Lebensdaten
1874 – 1948
Geburtsort
Darmstadt
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Jurist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118564668 | OGND | VIAF: 57406793
Namensvarianten
  • Kohlrausch, Eduard
  • Kohlrausch, Ed.
  • Cohlrausch, Eduard
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Kohlrausch, Eduard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118564668.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich (s. 2);
    - 1902 Helene (1877–1971), T d. Theodor Carl [Fam.name] (1837-1905), Geh. Oberregierungsrat u. Dir. d. Verkehrssteuern in Elsaß-Lothringen, u. d. Elisabeth Hooß; Schwager Friedrich Carl [Fam.name] (1876-1968), Präs. d. Landesfinanzamts Unterweser in Bremen, 1920-21 Reichskommissar f. d. Vereinfachung u. Vereinheitlichung d. Reichsverwaltung (s. Rhdb., P);
    1 S, 3 T.

  • Biographie

    K. studierte 1893-96 Rechtswissenschaft in Straßburg, Leipzig und Berlin (Referendarprüfung 1897). 1898 promovierte er mit einer Arbeit „Zur prozessualen Behandlung der Idealkonkurrenz“ in Greifswald zum Dr. iur. Von entscheidender Bedeutung für seine weitere Entwicklung wurde die Begegnung mit Franz von Liszt, dem Begründer und Führer der deutschen soziologischen („modernen“) Strafrechtsschule, der seit 1899, von Halle kommend, als Ordinarius an der Universität Berlin lehrte. K. wurde 1899 noch in Halle Mitglied des Lisztschen Kriminalistischen Seminars und war bis 1902 in Berlin Liszts Assistent. K.s Laufbahn als Hochschullehrer, die 1902 mit der Habilitation bei Karl von Lilienthal in Heidelberg begann, führte ihn 1903 auf den außerordentlichen, 1906 auf den ordentlichen Lehrstuhl für Strafrecht in Königsberg, 1913 auf ein Ordinariat in Straßburg und schließlich am 1.1.1919 als Nachfolger Liszts auf dessen Berliner Lehrstuhl. Nach dem Tode Liszts (1919) wurde K. dessen Nachfolger auch in der führenden Stellung bei den beiden Organen der neuen Richtung, der „Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft“ (ZStW) und der „Internationalen Kriminalistischen Vereinigung“ (IKV) mit ihrer Deutschen Landesgruppe. In der ZStW, zu deren Redaktion er schon seit dem 25. Jahrgang (1905) als Mitherausgeber gehört hatte, übernahm K. mit dem 43. Jahrgang (1922) die Stellung des geschäftsführenden Herausgebers; in der Deutschen Landesgruppe der IKV, dem Kern der unter den Nachwirkungen des Kriegs reduzierten internationalen Vereinigung, übte er als Schriftführer und seit 1931 als Vorsitzender maßgebenden Einfluß aus.

    Von diesen Positionen aus, zu denen noch sein Mit-, später Alleinvorsitz in der „Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen“ kam, hat K. in den Jahren der Weimarer Republik in der von Liszt begründeten strafrechtlichen Reformbewegung eine führende Rolle gespielt und im Dienst ihrer Propagierung und praktischen Realisierung, zumal im Bereich des Jugendstrafrechts, eine bedeutende Wirksamkeit entfaltet. Höhepunkt dieses kriminalpolitischen Engagements bildete sein kritisches Referat auf der Karlsruher Tagung der Deutschen Landesgruppe der IKV(1927), in dem er einen am Gedanken der Resozialisierung des Täters orientierten Strafbegriff mit äußerster Konsequenz vertrat (Mitteilung(en) IKV NF 3, 1928, S. 5). Ebenso wie Liszt war K. nicht nur Kriminalpolitiker, sondern auch hervorragender Strafrechtsdogmatiker. Methodisch vertrat er dabei als der südwestdeutschen Wertphilosophie nahestehender Kantianer im Unterschied zum naturalistischen Monismus Liszts einen prinzipiellen Dualismus von Sein und Sollen, von kausaler und wertender Betrachtungsweise. Von dieser Basis aus hat er insbesondere zur Systematik und Normativität des Schuldbegriffs sowie zur Problematik strafrechtlicher Zurechnung bedeutsame Untersuchungen vorgelegt. Zu ihnen zählen seine Habilitationsschrift über „Irrtum und Schuldbegriff im Strafrecht“ (1903) mit ihrer überzeugenden Kritik an der Rechtsirrtumslehre des Reichsgerichts und der glänzende Beitrag zur Festschrift für Güterbock (1910) über „Sollen und Können als Grundlage der strafrechtlichen Zurechnung“ mit dem viel zitierten Wort vom individuellen Können als „staatsnotwendiger Fiktion“. Dem nationalsozialistischen Regime gegenüber hat K. Festigkeit und Mut bewiesen. Rektor der Universität Berlin für das Amtsjahr 1932/33, hat er im Mai 1933 sein Amt niedergelegt, weil er nicht bereit war, die politischen Willkürakte im Universitätsbereich hinzunehmen. In den zur Reform des Strafrechts (1933) und des Strafprozeßrechts (1936) einberufenen amtlichen Kommissionen, denen er als Mitglied angehörte, ist K. entgegen den Tendenzen des herrschenden Systems beharrlich und nicht ohne Erfolg für die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze eingetreten. Seine vielgerühmte kommentierte Ausgabe des Strafgesetzbuchs (38. Auflage, mit R. Lange, 1944) erreichte den Höhepunkt ihrer Wirksamkeit und ihres Ansehens während des nationalsozialistischen Regimes, als K. das Schwergewicht der Erläuterungen auf die aktuelle Rechtsentwicklung verlegte und dabei mit rechtspolitischer Kritik an Gesetzgebung und Rechtsprechung nicht zurückhielt. Auch als akademischer Lehrer hat K. starke, prägende Wirkung ausgeübt.

  • Werke

    Weitere W u. a. Das „Gesetz betr. d. Bestrafung d. Entziehung elektr. Arb.“ u. s. Vorgesch., in: Zs. f. d. ges. Strafrechtswiss. 20, 1900, S. 459;
    Trunkenheit u. Trunksucht im Dt. Vorentwurf, ebd. 32, 1911, S. 645;
    Industriespionage, ebd. 50, 1932, S. 30;
    Sterilisation u. Strafrecht, ebd. 52, 1932, S. 383;
    Das kommende dt. Strafrecht, ebd. 55, 1936, S. 384;
    Für das Jugendgericht, ebd. 56, 1937, S. 459;
    Über deskriptive u. normative Elemente im Vergeltungsbegriff d. Strafrechts, in: Königsberger Kant-Festschr. 1904, S. 267;
    Zweikampf, in: Vgl. Darst. d. dt. u. ausländ. Strafrechts, Bes. T. 3, 1906, S. 125;
    Die Beschimpfung v. Rel.ges., 1908;
    Die Schuld, in: P. F. Aschrott u. F. v. Liszt, Reform d. Reichsstrafgesetzbuchs I, 1910, S. 180;
    Die „Straftat“ im dt. Strafgesetzentwurf 1919, in: Schweizer. Zs. f. Strafrecht 34, 1921, S. 156;
    Der Allg. T. d. Entwurfs 1925;
    in: P. F. Aschrott u. E. K., Reform d. Strafrechts, 1926, S. 3;
    Über Strafrechtsreform, Rede z. Reichsgründungsfeier d. Univ. Berlin, 1927;
    Strafrecht, in: Hdwb. d. Rechtswiss. V, 1928, S. 756;
    Die geistesgeschichtl. Krise d. Strafrechts, Berliner Rektoratsrede, 1932;
    Strafprozeßordnung u. Gerichtsvfg.gesetz, Textausg. mit Einl., Anm. u. Nebengesetzen, 241936;
    Vermögensverbrechen im Wandel d. Rechtsprechung u. d. Gesetzgebung, in: Festschr. f. Schlegelberger, 1936, S. 203;
    Täterschuld u. Teilnehmerschuld, in: Festschr. f. Bumke, 1939, S. 39;
    Hehler u. Nutznießer, in: Dt. Strafrecht, 1939, S. 113.

  • Literatur

    Probleme d. Strafrechtserneuerung, Festschr., 1944;
    P. Bockelmann, in: Göttinger Univ.-Ztg. v. 27.2.1948;
    R. Lange, in: Dt. Rechts-Zs. 3, 1948, S. 135;
    ders., in: Zs. f. d. ges. Strafrechtswiss. 86, 1974, S. 1;
    W. Gallas, ebd. 63, 1951, S. 1;
    G. Radbruch, in: Süddt. Juristenztg. 3, 1948, S. 222;
    Eberh. Schmidt, in: Schweizer. Zs. f. Strafrecht 63, 1948, S. 276;
    Rhdb. (P).

  • Autor/in

    Wilhelm Gallas
  • Zitierweise

    Gallas, Wilhelm, "Kohlrausch, Eduard" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 429-430 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118564668.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA