Wigand, Johann

Lebensdaten
1523 – 1587
Geburtsort
Mansfeld
Sterbeort
Liebemühl (Miłomłyn, Ostpreußen)
Beruf/Funktion
lutherischer Bischof von Pomesanien und Samland ; Evangelischer Theologe ; Gnesiolutheraner ; Reformator ; Pfarrer ; Superintendent ; Bischof ; Hochschullehrer ; Lehrer ; Rektor
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 117383317 | OGND | VIAF: 76621932
Namensvarianten

  • Wigandus, Johannes
  • Wigand, Hans
  • Wigand, Johann
  • Wigandus, Johannes
  • Wigand, Hans
  • Wiegand, Johann
  • Wiegand, Johannes
  • Wigand, Johannes
  • Wigand, Johannes aus Mansfeld
  • W., Johannes
  • Wigandus, Iohannes
  • Vuigandus, Johannes
  • Wigand, Johannes, aus Mansfeld

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Zitierweise

Wigand, Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117383317.html [06.12.2025].

CC0

  • Wigand(us), Johann(es) (Hans)

    | lutherischer Theologe, Bischof von Pomesanien und Samland, * 1523 Mansfeld, † 21.10.1587 Liebemühl (Miłomłyn, Ostpreußen), ⚰Liebemühl, Stadtkirche Sankt Bartholomaeus.

  • Genealogie

    V Johannes, aus Hessen, M Katharina N. N.;
    1) Mansfeld vor 1553 Rebecca N. N. ( um 1555), T e. Bergmanns (Metallarius) in M., 2) Magdeburg um 1555 Eva (um 1537/41 – v. 1578), T d. Melchior|Dresser (um 1520 – um 1554), Ackermann u. Ganzspänner in M., u. d. Anna Luther (* um 1520), aus M., 3) Liebemühl 1578 Eva Maria (* 1538), T d. Caspar v. Bartel(s)dorf auf Schönforst, Wwe d. Martin v. Saugnin;
    4 S aus 1), 1 T aus 1) Catharina ( v. 1560), 1 S aus 2) Johann(es) (* v. 1578), 2 T aus 2) (1 früh †) Anna (* v. 1560, ⚭ Heinrich Schröder, Pastor primarius in Danzig);
    Gr-Om d. 2. Ehefrau Martin Luther (1483–1546), Reformator (s. NDB 15);
    Schwägerin (?) Anna Dresser ( Conrad Schlüsselburg, 1543–1619, aus Oldendorf b. Rinteln, Dr. theol., ev. Theol., Sup. in Stralsund (s. ADB 31;
    L).

  • Biographie

    Nach dem Besuch der städtischen Lateinschule in Mansfeld immatrikulierte W. sich 1538 in Wittenberg, wo er u. a. Martin Luther und Philipp Melanchthon (1497–1560) hörte (M. A. 1545). 1541–44 war er an der Lateinschule bei St. Lorenz in Nürnberg tätig. Infolge des Schmalkald. Kriegs floh W. 1546 nach Mansfeld, wo er unter dem Stadtpfarrer Martin Seligmann ( 1548) eine Prädikatur innehatte, bis er diesem 1548 im Amt nachfolgte.

    Durch Parteinahme gegen das von Melanchthon vertretene Leipziger Interim von 1548 kam es zu engeren Kontakten mit Matthias Flacius (1520–1575), der W. 1553 als Pfarrer an St. Ulrich und Superintendent nach Magdeburg holte und mit dem er bis zu Flacius’ Wechsel nach Jena intensiv zusammenarbeitete. Flacius und W. sprachen sich gegen die Rechtfertigungslehre Andreas Osianders (1498–1552) aus, verteidigten die Beschlüsse der Erfurter Synode im „Antinomistischen Streit“ und traten im Jan. 1557 als Häupter der Gnesiolutheraner auf der Coswiger Handlung auf. 1560 folgte W. Flacius auf eine Professur nach Jena, geriet jedoch Ende 1561 in Konflikt mit Hzg. Johann Friedrich (II.) dem Mittleren (1529–95), als er sich der Einrichtung eines neuen Konsistoriums widersetzte, das die Oberaufsicht über die Theologen auch der Universität wahrnehmen sollte. Er kehrte auf Einladung des neuen Superintendenten Tilemann Heshusius (1527–1588) nach Magdeburg zurück, mußte jedoch nach dessen Ausweisung ebenfalls die Stadt verlassen. 1562 erhielt W. die Superintendentur in Wismar und wurde 1563 in Rostock zum Dr. theol. promoviert.

    Der Herrschaftsantritt Johann Wilhelms von Sachsen-Weimar (1530–73) führte 1568 zur gnesiolutheranischen Umgestaltung der Theol. Fakultät in Jena und damit zur Rückberufung von W., der gleichzeitig Superintendent wurde. 1570 provozierte er mit Heshusius den offenen Bruch mit Flacius wegen dessen Erbsündenlehre. Als Kf. August von Sachsen (1526–86) 1573 die Vormundschaft über die Kinder Johann Wilhelms übernahm, mußten W. und Heshusius Jena wieder verlassen.

    Heshusius wurde im Hzgt. Preußen Bischof des Samlands. Der Braunschweiger Superintendent Martin Chemnitz (1522–1586) vermittelte W. einen Ruf an die Univ. Königsberg, und Heshusius ordinierte den Weggefährten 1575 zum Bischof von Pomesanien, dem zweiten preuß. Bistum. 1576/77 gerieten Heshusius und W. über christologische Fragen in Konflikt. Nach der Absetzung von Heshusius im Mai 1577 übernahm W. auch die Administration des Bm. Samland. Den lebenslangen Streit mit den Adiaphoristen legte W. 1579 durch Unterzeichnung der Konkordienformel bei. Die restlichen Lebensjahre füllte W. mit Naturstudien und intensiver publizistischer Tätigkeit, in der er sich um eine Definition der ev. Lehre bemühte.

    W.s Hauptverdienst aus heutiger Sicht liegt in der Redaktion der dreizehn publizierten „Magdeburger Zenturien“ (Ecclesiastica Historia, 13 T., 1559–74), zu denen die Planungen im Frühjahr 1556 begonnen hatten. Das Werk, das den Beginn einer prot. Kirchengeschichtsschreibung markiert, baut auf intensiven Handschriften- und Quellenforschungen auf und setzte seinen sachlichen Schwerpunkt auf die Kritik am Papsttum und die Vorläufer der Reformation. Es basiert auf einer minutiös durchgeplanten arbeitsteiligen Organisation. Während W. und der bei ihm als Diakon tätige Matthaeus Judex (1528–1564) als Hauptautoren der Zenturien gelten, übernahmen Andreas Corvinus (1589–1648) und Thomas Holthuter ( 1585) die Redaktion der letzten Bände.

  • Werke

    W u. a. Methodus oder Heubtartikel christl. lere, 1557;
    De Jesu Christo Deo et Homine, 1575;
    Ob die Newen Wittenberger stets bis daher einig mit den alten geleret, Vnd Ob Lutheri vnd Philippi schrifften durch aus gantz einig vnd einhellig, 1575;
    Welche Rel. die elteste sey, unter der Euangelischen u. der Bepstischen, Erinnerung u. untrericht [!] f. einfeltige Christen, 1587;
    Vera historia de succino Borussico, 1590;
    [Autobiogr.], in: Fortgesetzte Slg. v. Alten u. Neuen Theol. Sachen, 1738, S. 601–20;
    Nachlaß: Hzg.-August-Bibl. Wolfenbüttel;
    Stadtbibl. Königsberg (verloren);
    Bibliogr. u. Biogr.: Internetpräsenz d. Qu.ed. „Controversia et Confessio“.

  • Literatur

    L ADB 42;
    C. Schlusselburg, Oratio funebris, De Vita Et Obitv Reverendissimi Viri, Pietate, Doctrina, Hvmanitate Et Constantia Praestantis D. Ioannis V. Vigandi, Episcopi Pomezaniensis, in Borussia (…), 1591;
    J. W. Schulte, Btrr. z. Entstehungsgesch. d. Magdeburger Centurien, 1877;
    K. Wein, J. W. (1523–1587), Preußens erster Botaniker, in: Sudhoffs Archiv 35, 1942/43, S. 160–205;
    H. Scheible, Die Entstehung d. Magdeburger Zenturien, 1966;
    R. Diener, in: J. Raitt (Hg.), Shapers of Religious Traditions in Germany, Switzerland and Poland,|1500–1600, 1981, S. 19–38;
    ders., Zur Methodik d. Magdeburger Centurien, in: Cat. u. Centurien, hg. v. A. Mentzel-Reuters u. M. Hartmann, 2008, S. 129–74;
    I. Dingel, Concordia controversa, Die öff. Diskussionen um d. luth. Konkordienwerk am Ende d. 16. Jh., 1996;
    M. Bunners, J. W. (1523–1587), luth. Geistlicher u. Gel. in Wismar v. 1562–1568, Ein homo universalis, Hauptautor d. Centurien, in: Die Magdeburger Centurien, Bd. 1, hg. v. E. W. Peters, 2007, S. 91–108;
    TRE 36;
    LThK³;
    RGG⁴;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L).

  • Porträts

    P Ölgem., zw. 1568 u. 1573 (Kustodie d. Univ. Jena).

  • Autor/in

    Arno Mentzel-Reuters
  • Zitierweise

    Mentzel-Reuters, Arno, "Wigand(us), Johann(es) (Hans)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 108-110 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117383317.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Wigand, Johann

  • Biographie

    Wigand: Johann W., lutherischer Theolog, starker Polemiker, Mitarbeiter an den Magdeburger Centurien, Bischof von Pomesanien und zuletzt auch von Samland in Preußen, geboren 1523 in Mansfeld, am 21. October 1587 zu Liebemühl in Preußen. Nachdem er seine erste Schulbildung auf der damals recht guten Schule seiner Vaterstadt erhalten hatte, bezog er die Universität Wittenberg, um Luther und Melanchthon zu hören (1539). Nach zwei Jahren aber ging er, wol wegen Mangels an Mitteln, nach Nürnberg als Lehrer an die Lorenzschule. Nach drei Jahren kehrte er aber nach Wittenberg zurück, um seine Studien fortzusetzen. Er bereitete sich auf ein akademisches Lehramt vor. Aber der Tod Luther's und der Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges zerstörten seine Pläne. Er nahm 1546 (Michaelis) einen Ruf als Prediger in Mansfeld an. Sein Amt erlaubte ihm auch, an der dortigen Schule Unterricht zu ertheilen, besonders in Dialektik und Physik; auch botanische Studien, welche er in Wittenberg begonnen hatte, beschäftigten ihn. Endlich machte er sich auch litterarisch durch seine Erstlingsschriften: „Catechismi maioris Sidonii refutatio“ (Magdeb. 1550) und „Warnung vorm Katechismo Sidonii“ (Magdeburg 1550) bekannt; beide Schriften waren gegen die Brevis institutio ad christianam pietatem (Moguntiae 1549), kurzweg „Mainzer Katechismus“ genannt, des Michael Helding, Bischofs von Sidon i. p. (daher Sidonius) gerichtet. Von nun an erscheint er fast in allen den zahlreichen Kämpfen, die die lutherische Kirche der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts durchzufechten hat, weniger als Gegner der Katholiken, als als Feind der Philippisten, Kryptocalvinisten, Synergisten und Sacramentirer, immer mit Gewandtheit und Streitfertigkeit eintretend für die Aufrechterhaltung und dogmatische Vertiefung des reinen und strengen Lutherthums. Lange Zeit kämpfte er an der Seite des M. Flacius, mit dem ihn persönliche Freundschaft und geistige Verwandtschaft längere Zeit verbunden hält. Davon zeugen besonders seine Schriften: „De neutralibus et mediis“ (Francofurti 1552) und „De adiaphoristicis corruptelis“ (Magdeb. 1559) (diese in Gemeinschaft mit Judex verfaßt), welche er im Verlaufe der adiaphoristischen Streitigkeiten veröffentlichte. — 1553 zum Pfarrer an der Ulrichskirche in Magdeburg erwählt, gelangte er in die Hochburg des ausschließlichen Lutherthums. Er unterzeichnete 1555 das gegen Osiander erlassene Gutachten der Magdeburger Geistlichkeit, verfaßte 1556 eine Schrift wider die Jesuiten und gleichzeitig mit Flacius die „Sententia de scripto synodi Isenacensis“ gegen Justus Menius. 1557 (Jan.) nahm er an den Verhandlungen in Koswig theil, um ein schärferes Vorgehen gegen Melanchthon zu bewirken. Aber nicht nur in diesen Streitigkeiten sehen wir ihn mit Flacius eng verbunden, sondern auch in wissenschaftlichen Arbeiten, welche beiden zu hohem Ruhme gereichen. So arbeitete er mit seinem Collegen Judex an den vier ersten Bänden der Magdeburger Centurien mit, welche Flacius 1560 in Basel drucken ließ. Auch als Flacius 1559 nach Jena übersiedelte, entzog er ihm seine Mithülfe nicht. 1560 wurde er selbst nach Jena als Professor berufen und bildete nun mit seinen Collegen Flacius, Judex und Musäus die Säulen der strengsten lutherischen Rechtgläubigkeit. Bei der Disputation in Weimar (1560) zwischen V. Strigel und M. Flacius über die Erbsünde war er als Protocollführer gegenwärtig, gerieth aber selbst mit Flacius über dessen Lehre, daß die Erbsünde die Substanz des gefallenen Menschen sei, in Zwiespalt. Dies hinderte jedoch nicht, daß er mit ihm und den anderen Collegen alle, die ihnen entgegentraten, in Wort und Schrift auf das kräftigste bekämpfte. Dadurch zogen sie sich in Sachsen wie im Auslande immer größere Feindschaft zu, so daß, als sie sich auch der Einsetzung eines Landesconsistoriums im Herzogthum Weimar widersetzten und gegen Stößel, der sich in ihren Händeln gegen|Strigel für diesen erklärt hatte, in einer Klageschrift so rücksichtslos vorgingen, daß auch die Universität sich beleidigt fühlte, am 9. November 1561 eine herzogliche Commission erschien und Flacius und W. (Judex und Musäus waren schon vorher beseitigt worden) ohne weiteres absetzte. — Nach kurzem Aufenthalte in Magdeburg, wo er vergeblich eine Wiederanstellung erstrebte, folgte er einem Rufe der Herzöge Johann und Ulrich von Mecklenburg als Superintendent in Wismar 1562. Eine Menge von Aufgaben warteten hier seiner, besonders die Bekämpfung der Anabaptisten und Sacramentirer, welche sich bedenklich in dem Herzogthum ausgebreitet hatten. Es gelang ihm durch den Unterricht der Jugend im Katechismus und durch die strengere Verpflichtung der Geistlichen auf die Kirchenlehre die Gemeinden bald zu festigen und vor den Secten zu sichern. Auch seine litterarische Thätigkeit setzte er fort. Er schrieb Erläuterungen zu den Propheten und stellte in Gemeinschaft mit M. Judex in der Zeit von 1562 bis 1567 nicht weniger als sieben Bände der Centurien her (V—XI). Bei den letzten Bänden wurde er von seinem Schwiegersohne Andreas Corvinus und dem Prediger Thomas Holzhuter unterstützt. Dabei verfaßte er noch eine ganze Reihe von Streitschriften: Ueber die Lehre vom freien Willen, über die vom Abendmahl gegen P. Eberus, gegen Major u. A. — Nach der Aechtung des Herzogs Johann Friedrich des Mittleren von Sachsen und dem Regierungsantritt Johann Wilhelm's ergab sich auch für W. wieder günstigere Aussicht, nach Sachsen zurückzukehren. 1568 wurde er zum zweiten Male nach Jena berufen, um mit Coelestin, Heßhusen und Kirchner das reine Lutherthum zu lehren. Damit begann der alte Kampf zwischen Wittenberg und Jena von neuem. Das Religionsgespräch zu Altenburg führte keinen Frieden herbei. Aber zugleich gerieth W. auch mit seinem alten Gesinnungs- und Kampfgenossen Flacius in Streit über die Lehre von der Erbsünde und diesmal heftiger als vorher. Er endete mit dem völligen Bruche zwischen Flacius und den Jenensern. W. war durch alles dies in Jena zu immer größerem Ansehen gelangt. So übertrug ihm sein Herzog die Kirchen- und Schulvisitation in seinen Landen, nahm ihn mit auf den Reichstag nach Speyer und billigte seine Abweisung aller Versöhnungsversuche mit seinen Gegnern, besonders den Philippisten (1569). Als aber 1573 Kurfürst August von Sachsen die vormundschaftliche Regierung in Weimar übernahm, ließ er W. und Heßhusen als „ehrenrührige Betrüber gemeinen Friedens“ ihrer Aemter entsetzen und „binnen vier Tagen“ des Landes verweisen. Beide gingen nach Braunschweig und von dort, durch den Herzog Julius und Martin Chemnitz empfohlen, nach Preußen. W. wurde vom Herzoge Albrecht Friedrich als Professor an die Universität Königsberg, Heßhusen zum Bischof von Samland berufen. Schon 1575 erhielt auch W. ein Bisthum, das von Pomesanien. — Trotz der großen Menge von Verpflichtungen, welche dies Amt ihm auferlegte, ruhte seine Theilnahme an den Kämpfen und Streitigkeiten in der Kirche nicht. Immer wieder zog er gegen den sächsischen Kryptocalvinismus zu Felde und auch die anderen Händel der Zeit ließen ihn nicht unbetheiligt. Dabei behielt er doch Spannkraft genug auch an den Centurien weiter zu arbeiten. Bald sah er sich indeß in nächster Nähe in einen entscheidenden Kampf verwickelt. Er gerieth mit Heßhusen über die Lehre von der Gottheit Christi in einen heftigen Streit, der bald die ganze preußische Kirche in Mitleidenschaft zog. Heßhusen behauptete freilich, das sei nicht der eigentliche Grund ihrer Feindschaft gewesen; man habe ihn verdrängen und seinen Platz haben wollen; während W. Heßhusen vorwarf, er habe seinen Schwiegervater Musäus zum Bischof von Pomesanien einsetzen wollen. Gewiß aber hat jener dogmatische Dissensus dazu beigetragen, die Erbitterung zwischen beiden zu verschärfen. Allerdings trat W. erst selbst hervor, als seine Freunde|schon längere Zeit gestritten hatten. Er bat Heßhufen brieflich, die anstößige Lehre zu widerrufen. Als sich dieser hierzu aber nicht verstand, wurde diese auf einer Pastoralconferenz, an der auch W. theilnahm, für gotteslästerlich erklärt. Heßhusen war auch jetzt noch nicht zum Widerruf zu bringen, kaum daß er sich herbeiließ, die angefochtenen Sätze als mißverständlich anzuerkennen. Da keinerlei Einwirkung auf ihn Erfolg hatte, wurde er am 5. Mai 1577 vom Herzoge von Preußen seiner Aemter entsetzt und die Verwaltung des Bisthums Samland zu der des Bisthums Pomesanien W. übertragen. — Damit war dieser Streit indes keineswegs beendet. In Preußen wie in Braunschweig tobte der Kampf zwischen den Anhängern Heßhusen's und Wigand's noch lange fort. Das Gutachten, welches die in Herzberg a. H. versammelten Theologen Andreae, Chemnitz, Selnecker u. A. am 25. August 1578 erstatteten, ließ W. nicht ohne scharfen Tadel, besonders weil er gegen seinen Amtsgenossen Ankläger und Richter zugleich gewesen sei und ihn über seinen Irrthum nicht früher aufgeklärt habe. Es rieth sogar zur Absetzung Wigand's. Aber obgleich die Regierung in Preußen geneigt war, diesem Rathe zu folgen, erklärten sich die preußischen Landstände dagegen und bestimmten, daß beide Bisthümer in der Hand Wigand's vereinigt blieben. So behielt er sie denn bis an das Ende seines Lebens, dessen letzte Jahre er ganz im Gegensatz zu seiner dürftigen Jugend und seinem bewegten Mannesalter im Genuß seiner reichen Pfründe in Ruhe und Frieden verlebte. Auch an den Centurien fortzuarbeiten ward er nicht müde. Er stellte noch die XIV., XV. und die XVI. Centurie fast ganz fertig. Seine Grabschrift, von ihm selbst verfaßt, lautete: In Christo vixi, morior vivoque Wigandus; Do sordes morti, caetera Christo tibi.

    Sein Leben hat er selbst beschrieben, vgl. Fortgesetzte Sammlung von Alten und Neuen Theologischen Sachen. Leipzig 1738, S. 601—620. Auch seine zahlreichen Schriften hat er dort aufgeführt. — Außerdem giebt Beiträge zu seiner Lebensgeschichte sein Freund Konrad Schlüsselburg, oratio funebris de vita et obitu D. J. Wigandi. Francof. 1591; sodann Melchior Adam, Vitae German. theologorum p. 633 ff. — Zeumer, Vitae professorum Jenensium p. 43 ff. Unter den Neueren sind besonders zu vergleichen: Arnold, Preußische Kirchengesch., S. 346 ff. — J. G. Walch, Historische u. theol. Einl. in d. Religionsstreitigkeiten 1, 57 ff. und 4, 100 ff. — G. J. Planck, Gesch. des Protestant. Lehrbegriffs 4, 195 ff. — Preger, Matth. Flacius 1, 82; 2, 34 ff. — Schulte, Beiträge zur Entstehungsgesch. der Magdeburger Centurien. Neiße 1877. — F. X. Wegele, Geschichte der deutschen Historiographie, S. 328 ff. — Wagenmann in d. R-Encyklop. für prot. Theologie und Kirche. 2. Aufl. Bd. 17. S. 104 ff.

  • Autor/in

    Brecher.
  • Zitierweise

    Brecher, Adolf, "Wigand, Johann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 42 (1897), S. 452-454 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117383317.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA