Lebensdaten
1655 – 1705
Geburtsort
Basel
Sterbeort
Basel
Beruf/Funktion
Mathematiker ; Physiker ; Theologe
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118509950 | OGND | VIAF: 14793931
Namensvarianten
  • Bernoulli, Jakob (I)
  • Bernoulli, Jakob
  • Bernoulli, Jakob (I)
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Zitierweise

Bernoulli, Jakob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118509950.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Niklaus (1623–1708), Spezierer, Rats- und Gerichtsherr in Basel (siehe Einleitung);
    B Johann s. (4);
    1684 Judith, T des Spezierers Johann Christoph Stupanus und der Maria Harscher;
    S Niklaus der Jüngere (1687–1769), Maler, 1 T; N u. a. Niklaus s. (6).

  • Biographie

    B. studierte auf väterlichen Wunsch Theologie bis zur Ordination (1676), trieb aber daneben Mathematik und Astronomie. Doch erst, als er nach längerem Aufenthalt in Genf|(wo er ein blindes Mädchen unterrichtete) und in Frankreich nach Holland kam (1681), wurde er mit der zeitgenössischen Wissenschaft bekannt und dadurch veranlaßt, die Lücken seines Wissens auszufüllen. Nach seiner Heimkehr eröffnete er private Kurse über Experimentalphysik, von denen noch Protokolle vorhanden sind. 1687 erhielt er die Basler Professur für Mathematik. Zusammen mit dem 12 Jahre jüngeren Bruder Johann s. (4) bemächtigte er sich als erster des Infinitesimalkalküls von Leibniz und löste damit ein von diesem gestelltes Problem (1690). Damit setzte eine Fülle von meisterhaften Abhandlungen ein, in denen an eindrücklichen Beispielen die Kraft der neuen Analysis offenbar wurde. Es seien genannt die Arbeiten über die „Helicoidische Parabel“ (Transformation eines elliptischen Integrals) und über die „Spira mirabilis“, das Vorbild der W-Kurven (1691); über die „diakaustischen“ Linien mit den Formeln für den Krümmungsradius (Theoremata aurea) und über die „elastische“ Kurve (1694). In scharfem Wettstreit mit seinem Bruder, der ihn 1697 mit dem Problem der „Linie kürzester Fallzeit“ herausgefordert hatte, entwickelte er die Prinzipien der Variationsrechnung und löste damit nicht nur jene Aufgabe, sondern auch das weit schwierigere „isoperimetrische“ Problem (1700). Beide Brüder wurden für ihre Leistungen unter die acht auswärtigen Mitglieder der Pariser Akademie der Wissenschaften aufgenommen (1699), zwei Jahre darauf auch unter die Mitglieder der Societät der Wissenschaften in Berlin.

    B.s letzte bedeutende Arbeit (1703/04) galt der Bestimmung des Oszillationszentrums, wobei er das d'Alembertsche Prinzip vorwegnahm. Auf der Höhe seines Ruhms erlag er einem qualvollen Leiden. Aus seinen hinterlassenen Papieren wurde ein Buch zusammengestellt, das 1713 in Basel unter dem Titel „Ars conjectandi“ erschien und neben einer Reihenlehre (B.sche Zahlen) die Hauptsätze der Wahrscheinlichkeitslehre enthielt. Von seinem noch unedierten Nachlaß besitzt ein seit 1677 geführtes Notizbuch den größten Wert. B.s Epitaph mit Spirale und Umschrift Eadem mutata resurgo befindet sich im Kreuzgang des Basler Münsters.

  • Werke

    Opera omnia, hrsg. v. G. Cramer, 2 Bde., Genf 1744 (vollst. Verz.);
    Historia Cycloidis, in: Archiv f. Gesch. d. Math. Naturwiss. 10, 1927/28, S. 345;
    s. a. Pogg. I.

  • Literatur

    ADB II;
    J. J. Battier, Vita J. B., Basel 1705;
    G. Kowalewski, Große Mathematiker, 1938.

  • Porträts

    Ölgem. (als Geistlicher) in Basler Privatbesitz, Abb. in: Große Schweizer, Zürich 1939, S. 224; Ölgem. 1694 (Basel, Alte Aula), beide v. B.s Bruder Niklaus B. d. Ä. (V v. Niklaus [I], s. 6).

  • Autor/in

    Otto Spiess
  • Zitierweise

    Spiess, Otto, "Bernoulli, Jakob" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 129-130 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118509950.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Bernoulli: Jakob B. I., Mathematiker, Physiker und Theologe, geb. 27. Decbr. 1654 zu Basel, 16. Aug. 1705 ebendaselbst. Die Familie der B., in welcher mathematische Berühmtheit als erbliche Eigenschaft fast aller männlichen Mitglieder über 100 Jahre lang galt, stammt, so weit es möglich ist ihren Ursprung zu verfolgen, aus den Niederlanden. Ein gewisser Jakob B. zog in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von Antwerpen nach Frankfurt a. M., vertrieben durch die religiöse Verfolgungssucht des Herzogs von Alba. Ein Enkel dieses ältesten Jakob B. gleichen Namens nahm seinen Wohnsitz in Basel, wo er 1634 erst 36 Jahre alt starb. Sein Sohn Niclaus (geb. 19. Nov. 1623, 8. März 1708) nahm eine hoch geachtete Stellung als Rathsherr ein. Er ist der unmittelbare Vorfahre des in der Ueberschrift genannten großen Mathematikers. Jakob B. war der älteste von den vier Söhnen des Rathsherrn Niclaus B., die anderen hießen Niclaus, Johann, Hieronymus, und von ihnen wird sowol in dieser als in den folgenden Biographien noch vielfach die Rede sein. Jakob mußte auf den Wunsch des Vaters Theolog werden und bestand auch 1676 sein Examen in dieser Wissenschaft; seine Predigten sowol in deutscher als in französischer Sprache fanden großen Beifall. Insgeheim freilich trieb er, und zwar gegen des Vaters Willen, Mathematik, so daß er daraus Veranlassung zog, bei der Wahl eines Sinnspruches, wie er damals üblich war, den Satz Invito Patre Sidera Verso als Ueberschrift zu einer Abbildung des Phaeton auf dem Sonnenwagen anzunehmen. Nach kaum abgelegtem theologischen Examen begab sich Jakob B. im August 1676 auf Reisen und durchzog während fast vier Jahren die Schweiz und Frankreich mit theilweise längerem Aufenthalt an einzelnen Orten, wo er wie in Genf, in Nede (im Limousin), in Bordeaux eine Stelle als Hauslehrer angenommen hatte. An letzterem Orte berechnete er Tabellen für Sonnenuhren, welche aber nie im Drucke erschienen sind. Seine erste Veröffentlichung stammt aus dem Jahre 1681, nachdem er wieder in Basel eingetroffen war, und bezieht sich auf die Kometentheorie. Unmittelbar nach dem Erscheinen dieser gegenwärtig durch ihre unrichtigen Voraussetzungen veralteten Erstlingsschrift trat Jakob seine zweite große Reise nach den Niederlanden und nach England an, wo er mit den bedeutenden Mathematikern Huddenius in Amsterdam, Fullenius in Franeker, Flamsteed in Greenwich in Verbindung trat, auch selbst Einiges veröffentlichte und dann über Hamburg, Bremen, Frankfurt a. M. im October 1682 in die Heimath zurückkehrte. Er hatte inzwischen die mathematischen Wissenschaften so fest zu seinem Berufe erwählt, daß er eine ihm angebotene Predigerstelle in Straßburg ausschlug und statt dessen die ersten Vorlesungen über Experimentalphysik in Basel eröffnete. Seine sämmtlichen Biographen melden von einer 1684 erfolgten Aufforderung die mathematische Professur in Heidelberg zu übernehmen, welche Jakob B. gleichfalls, wenn auch mit Widerstreben, zurückgewiesen habe, da er grade damals auf dem Punkte stand, sich in Basel zu verheirathen. So unzweifelhaft diese Heirath, so ist doch über die Berufung wenigstens in den Senatsacten der Heidelberger Universität keinerlei Notiz zu finden, es werden also vermuthlich nur private Verhandlungen stattgefunden haben. Zu einer festen Stellung gelangte Jakob B. jedenfalls erst im Febr. 1687, als ihm durch einstimmige Wahl die mathemathische Professun|in Basel übertragen wurde. Sein Vorgänger im Amte, Peter Megerlin, war am 26. Oct. 1686 gestorben. Vier Jahre blieb Jakob B. in ungestörtem Besitze dieser Professur; da wurde sie ihm im Mai 1691 durch Regenzbeschluß entzogen. Jakob B. hatte nämlich einen Aufsatz über verschiedene Mißbräuche, welche bei der Universität sich heimisch gemacht hatten, der politischen Behörde eingereicht und dadurch die Spitzen der Universität um so tiefer beleidigt, je begründeter die von ihm erhobenen Vorwürfe waren. Er mußte im November 1691 vor dem Rector Abbitte thun, worauf erst der ihn entsetzende Regenzbeschluß aufgehoben wurde und er die bewährte Thätigkeit zum großen Nutzen seiner zahlreichen Schüler wieder aufnehmen durfte. Manche Unterbrechung verschuldete die seit 1692 sich entwickelnde Kränklichkeit Jakobs, welche mit einem gefährlichen Husten anfing, mit Gichtleiden sich fortsetzte und mit einem zehrenden Fieber endigte, welches den 16. Aug. 1705 seinen Tod zur Folge hatte. Jakobs Charakter ist uns durch die Schilderung von Schülern und Freunden bekannt, und wenn dieselben auch nicht als unparteiisch gelten können und eine Gedächtnißrede natürlich mehr Gutes als Schlimmes meldet, so wird doch wol nicht anzunehmen sein, daß Battier z. B. in seiner zu Basel am 23. Nov. 1705 gehaltenen Erinnerungsrede an den Verstorbenen die Dinge gradezu auf den Kopf gestellt haben sollte, wenn er in Gegenwart von lauter Leuten, die Jakob B. persönlich gekannt hatten, sagt: derselbe sei treu in der Freundschaft gewesen, wahr und offen, fromm und gottergeben, gleich weit entfernt vom Aberglauben wie von Verachtung der Religion. Wir können Battier vielleicht um so zuversichtlicher in dieser Charakterschilderung folgen, als er unmittelbar hinzufügt, Jakob B. sei sich der Fehler, die er begangen habe, und deren Zahl er selbst als groß angab, wohl bewußt gewesen. Diese Muttermale (wie Battier sie nennt) dürften wol in der übergroßen Reizbarkeit und Empfindlichkeit Jakobs zu erkennen sein, welche er insbesondere in den Beziehungen zu seinem Bruder Johann an den Tag legte, und welche ihre Mitschuld an dem häßlichen Streite zwischen diesen beiden großen Mathematikern trug. Zur Entlastung Jakobs dient dagegen sowol seine Kränklichkeit, welche eine gewisse Nervenerregung aus körperlichen Gründen mit sich führte, als der durchaus autodidaktische Gang seiner Studien, bei welchem er sich mühsam abquälen mußte, bis er eine Summe von Kenntnissen sich erwarb, welche der genialere, wenn auch weniger gründliche Johann in raschem Fluge erlangte, unterstützt durch Jakobs Unterricht, welchen er später verleugnete. Ueberhaupt war Johann, wie mannigfache Thatsachen beweisen, keineswegs wahrheitsliebend, und wir glauben uns dadurch berechtigt bei einander gegenüberstehenden Angaben von Jakob und Johann B., falls keine anderen Gründe entscheidend ins Gewicht fallen, immer die Angabe Johanns für verdächtig zu halten. Der schon erwähnte Streit der beiden Brüder war, wenn auch ein persönlicher, doch auf wissenschaftlichem Gebiete entstanden, und somit hat die Geschichte der Mathematik nicht das Recht, denselben der Vergessenheit anheim zu geben. Er muß vielmehr neben den anderen mathematischen Leistungen des 17. und 18. Jahrhunderts erzählt werden. Jene ganze Zeit ist als die der Erfindung und ersten Ausbildung des Infinitesimalcalculs zu bezeichnen. Die erste über diesen Gegenstand veröffentlichte Abhandlung rührt bekanntlich von Leibnitz her und erschien im Octoberhefte 1684 der „Acta eruditorum“, welche seit 1682 durch Professor Mencke in Leipzig herausgegeben wurden. Jakob B. war jedenfalls einer der ersten Mathematiker, welche diese Abhandlung gründlich studirten. Nicht als ob die Erzählung Johanns B. in einer nachgelassenen Selbstbiographie die Wahrheit enthielte, wonach Beide, erst 1687 durch einen Zufall mit jener Abhandlung bekannt geworden, binnen weniger Tage das ganze Geheimniß ergründet hätten; im Gegentheil, es dauerte Jahre, bis das nur kurz angedeutete ihnen, d. h. zunächst dem älteren Bruder, welcher alsdann den jüngeren unterrichtete, nur halbwegs klar wurde, wie aus einem Briefe sich ergibt, welchen Jakob am 15. Dec. 1687 an Leibnitz richtete und in welchem er um weitere Fingerzeige bezüglich dessen höherer Geometrie bat, deren Existenz er ahne. Leibnitz hatte kurz vorher seine große italienische Reise angetreten, während welcher sein mathematischer Briefwechsel überhaupt ruht. Er kehrte erst im Sommer 1690 nach Hannover zurück und beantwortete den jetzt erst aufgefundenen Brief unter dem 24. Sept. 1690. Inzwischen hatte Jakob B. durch eigenes Nachdenken die Infinitesimalrechnung ergründet und hatte bereits im Maiheft 1690 der „Acta Eruditorum“ seinen Aufsatz über die Isochrone veröffentlicht, in welchem zuerst das Wort Integral vorkommt, dessen Erfindung sonach Jakob angehört, wenn auch Johann in der genannten Selbstbiographie es für sich in Anspruch nimmt. Jakob nennt in seinen Publicationen von 1689 wie von 1691 und 1692 bei jeder thunlichen Gelegenheit den jüngeren Bruder, er hätte es auch 1690 gethan, wenn der Name des Integrals von jenem herrührte. Im Januar 1691 erschien ein weiterer wichtiger Aufsatz von Jakob, in welchem die Formel für die Länge des Krümmungshalbmessers sich findet, sowie auch der Zusammenhang zwischen Krümmung und Abwickelung der Curven. Im Juni desselben Jahres folgen Forschungen über die logarithmische Spirale, über die Loxodrome und über die Kettenlinie. Die erstere Curve beschäftigte Jakob B. noch vielfach; er erkannte 1692 ihre Eigenschaft, durch verschiedene optische und geometrische Entstehungsarten Curven derselben Gattung hervorzubringen und benannte sie deshalb die Wunderspirale, ja er verlangte, man solle sie auf seinen Grabstein setzen mit der Unterschrift „Eadem numero mutata resurget“, ein Wunsch, welcher auch wirklich erfüllt wurde. Andere Untersuchungen über die elastische Curve, über Integration irrationaler Ausdrücke, über unendliche Reihen, bei welcher Gelegenheit die sogenannten Bernoulli’schen Zahlen entdeckt wurden, über Wahrscheinlichkeitsrechnung, den Gegenstand eines nachgelassenen durch Jakobs Neffen Niclaus herausgegebenen mustergültigen Werkes, können hier nur ganz kurz erwähnt werden. Die Segelcurven, deren Auffindung und Betrachtung Jakob B. im März 1692 nach der Sitte der damaligen Zeit, öffentliche Probleme zu stellen, den Mathematikern aufgab, bot die Veranlassung zum Streite mit Johann B. Jakob hatte, das wissen wir aus Johanns Munde, mit letzterem über diese Curve correspondirt. Im April 1692 veröffentlichte nun Johann im „Journal des Savans“ zu Paris, wo er sich damals aufhielt, eine Notiz über die Identität der Segelcurven mit der Kettenlinie. Man kann nicht gerade sagen, daß darin irgend ein directer Ausfall gegen Jakob sich finde, aber der unbefangene Leser wird den Eindruck davontragen, Johann suche die Welt zu bereden, er sei eigentlich der Mathematiker, der die Segelcurven und früher die Kettenlinie entdeckt habe, sein Bruder wisse von beiden nur sehr wenig. Jakob mußte sich dadurch um so eher verletzt fühlen, als in Paris bisher sein Name weniger bekannt war als der des Bruders. Noch schwieg er aber. Johann kehrte nun Ende 1692 nach Basel zurück, und hier muß eine Verständigung Beider eingetreten sein, denn aus dem Herbst 1694, als Johann sein Doctorexamen in der Medicin ablegte, besitzen wir ein Gratulationsgedicht Jakobs in den wärmsten Worten. Johann verließ Basel wieder am 1. Sept. 1695 um die Professur der Mathematik in Gröningen anzutreten. Um diese Zeit muß zwischen beiden Brüdern irgend Etwas vorgefallen sein. Die Erzählung Johanns an Leibnitz in einem Schreiben vom 26. Febr. 1701 von einem kurz nach seinem Umzuge durch Jakob gefälschten Brief trägt den Stempel der Unglaubwürdigkeit und soll vermuthlich eine eigene Schuld verbergen; aber was an die Stelle zu setzen, ist durchaus räthselhaft. Genug, im Decemberheft 1695 der „Acta Eruditorum greift Jakob den Bruder aufs heftigste an, macht sich über den erwähnten Aufsatz in dem „Journal des Savans“ sowie über einen späteren aus dem J. 1694 lustig und gebraucht Worte wie die: Johann bringe gekochte Eier herein, wenn man schon vom Mittagessen aufstehe. Johann antwortete nicht öffentlich, vielleicht durch Leibnitz dazu bestimmt. Im Juni 1696 stellte Johann die Aufgabe der Brachistochronen. Jakob löste sie im Maihefte 1697 der „Acta Eruditorum“ und knüpfte daran seinerseits mit beleidigender Herausforderung des Bruders das sogenannte isoperimetrische Problem. War bis dahin unleugbar Jakob in so weit der schuldige Theil, als Bruderzwist nicht vor die Oeffentlichkeit gehört und er diese Oeffentlichkeit halsstarrig erzwang, so dreht sich jetzt die Sache um. Johann knüpft Unwahrheiten an Schimpfworte, Schimpfworte an Unwahrheiten, während Jakob in sarkastischer Ruhe verharrt und mit der berühmten Abhandlung vom 1. März 1701 über das isoperimetrische Problem, welche er den vier von ihm zuhöchst gestellten Zeitgenossen, de l'Hospital, Leibnitz, Newton, Fatio de Duillier, widmet, die Grundlage zur Variationsrechnung legt. Das war die letzte große wissenschaftliche That Jakobs B., dem auch die Mitwelt in der Schlußperiode seines Streites ihre Bewunderung aussprach. Er wurde, freilich zugleich mit Johann, 1699 zu einem der acht auswärtigen Mitglieder der Pariser, 1701 zum Mitgliede der Berliner Akademie erwählt. Johann erkannte die von Jakob behauptete Unrichtigkeit seiner eigenen Lösungsversuche erst lange nach dessen Tode in einer Abhandlung von 1718 an. Die hauptsächlichsten Schüler von Jakob B. waren neben Johann noch der Neffe Niclaus B., Paul Euler (der Vater von Leonhard Euler) und Jakob Hermann, der bekannte Verfasser der „Phoronomie“. Seine sämmtlichen Werke wurden 1744 durch Gabriel Cramer in zwei dicken Quartbänden herausgegeben. Nur die „Ars conjectandi“ (die Wahrscheinlichkeitsrechnung) blieb ausgeschlossen, welche 1713 besonders gedruckt worden war.

    • Literatur

      Vgl. die Lobreden von Battier (als Einleitung zur Gesammtausgabe von Jakob Bernoulli's Werken); von Hermann (Acta Eruditorum pro 1706); von Fontenelle (Histoire du renouvellement de l'Académie royale des sciences etc. Paris 1706); von R. Wolf (Grunert's Archiv Bd. 25). — F. Giesel, Geschichte der Variationsrechnung (Programm des Gymnasiums zu Torgau 1857) und Jakob Bernoulli (Programm der Realschule zu Leer 1869). —
      Cantor, Besprechung des letzteren Programmes (Zeitschr. für Mathem. u. Physik Bd. XV). — Merian, Die Mathematiker Bernoulli (Basel 1860).

  • Autor/in

    Cantor.
  • Zitierweise

    Cantor, Moritz, "Bernoulli, Jakob" in: Allgemeine Deutsche Biographie 2 (1875), S. 470-473 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118509950.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA