Lebensdaten
1801 – 1874
Geburtsort
Sulzbach/Kocher (Württemberg)
Sterbeort
Stuttgart
Beruf/Funktion
Rechtsanwalt ; Journalist ; Politiker ; politischer Publizist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117196622 | OGND | VIAF: 25373397
Namensvarianten
  • Tafel, Johann Friedrich Gottlob
  • Tafel, Gottlob
  • Tafel, Johann Friedrich Gottlob
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Tafel, Gottlob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117196622.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Friedrich (1756–1814, Pfarrer in S., seit 1803 in Flacht b. Leonberg, S d. Christian Friedrich (1718–81 u. d. Johanna Maria Vollmar;
    M Justine Christine Beate (1766–1818), T d. Johann Immanuel Horn u. d. Christine Beate Baumann, aus Tamm; 3 ältere B Immanuel (1796–1863, Theol., Oberbibl., seit 1848 Prof. d. Phil. in Tübingen (s. ADB 37), Christian Friedrich August (1798–1856/58, Dr. phil., Dr. iur., RA in Öhringen, Leonhard (1800–80), Theol., Philol., Päd., Übers., 1824 als „Demagoge“ auf d. Hohenasperg inhaftiert, wanderte 1853 in d. USA aus, Prof. f. alte Sprachen an d. Univ. Urbana, Vf. v. Sprachlehrbüchern, Übers., 1871 Pfarrer in New York u. Philadelphia, Bf. d. Swedenborgianer in Philadelphia (Biogr. Lex. Burschenschaft);
    Stuttgart 1828 Natalie (1809–83), T d. Johann Christoph Rr. v. Schmid (1756–1827, württ. Personaladel 1824), Prälat u. Gen.sup. f. Oberschwaben in Ulm, Philol., Bearb. d. „Schwäb. Wb.“, Mitgl. d. Ständeverslg., 1819, u. d. Bayer. Ak. d. Wiss., 1804, Rr.kreuz d. Ordens d. württ. Krone 1824 (s. ADB 31; Biogr. Hdb. württ. LT), u. d. Luise Juliane Dorothee Kaiser;
    12 K (3 früh †) u. a. S Hermann Rudolf (1833–1909, Marie Wagner, T d. Wilhelm Wagner, 1801–83, Jur., Rechtskonsulent in Nagold, dann in St., Dir. d. württ. Kreditver., 1871 ständiges Mitgl. d. württ. Staatsger.hofs, demokrat. Pol. (s. Biogr. Hdb. württ. LT; Biogr. Lex. Burschenschaft), RA in St., Dir. d. württ. Kreditver. (s. Biogr. Hdb. württ. LT), Karl Ludwig Robert (1850–92, Marie Mayer, 1849–1934, T d. Carl Mayer, 1819–89, Jur., Kaufm., Teilh. e. Blechfabrik in Esslingen/Neckar, Publ., demokrat. Pol., flüchtete 1849 in d. Schweiz, Mitbes. u. Redakteur d. „Beobachter“, 1881 Abg. d. RT, s. NDB 16; Biogr. Hdb. württ. LT), T Natalie (1831–91, August Oesterlen, 1819–93, Jur., Stadtger.aktuar in Schwäb. Hall, demokr. Pol., Mitbes. d. „Beobachter“, s. Biogr. Hdb. württ. LT);
    E Natalie Oesterlen (1853–1912, Emil v. Rümelin, 1846–99, OB v. St., s. ADB 53);
    Gr-N Albert (s. 2).

  • Biographie

    Nach dem Tod des Vaters 1814 verließ T. das Gymnasium in Stuttgart und wurde Schreiberei-Inspizient in Mühlacker-Dürrmenz. 1817 begann er, in Tübingen Rechtswissenschaften zu studieren, gehörte der Burschenschaft an (Alte Arminia/Germania) und knüpfte lebenslange Freundschaften, u. a. mit Friedrich Rödinger, Wilhelm Wagner und Ludwig Uhland. Seit 1822 im württ. Staatsdienst, wurde T. 1824 – kurz nach dem 2. Staatsexamen – wegen Hochverrats angeklagt, weil er mit Rödinger und Wagner dem verbotenen, nationalistischen „Jünglingsbund“ angehörte. Nach mehrmonatiger Untersuchungshaft wurde er im Mai 1825 ebenso wie sein Bruder Leonhard und Rödinger zu 30 Monaten Festungshaft auf dem Asperg verurteilt.

    Im Sept. 1826 begnadigt, ließ er sich in Stuttgart nieder und wurde einer der gefragtesten Anwälte der Stadt. Einen seiner spektakulärsten und aufwendigsten Prozesse, dem er seinen Ruf als „Volksmann“ verdankte, führte T. in den 1830er und 1840er Jahren gegen das Kriegsministerium um Entschädigungen für die Nachkommen von knapp 2000 Soldaten, die der Herzog von Württemberg 1784 an die holl.-ostind. Kompanie verkauft hatte. Daneben war T. zeitlebens publizistisch tätig, zunächst als Redakteur der „Cameral-Justiz und Polizeifama“ (1828–30). 1830 gründeten er und Rödinger den „Hochwächter“ (1833–1920 „Der Beobachter“), der|sich zu einer der wichtigsten demokratischen Tageszeitungen des 19. Jh. entwickelte. Bis 1864 blieb T., der 1833 und 1839 wegen Pressevergehen zu erneuten Haftstrafen auf dem Asperg verurteilt worden war, Miteigentümer des „Beobachter“ und schrieb bis zu seinem Tod zahllose, selten namentlich gezeichnete Artikel.

    1831 errang T. im Wahlkreis Schorndorf ein Landtagsmandat, das ihm wegen seiner Vorstrafen aber von der Regierung aberkannt wurde. Im März 1848 war er einer der Redner auf der Göppinger Versammlung, die mit der Gründung des ersten Volksvereins den Durchbruch der Revolution in Württemberg markiert. Anschließend wählte ihn der Wahlkreis Schorndorf in die Abgeordnetenkammer, der Wahlkreis Schwäbisch Gmünd-Welzheim-Schorndorf ins Vorparlament und schließlich in die Nationalversammlung. Dort schloß sich T. den gemäßigt demokratischen Fraktionen „Dt. Hof“ und später „Westendhall“ („Linke im Frack“) an. Mehr als in der Paulskirche engagierte sich T. an der Basis, gründete weitere Volksvereine und gehörte der ersten demokratischen Partei in Deutschland, dem „Centralmärzverein“, an. Sein Abstimmungsverhalten zeigt T. als südwestdt. Demokraten und Republikaner mit stark antipreuß. Ressentiments. So zählt er zu der kleinen Minderheit, die den bad. Demokraten Adam v. Itzstein zum Reichsverweser wählte, und er lehnte das preuß. Erbkaisertum ab.

    Nach dem Scheitern der Revolution auf nationaler Ebene war T. einer denjenigen, die in Württemberg bis zum Staatsstreich im Nov. 1850 mit der Landtagsmehrheit radikale Reformen durchzusetzen versuchten. Auch danach sprach sich T. gegen einen Wahlboykott der Demokraten aus, wie ihn die emigrierten Parteifreunde um Carl Mayer forderten, und setzte seinen Widerstand gegen die Reaktionspolitik im Landtag fort, wo die Immunität den wenigen verbliebenen Vertretern der Volkspartei ein gewisses Maß an politischer Freiheit garantierte. 1849–56 und 1862–68 vertrat er den Wahlkreis Welzheim. Seit 1860 gehörte T. dem Dt. Nationalverein an, immer in Opposition gegen die großpreuß. Vereinsführung. 1868 errang er mit dem dezidiert antipreuß. Programm der Demokratischen Volkspartei ein Mandat im Zollparlament, dem ersten gesamtdt. Parlament seit 1849. Bei der ersten Reichstagswahl 1871 unterlag T. allerdings einem nationalliberalen Kandidaten.

    T. war ein Mitglied der vielfach miteinander verwandten altwürtt. bürgerlichen Elite, die den „liberalen Südwesten“ maßgeblich geprägt hat. In diesem Milieu stand T. auf dem linken Flügel und trat zeitlebens politisch und publizistisch für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein. Dieses Engagement machte ihn zu einem „Volksmann“, stieß aber in seinem bürgerlichen Umfeld auf Mißbilligung und setzte ihn staatlicher Verfolgung aus.

  • Literatur

    G. Runge, Die Volkspartei in Württ. v. 1864 bis 1871, 1970;
    D. Langewiesche, Liberalismus u. Demokr. in Württ. zw. Rev. u. Reichsgründung, 1974;
    H. König, Vergessen? Berühmt? Unsterblich?, Menschen aus d. Limpurger Land, Lb. aus 5 Jhh., 1998, S. 218–23 (P);
    F. Raberg, in: Btrr. z. Landeskde. v. Baden-Württ., 1999, H. 6, S. 10 (P);
    Ch. Jansen, Einheit, Macht u. Freiheit, Die Paulskirchenlinke u. d. dt. Pol. in d. nachrevolutionären Epoche, ²2005;
    Biogr. Hdb. Frankfurter NV;
    Biogr. Hdb. Württ. LT (L, P);
    Biogr. Lex. Burschenschaft (L, P);
    Nachlaß:
    Privatbes. d. Fam. Tafel, Stuttgart.

  • Autor/in

    Christian Jansen
  • Zitierweise

    Jansen, Christian, "Tafel, Gottlob" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 763-764 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117196622.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA