frankfurt/Main);
    Portal f. d. Marktkirche Hannover, 1958;
    Ödipus u. Antigone, 1960;
    Prophet u. Genius, 1961;
    Portal f. d. Nikolaikirche Bielefeld, 1962;
    Trauernde f. Bourdon, 1964 (Dt. Soldatenfriedhof Bourdon/Somme);
    Aegina, 1966 (Wallanlagen Bremen);
    Palmström, 1973;
    Jupiter, 1976;
    Prometheus, 1981. – Graphiken: Holzschnittmappe, Wielandslied d. Edda, 1923;
    Orpheus, 1947;
    Fabeln d. Aesop, 1949;
    Von d. Fischer un syner Fru, 1955;
    Stierkampf-Serie, 1951;
    Afrikana-Serie, 1955;
    Homer I, Gesänge V, VI, IX, X, XII, 1963;
    Homer II, Die Heimkehr, Gesänge XIII-XXIV, 1976. – Gedichte, 1984;
    Briefe an E. Rathenau (hrsg. v. E. Rathenau), 1985. |

  • Nachlass

    Nachlaß: G. M.-Stiftung, Bremen; German. Nat.mus. Nürnberg.

  • Literatur

    W. Grohmann, Der Bildhauer G. M., in: Die Kunst 38, 1937, H. 11, S. 328-32;
    W. Schöne, G. M., 24 Zeichnungen, 1949;
    G. Busch, G. M., Tierplastik, 1954;
    ders., G. M., Similia, Bildhauerzeichnungen nach alten Meistern, 1964;
    ders., Buch d. Holzschnitte, 1984;
    ders. u. M. Rudloff, G. M. – Das plast. Werk, 1977 (W-Verz., L, Verz. d. Ausst., P);
    A. Rieth, G. M., 1959;
    E. Rathenau (Hrsg.), G. M., Seraphita, m. Vorwort v. E. Redslob, 1967;
    J. J. Keller, G. M. u. Griechenland, 1979;
    M. Rudloff, in: Die Gr. Deutschen VI, 1985;
    U. Frenzel, G. M., Leben u. Werk, 1987;
    ThB;
    Vollmer.

  • Porträts

    Gem. v. L. v. König, 1942, v. H. Gf. Luckner, 1959, beide abgeb. b. Busch u. Rudloff, 1977, s. L.

  • Autor/in

    Martina Rudloff
  • Zitierweise

    Rudloff, Martina, "Marcks, Gerhard" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 125-127 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118577573.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA