Lebensdaten
1747 – 1809
Geburtsort
Wernigerode
Beruf/Funktion
Arzt ; Dichter ; Bühnenautor ; Journalist
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 117311251 | OGND | VIAF: 13081886
Namensvarianten
  • Unzer, Johann Christoph
  • Unzer, Johann Christoph der Jüngere
  • Unzer, Christoph
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Porträt(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Unzer, Christoph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117311251.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Unzer: Johann Christoph U., Arzt, dramatischer und Romandichter, geboren am 17. Mai 1747 zu Wernigerode als gleichnamiger ältester Sohn des gräflich Stolberg-Wernigerödischen Leibarztes und Hofraths U., starb am 20. Aug. 1809 in Göttingen. In seiner jugendlichen Lehrzeit boten Vaterhaus und -Stadt ihm reiche, mannigfache Anregung. Der Vater liebte die Dichtkunst und machte die Kinder mit den ihrem Verständniß zugänglichen neuesten Erscheinungen bekannt. Gleich vortheilhaft wirkte die fromme, feingebildete leibliche und nach deren Ableben seit 1752 deren jüngere, ebenfalls poetisch gerichtete Schwester, seine Stiefmutter. Die damals unter dem Director Schütze blühende Lateinschule bot strebsamen Schülern viel freien Spielraum zur Erlernung neuerer Sprachen, Künste und Fertigkeiten, sowie zur Uebung im freien Vortrage, daher wir denn schon am 9. November 1760 den dreizehnjährigen über die Blasonirung des gräflichen Wappens reden, zum 31. März 1762 den etwa fünfzehnjährigen einen Besuch auf dem Brocken in gebundener Rede bei Schulfesten vortragen hören. Dazu kommen die reichen gräflichen Bücherschätze, die auch den geförderten strebsamen Schülern zugänglich wann. Endlich lebte damals in Wernigerode eine litterarisch sehr regsame Dame, die Gemahlin des Regierungs- und Hofraths v. Vogelsang, geb. Gräfin zu Waldeck, bei der J. Chr. U. schon als Schüler den Vorleser von schönwissenschaftlichen Schriften machte. So bezog er denn, nachdem er bis dahin die Wernigerödische Lateinschule besucht hatte, im J. 1764 als gräflich Stolbergischer Alumne die Klosterschule zu Ilfeld. Wie in seiner Vaterstadt, so ließ er auch in dem reizenden Thale an den Südgehängen des Harzes die großartige Natur auf sein Gemüth wirken. Allein entscheidender als alle bisherigen Anregungen war auf seine spätere Richtung der Einfluß, den der am 25. Juni 1766 als Collaborator und Lector des Französischen nach Ilfeld berufene Jakob Mauvillon aus Braunschweig, ein Anhänger der libertinischepikuräischen Schule, auf den Jüngling ausübte. Er gab sich diesem Geiste ganz hin, und da er dabei auch ein gesetzloses Wesen annahm, so wurde er am 31. August 1767 von der Schule verwiesen. Trotzdem ebenso wie sein Bruder Ludw. Aug. U. (s. u.) durch ein gräfliches Stipendium unterstützt, bezog er darnach die Universität Göttingen, um die Arzneiwissenschaft zu studiren. Besonders der Leibarzt Vogel war hierbei sein Studienleiter. Im J. 1771 promovirte er mit der Dissertation: „Cur feminis Europaeis et illustribus prae aliis gentibus et rusticis partus sunt laboriosiores?“ Nachdem er sich darnach eine kurze Zeit zu Wernigerode bei seinen Eltern aufgehalten hat, folgt er dem Rufe seines Oheims, des namhaften und litterarisch thätigen Arztes Joh. Aug. U. in Altona (s. o. S. 331), um sich unter dessen Augen als praktischer Arzt weiter auszubilden. Dort wirkt er denn auch theils lehrhaft und als Arzt, theils als Mann der feinen Gesellschaft. Im J. 1775 wird er Professor der Naturlehre und Naturgeschichte am Gymnasium zu Altona, 1789 erlangt er das Altonaer Physikat, legt aber diese Aemter 1791 und 1801 nieder. Obwohl U. in der Heilkunde praktisch und litterarisch thätig blieb, so gehörte doch sein eigentliches Streben der schönen Litteratur und dem Leben in der feinen Gesellschaft an. Von anregendem Einfluß war auf ihn seine Tante, die Dichterin Joh. Charlotte U., geb. Ziegler, die er wiederholt angesungen und der auch sein jüngerer Bruder Ludwig August U. eine feiernde Devise gewidmet hat. Am meisten beschäftigten ihn Schauspiel und Theater. Bekanntlich blühte, als er nach Altona kam, das Hamburger Theater unter der Leitung der Wittwe Ackermann und ihres Sohnes Schröder. Am meisten entzückte das Spiel der beiden Töchter, von denen die|jüngere, von U. schwärmerisch betrauert, in der Blüthe der Jahre starb, während die ältere, Dorothea, (geboren am 12. Februar 1752), am 2. Juli 1778 seine Frau, aber nach nicht glücklicher Ehe 1790 wieder von ihm geschieden wurde. Im J. 1807 heirathete der Sechzigjährige noch eine Französin. Auf einer Reise zu einer Cur in Karlsbad begriffen, starb U. in Göttingen, wo er noch unmittelbar vorher die Erinnerungen an seine Studentenzeit aufgefrischt hatte. U. wird unter den namhaften Aerzten aufgeführt und es wird gesagt, daß er 37 Jahre lang die Stelle seines berühmten Oheims Joh. August U. würdig ersetzt habe. Litterarisch beschäftigte er sich besonders mit Frauenkrankheiten. Wie aber schon bemerkt wurde, war er seiner innersten Richtung nach ein Mann des Theaters. Seinen dramatischen Dichtungen sieht man wohl das dichterische Talent an, und seine Tragödie „Diego und Leonore“ fand bei den Kritikern Anerkennung. Der Leipziger Almanach der Musen zum Jahre 1776 findet die Sprache lebhaft, charakteristisch und doch natürlich. Es mangelt nur der rechte ethische Gehalt. U. erscheint in ganz anderer Weise als Schüler Mauvillon's als sein jüngerer Bruder: während dieser zum scharfsinnigen Kritiker und dabei zum erklärtesten Freigeiste wurde, nahm Joh. Christoph U. das leichte, weltförmige Wesen von dem Lehrer an, ohne mit Ernst in die Tiefe zu dringen. Daß er aber die Bühne kennt und bühnengerecht dichten kann, zeigt z. B. seine „Neue Emma“. Das schon erwähnte Trauerspiel „Diego und Leonore“ erschien zu Hamburg 1775, dann holländisch 1782 und französisch im Nouveau théatre allemand t. 5. Der Erfolg, den das Stück auf der Hamburger Bühne erzielte, ist wohl zum großen Theil auf Kosten des trefflichen Spiels der Dorothea Ackermann, der damaligen Braut Unzer's, welche die Heldinnenrolle der Leonore gab, zu setzen. Das Lustspiel: „Die neue Emma“ lehnt sich frei an die bekannte Liebesgeschichte zwischen Karl's des Großen Tochter Emma und Eginhard. Das Schauspiel „Die Drossel“ ist nach La Fontaines Erzählung le faucon bearbeitet. Dazu kommt: „Die Friedensfeier“, Prolog 1779 und der Roman: „Geschichte der Brüder des grünen Bundes“, 1. Theil, Lamberg's Geschichte enthaltend. Berlin 1782. Dieses Bruchstück eines auf verschiedene Bände berechneten Prosaromans in Briefen knüpft an Unzer's Jugenderinnerungen in Ilfeld und auf der Universität an und beabsichtigte die Schicksale von zehn jungen Leuten zu schildern, die alle talentvoll, aber verschiedener Herkunft und Richtung in schwärmerischer Freundschaft zusammenhielten. Von medicinischen Abhandlungen abgesehen sind noch zu erwähnen „Anmerkungen zu der Schrift des Herrn Dohm über die bürgerliche Verfassung der Juden“. U. war auch als Recensent an Nicolai's Allg. Deutscher Bibliothek thätig, nach Parthey von 1773—1778 unter der Chiffre Ky. G., von 1779—1787 unter der Chiffre Zz. Im J. 1811 erschienen Unzer's poetische Schriften zu Altona (Joh. Friedr. Hammerich) in 2 Bändchen, außer den Schauspielen und den Brüdern des grünen Bundes eine Anzahl Prologe und Reden, das meiste auf das Theater bezüglich, enthaltend. Seine lyrischen und Gesellschaftslieder haben alle mehr oder weniger einen liebestrunkenen und dabei keineswegs höheren Ton, wie etwa die Strophe: „Liebe, wer von deinem Kelch getrunken, Pflückt alle Rosen des Lebens ab; Liebe, wer in deinen Arm gesunken, Sinket auch lächelnd und still ins Grab“.

    • Literatur

      Einzelne handschr. Nachr. in Wernigerode. Sonst sind zu vergl. Kordes, Lexikon der jetzt lebenden Schlesw.-Holst, u. Eutin’schen Schriftst. S. 367 f., Schleswig 1797. — Der Freimüthige, Unterh.-Blatt, herausgegeb. v. Aug. Kuhn, 6. Jahrg., S. 1026—1028. Berlin 1809. —
      Keßlin, Schriftst. der Grafsch. Wern. 1856. S. 131. —
      A. Andreae, Chron. der Aerzte d. Regbez. Magdeburg. 1862. —
      Gurlt-Hirsch, Biogr. Lex. der hervorragenden Aerzte 1888. VI, 48. — Goedeke, Grundriß, 2. Aufl. IV, 256.

  • Autor/in

    Ed. Jacobs.
  • Zitierweise

    Jacobs, Eduard, "Unzer, Christoph" in: Allgemeine Deutsche Biographie 39 (1895), S. 334-335 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117311251.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA