Lebensdaten
um 1514 – 1571
Geburtsort
„Prugg“ bei Füssen
Beruf/Funktion
Musikinstrumentenhändler ; Lautenmacher
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 117627593 | OGND | VIAF: 69712362
Namensvarianten
  • Tieffenbrugger, Kaspar
  • Teuffenbruger, Kaspar
  • Duiffoprucart, Gasparo
  • mehr

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Zitierweise

Tieffenbrucker, Caspar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117627593.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Instrumentenbauerfam. im Allgäu (s. MGG²; BMLO); wohl Verwandte Michael (I) (um 1485–1556/57), Lautenmacher in Roßhaupten, dessen S Michael (II) (um 1520–85), Lautenmacher, Tavernenbes. u. Gde.vorsteher in Roßhaupten, dessen S Johann (II) (um 1551-n. 1611), Lautenmacher in Venedig, Ulrich (erw. 1513, v. 1568), 1521 in Venedig, dessen S Magno (I) (um 1514–um 1595), Lautenmacher in Venedig, dessen S Magno (II) ( 1576) u. Moisé (um 1550–81), beide führten d. väterl. Geschäft „Zum schwarzen Adler“ fort, Abram (erw. 1557–75, wohl luth.), in Venedig d. Häresie beschuldigt, Jacob (erw. 1529, 1564), zuletzt in Genua, Magno (III) (um 1541–1613), Lautenmacher in Venedig, Paolo Zuane (* 1570), Lautenmacher in Venedig, Wendelin (Vendelio Venere) (erw. 1581), Lautenmacher in Padua (alle s. MGG² ).

  • Biographie

    Die maßgebliche Quelle für die Biographie und Rezeptionsgeschichte von T. ist ein 1562 entstandenes Portrait des Kupferstechers Pierre Woeiriot de Bouzey (1532–99). Darin wird sein Alter mit 48 Jahren angegeben, so daß er um 1514 geboren sein dürfte. T. stammte aus „Prugg“, einem nicht eindeutig identifizierbaren Ort (Tieffenbruck, Lechbruck, Schwabbruck oder Bruckschmid) in der Umgebung von Füssen. Als Untertan des Klosters St. Mang kaufte er sich 1539 beim Propstamt aus der Leibeigenschaft frei. In der Stadt Füssen erhielt er mit dem Namen Caspar Teuffenbruger am 22. 4. 1544 das Bürgerrecht, als er die Tochter eines Füssener Bürgers heiratete.

    Zwar sind etwa zwanzig weitere Personen mit demselben Familiennamen im Kontext des Füssener Lautenbaus überliefert (in den roman. Ländern mitunter in den Namensvarianten Duiffoprugcar, Duiffoproucart, Dubrocard u. ä.), doch lassen sich daraus die familiären Beziehungen T.s nicht erkennen.

    In Füssen ist T. erstmals 1539 mit einer Steuerzahlung und das letzte Mal 1545 beim Verkauf von niederl. Tischtüchern an das Propstamt belegt. Dieser Vorgang läßt einerseits überregionale Geschäftsbeziehungen erahnen, andererseits macht er deutlich, daß über die Händleraktivität hinaus keinerlei Information über Ausbildung und Beruf T.s überliefert ist. Der Kupferstich Woeiriots zeigt T. als seriöse Persönlichkeit in prächtiger Kleidung, was seine Zugehörigkeit zu einer höheren Sozialschicht vermuten läßt, und zudem zahlreiche Instrumente (Lauten, Mandoline, Harfe, Gitarre, Geige, Gambe, Werkzeug u. Zubehör). T. hatte demnach sicher mit Musikinstrumenten zu tun – ob als Händler oder Hersteller, ist ungeklärt; möglicherweise war er auch Lautenmacher, so wie mehrere Träger seines Namens in Padua, Venedig und anderen ital. Städten. Jedoch gehörte aus diesem Personenkreis kein einziger dem Füssener Handwerk der Lautenmacher an.

    Der Lexikograph Ernst Ludwig Gerber machte erstmals 1812 auf das erwähnte Portrait aufmerksam, nicht ohne den Hinweis auf das Fehlen weiterer Quellen und Überlieferung. Ungeachtet dessen entstanden seit den 1870er Jahren in rascher Folge lexikalische Biographien und monographische Würdigungen in dt., ital., franz. und engl. Sprache. Aufgrund des ungewöhnlichen Namens, dessen etymologische Entschlüsselung eine Generation in Anspruch nahm, wurden T. darin verschiedene Lebens- und Wirkungsorte (Bologna, Vendig, Welschtirol) zugeschrieben. Dabei wurde seine Person mehrfach konkurrierend nationalistisch vereinnahmt (Gétreau 2007).

    Entgegen den Darstellungen der älteren Literatur läßt sich eine Tätigkeit T.s in Italien nicht belegen. Für die Zeit ab 1553 wurden von Henry Coutagne (1893) jedoch die Daten für sein Wirken in Lyon gesammelt. 1556 erwarb er den Weinberg „à la côte Saint-Sebastien“ vor der Stadt und errichtete dort ein Wohnhaus mit Garten. Das Lyoner Bürgerrecht erhielt er 1558 von dem franz. Kg. Henri II. persönlich; dieser nannte ihn ausdrücklich „nostre cher et bien ami“, was auf eine enge Beziehung von T. zum Pariser Hof hinweist.

    Seit den Forschungen von Adolf Layer (1978) sind die wenigen urkundlichen Daten auch aus Füssen bekannt. Heute gilt darüber hinaus einvernehmlich, daß wohl keine Instrumente von T. überliefert sind, bzw. daß die wenigen ihm zugeschriebenen Instrumente in ihren individuellen Überlieferungskontexten sehr differenziert zu betrachten sind. So wies Thomas Drescher (1990) etwa nach, daß bereits 1559 Benoît Lejeune in Paris strafrechtlich verurteilt wurde, weil er eine Signatur T.s gefälscht hatte.

    Die in den frühen Biographien unter Bezug auf das abgebildete Instrumentarium geäußerte Hypothese, daß T. der Erfinder der Violine gewesen sei, wurde bereits von Lütgendorff (1904) als falsch zurückgewiesen.

    Dagegen steht eine andere Hypothese von Albert Jacquot (1886) weiterhin im Raum, derzufolge T. der Begründer des Instrumentenbaus im lothring. Mirecourt gewesen sei. Sollte sie zutreffen, dann wäre in der 1562 eingeleiteten Füssener Institutionalisierung des Lautenmacher-Handwerks eine Abwehrmaßnahme des regionalen Instrumentenbaus gegen die Konkurrenz und Dominanz des oberital. Firmengeflechts der Tieffenbrucker zu vermuten, die als bedeutendste Lautenmacher-Familie der Musikgeschichte den europ. Markt über Generationen beherrschten.

  • Literatur

    L ADB V (unter Duiffopruggar);
    E. Schebek, Der Geigenbau in Italien u. sein dt. Ursprung, 1872, ²1874;
    G. Hart, The violin, 1875;
    A. Jacquot, La Musique en Lorraine, 1886;
    H. Coutagne, Gaspard Duiffoproucart, 1893;
    W. L. v. Lütgendorff, Die Geigenu. Lautenmacher v. MA bis z. Gegenwart, 1904;
    F. Waldner, Die Heimat d. Lautenmacher Tieffenbrugger, in: Zs. f. Instrumentenbau 30, 1909/10, S. 736 f.;
    G. Guggemos, Die Tieffenbrugger v. Tiefenbruck, in: Alt-Füssen 19/10, 1958, S. 3 f., ebd. 20/1, 1959, S. 2 ff., ebd. 20/2, 1959, S. 4;
    A. Layer, Die Allgäuer Lauten- u. Geigenmacher, 1978;
    Th. Drescher, Die Geigen- u. Lautenmacher, Erg.bd., 1990;
    F. Gétreau, L’image du faiseur d’instruments de musique à la Renaissance, in: Imago musicae 16/17, 1999/2000, S. 117–36;
    dies., Instrument making in Lyon and Paris around 1600, in: Musikal. Aufführungspraxis in nat. Dialogen d. 16. Jh., T. 2: Musikinstrumentenbau-Zentren im 16. Jh., hg. v. B. E. H. Schmuhl u. M. Lustig, 2007, S. 179–204;
    |J. Focht u. Kl. Martius, Füssen – das europ. Lautenkartell, ebd., S. 85–104;
    D. A. Smith, A history of the lute, 2002;
    J. Focht, Der Füssener Lautenbau u. Italien, in: Schwaben u. Italien – zwei europ. Kulturlandschaften zw. Antike u. Moderne, hg. v. W. Wüst, in: Zs. d. Hist. Ver. f. Schwaben 102, 2010, S. 293–306;
    ders., T. – Lautenklänge, in: R. Riepertinger (Hg.), Bayern – Italien, Kat. z. Bayer. Landesausst. 2010, S. 130–34;
    St. Pio, Liuteria Veneziana 1490–1630, 2011;
    – E. L. Gerber, Neues hist.-biogr. Lex. d. Tonkünstler, 1812–14;
    H. Mendel u. A. Reißmann, Musikal. Conversations-Lex., 1873, mit Erg. bd. 1883;
    A. Layer, in: Lb. Bayer. Schwaben IV, 1954, S. 184–203 (P);
    ders., in: MGG (P); MGG².

  • Porträts

    P Kupf. v. P. Woeiriot, 1562, Abb. in: Lb. Bayer. Schwaben IV u. MGG; „Lautenmacherbrunnen“ mit Bronzefigur v. J. M. Neustifter, 1990 (Füssen, Brotmarkt)

  • Autor/in

    Josef Focht
  • Zitierweise

    Focht, Josef, "Tieffenbrucker, Caspar" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 259-261 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117627593.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA