Lebensdaten
1769 – 1833
Geburtsort
Augsburg
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Klavierbauerin ; Pianistin
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117317225 | OGND | VIAF: 5226355
Namensvarianten
  • Stein, Anna Maria (geborene)
  • Streicher, Nanette
  • Streicher, Nannette (verheiratete)
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Zitierweise

Streicher, Anna Maria (verheiratete), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117317225.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Andreas Stein (1728–92), Orgel- u. Klavierbauer (s. NDB 25);
    M Maria Regina Burkhart (1742–1800;
    B u. a. Matthäus Andreas (André) Stein (1776–1842), Klavierbauer, seit 1794 in W. zunächst in gemeinsamer Werkstatt mit S., seit 1802 selbständig (s. ÖBL), Johann Heinrich Stein (1780–1831), Klavierbauer in W., Andreas Friedrich Stein (1784–1809), Pianist, Komp., seit 1804 in W.;
    Augsburg 1793/94 (Johann) Andreas (1761–1833), Pianist, Komp., Klavierbauer, Freund Friedrich Schillers, unterstützte diesen 1780 b. seiner Flucht aus Stuttgart n. Mannheim, 1782 Musiklehrer ebd., 1786 in München, seit 1794 in W., errichtete 1818 e. Singschule f. d. ev. Gde. ebd. (s. Hist. Lex. Wien; Personenlex. Österr.; ÖML; ÖBL; L), S d. Andreas Streicher (1713–65), Steinhauer u. Baumeister in Stuttgart, u. d. Sophie Barbara Hohner (1723–1805;
    4 K u. a. S Johann Baptist (1796–1871, 1] Auguste André, 1802–47, T d. Johann Anton André, 1755–1842, Komp., Musikverl., s. NDB I; MGG², 2] Friederike Müller, 1816–95, Pianistin, Schülerin v. F. Chopin), Klavierbauer in W., entwickelte d. „Wiener Mechanik“ weiter, Inh. d. Klavierfabr.k. k. Hof- u. Kammer-Pianoforteverfertiger“ (s. Wurzbach; MGG; MGG²; New Grove; Hist. Lex. Wien; ÖML; ÖBL), 1 T Sophia Barbara (1797–1840, Ernst Pauer, 1791–1861, Sup., Konsistorialrat in W.);
    E Ernst Pauer (1826–1905), Komp. Pianist, Prof. am Royal College of Music in London (s. Wurzbach; BJ X, Tl.; Riemann; ÖBL; ÖML), Sophie (1830–99, Josef Schmid v. Schmidsfelden, 1822–97, Fabr., s. ÖBL; NDB 23, Fam.art.), Emil (1836–1916), Klavierbauer in W., trat 1857 in d. väterl. Fa. ein u. führte sie n. Johann Baptists (s. o.) Tod 1871–96 weiter, bis diese v. d. Gebrüdern Stingl übernommen wurde;
    Ur-E Theodor (1874–1940), Komp. (s. Jb. d. Wiener Ges. 1929; MGG; MGG²; New Grove; ÖML; ÖBL), Margarete (s. 2).

  • Biographie

    S. lernte in der Werkstatt des Vaters, der sie auf Reisen und zu Hause als Wunderkind am Klavier präsentierte (vgl. u. a. Mozart in e. Brief an seinen Vater v. 17. 10. 1777). Immer vielfältiger wurden ihre Aufgaben in der heimischen Werkstatt, so daß sie diese während der Krankheit und nach dem Tod des Vaters allein weiterführen konnte. Weitere Angaben zu ihrer Ausbildung sind unbekannt; ihre spätere – ungedruckte – Übersetzung der franz. Schriften des Phrenologen Franz Josef Gall (1758–1828) belegt die Kenntnis dieser Sprache. Zudem sind einige ihrer Kompositionen erhalten. Nach der Hochzeit mit Johann Andreas Streicher, Schillers Fluchtgefährten aus der Stuttgarter Hohen Karlsschule, übersiedelte das Ehepaar gemeinsam mit S.s Bruder Matthäus Andreas im Juli 1794 nach Wien. Hier hatte Ende des 18. Jh. die Hochkonjunktur des Klavierbaus eingesetzt. Unter dem Namen „Frère et Soeur Stein“ etablierten sie sich zunächst im Haus „Zur roten Rose“. Bis Herbst 1801 bekam S. vier Kinder, 1802 erfolgte der Umzug ins eigene Haus „Zum heiligen Florian“. Im selben Jahr trennten sich die Geschwister, und S. führte die Fabrik unter dem Namen „Nannette Streicher née Stein“ fort. Ihr Mann übernahm wohl die kaufmännischen Belange, mag sie aber auch im klavierbauerischen Bereich unterstützt haben.

    Anteil am Kulturleben der Stadt nahm das Ehepaar u. a. durch J. A. Streichers Engagement in der Gesellschaft der Musikfreunde. In ihrem Haus führten beide einen Musiksalon, 1812 eröffneten sie auf dem Firmengelände einen Konzertsalon mit rund 300 Plätzen. Ihren Sohn Johann Baptist, den sie früh für diese Aufgabe ausgebildet hatte, machte S. 1823 zum Teilhaber der Firma, die in der Folge „Nannette Streicher geb. Stein & Sohn“ hieß. Nach dem Tod der Eltern 1833 führte Johann Baptist die Firma erfolgreich weiter.

    S.s Rolle als Firmenleiterin wurde zuweilen unterschätzt, nicht zuletzt aufgrund der Briefe, die Beethoven an S. meist in Haushaltsfragen richtete. Neben Anton Walter und Johann Schantz wurde S.s Fabrik zu einer der bedeutendsten Wiener Klavierbaufirmen. Seit 1802 war sie eng verbunden mit Breitkopf & Härtel, die die Instrumente vertrieben. Die Herstellung der Klaviere erfolgte nur z. T. serienweise, den individuellen Kundenwünschen nach Klangstärke und Tonumfang wurde vielfach entsprochen. Die Stückzahl wuchs auf etwa 80 Instrumente jährlich, wonach auf eine Werkstatt mit etwa 20–30 Beschäftigten geschlossen werden kann. Deutlich innovativer als ihr Bruder, experimentierte S. beispielsweise mit Variationen des Resonanzbodens oder versuchte den Anforderungen nach lauteren Instrumenten nachzukommen. Die von ihrem Vater eingesetzte Auslöser-Prellmechanik, auch als „Wiener Mechanik“ bekannt, behielt S. für ihre Instrumente bei, so daß auch sie für besonders gute Artikulationsfähigkeit und Leichtigkeit im Anschlag bekannt wurden. Bis die Steigerung der Lautstärke von Hammerflügeln im Verlauf des 19. Jh. immer wichtiger wurde, waren S.s Instrumente in der Tradition der Stein’schen Mechanik mit ihren feinen Nuancierungsmöglichkeiten der Konkurrenz überlegen. Neben anderen Innovationen wurde das sog. „Patent Pianoforte“ 1823 auf den Namen des Sohnes mit einem Privileg versehen. Die hierfür verwendete oberschlägige Zugzungenmechanik war der Versuch, die Lautstärke der Englischen mit dem feinen Nuancenreichtum der „Wiener Mechanik“ zu kombinieren.

  • Werke

    Klage über d. frühen Tod d. Jungfer Ursula Sabina Stage in Augsburg, v. Peter Neuß (in Musik|gesetzt v. ihrer Freundin Nanette Stein), Augsburg 1788 (Leipzig, Musikbibl. S 5712);
    Marche à huit Instrumens à vent, vor 1809 (ebd.), Bonn 1817;
    2 Marches, vor 1809 (ebd.), Bonn, 1817;
    Nachlaß:
    Streicher-Archiv, Wien.

  • Literatur

    Andreas Streicher, Kurze Bemm. üb. d. Spielen, Stimmen u. Erhalten der Fortepiano, welche von d. Geschwistern Stein in Wien verfertiget werden, 1801;
    Th. Bolte, Die Musikerfamilien Stein u. S., 1917 (P);
    M. Neuburger, Briefe Galls an Andreas u. N. S., in: Archiv f. Gesch. d. Med. 10, 1917, Neudr. 1964, S. 3–70;
    Th. v. Frimmel, in: Beethoven-Hdb. II, 1926, S. 262–71;
    H. Haupt, Wiener Instrumentenbauer v. 1791 bis 1815, in: Studien z. Musikwiss. 24, 1960, S. 120–84;
    H. Ottner, Der Wiener Instrumentenbau 1815–1833, 1977;
    St. Henning, Ber. üb. d. Restaurierung e. Hammerflügels v. N. S., Wien (Ende d. 18. Jh.), in: Ars Musica, Jb. 1988, S. 78–90;
    H. Henkel, Besaitete Tasteninstrumente, Dt. Mus. Kataloge d. Slgg., Musikinstrumenten-Slg., 1994;
    Diesem Menschen hätte ich mein ganzes Leben widmen mögen, Beethoven u. d. Wiener Klavierbauer N. u. Andreas S., hg. v. U. Goebl-Streicher, J. Streicher u. M. Ladenburger, Ausst.kat. Beethoven-Haus Bonn 1999 (L, P);
    B. Wackernagel, Mozart b. Johann Andreas Stein in Augsburg 1777, in: Meisterwerke Bayerns v. 900–1900, Kostbarkeiten aus internat. Slgg. zu Gast im Bayer. Nat.mus., 2000, S. 94–97 (P);
    Das Stammbuch d. N. Stein (1787–1793), Streiflichter auf Kultur u. Ges. in Augsburg u. Süddtld. im ausgehenden 18. Jh., hg. v. U. Goebl-Streicher, 2 Bde., 2001;
    M. Latcham, The development of the S. firm of piano builders under the leadership of N. S. 1792 to 1823, in: Das Wiener Klavier bis 1850, hg. v. B. Darmstädter u. a., 2007, S. 43–71 (L–Verz.);
    E. L. Gerber, in: Neues Hist.-biogr. Lex. d. Tonkünstler (1812–1814), hg. v. O. Wessely, 1966;
    MGG²;
    Augsburger Stadtlex.;
    ÖML;
    ÖBL.

  • Porträts

    Der Klavierbauer André Stein im Kreise seiner Fam., Ölgem. v. M. Dentzel, 1789 (Berlin, Dt. Hist. Mus.);
    Portrait im Profil, aquarellierte Tuschzeichnung v. L. Krones, 1836, nach Original im Gedenkbuch v. A. Rollett, 1829 (Baden b. Wien, Rollett-Mus., Fam.bes.);
    zweite Fassung dieser Tuschzeichnung (Wien, Kunsthist. Mus., Slg. alter Musikinstrumente).

  • Autor/in

    Rebecca Wolf
  • Zitierweise

    Wolf, Rebecca, "Streicher, Anna Maria" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 530-532 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117317225.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA