Lebensdaten
1872 – 1955
Geburtsort
Jena
Sterbeort
Marburg/Lahn
Beruf/Funktion
Zoologe ; Geograph ; Ethnograph ; Sprachforscher
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117214574 | OGND | VIAF: 8159807
Namensvarianten
  • Schultze, Leonhard Sigmund Friedrich Kuno Klaus (bis 1912)
  • Schultze Jena, Leonhard
  • Schultze, Leonhard Sigmund Friedrich Kuno Klaus (bis 1912)
  • mehr

Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Schultze Jena, Leonhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117214574.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Bernhard Sig(is)mund (1827–1919), aus Freiburg (Br.), Dr. med., Prof. d. Geburtshilfe u. Gynäkol. in J., Ehrenbürger ebd., 1865 Mitgl. d. Leopoldina, 1889 korr. Mitgl. d. American Association of Obstetricians, Gynaecologists and Abdominal Surgeons, WGR (s. L), S d. Carl August Sigmund S. (1795–1877), Anatom, Physiol. (beide s. Gen. 1); M Auguste (1850–1934), T d. Julius Frhr. v. u. zu Egloffstein (1809–84), Erster Präs. d. thür. Oberlandesger. in J., ghzgl. sächs. Kammerherr, WGR, Dr. iur. h. c. d. Univ. Jena (s. NDB IV Fam.art.), u. d. Marie Vitzthum v. Egersberg (1817–85);
    Ov Max(imilian) (s. 1); 4 jüngere B Waldemar (* 1873), Hptm., Fabrikkaufm., Hans (1874–1914 ⚔), Dr. iur., Reg.ass., Bez.amtmann in Outjo (Dt.-Südwestafrika) (s. L), Kurt (* 1876), Dr. med., Arzt, Chirurg in Weimar, Lehrer an d. Dt. med. Schule in Shanghai, Erich (* 1876), Korvettenkpt. in Wilhelmshaven, 1 Schw Marie (* 1880, Gustav Fischer, 1878–1946, Dr. phil., Verlagsbuchhändler, verlegte die meisten v. S.s Schrr., N u. Adoptiv-S d. Gustav Fischer, 1845–1910, Verl., s. NDB V);
    Gera 1908 Louise (Lulu) Focke (1887–1966);
    3 T Irmgard Engel, Sigrid Düring, Mechthild Boldemann.

  • Biographie

    S. studierte seit 1891 Medizin in Lausanne, Kiel und Jena, wo er sein Studium 1894 mit dem Physikum abschloß. Anschließend wandte er sich der Zoologie zu und wurde 1896 in Jena promoviert. Als Assistent von Ernst Haeckel (1834–1919) arbeitete er zeitweilig auf meeresbiologischen Stationen in Süditalien und Sizilien und habilitierte sich 1899. Noch als Zoologe kam er nach Deutsch-Südwestafrika, um Fischereistudien durchzuführen. Dort wandte er sich auch der physischen Anthropologie der Eingeborenen zu. 1908 wurde er Professor für Zoologie in Jena, 1911 Professor für Geographie in Kiel und zugleich Leiter des Ethnographischen Museums. Von 1913 bis zu seiner Emeritierung 1937 war er Professor für Geographie in Marburg/Lahn.

    Als Zoologe, Philologe, Anatom, Ethnograph und Geograph war S. außerordentlich vielseitig; seine Feldforschungen führten ihn nach Südwestafrika (1903/05), Neu Guinea (1910/11), Europa (1915/19, 1922, 1951) und Mesoamerika (1929/31). Seine wichtigsten Leistungen liegen in der Dokumentation und Erforschung nichteurop. Kulturen und ihrer Sprachen. S. begann mit der Beschreibung einer melanes. Sprache (Zur Kenntnis der melanes. Sprache v. d. Insel Tumelo, 1911) und legte 1933-38 in drei Bänden Texte und ethnographische Beschreibungen sowie Sprachanalysen für das Mixtekische, Tlapanekische, Nahua, Pipil und Quiche (Mexiko u. Guatemala) vor („Indiana“). Darin enthalten sind Dokumentationen wichtiger Rituale und seine Theorie über die Entstehung des 260tägigen indian. Kalenders. Band I dieser Trilogie mit Quiché-Texten (Leben, Glaube u. Sprache der Quiché v. Guatemala, 1933), die erste sprachlich untermauerte Ethnographie der bedeutendsten Indianergruppe Guatemalas, wurde schon 1934 ins Spanische (Nachdrr. 1945 u. 1954) und in Auszügen 1986 ins Englische übersetzt.

    Nach seiner Emeritierung veröffentlichte S. in der von seinem Freund Walter Lehmann (1878–1939) begründeten Reihe der „Quellenwerke zur alten Geschichte Amerikas, aufgezeichnet in den Sprachen der Eingeborenen“ 1944-57 vier Bände mit Editionen und Übersetzungen kulturhistorisch bedeutender Texte in den Indianersprachen Quiché und Aztekisch, v. a. des „Popol Vuh“ (1944, ²1974), des Nationalepos der Quiché-Indianer. Hierfür konnte er auf eigene Sprachforschung 1929-31 in Guatemala zurückgreifen. Die Editionen aztekischsprachiger Texte, hauptsächlich aus dem Corpus des Franziskaner-Paters Bernardino de Sahagún (1499–1590), sind weniger zuverlässig, denn S. verfügte für das Aztekische nicht über Sprachkenntnisse aus erster Hand. Doch waren seine Sahagún-Editionen bis zum Erscheinen der englischsprachigen Gesamtausgabe 1969-82 in Ergänzung zu früheren Teilveröffentlichungen Eduard Selers (1849–1922) dessen einzige umfangreichen Übertragungen in eine moderne Wissenschaftssprache. S.s Übersetzungen zeichnen sich durch eine kräftige, facettenreiche Sprache aus. Seine Bücher sind mit Photographien und bei den landeskundlichen Werken mit Kartenbeilagen vorbildlich dokumentiert und durch Register und analytische Vokabularien erschlossen. Zu S.s Schülern zählen u. a. Hermann B. Hagen, Heinrich Ubbelohde-Doering und Hanno Beck.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Internat. Meereskommission u. d. Leopoldina (1913);
    Cothenius-Medaille (1913).

  • Werke

    10 Monogrr., u. a. Btr. z. Systematik der Antipatharien, Diss. Jena, 1896;
    Die Fischerei an d. Westküste Südafrikas, 1907;
    Zool. u. anthropol. Ergebnisse e. Forschungsreise im westl. u. zentralen Südafrika, 4 Bde., 1908-13 (Hg.);
    Südwestafrika, 1910;
    Forschungen im Innern d. Insel Neuguinea, 1914;
    Makedonien, Laudschafts- u. Kulturbilder, 1927;
    Zur Kenntnis des Körpers der Hottentotten u. Buschmänner, 1928;
    Wahrsagerei, Himmelskunde u. Kalender der alten Azteken, 1950;
    Gliederung d. alt-aztek. Volks in Fam., Stand u. Beruf, 1952;
    Altaztek. Gesänge. 1957 (P).

  • Literatur

    Espasa Calpe, 1927;
    F. Termer, in: Petermanns Geogr. Mitt. 99, 1955, S. 212 f., span. Übers. in: El México Antiguo 8, 1955, S. XXII-XXVII (P);
    G. Kutscher, in: Baessler-Archiv NF 3, 1955, S. 249-52;
    H. Trimborn, in: Marburger Gel., 1977, S. 479-500 (W, L, P);
    J. Leib. 100 J. Lehrstuhl f. Geogr. an d. Philipps-Univ. Marburg, in: Marburger Geogr. Schrr. 71, 1977, S. 179-207;
    Pogg. VI, VII a;
    B. Riese, in: Internat. Dict. of Anthropologists, hg. v. Ch. Winters, 1991;
    zu Bernhard Sigismund:
    Wi. 1914;
    Udo Möller, B. S. S.-J. (1827–1919), Bahnbrechender Geburtshelfer u. Gynäkol., in: Wegbereiter d. modernen Medizin, hg. v. Ch. Fleck, 2004, S. 143-51;
    zu Hans:
    Grande Enciclopédia portuguesa e brasileira, 27, 1953, S. 891.

  • Porträts

    Photoporträt, handsigniert (Kiel, Zoolog. Mus.).

  • Autor/in

    Berthold Riese
  • Zitierweise

    Riese, Berthold, "Schultze Jena, Leonhard" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 704-705 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117214574.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA