Lebensdaten
1878 – 1957
Geburtsort
Stettin
Sterbeort
Emmendingen
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Arzt
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118526200 | OGND | VIAF: 51688166
Namensvarianten
  • Döblin, Alfred Bruno
  • Doeblin, Alfred
  • Piethe, Knaas (Pseudonym)
  • mehr

Orte

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Zitierweise

Döblin, Alfred, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118526200.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Max, Schneidermeister;
    M Sophie Freurienheim;
    Berlin 1912 Erna Reiss (1888–1957);
    4 S.

  • Biographie

    Seit 1888 wuchs D. illusionslos und ohne Beziehung zur Natur in der Großstadt Berlin auf. Er studierte in Freiburg (Breisgau) Medizin und promovierte dort über „Gedächtnisstörungen bei der Korsakoffschen Psychose“ (1905). D. war Arzt in einer Irrenanstalt zu Regensburg und 1911-33 Kassenfacharzt für Nervenkrankheiten in Berlin. Als Asphaltliterat und wegen seiner jüdischen Herkunft verschrien, emigrierte D., der 1928 Mitglied der Preußischen Akademie der Künste geworden war, in der Nacht des Reichstagsbrands in die Schweiz und nach Paris, wo er 1936 französischer Staatsbürger wurde. 1940 flüchtete D. über Spanien und Portugal nach den USA und kehrte 1946 als Oberst und Literaturinspekteur der französischen Militärregierung nach Deutschland zurück. Er lebte zunächst in Baden-Baden, später in Mainz. - Schon während seines Studiums begann D.s thematisch wie stilistisch vielschichtige literarische Arbeit, deren Ertrag in mehr als 40 Büchern bestand. Wie bei Gottfried Benn vermittelte seine Tätigkeit als Arzt ihm genaue Kenntnis der Großstadtpsyche und ihrer Gruppenseele, während die Vorstellung von der Individualität als Persönlichkeit mehr und mehr zurücktrat. Als Ethiker und Schriftsteller erlebte D. die Massenseele der modernen Welt als Trauma, zu dessen Analyse sein dichterisches Werk immer von neuem ansetzte. Bis zur Konversion zum Katholizismus und seinem letzten großen Roman „Hamlet oder die lange Nacht nimmt ein Ende“ (1957) spannt sich ein Bogen stilistischer und sprachlicher Experimente, mit dem Ziel, durch die Dichtung eine neue ethische und metaphysische Ordnung zu gewinnen.

    Zunächst bejahte D. die vom Expressionismus abgelehnte Technik, mußte jedoch erkennen, daß der Mensch diese über das Maß dessen hinausentwickelte, was er zu beherrschen vermochte („Berge, Meer und Giganten“, 1924, Neufassung als „Giganten“, 1932). Mit der „erlebten Rede“ und|der ihm eigenen parataktischen Montagetechnik gestaltete D. in seinem Hauptwerk „Berlin Alexanderplatz“ (1929, Neuausgabe 1948), einem treffenden Porträt der Berliner Unterwelt, das selbstverschuldete Schicksal eines entlassenen Sträflings bis zur inneren Umkehr. Diese Sehnsucht nach transzendenter Ordnung wird auch im Spätwerk offenbar: „Hamlet“ ist bei D. ein englischer Soldat des 2. Weltkriegs, der auf der Suche nach der verborgenen Schuld der Kriege den Keim des Übels in sich selber erkennt und ausrottet. So gelangt D., seiner Wandlung zum Katholizismus entsprechend, von der Gruppenseele zur personalen Einheit und von der sozialen Utopie zur Gewissenserforschung der Hamletgestalt. Sein Gesamtwerk enthält dabei in fortwährender Änderung des Stils und der Thematik die Haupttendenzen der zeitgenössischen Dichtung; die Inversion familiärer Beziehungen zum Beispiel wird in einer Sprache gestaltet, die sich im Naturalismus, Expressionismus und Surrealismus die wesentlichen Möglichkeiten seiner Zeit dienstbar macht. So wurde D. einer der markantesten Vertreter der Dichtung nach den beiden Weltkriegen. - Mitglied des deutschen Pen-Zentrums, Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, deren Literaturpreis er 1954 erhielt; Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste 1957.

  • Werke

    Weitere W u. a. Die drei Sprünge d. Wang-Lun, 1915, Neuausg. 1946; Die Lobensteiner, 1917;
    Wadzeks Kampf mit d. Dampfturbine, 1918;
    Wallenstein, 1920;
    Manas, 1927;
    Wissen u. Verändern, 1931;
    Jüd. Erneuerung, Amsterdam 1933;
    Babylon. Wanderung, ebd. 1934;
    Südamerika-Trilogie: I. Land ohne Tod, ebd. 1937, ²1947, II. Der blaue Tiger, ebd. 1938, ²1947, III. Der neue Urwald, 1948;
    Bürger u. Soldaten, 1941;
    Der unsterbliche Mensch, 1040 (Rel.gespräch);
    Der Oberst u. d. Dichter, 1946;
    Die lit. Situation, 1947;
    November 1918, 3 Bde., 1948-50;
    Schicksalsreise, 1949 (Autobiogr.);
    Die Dichtung, ihre Natur u. ihre Rolle, = Abh. d. Ak. d. Wiss. u. d. Lit. Mainz, Kl. d. Lit., Jg. 1950/51;
    A. D., Auswahl a. d. erz. Werk mit Einl. v. E. H. P. Lüth, 1948. Mitbegr. d. revolutionären Kunstzs. „Sturm“, 1910 ff.; Hrsg.: Das goldene Tor, Monatszs. f. Lit. u. Kunst, 1946 ff.

  • Literatur

    A. D., Im Busch – zu Hause – Auf der Straße, Vorgestellt v. A. D. u. O. Loerke (I. A. D., Erster Rückblick, II. Bibliogr., III. O. Loerke, Die bisherigen Werke A. D.s), 1928; H. E. Schröder, Geist u. Kosmos v. A. D., in: Preuß. Jbb. 233, 1933;
    A. D. z. 70. Geburtstag, hrsg. v. P. E. H. Lüth, 1948 (P);
    E. Alker, Gesch. d. dt. Lit. v. Goethes Tod bis z. Gegenwart II, 1950, S. 407 f. u. ö.;
    R. Minder, in: Dt. Lit. im 20. Jh., hrsg. v. H. Friedmann u. O. Mann, 1954, S. 249-68;
    F. Martini, Das Wagnis d. Sprache, ²1956, S. 336, 339;
    K. A. Horst, A. D.s lange Nacht, in: Merkur, 9. Jg., 1957, H. 9;
    L. Marcuse, A. D.s letzter Roman, in: FAZ v. 1.7.1957;
    A. Muschg, Ein Flüchtling, A. D.s Bekehrung, in: Die Zerstörung d. dt. Lit., ³1958, S. 110-40;
    Kosch, Lit.-Lex.;
    Körner;
    Kindermann-Dietrich, Lex. d. Weltlit., 1951, S. 171, 981 (W); Rhdb. (P).

  • Autor/in

    Karl Richter
  • Zitierweise

    Richter, Karl, "Döblin, Alfred" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 12-13 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118526200.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA