Lebensdaten
vor 714 – 754
Sterbeort
Vienne
Beruf/Funktion
fränkischer Hausmeier
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118560220 | OGND | VIAF: 231923533
Namensvarianten
  • Carlomannus
  • Karlmann
  • Carlomannus
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Zitierweise

Karlmann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560220.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl Martell ( 741, s. NDB XI);
    M Chrotrud ( 725);
    B Pippin d. J. ( 768), Hausmeier u. König;
    Halb-B Grifo ( 753, s. NDB VII);
    Schw Hiltrud ( 754, Odilo, 748, Hzg. v. Bayern);
    - N. N.;
    S, u. a. Drogo ( n. 754), v. K. als Nachf. vorgesehen, v. Pippin verdrängt;
    N Kaiser Karl d. Gr. ( 814, s. NDB XI), Kg. Karlmann ( 771, s. NDB XI).

  • Biographie

    K., der wahrscheinlich eine religiöse Erziehung genoß (in Willibrords Kloster Echternach?), begegnet erstmals 723 in einer Urkunde seines Vaters für Utrecht und übernahm 741, nach der vom Vater verfügten Reichsteilung, die Herrschaft in Austrien mit Alemannien und Thüringen, während Neustrien mit Burgund und Provence Pippin zufielen. K., in den ersten Jahren offensichtlich die treibende Kraft, war gewillt, im Bunde mit Bonifatius, der bisher auf die östlichen Randländer beschränkt geblieben war, auch die innerfränkische Kirche in römisch-kanonischem Geiste zu reformieren, wovon zugleich eine moralische und politische Festigung des karolingischen Prinzipats erwartet werden durfte.

    Die Ausschaltung des Halbbruders Grifo, den K. schon Ende 741 gefangensetzte, erstickte mögliche innerdynastische Kämpfe, aber die karolingische Herrschaft im Gesamtreich erwies sich keineswegs als bereits endgültig gesichert: die Herzöge Hunoald in Aquitanien, Theutbald in Alemannien, Odilo in Bayern sperrten sich gegen die Herrschaft der Hausmeier, die Sachsen gefährdeten die weiten Grenzen. Von diesen offenen Problemen gingen politische Rückwirkungen aus, die bald auch das kirchliche Reformwerk trafen.

    Im Jahr 742 unternahmen K. und Pippin einen Zug nach Aquitanien und bekräftigten (oder änderten?) in Le Vieux-Poitiers die Teilung des Reiches. Im Herbst des gleichen Jahres griffen beide (oder K. allein) auch in Alemannien militärisch ein. Offenbar die Widerstände der Herzöge ließen es den Hausmeiern geraten erscheinen, den seit 737 vakanten merowingischen Königsthron wieder zu besetzen; auf K.s Initiative wurde, wohl Anfang 743, Childerich III. erhoben.

    Unterdes hatte K. dem EB Bonifatius die Wege geebnet, so daß dieser 742 in Würzburg, Büraburg und Erfurt auf Fiskalgut Bischofssitze für Thüringen und Hessen errichten und Bischöfe weihen konnte. Es folgte am 21.4.743, an unbekanntem Ort, eine austrische Reformsynode, die herkömmlicherweise als Concilium Germanicum bezeichnet wird. Ihre radikalen Beschlüsse, die unter anderem die Errichtung einer austrischen (also in etwa: „deutschen“) Kirchenprovinz und die Rückerstattung der entfremdeten Kirchengüter vorsahen, wurden von K. als Kapitulare verkündet. (Dieser Text enthält, in erstmaliger Anwendung der noch ungewohnten Inkarnationszählung, die Jahresangabe 742. Daran hat sich eine schon alte wissenschaftliche Streitfrage entzündet, denn aus diesem Datum ergeben sich Widersprüche zu gesicherten anderen Fakten, vor allem aber rechnerische Folgerungen von massiver Unwahrscheinlichkeit: daß bereits Karl Martell in kirchenpolitischem Kurswechsel noch 741 die Errichtung jener mitteldeutschen Bistümer ermöglicht oder gar Bonifatius eigenmächtig solche Entscheidungen getroffen haben müßte.)

    Ebenfalls 743 kam es zu einem schweren Zusammenstoß mit dem Bayernherzog Odilo, der sich gegen den Willen der Hausmeier mit ihrer Schwester Hiltrud vermählt und die Entsendung eines päpstlichen Sonderlegaten erwirkt hatte. Er stand mit Theutbald und Hunoald, ja mit Sachsen und Slawen im Bunde, wurde aber von K. und Pippin am Lech geschlagen. Er verstand sich 744 zu einem Frieden mit K. und fügte sich der fränkischen Hoheit, behielt jedoch das Herzogtum. K. zog gegen die Sachsen zu Felde, nahm 743 die Hochseeburg bei Eisleben und unterwarf 744 weitere Grenzräume, während Pippin 744 endgültig Theutbald bezwang; das alemannische Herzogtum ging damit zu Ende. Ein gemeinsamer Zug nach Aquitanien führte 745 zur Unterwerfung Hunoalds. Mit einem Strafgericht K.s über aufständische Alemannen endete 746 in Cannstatt das Ringen.

    In diesen jahrelangen Kämpfen blieben die Hausmeier auf zuverlässige und schlagkräftige, auch wirtschaftlich starke Anhänger angewiesen. Sie kurzerhand zur Rückgabe der Kirchengüter zu zwingen, erwies sich als unmöglich. Vor solchen Widerständen begannen die Karolinger zurückzuweichen. Als K. am 1.3.744 zu Les Estinnes im Hennegau und Pippin gleichzeitig in Soissons neue Reformsynoden hielten, mußten die Beschlüsse des Vorjahres empfindlich abgeschwächt werden. Die Rückerstattung der Kirchengüter wurde auf Fälle akuter Not begrenzt; im übrigen verblieben sie den Inhabern als zinspflichtige Leihe. Diese Regelungen, wiederum als Kapitularien verkündet, trugen sehr zur Ausbreitung der Landleihe (statt der Schenkung) in Verbindung mit der Vasallität, das heißt zur Entstehung des Lehnswesens bei. K., reformeifriger als sein Bruder, der alsbald auch die in Soissons beschlossene Wiederherstellung der Metropolitanverfassung in Neustrien preisgab, lieh Bonifatius, dem er 744 durch die Übereignung des Ortes Eichloh die Gründung von Fulda ermöglichte, weiterhin seine Hilfe. Eine gesamtfränkische Synode, die, an unbekanntem Ort, 745 noch zustande kam, bestimmte Köln zur kirchlichen Metropole Austriens und als Kathedralsitz des Bonifatius. Aber auch K. mußte zurückweichen: Bonifatius blieb persönlicher Missionserzbischof und erhielt 746/47 das Bistum Mainz.

    K.s letzte uns bekannte Regierungsakte sind 2 Urkunden für das Doppelkloster Stablo-Malmedy vom 6.6. und 15.8.747. Im gleichen Jahre entsagte er der Herrschaft zugunsten seines Sohnes Drogo, den er dem Schutz (der Vormundschaft?) Pippins empfahl. Es war eine vielfältig – auch, aber nicht ausschließlich durch angelsächsische Vorbilder – religiös bestimmte Abkehr von der Welt, wie sie in seiner Zeit keineswegs einzig dasteht. Über individuelle Motive ist nichts Sicheres bekannt, wenn auch die vage, jedoch schon aus dem 8. Jahrhundert stammende Nachricht, K. sei von Reue über die grausame Strafaktion von 746 erfaßt worden, nicht einfach verworfen zu werden braucht. Auch der Gedanke an schuldbewußte Enttäuschung über das steckengebliebene, scheinbar gar gescheiterte Reformwerk liegt nahe, doch ist dafür kein Quellenbeleg zu finden. Gleiches gilt von der Vermutung, es seien Spannungen persönlicher und politischer Art mit im Spiel gewesen, die von der harmonisierenden karolingischen Geschichtsschreibung verschleiert worden seien; Einhards Vermerk: incertum quibus de causis bleibt jedenfalls auffällig. Eine beiläufige Nachricht bezeugt, daß Drogo, der bereits die Urkunde vom 6.6.747 mitunterzeichnet hatte, zu regieren versuchte und einen Hoftag einberief, aber Pippin, dem wahrscheinlich im gleichen Jahre 747 der älteste Sohn, Karl (der Große), geboren wurde, während der von ihm selber freigelassene Grifo zu neuem Kampf ausholte, machte sich zum Alleinherrscher, indem er den Neffen beiseite schob.

    K. begab sich, mit ansehnlicher Begleitung aus dem Kreise seiner Anhänger, über Sankt Gallen nach Rom und ließ sich vom Papst Zacharias in den römischen Klerus aufnehmen. Er errichtete auf dem Soracte ein Silvesterkloster (außerdem vielleicht ein zweites Kloster), verließ diese Stätte aber wieder wegen der zahlreichen fränkischen Rompilger, die K. velut dominum quondam suum aufsuchten (Einhard c. 2) und legte, wohl 750, in Monte Cassino vor dem Abt Optatus (seit Mitte 750) die Mönchsgelübde ab. Gemeinsam mit seinem Abt und mit Unterstützung durch den Papst versuchte er 750/51 durch eine Mönchsgesandtschaft an Pippin in dem neu ausgebrochenen Streit mit Grifo zu vermitteln und die Rücksendung der Benediktreliquien aus Fleury zu erwirken. Etwa im Frühjahr 754 ließ sich der Abt von dem Langobardenkönig Aistulf dazu bestimmen, K. selber mit anderen Cassineser Mönchen ins Frankenreich zu entsenden, um den Bemühungen des Papstes Stephan II. entgegenzuwirken, der den inzwischen zum König erhobenen und gesalbten Pippin persönlich aufgesucht hatte und zum Eingreifen in Italien aufforderte. Welche – möglicherweise auch innerfränkische – politische Tragweite diesem Schritt zukam, steht wiederum dahin. Papst und König ließen sich auf nichts ein, erlaubten K. aber auch nicht die Rückkehr, sondern verwiesen ihn, unter Berufung auf seinen Mönchsstand, in ein fränkisches Kloster. Auch seine Söhne, von denen jetzt letztmals die Rede ist, wurden „geschoren“, das heißt in den geistlichen Stand gezwungen und in Klostergewahrsam gegeben, also von jeder Nachfolge in der Herrschaft ausgeschlossen. K. selber wurde anscheinend im Gefolge des nach Italien ziehenden Königs mitgeführt, blieb aber krank in Vienne zurück, wo er alsbald starb. Pippin ließ den Leichnam nach Monte Cassino überführen. Für Mönche aus K.s Begleitung, die im Frankenreich festgehalten wurden, verwandte sich noch 757 der Papst Zacharias auf Bitten des Abtes Optatus beim König. – K.s Leistung, der prinzipielle Durchbruch der bonifatianischen Reform, aber auch sein Verzicht und die Ausschaltung seiner Linie bedeuten Wendepunkte der fränkischen, in der Fernwirkung auch der deutschen Geschichte.

  • Literatur

    ADB 15;
    Regg. Imp. I;
    I. Heidrich, in: Archiv f. Diplomatie 11/12, 1965/66, bes. S. 241-43, 275-77; Zu e. weiteren Dep.
    E. Brouette, in: Revue bénédictine 84, 1974, S. 182-96;
    Die Briefe d. hl. Bonifatius u. Lullus, hrsg. v. M. Tangl, in: MG Epp. selectae I, 1916, Nr. 50 f., 56-61, 79, 86, 109;
    Zum Interventionsversuch v. 750/51 der Papstbrief JE. 2290 in: MG Epp. III, 467, Nr. 18, dessen Echtheit gegen
    G. Tangl, Die Sendung d. ehemal. Hausmeiers K. in d. Frankreich im J. 754 u. d. Konflikt d. Brüder, in: Qu. u. Forschungen aus ital. Archiven u. Bibliotheken 40, 1960, S. 1-42, hier S. 28-36 (S. 36-42 z. Todesdatum), v. H. Hoffmann, ebd. 47, 1967, S. 338-46, einleuchtend verfochten wird. - Jbb. d. Fränk. Reiches 741-52, 1863;
    Jbb. d. Fränk. Reiches, Kg. Pippin, 1971;
    Th. Schieffer, Winfrid-Bonifatius u. d. christl. Grundlegung Europas, 1954 (Neudruck mit Nachwort 1972), S. 186 ff. u. ö., S. 333-35;
    K.-U. Jäschke, in: Festschr. f. W. Schlesinger II, 1974, S. 71-136;
    D. Riesenberger, Zur Gesch. d. Hausmeiers K., in: Westfäl. Zs. 120, 1970, S. 271-85;
    K. H. Krüger, Königskonversionen im 8. Jh., in: Frühma. Stud. 7, 1973, bes. 183-202 (reiche L); s. a. L z.
    Karl d. Gr. u. Karolinger.

  • Autor/in

    Theodor Schieffer
  • Zitierweise

    Schieffer, Theodor, "Karlmann" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 272-274 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560220.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Karlmann (Carlomannus), der erstgeborene Sohn Karl Martells aus dessen Ehe mit Chrotrudis, bereits 722 Zeuge in einer Urkunde, erhält bei der von seinem Vater vorgenommenen Reichstheilung die germanischen Länder Austrien, Alemannien und Thüringen. Zwischen ihm und seinem Bruder Pippin findet während ihrer Regierungszeit in ihren Unternehmungen Uebereinstimmung statt. Bei der chronologischen Unzuverlässigkeit der einschlägigen Annalen, Aktenstücke und Briefe ist die Zeitbestimmung fast aller Begebenheiten seiner kurzen Regierung controvers. Trotzdem bleibt diese selbst weltgeschichtlich bedeutungsvoll; denn im Vereine mit dem Bruder hat er das gefährdete Werk des Vaters, das Reich vor Zersplitterung zu bewahren, erfolgreich fortgeführt, durch Unterstützung des Bonifaz nicht nur die Ausbreitung des christlichen Glaubens befördert, sondern auch zur Begründung der römischen Hierarchie in den gallischen und germanischen Landestheilen wesentlich beigetragen und dadurch sowol wie durch seine Abdankung und Pilgerschaft nach Rom einerseits das Bündniß zwischen Papstthum und dem karolingischen Hause erleichtert, andererseits die Herrschaft dieses Hauses gestärkt. — Wie bei des Vaters Regierungsbeginn bedrohen Familienzwiste die Hausmacht. Swanahilde, die Stiefmutter der Brüder, hat nicht nur den eigenen Sohn Grifo zu Ansprüchen auf das ganze Reich oder einzelne Reichstheile, sondern auch ihre Stieftochter Chiltrudis zur Flucht zum Baiernherzog Odilo und zur Vermahlung mit diesem ihrem Oheim aufgestachelt. Rasch wird der Aufstand unterdrückt (741), Grifo in Laon besiegt und von K. in Neufchateau in den Ardennen bis zu seiner Abdankung gefangen gehalten, die Stiefmutter nach Kloster Chelles|verwiesen. Im Innern gesichert, wenden sich die Brüder gegen die äußeren Feinde, die sich zu gleichzeitiger Erhebung verabredet zu haben scheinen. Zuerst wird der abtrünnige Aquitanierherzog Chunvald in Bourges belagert, zur Flucht gezwungen und die Burg Loches am Indre erobert. Dabei wird in Alt-Poitiers eine Theilung des erworbenen Gebiets oder eine neue Reichstheilung vorgenommen (742). Ein Zug an die Donau bis zu unbestimmtem Ort dämpft den Aufstand Theudebalds, eines Sohnes des letzten Alemannenherzogs Gotfried (Herbst 742). Um jeden Vorwand zur Empörung zu beseitigen, setzt K. Childerich III. auf den Thron, den letzten Merowingerkönig (743); doch bleibt dieser bedeutungslos. Durch Ein- und Absetzung und Urkundenunterschriften ist sein Name allein bekannt; unter dem unscheinbaren Titel „Majordomus, Herzog und Fürst der Franken“ führen K. und sein Bruder die eigentliche Herrschaft. Durch des Königs Namen geschützt, bekämpfen sie mit dem Aufgebot der ganzen fränkischen Macht den gefährlichsten Gegner, ihren Schwager Odilo, den Vater Thassilos II., der mit Aquitaniern, Alemannen, Sachsen und Slaven in Verbindung stand. Die Intervention eines päpstlichen Legaten half ihm nichts. In seiner sicheren Stellung am Lech umgangen, zur Flucht über den Inn gezwungen, ward er doch gefangen aus dem Land geführt (743) und erhielt die Herrschaft wol erst gegen Anerkennung der fränkischen Oberherrlichkeit wieder (744). Auch bei den Sachsen nöthigt er eine Burg Hochseoburg (Seeburg, Sachsenburg oder Asfeburg) und einen Führer Theoderich zur Ergebung, viele zur Taufe (745; Mühlbacher's Reg. 743, 744), während sein Bruder den aufständischen Theudebald im Elsaß bekämpft. Die Aquitanier bitten schon beim Nahen eines Heeres um Frieden (746; Mühlb. Reg. 745). Die Alemannen aber erhalten durch hinterlistige Umzingelung ihres Aufgebots bei Cannstatt einen blutigen Denkzettel. Das Land kommt dauernd in die Reichsgewalt. Grafen erscheinen von da ab als deren Vertreter. Angeblich soll Reue über das angedeutete Blutbad seinen Entschluß zur Abdankung gereift haben. Jedenfalls zeigen sich neben Zügen der Härte in seinem Charakter Spuren von Frömmigkeit und von Wankelmüthigkeit: die Frömmigkeit, vielleicht durch seine Erziehung im Kloster St. Denys angebahnt, bekundet sich nicht nur in zahlreichen Schenkungen an Kirchen und Klöster, wie Fulda, das Bonifaz mit seiner Hülfe begründet (744), Lüttich, Stablo und Malmedy, sondern vor allem in der Einführung von Synoden und der durch sie bewirkten Kirchenverbesserung. Zahl, Zeit, Art dieser Synoden, ob allgemeine oder territoriale, stehen nicht durchweg fest. Die erste austrasische fand am 21. April 742 an unbekanntem Orte, eine allgemein fränkische gleichfalls in Austrasien in Estinnes (Liftinas, s. ö. Mons) am 1. März 745 (Mühlb. Reg. 743), dazwischen außer der von Soisfons in Neustrien (744) auch vielleicht eine von Austrasien 744 statt. Auf Anregung und unter Beirath des Bonifaz und seiner Mitbischöfe, aber in gemischter weltlich-geistlicher Versammlung und unter selbständiger Leitung des Fürsten werden Maßregeln getroffen, um der eingerissenen Verweltlichung und Unsittlichkeit der Geistlichen zu steuern, wie z. B. durch Verbot des Waffentragens, Jagens, weltlicher Trachten, durch Absetzung und Bestrafung ehrvergeßner Mönche, Nonnen und Priester, für die Zukunft aber nach römischem Muster ein fester Verband von Erzbischöfen und Bischöfen eingeführt, die eben von Bonifaz eingesetzten, wie in Würzburg, Buraburg, Utrecht etc. bestätigt, das Aufsichtsrecht derselben über die Geistlichen und die Pflichten dieser gegen jene und im Amte geregelt. Auch unsittliche Ehen der Laien, ferner heidnische Gebräuche werden verboten. Vor Allem aber werden die Besitzverhältnisse der Kirchen und Klöster, die in den vorangehenden kriegerischen Zeiten Verluste erlitten haben, sowie das Nutzungsrecht des Staats und seiner Getreuen geordnet, und zwar so, daß die kirchlichen Institute theils durch Zins von den verliehenen Gütern, theils durch Rückerstattung in bestimmten Fällen vor Noth gewahrt|bleiben. Eine planmäßige Säcularisation fand nicht statt. Nach kurzer Regierung dankt K. ab, um sich nach der oft geübten Sitte der Zeit in ein italisches Kloster zurückzuziehen, vielleicht aus Reue über unnöthige Härte, vielleicht aus Neigung zu beschaulichem Leben und Erkenntniß eigener Unfähigkeit, Züge, die sich in späteren Anekdoten über sein Mönchsleben wiederspiegeln. Seine Söhne, darunter Drogo, den ältesten, empfiehlt er dem Bruder, unter dessen Oberleitung jener wahrscheinlich seinen Reichstheil behält; trotzdem wird Pippin durch diesen Rücktritt in der Regierung gestärkt. Mit reichen Geschenken für P. Zacharias geht K. über St. Gallen nach Rom, wird Mönch, gründet das Kloster des heiligen Silvester auf dem Soracte (Soratte bei Rom), begiebt sich aber wegen häufiger Störung durch heimische Pilger nach Montecasino in Benevent (c. 750). Einige Mal greift er in die heimischen Verhältnisse wieder ein. So versucht er durch Vermittelung von Zacharias Pippin und seinen Bruder Grifo auszusöhnen, freilich vergebens (c. 749—51), ferner auf Drängen Aistulfs und seines Abtes Optatus persönlich das Bündniß seines Bruders mit Papst Stephan II. gegen die Langobarden zu verhindern (754). Wegen eines anscheinend daraus entstandenen Conflicts wird er mit Zustimmung des Papstes in einem Kloster in Vienne festgehalten, wie auch seine begleitenden Mönche (754). Seine Söhne werden gleichfalls einem Kloster übergeben, die Herrschaft so bei Pippins Hause befestigt. K. kränkelt und stirbt in Vienne am 17. August 754. Sein Leichnam wird auf Pippins Geheiß in Montecasino beigesetzt.

    • Literatur

      Waitz, D. Verf., III. — Hahn, Jahrb. d. fr. Reichs (741—52), 1863. —
      Oelsner, Jahrb. d. fr. R. unter K. Pippin (s. v. Karlmann), 1871. —
      Richter, Annal. d. fr. R., 1873. — Mühlbacher. Reg. d. Kaiserreichs unter den Karolingern, 1880.

  • Autor/in

    H. Hahn.
  • Zitierweise

    Hahn, H., "Karlmann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 15 (1882), S. 393-395 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560220.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA