Lebensdaten
1875 – 1959
Geburtsort
Wiesbaden
Sterbeort
Lippoldsberg/Weser
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118542249 | OGND | VIAF: 44436824
Namensvarianten
  • Grimm, Hans Emil Wilhelm
  • Grimm, Hans
  • Grimm, Hans Emil Wilhelm
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Zitierweise

Grimm, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118542249.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Julius (1821–1911), Prof. d. Rechte (Rechtshistoriker) in Bonn u. Basel, 1859-68 Gen.sekr. d. österr. Südbahnges., lebte dann, an hist., archäolog. u. wirtsch. Fragen interessiert, als Privatgel. in W., Mitgründer (1884) d. Dt. Kolonialver., nat.lib. Landtagsabg. (s. L), S d. Cornelius (1788–1866), Pfarrer, später Oberschulrat in Kassel, Leiter d. kurhess. Schulwesens (aus seit etwa 1600 in u. bei Kassel nachweisbarer Pfarrerfam., vorher Bauernfam. in Oedelsheim);
    M Marie (1849–1911), T d. Robert Schlumberger Edler v. Goldeck (1814–79), aus württ. Fam., Weingroßhändler, führte d. rationellen Weinbau in Nd.-österreich ein, u. d. Sophie Kirchner;
    Ov Carl (1826–93), Obergerichtsanwalt u. Justizrat in Marburg, Mitgründer d. Dt.konservativen Partei, Mitgl. (1871) d. Reichstags; Schwager d. M Paul Frhr. Gautsch v. Frankenthurn ( 1918), österr. Min.präs. (s. NDB VI);
    - Berlin 1911 Adelheid (* 1881), T d. Albrecht Gf. v. d. Schulenburg-Wolfsburg, auf Mildenau, u. d. Alice v. Chappuis;
    1 S, 1 T.

  • Biographie

    Von Kind auf schien G. zum Schriftsteller bestimmt; der nach eigener Darstellung gehemmte, träumerisch nach innen lebende Junge (G. war durch einen Unfall stark sehbehindert und litt zeitlebens unter Allergien) ging jedoch auf Wunsch des Vaters und um der eigenen Festigung und Unabhängigkeit willen den Umweg über den Beruf des Auslandskaufmanns. Er absolvierte das Realgymnasium und erhielt, nach einem Semester Literaturstudium in Lausanne, 1895-97 seine kaufmännische Ausbildung in England (Nottingham und London). Dann folgten über|zehn entscheidende Jahre in Südafrika: zuerst als Angestellter einer deutschen Importfirma in Port Elizabeth, ab 1900 als selbständiger Einfuhrkaufmann und Hafenagent der Deutschen Ost-Afrika-Linie in East London, wo G. gleichzeitig eine Pachtfarm am Nahoon außerhalb der Stadt bewirtschaftete; nach über einjährigem Deutschlandaufenthalt machte er 1910 eine Reise als Presseberichterstatter durch Deutsch-Südwestafrika. Im gleichen Jahr in die Heimat zurückgekehrt, lebte er als freier Schriftsteller und studierte nebenher in München (Staatswissenschaften) und (1914/15) am Hamburger Kolonialinstitut. Ab 1916 war er Soldat, dann wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in der Auslandsabteilung der Obersten Heeresleitung. 1918 ließ er sich im „Klosterhaus“ in Lippoldsberg nieder.

    G. mißtraute dem freien Entwurf der Phantasie. Als Erzähler entnahm er seine Stoffe der eigenen Erfahrung und dem Bericht aus erster Hand. Südafrikanische Geschichten bilden den Kern seines Werkes. Dabei ließ ihn die deutsche Gegenwart nicht los. Seine in England und Übersee erworbene Anschauung von der Benachteiligung der Deutschen in der Welt schien ihm nach dem verlorenen Krieg so nachdrücklich bestätigt, daß sie, verknüpft mit der Erfahrung der Enge in der Heimat (im Gegensatz zu Südafrika), zum beherrschenden Vorstellungskomplex seines Weltbildes wurde. Als „politischer Dichter“ wollte er die Ungerechtigkeit und die Ursachen der „deutschen Not“ vor Augen halten. In seinem Heimat- und Kolonialroman „Volk ohne Raum“ (2 Bände 1926, 600. Tausend 1963), an dem er 5 Jahre schrieb, und in bekenntnishaften politisch-historischen Schriften rechtet er mit seinem uneinigen Volk, mit dem deutschen Schicksal und vor allem mit England, das aber zugleich (wie dessen imperialistischer Dichter Kipling) G.s beneidetes Vorbild ist und dessen Verständnis und Zusammenarbeit er – in wachsender Erbitterung über die politische Entwicklung in England – für Deutschland sucht. Vom „Herrentum“ der beiden Völker überzeugt, fordert er auf Grund des Leistungsgedankens die Möglichkeit freier Entfaltung auch der Deutschen im kolonialen Raum Afrika, ohne zu sehen und anerkennen zu können, daß die Epoche kolonialer Herrschaft ihrem Ende entgegen geht.

    Nach dem Erscheinen des Romans, dessen Titelformel in der Folgezeit unter G.s Augen zum gefährlichen Schlagwort gewaltsamen Expansionsdranges wurde, besuchte er die ehemalige deutsche Kolonie Südwestafrika wieder (1927/28) und wandte sich dann den Vorarbeiten für eine „wegweisende“ romanhafte Zusammenschau der deutschen Gegenwart zu. Er nahm Kontakt auf mit politischen Persönlichkeiten, vor allem aus der alldeutschen und der völkischen Bewegung, und ging zeitweise nach Berlin. Der Plan kam nicht zur Ausführung; statt dessen begann nach 1933 die Arbeit (1945 abgebrochen) an einem umfänglichen Roman des deutsch-englischen Verhältnisses (Studienaufenthalt in England 1934), in den auch frühere Wassmuss-Studien einbezogen wurden. In zahlreichen Vortragsreisen wirkte G. für seine Anschauungen. Seit 1934 versammelte er „deutschbewußte Dichter“ zu jährlichen Dichtertreffen in seinem Hause. – G. hat stets unabhängig sein wollen. Deshalb schloß er sich dem Nationalsozialismus nicht an; er war aber dessen Wegbereiter, bewußter Förderer und, nach dem Zusammenbruch, beredter Verteidiger. In ihm sah er die Sammlung aller wertvollen deutschen Kräfte „jenseits von Parteien- und Klassenkampf“. Trotz seiner vor und nach 1933 unverhohlenen Kritik an Einzelerscheinungen und „Auswüchsen“ (er wandte sich gegen die nivellierenden Tendenzen der Hitler-Partei, gegen den „Staat der Untertanen“ und versuchte, die Kunst vom Dirigismus der Funktionäre freizuhalten) glaubte er in metaphysisch übersteigerter Hoffnung an den Aufbruch zu einer „ganzen Reformation“. An dieser Überzeugung hielt er ungeachtet der Erfahrungen von 1933-45 bis zu seinem Tode fest. Seine Nachkriegsveröffentlichungen (wie „Die Erzbischofschrift, Antwort eines Deutschen“, 1950) sind sich wiederholende Rechtfertigungsversuche mit Anklagen gegen die Siegermächte.

    Die erzählerische Leistung G.s liegt – außer in Partien von „Volk ohne Raum“ – in seinen Novellen und „Geschichten“, die er selbst, der sich als der politische Dichter der Deutschen sah, nur als Nebenprodukte aus Stunden der Entspannung verstanden wissen wollte. Anders als der Roman, dessen epische Haltung durch Eifern und Verbitterung getrübt wird, gelingen einige von ihnen zu überzeugend dichten Prosastücken, in denen die (stets starke) Anteilnahme des Autors objektiviert ist und als Intensität wirkt. Der sparsam zurückhaltenden Sprache, deren stilisierte Einfachheit nur gelegentlich manieristisch übersteigert wird, entspricht die andeutende, oft aussparende Art der Darstellung und die knappe, die Gestik bevorzugende Charakterisierung der Personen. Die Weite und Erbarmungslosigkeit der südafrikanischen Landschaft sind nicht nur Hintergrund, sie sind die schicksalhafte Welt dieser Erzählungen, in denen einsame, wortkarge, stolze|Menschen einen dramatischen Kampf um Recht, Selbstbehauptung und Selbstachtung führen und meist untergehen, ohne daß versöhnende Mächte spürbar werden. Etwas von der Tragik dieser Figuren hat der eigenwillige, starre Dichter selbst, der seine Aufgabe gerade auf dem Feld des Politischen zu finden glaubte, dem gegenüber er eigentümlich blind war.|

  • Auszeichnungen

    Dr. phil. h. c. (Göttingen 1927), Goethe-Med. (1932), Senator d. Preuß. Ak. d. Künste, Abt. Dichtkunst (1933), Präsidialrat d. Schrifttumskammer in d. Reichskulturkammer (1933).

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Grobbelaars, 1907 (Trauerspiel);
    Novellen u. Erzz.: Was wir suchen ist alles, 1933 (3 nassau. Nov., um 1910 geschr., frühere historisierende Versuche unveröff.);
    [7] Südafrikan. Novellen, 1913;
    Der Gang durch d. Sand u. a. Geschichten südafrikan. Not, 1916;
    Der Ölsucher v. Duala, 1918, bearb. ²1933 (i. A. d. Staatssekr. d. Reichskolonialamts, nach e. Tagebuch);
    Die Olewagen-Saga, 1918;
    Das dt. Südwester-Buch, 1929 (dt. Schicksale, nach Berr.);
    Der Richter in der Karu u. a. Geschichten, 1930;
    Lüderitzland, 7 Begebenheiten, 1934, u. d. T. Geschichten aus Südwest-Afrika 1951;
    Kaffernland, e. dt. Sage, in: Dt. Rdsch. 62, 1936, als Buch 1961;
    - Heynade u. England (unvollendeter Roman, Ms. 2574 S.). - Pol.-hist. u. autobiogr. Schrr.: Straßburg - Nancy … Paris, 1908;
    Afrikafahrt-West, 1911;
    Die 13 Briefe aus Dt.-Südwestafrika, 1928;
    Der Schriftsteller u. d. Zeit, 1931 (P);
    Von d. bürgerl. Ehre u. bürgerl. Notwendigkeit, 1932;
    Amerikan. Rede, 1936;
    Vom pol. Dichter, geistige Begegnung mit Rudyard Kipling, u. Brief an die Hrsg., in: Das Innere Reich, 1936;
    Engl. Begegnung (u. a), ebd., 1937;
    Englische Rede, 1938;
    Rückblick, 1950 (P);
    Leben in Erwartung - Meine Jugend, 1952;
    Warum - Woher - Aber Wohin, 1954 (üb. Hitler);
    Erkenntnisse u. Bekenntnisse, 1955;
    Suchen u. Hoffen, Aus meinem Leben 1928–34, 1960 (P).

  • Literatur

    H. Claudius, in: Dt. Volkstum 48, 1926, S. 70 f., 693 f.;
    M. Herrmann-Neiße, Gekonnte Barbarei, zu … Volk o. Raum, in: Frankfurter Ztg. v. 31.10.1926;
    G. K. Brand, H. G., mit Bibliogr. v. E. Metelmann, in: Die schöne Lit. 27, 1926, S. 529-37;
    H. Pongs, in: Dichtung u. Volkstum 35, 1934, S. 205 ff., 393 ff.;
    E. Kirsch, H. G.s Volk o. Raum als Bildungsroman, ebd. 38, 1937;
    W. Lautzsch, Der nord. Mensch u. d. Landschaft in G.s Dichtungen, in: Zs. f. Deutschkde. 49, 1935;
    G. Fricke, ebd. (wieder in: G. Fricke, Vollendung u. Aufbruch, 1943);
    E. Ackerknecht, Moderne Sagakunst, ebd. 50, 1936 (wieder in: E. Ackerknecht, Aus d. Werkstatt e. Volksbildners, 1950);
    H. Friese, H. G. als Sprachschöpfer, Dichter, Erzieher, ebd. 55, 1941;
    G. H. Danton, in: Mhh. … 27, Madison 1935, S. 33-43 (üb. Volk ohne Raum);
    J. R. Frey, ebd. 32, 1940;
    R. Samuel, Th. Mann u. H. G., in: German Life and Letters 1, London 1936, S. 110-21;
    B. v. Heiseler, H. G. u. d. dt. Schicksal, in: B. v. H., Ahnung u. Aussage, 1939;
    O. Pfeiffer, Der Dichter v. „Volk o. Raum“, in: Zeilwende 20, 1948, S. 304-10;
    G. Eiselen, Südafrikan. Lebensform in H. G.s Dichtung, Diss. Tübingen 1951 (ungedr.);
    O. Becker, Die Klein-Epik H. G.s, Diss. Marburg 1955 (ungedr.);
    P. Heller, The masochistic rebel in recent German lit., in: Journal of Aesthetics and Art Criticism 11, Baltimore 1952/53, S. 198 ff.;
    Joh. Pfeiffer, Über H. G.s Novelle „Der Richter in d. Karu“, in: Die Sammlung 12, 1957, S. 74-80, wieder in: J. P., Die dichter. Wirklichkeit, 1962, S. 94-113. - Zu V Julius: E. Kirsch, J. G., 1940 (W).

  • Porträts

    Phot. in autobiogr. Arbb., s. W.

  • Autor/in

    Wolfgang Monath
  • Zitierweise

    Monath, Wolfgang, "Grimm, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 83-85 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118542249.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA