Lebensdaten
1600 – 1668
Geburtsort
Nottuln (Westfalen)
Sterbeort
Münster (Westfalen)
Beruf/Funktion
Jesuit ; Moraltheologe
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 117182117 | OGND | VIAF: 69701565
Namensvarianten
  • Bosenoem, Hermann (etc.)
  • Busenbaum, Hermann
  • Bosenoem, Hermann (etc.)
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Busenbaum, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117182117.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    B. lehrte Philosophie, Dogmatik und Moral in Münster und Köln (1634–44). Rektor in Hildesheim (1644–47) und Münster (1653–57, 1663-67), war er 1660-62 zu Coesfeld Beichtvater des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen von Münster. Er verfaßte einen zu weiter Verbreitung und großer Berühmtheit gelangten Abriß der Moraltheologie „Medulla theologiae moralis“ (Münster 1650 [nach Hartzheim 1645], bis 1776 über 200 Auflagen) unter Benutzung der handschriftlichen Vorlesungen der Jesuiten H. Nünning und Friedrich von Spee. Die Bedeutung dieser Arbeit bestand darin, daß hier zum ersten Male der spezifische Lehrstoff der Moral unter Ausscheidung der früher mit ihr vielfach vermengten kanonistischen Materien in übersichtlicher und präziser Zusammenfassung dargeboten wurde. Ordnung und System wurden zum mustergültigen Typus für die nachfolgenden Darstellungen der Moraltheologie. Die Medulla fand hohe Anerkennung, aber auch viele Anfeindungen. Hervorragende Moralisten haben sie mit ausführlichen Kommentaren versehen (Claudius La Croix, 2 Bände, Köln 1707 bis 1714, Alfons von Liguori, Neapel 1748, Antonio Ballerini, Prato 1889, derselbe und Domenico Palmieri, Rom 1902). La Croix legte auch dar, in welchem Sinne einzelne mißverständliche Sätze B.s richtig seien und in welchem Sinne sie von Alexander VII. und Innozenz XI. verurteilt wurden. Wegen der Stelle über den Tyrannenmord ließ das Pariser Parlament, gefolgt von anderen politischen Körperschaften, 1757 und 1763 das Werk (B.-La Croix) verurteilen und durch Henkershand verbrennen.

  • Literatur

    ADB III;
    J. Hartzheim, Bibl. Coloniensis, Köln 1747, S. 132 f.;
    F. H. Reusch, Der Index d. verbotenen Bücher II, 1885, S. 920 u. ö.;
    I. v. Döllinger-F. H. Reusch. Moralstreitigkeiten I. 1889, S. 35 u. ö.;
    Sommervogel II, Sp. 444-55, VIII, Sp. 1951, Suppl., Nr. 367, 3819;
    B. Duhr, Jesuitenfabeln, 1904, S. 556-63;
    Duhr II/2, S. 389 f.;
    R. Schulze, Das Gymnasium Paulinum zu Münster, 1948, S. 56;
    Dict. Théol. Cath. II, 1905;
    Hurter IV, Sp. 269 f.;
    LThK;
    L. Koch, 1934;
    Dict. Hist. Géogr. X, 1938, Sp. 1417 f.;
    Enc. Catt. III.

  • Autor/in

    Wilhelm Kratz , SJ
  • Zitierweise

    Kratz SJ, Wilhelm, "Busenbaum, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 69 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117182117.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Busenbaum: Hermann B., vielgenannter Moralcasuist, geb. 1600 zu Nottelen in Westfalen, trat in seinem 19 Lebensjahre in den Jesuitenorden ein, lehrte in den Anstalten seines Ordens die Humaniora, die Philosophie, sodann in Köln die Theologia scholastica und die Moraltheologie; später leitete er die Collegien zu Hildesheim und Münster, und starb in letzterer Stadt 31. Januar1668. Er ist Verfasser eines zu großer Berühmtheit gelangten Abrisses der casuistischen Moraltheologie, bei dessen Abfassung er vornehmlich die Hefte und Dictate zweier seiner Ordensgenossen, der PP. Hermann Nünning und Friedrich Spee benutzte. Die Bedeutung dieser Arbeit, von B. „Medulla theologiae moralis“ betitelt, bestand darin, daß zum ersten Male der specifische Lehrstoff der casuistischen Moraltheologie unter Ausscheidung der früherhin mit ihr so vielfach vermengten juridisch-canonistischen Materien in einer übersichtlichen und concisen Zusammenstellung dargeboten wurde, deren Ordnung und System zum mustergültigen Typus für alle nachfolgenden Darstellungen der theologischen Moralcasuistik wurde und auch von Alphons v. Liguori adoptirt worden ist. Das Büchlein erlebte von 1645—1670 nicht weniger als 45 Auflagen, denen später noch viele weitere folgten. P. Lacroix schwellte das Büchlein durch seine Commentare und durch die Zusätze aus anderen Casuisten zu zwei Foliobänden an (1710, 2. Aufl.), erwies aber damit der Medulla Busenbaum's keinen guten Dienst, indem man nun die an Lacroix bemängelten Ansichten und Grundsätze bezüglich des Mordes auch bei B. zu finden glaubte. Ob mit Grund, mögen folgende casuistische Lösungen Busenbaum's ersichtlich machen: Ein hochansehnlicher Mann darf einem Schlage ins Gesicht oder einer anderen schmachvollen thätlichen Verunehrung durch Tödtung seines Widersachers zuvorkommen. Eine Gattin, die gewiß weiß, daß ihr Mann ihr nach dem Leben strebe, darf dem Mordanschlage durch Tödtung des Mannes zuvorkommen. Wenn ein Tyrann eine Stadt nur unter der Bedingung mit Zerstörung verschonen will, daß ein Unschuldiger getödtet werde, so darf man diesen zwar nicht selber tödten, aber man darf ihn zwingen, sich selber dem Tyrannen auszuliefern. Aus diesen Angaben läßt sich bereits entnehmen, worin die Grundursache der wirklichen Ausschreitungen der damaligen Moralcasuistik vornehmlich zu suchen sein wird, nämlich in der Accommodation an die Nothstände der unvollkommenen Erdenwelt und an die Schwächen und Unvollkommenheiten der Erdenmenschen, insonderheit der Weltleute, an welche man die Forderung, Heroen der Tugend zu sein, nicht stellen zu dürfen glaubte. So lehrt beispielsweise B. auch, es sei erlaubt, beim Eide sich einer Aequivocation zu bedienen, wenn man von jemand, dem ein Recht hiezu nicht zusteht, zu einem Eide gedrängt oder gezwungen werde, wenn z. B. eine Gattin ihrem Manne schwören soll, keinen Ehebruch begangen zu haben. Es ist ferner nicht zu verkennen, daß die Abtrennung der moralischen Gesetzeslehre von der christlichen Tugendlehre und die formaljuridische Behandlung der ersteren eine gewisse Aeußerlichkeit der Auffassung begünstigte, obschon man auch hierin vor Uebertreibung des Tadels sich zu hüten hat. B. lehrt z. B., den Geboten werde durch Befolgung derselben Genüge geleistet, wenn auch dem Gehorsam gegen sie das Motiv der christlichen Charitas fremd sei, es wäre denn, daß es sich um solche Gebote handle, welche die Charitas selber zum Inhalte oder Gegenstande haben; er fügt aber weiter noch bei, daß eine solche der Charitas ermangelnde Erfüllung der Gebote für das ewige Leben nicht verdienstlich sei. Ein heutiger Moralist würde eine derartige, der eigentlichen Seele der christlichen Pflichtleistung und Pflichterfüllung entbehrende Befolgung der Gebote überhaupt nicht eine „Erfüllung“ des Gesetzes nennen; B. nennt sie so (praecepta possunt „impleri“ sine charitate), nimmt sie aber nach seinen eigenen Worten nicht dafür. Damit ist wol mehr als hinlänglich constatirt, daß die gesammte Art und Manier der damaligen Behandlung der christlichen Gesetzeslehre an einem Mangel innerer Durchbildung litt, der sich dort überall zeigen wird, wo die legistische und christlich-innerliche Auffassung des Sittlichen sich nicht in der lebendig erfaßten Idee des Sittlicher durchdringen. Zurückführung des Gegebenen auf Ideen und Ableitung desselber aus Ideen war aber ein dem Zeitalter der probabilistischen Casuistik völlig fremdes und außerhalb des Gesichtskreises desselben liegendes Unternehmen; dem zufolge war auch die vollkommene und adäquate wissenschaftliche Selbstexplication des christlichen Sittlichkeitsbegriffes für jenes Zeitalter eine wissenschaftlich Unmöglichkeit. Dies ist nach unserem Dafürhalten das einzig mögliche, und zu gleich gerechte und billige Urtheil über die auf das Gebiet der Pflichtenlehre sich beschränkenden moraltheologischen Arbeiten und Untersuchungen jener Zeit, derer|Wiederkehr durch den Fortschritt der philosophischen und allgemeinen Bildung wol für immer zur Unmöglichkeit gemacht ist. Das unvermittelte Auseinanderfallen der christlich-innerlichen und legistisch-casuistischen Auffassung des christlichen Lebens ist in Busenbaum's eigener Schriftstellern repräsentirt, wenn er neben seiner Medulla theologiae moralis ein ascetisches Werk erscheinen ließ: „Lilium inter spinas, d. i. Gottverlobter Jungfrauen und Wittwen Welt-geistlicher Stand.“ Köln 1660.

    • Literatur

      Biblioth. script. societ. Jesu, op. inch. a Ribadeneira etc. contin. a etc. Alegambe etc. recogn. etc. a Nath. Sotwello. p. 335.

  • Autor/in

    Werner.
  • Zitierweise

    Werner, "Busenbaum, Hermann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 646-648 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117182117.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA