Lebensdaten
1802 – 1827
Geburtsort
Stuttgart
Sterbeort
Stuttgart
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Dichter
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118546864 | OGND | VIAF: 9931960
Namensvarianten
  • Hauff, Wilhelm
  • Chauf, V.
  • Chauf, Vilchelm
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Zitierweise

Hauff, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118546864.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    B Hermann (s. 2);
    Nördlingen 13.2.1827 Luise (1806–67, Cousine), T d. Oberamtmanns Heinr. Ludw. Hauff (Ov) in Weiltingen u. d. Marg. Eberhardine Barbara Wünsch;
    1 T.

  • Biographie

    Nach Gymnasialjahren in Tübingen kam H. im Herbst 1817 in die Klosterschule nach Blaubeuren, eines der niederen theologischen Seminare Württembergs, das kostenlose Ausbildung gewährte. 1820-24 studierte er Theologie in Tübingen (1825 Promotion zum Dr. phil.), nahm mit unbeschwerter Begeisterung an der studentischen Geselligkeit teil und gehörte zu den sogenannten „Feuerreitern“, einer burschenschaftlichen Verbindung. Während dieser Zeit entstanden die ersten Gedichte, patriotische Hymnen zu den von der Studentenschaft feierlich begangenen Waterloo-Festen, aber auch Scherzgedichte und Satiren. Da es ihn nicht zum Pfarramt drängte, und er sich früh schon seines schriftstellerischen Talentes bewußt war, übernahm er eine Hauslehrerstelle, die es ihm ermöglichte, literarisch zu arbeiten. Vom Herbst 1824 bis zum Frühjahr 1826 weilte er im Hause des Kriegsratspräsidenten von Hügel in Stuttgart. Mit dieser Familie verbrachte er den Sommer 1825 auf Schloß Guttenberg am Neckar, das zum Schauplatz seiner letzten Novelle „Das Bild des Kaisers“ werden sollte. – Der Hofmeisterzeit folgte die übliche Bildungsreise. Sechs Wochen hielt sich H. in Paris auf. Dann fuhr er über Brüssel, Antwerpen, Gent nach Kassel, wo er Wilhelm Grimm besuchte, und über Göttingen, Bremen und Hamburg nach Berlin. Er gewann, nicht zuletzt dank seiner liebenswürdigen, geselligen Natur, rasch Verbindung mit führenden literarischen Kreisen und kehrte über Dresden und Leipzig im November 1826 nach Stuttgart zurück. Die Leitung der Redaktion des im Cotta-Verlag erscheinenden „Morgenblattes“, die er zu Beginn des folgenden Jahres übernahm, ermöglichte nach langer Verlobungszeit die Eheschließung. Doch neun Monate später, wenige Tage nach der Geburt des einzigen Kindes, raffte den kaum 25jährigen auf der Höhe früh errungenen Ruhms eine Gehirngrippe hinweg.

    In nicht viel mehr als 2 Jahren erschien H.s gesamtes schriftstellerisches Oeuvre: drei umfangreiche Romane, sieben größere Novellen, drei Märchenalmanache mit über einem Dutzend Märchen und Erzählungen sowie eine Anzahl von Gedichten, Skizzen, Aufsätzen und Rezensionen. Noch während seiner Studienzeit wurde H. von einem geradezu fieberhaften Drang zu schreiben erfaßt. Er|produzierte ohne Mühe mit fast unbegreiflicher Schnelligkeit, und seine leichte, gewandte, rastlose Feder kam, als ob er seinen frühen Tod ahnen würde, nicht mehr zur Ruhe. – Von wenigen Gedichten, darunter den gleichsam zu Volksliedern gewordenen Gedichten „Reiters Morgengesang“ und „Soldatenliebe“ abgesehen, besteht fast das gesamte Werk H.s aus erzählender Prosa. Er besaß ein ursprüngliches Erzählertalent, hatte Spürsinn für das Aktuelle, eine glänzende Begabung und eine frappierende Gewandtheit, sich anzuempfinden und nachzuahmen. Dem Feuilleton steht vieles nahe. Er war mehr Literat als Poet und erhob sich doch mit einigen seiner Dichtungen weit über die Belletristik seiner Zeit. Erstes Aufsehen erregte H. mit den „Mitteilungen aus den Memoiren des Satans“ (1. Teil Sommer 1825). Dann folgte der unter K. Heuns Pseudonym Clauren veröffentlichte Roman „Der Mann im Mond oder der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme“ (2 Bände, 1826), der zu einem literarischen Skandal, dem berüchtigten Claurenprozeß, führte. Wie weit H. von Claurens damals viel gelesenen Gesellschaftsromanen beeinflußt war, wie weit er sie bewußt nachahmte oder sie, wie er später in seiner „Kontroverspredigt“ betonte, durch Übertreibung parodierte, ist bis heute nicht völlig geklärt. Bewußter Nachahmung entsprang auch H.s berühmtester Roman „Der Lichtenstein“ (3 Bände, 1826), mit dem er ein deutscher Walter Scott werden wollte, größten Erfolg hatte und zu einem Begründer des historischen Romans in Deutschland wurde. Starke Begabung verraten verschiedene seiner Erzählungen, die historische und zeitgeschichtliche Stoffe behandeln, so vor allem „Jud Süß“, „Die Bettlerin vom Pont des Arts“ und „Das Bild des Kaisers“. Am künstlerisch gelungensten sind die „Phantasien im Bremer Ratskeller“. In erster Linie aber verbindet sich H.s Name mit den Märchen, die, kunstvoll in Rahmenerzählungen eingebettet, in drei Almanachen auf die Jahre 1826, 1827 und 1828 erschienen. Sie sind von alten Traditionen, vor allem der vorromantischen Zeit abhängig, doch zu Kunstwerken eigener Prägung geworden, da H. seine Vorlagen in freier schöpferischer Form weitergebildet hat. Die Märchen wurden in viele Sprachen übersetzt, und daher sind „Kalif Storch“, „Zwerg Nase“, „Der kleine Muck“ oder „Das kalte Herz“ geradezu Märchengestalten der Weltliteratur geworden.

    H. steht zwischen Romantik und Frührealismus, ist aber auch von literarischen Strömungen vorromantischer Zeit abhängig. Er war kein eigentlich originaler Geist, und leicht lassen sich die Einflüsse von E. T. A. Hoffmann und Fouqué, von Walter Scott und Jean Paul nachweisen. Dennoch fällt es schwer, ihn einer bestimmten Schule einzuordnen. Phantasie und Intellekt, früh gewonnene Routine und eine gemütvolle, lebhafte Einbildungskraft verbinden sich in seinem Werk und seinem Charakter in besonderer Weise. Wo beides zugleich anklingt, sich die realistisch gezeichnete Welt der Tatsachen mit den Geheimnissen und Wundern der Welt am innigsten durchdringen – am schönsten in den Bremer Ratskellerphantasien und in einigen Märchen –, gelang ihm echte Dichtung.

  • Werke

    Sämtl. Werke, Geordnet u. mit e. Vorwort versehen v. G. Schwab, 36 Bde., 1830;
    Sämtl. Werke, Mit biograph. Einl. v. Herm. Fischer, 6 Bde., 1885;
    Werke, hrsg. v. M. Mendheim, Krit. durchges.u. erl. Ausg., 4 Bde., 1891;
    Sämtl. Werke, neu hrsg. u. mit e. biograph. Einl. vers. v. Hans Hofmann, 2 Bde., 1905;
    Sämtl. Werke, Mit e. Einl. u. Anm. hrsg. v. R. Krauss, 1912;
    Sämtl. Werke, mit e. Einf. v. C. G. Maassen, 5 Bde., 1926;
    Werke, hrsg. v. H. Engelhard, 2 Bde., 1961.

  • Literatur

    ADB XI;
    H. Hofmann, W. H., Mit e. Slg. s. Briefe u. e. Ausw. aus d. unveröff. Nachlaß, 1902;
    M. Schuster, Der geschichtl. Kern v. H.s Lichtenstein, 1904;
    M. Drescher, Die Quellen zu H.s „Lichtenstein“, 1905;
    W. H., Briefe, Gedichte u. Entwürfe, mitgeteilt v. Otto Güntter, in: Rechenschaftsberr. d. Schwäb. Schillerver. 31, 1926/27;
    H. Schulhof, H.s Märchen, in: Euphorion 29, 1928;
    H. Tidemann, W. H. in Bremen 1826: Die Entstehung d. Phantasien im Bremer Ratskeller, 1929;
    P. Roggenhausen, Hauff-Studien, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 157, 1930 (W, L);
    E. Sommermeyer, H.s „Memoiren d. Satan“ nebst e. Btr. z. Beurteilung Goethes in d. 20er J. d. 19. Jh., 1932;
    K. Stenzel, Neues aus W. H.s Lebenskreis. 1938;
    H. Binder, in: Lb. Schwaben I, 1940 (L, P: Miniatur v. J. M. Holder);
    A. Jaschek, W. H., Diss. Frankfurt/M. 1957;
    Heyd II, IV, VI, VIII;
    Goedeke IX, S. 188-216 (W, L);
    Kosch, Lit.-Lex. Ahnentafeln berühmter Deutscher NF, 1933, S. 65-115.

  • Porträts

    Ölgem. v. E. v. Wächter, 1822 (Marbach, Schiller-Nat.mus.) u. v. K. J. Th. Leybold, 1825 (ebd.), Abb. in: Kat. „Dichter aus Schwaben“, Schiller-Nat.mus. Marbach a. N., 1964, n. S. 160;
    Kreidezeichnung v. G. V. J. Behringer, 1826 (ebd.);
    Büste v. Th. Wagner, 1827 (Bronzeexemplar am Lichtenstein, Gipsabguß im Schiller-Nat.mus. Marbach), Abb. in: Werckmeister IV.

  • Autor/in

    Bernhard Zeller
  • Zitierweise

    Zeller, Bernhard, "Hauff, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 85-87 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118546864.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hauff: Wilhelm H., Romandichter, wurde am 29. November 1802 zu Stuttgart, wo damals sein Vater Regierungssecretär war, geboren. Nachdem er in den J. 1820—24 im Seminar zu Tübingen das Studium der Theologie absolvirt hatte, fand er in dem Hause des Kriegsrathspräsidenten Freiherrn von Hügel zu Stuttgart eine Anstellung als Hauslehrer und bekleidete diese Stelle, die ihm Zeit zum Beginnen seiner schriftstellerischen Laufbahn ließ und auf seine gesellige Bildung von sehr vortheilhaftem Einflusse war, bis ins J. 1826. In diesem Jahre erlaubte ihm der Ertrag seiner litterarischen Arbeiten eine Reise nach Paris und nach Norddeutschland. In das Vaterland zurückgekehrt, übernahm er die Redaction des „Morgenblattes“, starb aber schon ein Jahr darauf, am 18. November 1827, zu Stuttgart. Das erste Werkchen, mit welchem H. öffentlich auftrat, ist der „Märchenalmanach“ (Stuttgart 1826), zugleich diejenige seiner poetischer Leistungen, in welcher sein eigentliches Dichtertalent sich am reinsten und von Fremdartigem und Zufälligem ungetrübtesten ausgesprochen hat, so daß dieser Almanach und zumal dessen Vorrede nebst den zwei späteren Jahrgängen (1827 und 28) als das Eigenthümlichste und Vollendetste, was er geschrieben, anzuerkennen ist und auch in der Folgezeit hauptsächlich seinen Ruf aufrecht erhalten wird. Unmittelbar auf den ersten Märchenalmanach folgten die „Mittheilungen aus den Memoiren des Satan“, 1826. Die barocke Studentenwelt, von deren Anschauung der junge Mann eben erst herkam, gab ihm hier vielfache Gelegenheit, sein Talent für den Humor, so weit das äußerlich Lächerliche seinen Gegenstand ausmacht, zur Geltung zu bringen. Auch ließ sich hier die phantastische Idealität, mit welcher der Verfasser bisher so glücklich gewesen war, noch ohne Gefahr für die Poesie mit der Realität verschmelzen. Weniger gelang dem noch allzu erfahrungslosen jungen Manne in dieser Schrift die Persiflage des übrigen geselligen Lebens, und einen sehr ungründlichen Angriff auf Goethe und seinen Faust nahm er später als seicht und unziemlich sogar öffentlich zurück. Indessen verschafften diese Memoiren dem Verfasser schnell einen ausgebreiteten Ruf und nun wagte er sich auf einen schlüpferigen Pfad, der ihn zwar sehr schnell zum Ruhme führte, auf die Ausbildung seines Talentes aber eher nachtheilig, als vortheilhaft wirkte. Besonnenere freilich sahen in dem berühmten Romane Hauff's „Der Mann im Mond“ (Stuttg. 1826) nicht sowol eine Satyre auf die der Geißel kaum werthe Manier des Pseudonymus Clauren, als einen Versuch, sich in der Darstellungsweise des modernen Tagesromans zu üben, die Caricatur und einzelne satyrische Züge wären eine Zuthat, die das Ganze würzten, ohne es doch in seinem Inneren zu etwas Anderem zu machen, als zu einer der besten Modelectüren, und der einzige Zwang nur, den man in diesem leichten Werke bemerkt, ist die Mühe, die sich der Verfasser oft geben muß, nicht geistreicher zu sein, als sein Vorbild. Trotz allen Beifalls, den diese Schrift bei dem großen Publicum erhielt, fühlte jedoch H. selbst, was er sich gegenüber denjenigen schuldig sei, die ernstere Rechenschaft von dem Schriftsteller fordern, er griff Clauren in seiner durch vortrefflichen Stil und durch eine würdige Gesinnung nicht minder als durch beißenden Witz und ächten Humor ausgezeichnete „Controvers-Predigt“ (Stuttgart 1827) auf eine gründlichere und entschiedenere Weise an, machte aber durch den Contrast, in welchem der neue Angriff mit jener früheren Caricatur der Clauren’schen Manier stand, diese letztere nur um so mehr verdächtig. Eine ungemein günstige Aufnahme fand sein „Lichtenstein“ (1826) bei allen Gebildeten in ganz Deutschland und verdiente sie auch. Der Roman hat bei vielen Mängeln so überwiegend große Schönheiten und es ist der Keim zu so viel Gutem darin, daß dieses Werk zu den besten Hoffnungen berechtigte, welche sein früher Tod vernichtet hat. Die Phantasie des jungen Dichters nahm einen freien, an ihren ersten Aufschwung in den Märchen erinnernden Flug in den „Phantasien im Bremer Rathskeller“, mit welchen er noch im Herbste 1827, wenige Wochen vor seinem Tode „Freunden des Weines“ ein Geschenk machte, eine litterarische Leistung, die nebst der Vorrede zu den ersten Märchen als das beste erscheint, was H. gedichtet hat. Auch unter seinen „Novellen" (1828) finden sich einzelne gelungene Arbeiten; wir rechnen dazu „Das Bild des Kaisers", eine Erzählung, in welcher so viele historische und poetische Wahrheit zugleich enthalten und die Darstellung so ganz von der eigenthümlichen Grazie des Verfassers beseelt ist, daß man sie unter die bleibenden Producte seines Geistes zählen darf. Unter seinen lyrischen Poesien zeichnen sich einzelne Gedichte vortheilhaft aus und sind volksthümlich geworden, wie sein „Steh' ich in finstrer Mitternacht“ und das (jedoch nach einem älteren Vorbilde gedichtete, vgl. Wagner's Archiv J. 514) prächtige Reiterlied „Morgenroth, Morgenroth, leuchtest mir zum frühen Tod!“, das er wie in Vorahnung eines frühen Todes geschrieben und in welchem die Wehmuth, aber auch die Poesie und Schönheit des Abschieds in voller Kraft klingt. Seine sämmtlichen Werke (durch G. Schwab, Stuttg. 1830 u. ö.) sind so eben (1879) besorgt durch Ad. Stern und illustrirt durch Holzschnitte und Holzschnitttafeln (Berlin, 4 Bde.) neu herausgegeben worden.

    • Literatur

      Nekr. v. G. Schwab in Bd. I v. Hauffs Sämmtl. Schriften. Zeitgenossen. Dritte Reihe J. 1829. Goedeke, Gr. III. 597—99. Jul. Klaiber in d. litt. Beil. des Staatsanzeigers f. Württemb. 1877, S. 401 ff., 417 ff.

  • Autor/in

    J. Franck.
  • Zitierweise

    Franck, Jakob, "Hauff, Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 48-49 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118546864.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA