Lebensdaten
1809 – 1894
Geburtsort
Frankfurt/Main
Sterbeort
Frankfurt/Main
Beruf/Funktion
Psychiater ; Arzt ; Schriftsteller ; Kinderbuchautor
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 11855249X | OGND | VIAF: 76317116
Namensvarianten
  • Kinderlieb, Reimerich (Pseudonym)
  • Kinderlieb, Heinrich (Pseudonym)
  • Struwwel, Peter (Pseudonym)
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Hoffmann, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11855249X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Phil. Jacob (1772–1834), Architekt, städt. Wasser-, Wege- u. Brückenbauinsp. in F. (s. ThB), S d. Schreinermeisters Phil. Jacob in F. u. d. Christine Sus. Kath. Göring;
    M Marianne Caroline (1776–1809), T d. Heinrich Lausberg (1748–1809), Weinhändler, Kunstsammler in F., u. d. Maria Kath. Lausberg aus Elberfeld; Stief-M u. Tante-m (seit 1812) Antoinette Lausberg (1784–1863);
    Groß-Om Carl Frdr. v. Lausberg (1752–1827), Bankier in Augsburg;
    - Frankfurt/M. 1840 Therese (1818–1911), T d. Christoph Frdr. Donner (1768–1837), Handelsherr u. Inh. d. Fa. C. F. Donner (Hutstoffwerke) in F., u. d. Christiane Christmann; Halb-B d. Ehefrau Philipp v. Donner (1799–1887), Präs. d. Frankfurter Bank u. Mitgl. d. Handelskammer;
    2 S, 1 T, u. a. Eduard (1848–1920), preuß. WGR, 1903-13 Min.dir. im Reichsjustizamt, 1914-20 Präs. d. Oberprisengerichts in Berlin;
    N Otto Donner-von Richter (1828–1911), Historien- u. Bildnismaler (s. ThB).

  • Biographie

    H. studierte Medizin zunächst in Heidelberg (1829–32), dann in Halle (1832–33), unter anderem bei Tiedemann, Puchelt, Meckel (II), P. Krukenberg, und promovierte hier 1833. Zur Fortbildung in Chirurgie wählte er als Stipendiat Paris (1833–34), wo er mit Dupuytren und|Lisfranc in Berührung kam. In Frankfurt fand er nach Ablegung des Staatsexamens (1834) Anstellung als Leicheninspektor und 2. Arzt, gehörte mit J. G. Varrentrapp und anderen zu den Gründern der Armenklinik, wurde als Nachfolger von J. H. Mappes Lehrer der Anatomie im Senckenbergischen Institut (1845–51) und übernahm zuletzt (1851-88) die Leitung der Anstalt für Irre und Epileptische (1870 Sanitätsrat, 1874 Geheimer Sanitätsrat).

    Die kerkerartigen Zustände dieses „Tollhauses“ hatten sich seit Beginn des 17. Jahrhunderts kaum gebessert, wenngleich mit der Aufklärung und besonders durch Pinel und Esquirol auch in Deutschland ein Wandel bezüglich Pflege und Unterbringung der „Besessenen“ eingetreten war. H. erkannte im Sinne der Aufklärungsmedizin die Notwendigkeit umfassender Änderungen und erlangte als Psychiater und Hygieniker Bedeutung, indem er sich die Fortschritte der Psychiatrie zunutze machte und für sachgemäße Beschäftigung, vernünftige Ernährung, humane Behandlung, Ordnung und Sauberkeit eintrat. Höhepunkt seines ärztlichen Schaffens bildete die Errichtung einer neuen „Anstalt für Irre und Epileptische“ auf dem Affenstein (1864), an deren Entwurf und Planung durch O. Pichler der Architektensohn wesentlichen Anteil hatte. Diese großzügige und für weitere Bauten („Burghölzli“ in Zürich) mustergültig angelegte Heilanstalt ist sein großes Verdienst. Die wenigen Beiträge zur Psychiatrie beschränken sich auf kasuistische Mitteilungen.

    Wie der Arzt ist auch der Schriftsteller H. vom Geist der Aufklärung geprägt, ohne jedoch frei von romantischen Einflüssen zu sein. Weltruhm errang er als Dichter und Zeichner von Kinderbüchern (König Nußknacker, 1851; Prinz Grünewald, 1871), vor allem durch seinen „Struwwelpeter“ (Urmanuskript 1844), dessen „drollige Bilder“ Lebensphilosophie in satirischer Form bieten, die auch dem drei- bis sechsjährigen Kind durch die Anschauung und die Reime verständlich wird. Rege interessiert am literarisch-künstlerischen Leben seiner Zeit, gründete er zahlreiche Vereine wie die „Gesellschaft der Tutti Frutti“ (1840-45), zu der auch F. Freiligrath, K. Gutzkow und M. von Schwind zählten, trat als Herausgeber des „Frankfurter Hinkenden Boten“ (1851/52) und des „Liederbuchs für Naturforscher und Ärzte“ (1867), als Lyriker, Humorist (Humoristische Studien, 1847) und beliebter Festredner hervor. Mit vielen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Gelehrten, Dichtern, Malern, Bildhauern, Komponisten unterhielt er Verbindung. Große Erfolge erzielte H. als literarisch-satirischer Gesellschaftskritiker, ohne freilich die Höhe eines Defoe oder Swift zu erreichen. „Die Mondzügler“ (1843) gehen mit aristophanischer Schärfe zahlreichen Erscheinungen der Zeit wie Hegelscher Naturphilosophie, romantischem Dichtertum, Auswanderungsseuche zuleibe. In der Satire „Bad Salzloch“ (1860) erfahren die Auswüchse der Balneotherapie und des mondänen Kurlebens eine mutwillige Darstellung. Eine Pathologie der politischen Wirren des Jahres 1848 geben 2 Satiren: Im „Handbüchlein für Wühler“ (1848) werden die radikalen Demokraten, im „Heulerspiegel“ (1849) die Reaktionäre bloßgestellt. Obwohl begeisterter Patriot, Anhänger Uhlands und Mitglied des Vorparlaments, lehnte H., im Grunde bürgerlich-liberal gesinnt, wie sein Antipode Schopenhauer die politischen Folgen des Revolutionsjahres ab.

  • Werke

    Weitere W u. a. Ges. Gedichte, 1842, ²1873;
    „Struwwelpeter-H.erz. aus s. Leben, Lebenserinnerungen, hrsg. v. E. Hessenberg, 1926;
    W. F. Arntz, Der Struwwelpeter u. andere Original-Mss. d. Struwwelpeter-H., = Beil. z. Kat. d. 19. Kunstauktion d. Stuttgarter Kunstkab., 1954;
    Struwwelpeter-H., Ausstellungskat. z. 150. Geb.-tag H. H.s, Text v. G. Mann, 1959 (L, P).

  • Literatur

    ADB 50;
    G. A. E. Bogeng, Der Struwwelpeter u. s. Vater, 1939;
    Fr. Schmidt, Wer war d. Vf. d. Struwwelpeter?, in: Eltern u. Schule, hrsg. v. Elternbeiräten in Baden-Württemberg, 1963, H. 12;
    ders., H. H. u. Arthur Schopenhauer, in: 47. Schopenhauer-Jb. f. d. J. 1966, hrsg. v. A. Hübscher;
    H. K. Hofmeier, Struwwelpeter- H.s pol. Schrr. aus d. Rev.zeit 1848, in: Dt. Ärztebl. 62, 1965;
    E. F. Podach, Reimerich Kinderlieb: Der Vater d. Struwwelpeter, ebd. 63, 1966;
    H. Heym, Ein Mann, ein Buch, ein Irrenhaus, in: Frankfurter Allg. Ztg. Nr. 100 v. 29.4.1967;
    ThB;
    Kosch, Lit.-Lex.;
    BLÄ. -
    H. F. Friederichs u. G. Itzerott, „Struwwelpeter“-H.s Ahnen- u. Sippengefüge, in: Hess. Fam.kde. 3, 1954.

  • Porträts

    Ölgem. v. K. W. Körner (Frankfurt/M., Hist. Mus.);
    Bleistiftzeichnung v. E. Klimsch, 1894 (Frankfurt/M., Senckenberg. Inst. f. Gesch. d. Med.).

  • Autor/in

    Jost Benedum
  • Zitierweise

    Benedum, Jost, "Hoffmann, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 423-424 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11855249X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hoffmann: Heinrich H., Arzt und Dichter, in Frankfurt a. M. am 13. Juni 1809 geboren und daselbst am 20. September 1894 (am Schlaganfall) verstorben, studirte und promovirte 1833 in Halle, ließ sich 1834 in seiner Vaterstadt nieder, wurde hier Mitbegründer einer sog. Armenklinik für das Landvolk der Umgegend, dann als Nachfolger von Mappes 1845 Lehrer der Anatomie am Senckenberg’schen Institut und 1851 nach dem Rücktritt Varrentrapp's als dessen Nachfolger Arzt an der Anstalt für Irre und Epileptische. In dieser Stellung erwarb er sich nicht bloß durch seine rege ärztliche Thätigkeit ein Verdienst, sondern auch noch dadurch, daß er für den Neubau einer Anstalt energisch eintrat und diesen durchsetzte, der 1864 eröffnet wurde. H., der am 10. August 1883 noch in voller Rüstigkeit sein 50jähriges Doctorjubiläum erlebte und zuletzt den Titel „Geh. Sanitätsrath“ führte, hat sich durch verschiedene Publicationen auf dem Gebiet der Psychiatrie, theils casuistische Mittheilungen, theils Jahresberichte über die von ihm geleitete Anstalt bekannt gemacht. Mehr aber als seine medicinischen Veröffentlichungen haben seine Dichtungen ihm einen Namen in weiten Kreisen gemacht, ganz besonders sein, zunächst für seinen ältesten Sohn als Weihnachtsgabe entworfener, mit großem Beifall aufgenommener und geradezu epochemachender und bereits in 150 Auflagen erschienener „Struwwelpeter“, aber auch noch verschiedene andere humoristische und satirische Scherze, deren Verzeichniß W. Stricker im Biogr. Lexikon hervorr. Aerzte, herausgegeben von A. Hirsch und E. Gurlt III, 245 zusammengestellt hat.

  • Autor/in

    Pagel.
  • Zitierweise

    Pagel, Julius Leopold, "Hoffmann, Heinrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 50 (1905), S. 402 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11855249X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA