Wiegleb, Johann Christian

Lebensdaten
1732 – 1800
Geburtsort
Langensalza (Thüringen)
Sterbeort
Bad Langensalza
Beruf/Funktion
Apotheker ; Chemiker ; Pharmazeut ; Ratsherr ; Schriftsteller ; Übersetzer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117361259 | OGND | VIAF: 77091396
Namensvarianten

  • Wiegleb, Johann Christian
  • Wiegleb
  • Wigleb, Johann Christian
  • Wiegleb, Joh. Christ.
  • Wiegleb, J. C.
  • Wiegleb, Johannes Christian
  • Wiegleb, Johann

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Zitierweise

Wiegleb, Johann Christian, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117361259.html [06.12.2025].

CC0

  • Wiegleb, Johann Christian

    | Apotheker, Chemiker, * 21.12.1732 Langensalza (Thüringen), † 16.1.1800 Langensalza (Thüringen). (evangelisch)

  • Genealogie

    V Christian Ludwig (1702–1738), hzgl. gotha. Hofadvokat in L., S d. Johann Volkmar, vermutl. aus Tennstedt (Thür.), Ratsherr in L., u. d. Anna Magdalena N. N.;
    M Rebecca Sophia (1709–1746), T d. Andreas Sigismund Seebach, Kaufm., Ratsherr u. Kämmerer in L.;
    seit 1740 Stief-V Johann Christian Thilo ( 1765, 2] Martha Margaretha N. N.), Dr. iur. utr., Advokat, Bgm. in L.;
    Tante-m Anna Justine Seebach (1705 – n. 1762, 1727 Johann Georg Reisig, 1755, aus Thamsbrück b. L., Apotheker, 1727 Gründer d. Schwanen-Apotheke in L., Ratsherr, Oberkämmerer in L.);
    4 Geschw (3 früh †) Johann Friedrich (* 1736), 2 Halb-Schw Maria Justina Sophia Thilo (* 1741), Johanna Elisabeth Victoria Thilo;
    Langensalza 1758 Rebecca Christina (1736–1811), T d. Johann Georg Reisig (s. o.) u. d. Anna Justine Seebach, Tante-m v. W.;
    3 S (2 früh †), Friedrich Christian (1765–1797), taubstumm, Zeichner u. Maler (s. P), 5 T (1 früh †) u. a. Johanna Justina Christiana (1759–1784), Martha Sophia (1763–1806), taubstumm, Charlotta Eleonora (1771–1804, 1792 Carl Heinrich Stolte, 1764–1827, Dr. med., Arzt, Amtsphysicus in L.), Karoline ( v. 1800, N. N., in „Freyberg“/Unstrut);
    Vt Christian Friedrich Reisig (* 1743, 1775 Martha Marie Thilo, T d. Johann Georg Thilo, Handelsmann in L.), um 1762 Apotheker in L., errichtete d. Reisigsche Schwanenapotheke.

  • Biographie

    Nach häuslicher Unterrichtung durch Privatlehrer besuchte W. die letzten drei Klassen der Langensalzaer Stadtschule. Tätigkeiten als Schreiber und Kopist in der Kanzlei des Stiefvaters während dieser Zeit schärften seine sprachliche und argumentativ-rhetorische Urteilsfähigkeit. Die späteren Schriften zur Chemie und Alchemie und gegen Magie waren nach dem Vorbild juristischer Fallentscheidungen durch Argumentieren und Widerlegen statt durch Meinungen geprägt. 1748 trat W. eine Lehre in der Marienapotheke in Dresden an, wo er anschließend als Gehilfe tätig war. 1754 setzte er seine Servierzeit an der Hofapotheke in Quedlinburg fort. Nach dem Tod des Onkels Johann Georg Reisig wurde er auf Wunsch von dessen Witwe, einer Schwester von W.s Mutter, 1755 Verwalter der Schwanen-Apotheke in Langensalza, die er nach der Heirat mit seiner Cousine 1759 übernahm und in ein eigens dazu erworbenes Haus (Marktstr. 7) verlegte. Dieses diente gleichzeitig der Familie als Wohnhaus, später auch als Unterkunft von Zöglingen seines privaten Lehrinstituts, für das W.|ein erstmals auch für die Lehre gedachtes großes Laboratorium mit mehreren Öfen im Untergewölbe einrichtete. Diese Lehranstalt bestand 1774–98 und wurde Vorbild für alle späteren Privatinstitute, bevor die wissenschaftliche Ausbildung von Apothekern an die Universitäten überging. Die bis zu acht gleichzeitig jeweils bis zu drei Jahren anwesenden Apothekergesellen aus Nord- und Mitteleuropa erhielten hier theoretische und praktische Unterweisungen in der Chemie und Apothekerkunst. Zu den namentlich bekannten Schülern gehörten u. a. Sigismund Friedrich Hermbstädt (1760–1833), Carl Ludwig Wildenow (1765–1812) und Novalis (Friedrich v. Hardenberg, 1772–1801). Nach einer Knallsilber-Explosion gesundheitlich stark eingeschränkt, verkaufte W. 1796 die Apotheke.

    Aufgrund seiner schlechten Erfahrungen während der Lehrzeit, in der W. sich chemische Grundlagen der Arzneilehre mit veralteter magisch-alchemistischer Literatur autodidaktisch aneignen mußte, bereitete er dt. Übersetzungen und kommentierte Ausgaben geeigneter Literatur für angehende Apotheker auf, z. B. Rudolf Augustin Vogels „Institutiones chemiae“ als „Lehrsätze der Chemie“ (1775, 1785), „Gottfried August Hoffmanns Anleitung zur Chemie für Künstler und Fabrikanten“ (²1779) und Johann Christian Polycarp Erxlebens „Anfangsgründe der Chemie“ (1784, 1793). Mit seinen Unterrichtserfahrungen verfaßte W. 1781 sein weitverbreitetes Lehrbuch „Handbuch der allgemeinen Chemie“ (2 Bde., ³1796, engl. u. d. T. A Gen. System of Chemistry Theoretical and Practical, 1789).

    Angeregt durch den Arzt Ernst Gottfried Baldinger (1738–1804) setzte sich W. seit 1764 mit der aktuellen chemischen, damals phlogistischen Literatur auseinander. In Kontakt zum Osnabrücker Apotheker Johann Friedrich Meyer (1705–1765) stehend, diskutierte Baldinger dessen Untersuchungen zum acidum pingue (fette Säure), einer Modifizierung des Phlogistons, mit W. und regte ihn zu ersten Veröffentlichungen an. Obwohl 1771 nachgewiesen wurde, daß Meyers Annahmen auf falschen Voraussetzungen beruhten, blieb W. Anhänger der Phlogiston-Theorie und schloß sich 1784 der von dem Schotten Richard Kirwan vorgenommenen Modifizierung an. Neben der im letzten Drittel des 18. Jh. stattfindenden Veränderung der Herstellung von Arzneimitteln aus dem handwerklichen Bereich hin zur Anwendung naturwissenschaftlicher Grundlagen erlebte die Chemie mit der Etablierung der 1789 eingeführten Sauerstofftheorie einen Umbruch, den W. nicht mehr mitmachte. Seine seit 1777 in Zeitschriften erschienenen zahlreichen Beiträge zur gewerblichen Chemie, die zunehmend die Wertschätzung seiner Zeitgenossen gefunden hatten, behielten zwar ihre praktische Gültigkeit auch trotz des Wechsels der Terminologie, führten aber im 19. Jh. aus der Sicht dieser ‚neuen‘ Chemie zu einer sehr kritischen Beurteilung von W.s Wirken. Obwohl er seiner Zeit als bedeutender Chemiker galt, wird er erst seit 2000 anläßlich seines 200. Todesjahres verstärkt erforscht.

    Als Kind der Aufklärung setzte sich W. früh neben der magischen auch mit der anfänglich von ihm selbst vertretenen alchemistischen Sehweise auseinander; in der „Historisch-kritischen Untersuchung der Alchemie, oder der eingebildeten Goldmacherkunst, von ihrem Ursprunge sowohl als Fortgange, und was nun von ihr zu halten sey“ (1777, ²1793) stützte er sich auf Erkenntnisse früherer Versuche „Über die alkalischen Salze“ (1774, ²1781), bei denen er nachgewiesen hatte, daß aus Pflanzen und Mineralien gewonnene Öle, Salze und Alkalien nicht während des Gewinnungsprozesses durch Transmutation entstehen, sondern bereits in den Ausgangsprodukten enthalten waren. 1781 stellte W. bei der Suche nach dem Ursprung der Kieselerde durch sorgfältige Gewichtsanalysen fest, daß Flußsäure Kieselsäure aus Glas löst.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Rats (1770) u. Ober-Kämmerer (1788) in Langensalza;
    Mitgl. d. Leopoldina (1776) u. d. Kurmainz. Ak. gemeinnütziger Wiss. in Erfurt (1776);
    W.-Denkzeichen v. H. Stieding, 2000, Bad Langensalza, Marktstr. 7;
    W.-Dauerausst., Thüringer Apothekenmus. im ‚Haus Rosenthal‘, Bad Langensalza (2014).

  • Werke

    Weitere W Kleine chym. Abhh. v. d. gr. Nutzen d. Erkenntniß d. Acidi pinguis bey d. Erklärung vieler chym. Erscheinungen, 1767, ²1771, Forts. 1770, Vertheidigung 1770;
    Neuer Begriff v. d. Gährung u. d. ihr unterwürfigen Körpern, 1776;
    Revision d. Grundlehren v. d. chem. Verwandtschaft d. Körper, 1780;
    Hermann Boerhaavs Anfangsgründe d. Chymie, ²1782, ²1791;
    Gesch. d. Wachsthums u. d. Erfindungen in d. Chemie in d. neueren Zeit, 2 Bde., 1790/91;
    Dt. Apothekerbuch, 2 T., ²1793 (mit J. Ch. T. Schlegel);
    Die natürl. Magie aus allerhand belustigenden u. nützl. Kunststücken bestehend, 2 Bde., 1779/86;
    Onomatologica curiosa Artificiosa et magica, oder natürl. Zauberlex., ³1784, 1787, 1798.

  • Literatur

    L ADB 42;
    Fr. Ch. Stoeller, Biogr. Nachrr., [ … ], in: Allg. Journ. d. Chemie 4, 1800, S. 684–700;
    H. Kopp, Gesch. d. Chemie, 4 Bde., 1843–47, Neudr. 1931, 1965;
    ders., Die Alchemie in älterer u. neuerer Zeit, 2 Bde., 1886, Nachdr. 1971;
    D. McKie u. J. R. Partington, Historical Studies on the Phlogiston Theory, 3 T., in: Ann. of Science 2–4, 1937–39;
    J. R. Partington, A Hist. of Chemistry, Bd. 3, 1962, S. 147 f.,|567–69 u. 636–38;
    R. Möller, Ein Apotheker u. Chemiker d. Aufklärung, Btr. z. Biogr. J. C. W.s, in: Die Pharm. 20, 1965, S. 230–39;
    J. Weyer, Chemiegesch.schreibung v. W. bis Partington, 1974;
    P. Laubheimer, Phlogiston oder Sauerstoff, 1992;
    H. Berger, J. C. W., Apotheker, Wissenschaftler, Lehrer, 1995, ²2004;
    F. Krafft, J. C. W. u. seine Rolle b. d. Verwissenschaftlichung d. Pharm., in: Ch. Friedrich u. W.-D. Müller-Jahncke (Hg.), Apotheker u. Univ., Vortrr. d. Pharm.hist. Biennale in Leipzig u. d. Gedenkveranstaltung „Wiegleb 2000“ z. 200. Todestag v. J. C. W. in Bad Langensalza, 2002, S. 151–95 (W-Verz.);
    ders., Treffpunkt Langensalza, Die Zöglinge am Chem. Privatinst. J. C. W.s, d. ersten Stätte e. wiss. Ausbildung v. Apothekern, in: Gesch. d. Pharm. 55, 2003, H. 4, S. 55–66 (P);
    A. M. Klosa, J. C. W., 1732–1800, e. Ergobiogr. d. Aufklärung, 2009 (W-Verz.);
    Stadtverw. Bad Langensalza (Hg.), Auf W.s Spuren. Btrr. über d. Apotheker u. Chemiker J. C. W. u. dessen Schüler, 2016;
    Pogg. VII a Suppl.;
    Dt. Apotheker-Biogr. II;
    Lex. bed. Chemiker;
    DSB 14;
    Thür. Biogr. Lex. III.

  • Porträts

    P Kupf. v. J. C. Krüger, 1780, Abb. in: Allg. dt. Bibl., 42, 1780, 1. St.;
    Gouache-Silhouette v. Friedrich Christian Wiegleb, 1785 (Dt. Apotheker-Mus. Heidelberg, Stammbuch d. Jacob Friedrich Pfister);
    Kupf. v. C. Ch. Glassbach, Abb. in: Berlin. Jb. f. d. Pharmacie 1, 1795;
    Kupf. v. E. Ch. Specht, 1795 (Stadtmus. Bad Langensalza);
    Medaillon-Relief am W.-Denkzeichen, Bad Langensalza, 2000;
    W.-Silber-Gedenkmedaille v. D. Zacher u. H. König, 2000.

  • Autor/in

    Fritz Krafft
  • Zitierweise

    Krafft, Fritz, "Wiegleb, Johann Christian" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 66-68 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117361259.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Wiegleb, Johann Christian

  • Biographie

    Wiegleb: Johann Christian W., geboren am 21. December 1732 in Langensalza, am 16. Januar 1800 daselbst. Er war Apotheker in seiner Vaterstadt und bekleidete dort zugleich das Amt eines Senators und zuletzt das des Oberkämmerers. Von seinen außerordentlich zahlreichen Veröffentlichungen seien nur die wichtigeren erwähnt: „Chem. Versuche über die alkalischen Salze“ (Berlin 1774); „Neuer Begriff von der Gährung“ (Weimar 1776); „Histor.-krit. Unters. der Alchemie oder eingebildeten Goldmacherkunst" (ebd. 1777); „Handbuch der allg. und angewandten Chemie“ (ebd. 1781, 3. Aufl. 1796); „Geschichte des Wachsthums und der Erfind. in der Chemie in der neueren Zeit“ (Berlin 1790—91), in der ältesten und mittleren Zeit (ebd. 1792); „Teutsches Apothekerbuch“ (mit J. T. C. Schlegel, 1793, 3. Aufl. 1797); „Revision der Grundlehren von der chem. Verwandtschaft der Körper“, „Lehrbegriff vom Phlogiston“ (Crell's Annalen 1785); Act. Acad. Mogunt. (1778—79). Außerdem zahlreiche Arbeiten über die chemische Natur von Mineralien, meist in Crell's Annalen.

  • Literatur

    Poggendorff's biogr.-litt. Handwörterbuch.

  • Autor/in

    Carl Oppenheimer.
  • Zitierweise

    Oppenheimer, Carl, "Wiegleb, Johann Christian" in: Allgemeine Deutsche Biographie 42 (1897), S. 390 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117361259.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA