Lebensdaten
1881 – 1926
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Theaterkritiker ; Publizist ; Redakteur ; Schriftsteller
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118556371 | OGND | VIAF: 34583747
Namensvarianten
  • Jacobsohn, Siegfried
  • J., S.
  • S.J.
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Zitierweise

Jacobsohn, Siegfried, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556371.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Bernhard, Kaufm.;
    M Selma Blumenthal;
    ⚭ Edith Schiffer ( 1936);
    1 S.

  • Biographie

    J. besuchte das Friedrich-Werdersche Gymnasium in Berlin bis zur Unterprima und begann mit 15 Jahren, als Gasthörer an der Universität Germanistik zu studieren, mit dem Ziel, Theaterkritiker zu werden. Vom 13. bis zum 20. Lebensjahr war er Mitglied beider Freier Volksbühnen und besuchte so oft wie möglich die zahlreichen Berliner Theater. Durch Vermittlung Hellmuth v. Gerlachs wurde er Theaterkritiker der „Welt am Montag“ (1901-04). Des Plagiats verdächtigt, konnte sich J. zwar rechtfertigen, war aber für die Zeitung nicht mehr tragbar, verließ Berlin, reiste über Österreich und Italien nach Frankreich und kam 1905 in die Reichshauptstadt zurück, um ein eigenes, unabhängiges Theaterblatt herauszugeben. Er gründete die „Schaubühne GmbH“ mit Siegbert Cohn als Geschäftsführer. Das erste Heft dieser Wochenschrift für die gesamten Interessen des Theaters im roten Umschlag („geronnenes Herzblut“) erschien am 7.9.1905. Da sich die Zeitschrift jedoch finanziell nicht entwickelte, wurde sie im Jan. 1906 vom Verlag Oesterheld & Co. übernommen; seit 1909 wurde sie vom Erich Reiss Verlag, seit 1912 wieder im eigenen Verlag der Schaubühne herausgegeben (bis 1917 1 200 ausgelieferte Exemplare je Nr., 1926 12 600). Seit 1913 durch satirische Beiträge und einen ständigen Wirtschaftsteil erweitert, wurde die Schaubühne eine „Wochenschrift für Politik, Kunst, Wirtschaft“. Die wichtigsten Mitarbeiter waren Alfred Polgar, Julius Bab, Egon Friedell, Willi Handl, Herbert Ihering, Lion Feuchtwanger und seit 1913 Kurt Tucholsky. Unter dem Eindruck der Ereignisse des 1. Weltkrieges wurde die Zeitschrift immer politischer; die Schaubühne erschien ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung entsprechend ab 1.4.1918 als „Weltbühne“. Sie war seit 1919 eine repräsentative Chronik der fortschrittlichen geistigen Kräfte der jungen Weimarer Republik und der intellektuellen Linken und Pazifisten. Nach dem plötzlichen Tod J.s 1926 übernahm Carl v. Ossietzky, zuerst zusammen mit Kurt Tucholsky, die Herausgabe der Zeitschrift; von 1927 bis zum Verbot 1933 gab er sie allein heraus.

    Für J. hatte die Kritik die Aufgabe, das Erreichte am Erreichbaren zu messen und zu versuchen, dem Geheimnis des künstlerischen Eindrucks auf die Spur zu kommen. Er kämpfte für ein Kunsttheater, das Geschäftstheater hatte für ihn keine Existenzberechtigung. Bereits in seiner ersten theaterwissenschaftlichen Publikation, „Das Theater der Reichshauptstadt“, forderte er das „Volltheater“; es müsse eine Synthese der „Leistung von L'Arronge und Brahm bilden, die beide ein Halbtheater – jener ein vorwiegend klassisches – dieser ein vorwiegend modernes Theater geführt haben“. Für viele Jahre glaubte J., daß Max Reinhardt diese ersehnte Synthese durch die Mannigfaltigkeit und die Zahl seiner Aufführungen angestrebt habe. Er bestätigte Reinhardt die Qualität seiner Aufführungen in seiner Publikation „Max Reinhardt“ (1910). In den Jahren 1912-21 erschienen die Kritiken J.s gesammelt in „Das Jahr der Bühne“. – J. bezeichnete sich selber als einen Schüler Fritz Mauthners und Paul Schlenthers. Unter den Dichtern galt ihm Shakespeare als das unerreichbare Genie, dessen dramatische Werke er immer wieder kritisch beurteilte, Kleist als der größte deutsche Dramatiker, Goethe als der größte deutsche Dichter, Lessing als Genie der Kritik. Unter den Modernen förderte er durch seine Analysen Ibsen, Hauptmann, Strindberg und Wedekind. Auf dem Gebiet der Musik war er ein Verehrer Mozarts und Verdis. Die bevorzugten Schauspieler J.s waren die Herren Matkowski, Sauer, Bassermann, Rittner und die Damen Lehmann und Höflich. Erst spät hat sich J. zu Kainz bekannt, spontan zu Elisabeth Bergner. – Nach dem 1. Weltkrieg wurde aus dem Theaterkritiker J. ein Kritiker des öffentlichen, gesellschaftlichen und staatlichen Lebens. Er kämpfte mit seinen Mitteln gegen den Krieg, gegen soziale Ungerechtigkeiten, Rechtsbeugung und Erniedrigung des Menschen. Seine Zeitschrift wurde durch ihn zu einer moralisch-ethischen Macht.

  • Werke

    Weitere W Das Theater d. Reichshauptstadt, 1904;
    Der Fall Jacobsohn, ²1913;
    Oscar Sauer, 1916;
    Die ersten Tage, 1917;
    Jahre d. Bühne, hrsg. v. W. Karsch, 1965.

  • Literatur

    W. Seidl, Die geistige Haltung d. neueren dt. Theaterkritik, entwickelt an Otto Brahm, Herm. Bahr, Alfr. Kerr, S. J., Paul Fechter, Herbert Ihering u. Bernh. Diebold, Diss. München 1951;
    W. Steinke, Der Publizist S. J. als Theaterkritiker, Diss. FU Berlin 1960;
    A. Enseling, „Die Weltbühne“, 1962 (P);
    Kosch, Theaterlex.

  • Autor/in

    Rolf Badenhausen
  • Zitierweise

    Badenhausen, Rolf, "Jacobsohn, Siegfried" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 245-246 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556371.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA