Lebensdaten
1858 – 1926
Geburtsort
Coswig (Anhalt)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Politiker
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117106747 | OGND | VIAF: 15924845
Namensvarianten
  • Oeser, Rudolf
  • Oeser, Rudolph

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Zitierweise

Oeser, Rudolf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117106747.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V N. N., Fabrikant;
    M N. N.;
    Emilie N. N.

  • Biographie

    Nach einer Tätigkeit als Buchhändler studierte O. Philosophie und Nationalökonomie und wandte sich dem Journalismus zu. 1890-92 leitete er als Chefredakteur die „Ulmer Zeitung“ und trat danach in die Wirtschaftsredaktion der „Frankfurter Zeitung“ ein, für die er bereits sozialpolitische Artikel geschrieben hatte; seit 1902 leitete er deren Deutschlandredaktion. In Flugschriften der DVP, der er angehörte, und seit 1907 als Abgeordneter im Preuß. Landtag, wo er bei den Freisinnigen hospitierte, sowie 1907-11 im Reichstag setzte er sich für die steuerliche Entlastung des Kleinhandels und eine Kontrolle von Kartellen und Syndikaten sowie für die Einführung der geheimen Wahl in das preuß. Wahlrecht ein. Im 1. Weltkrieg schloß sich O. der „Deutschen Gesellschaft von 1914“ an und übernahm 1917 die Chefredaktion der rechtsgerichteten „Ostseezeitung“|und die Stettiner Druckerei, schrieb jedoch noch bis in die frühen 20er Jahre für die „Frankfurter Zeitung“. Unter dem Eindruck der wachsenden Zahl von Kriegsopfern trat O. – allerdings nicht eliminatorisch wie Karl Binding (1841–1920) und Alfred Hoche (1865–1943) – unter Hinweis auf die erbbiologischen Erkenntnisse der Pflanzen- und Tierzucht für Kinderreichtum in den Familien ein; gleichzeitig sprach er sich für die gesellschaftliche und politische Emanzipation der Frauen aus.

    Nach Kriegsende teilte O., jetzt Mitglied der deutschdemokratischen Landtagsfraktion in Preußen, die Auffassung seiner Partei zum Versailler Vertrag. Seit März 1919 gehörte er dem Preuß. Staatsministerium als Minister für öffentliche Arbeiten an. Als solcher übte er auch die Aufsicht über das Verkehrswesen einschließlich der Eisenbahnen aus. Es entsprach O.s sozialpolitischem Verständnis, Valuta zur Versorgung der Arbeiterschaft mit Nahrungsmitteln bereitzustellen. 1920 gehörte er zu den von den Kapp-Putschisten verhafteten Ministern. Um einen Streik der Eisenbahner zu verhindern, wollte Kapp ihn freigeben, mußte sich aber O.s Forderung beugen, auch die Kollegen gehen zu lassen. Zwar forderte O. am folgenden Tag zusammen mit Finanzminister Albert Südekum den Putschkanzler ultimativ zur Demission auf, da andernfalls der Verkehrsstreik beginnen werde, doch nach Niederschlagung des Putsches verlangte die Eisenbahnergewerkschaft – vergebens – die Entlassung O.s, da er nicht entschieden genug gegen die Putschisten vorgegangen sei. Nach der „Verreichlichung“ der Eisenbahnen, die O. verfassungsgemäß in die Wege geleitet hatte, schied O. am 21.4.1921 mit Bildung des Kabinetts Adam Stegerwald aus dem Amt aus und leitete danach als Landeshauptmann die Selbstverwaltung der preuß. Provinz Sachsen-Anhalt.

    „Gesinnungsfester Liberaler der alten Zeit“, dessen Bekenntnis zu Demokratie und Republik zwar eindeutig, dessen Durchsetzungskraft jedoch – auch seines Alters wegen – nur gering war, übernahm O. im Kabinett Wilhelm Cuno am 22.11.1922 das Reichsministerium des Innern. Mit seinen Mahnungen zur Verfassungstreue vermochte er der wachsenden politischen Radikalisierung nicht zu begegnen. Nach dem Beginn des passiven Widerstandes wegen der franz.-belg. Besetzung des Ruhrgebietes hoffte O. auf schwere materielle Verluste Frankreichs durch einen Verfall des Franc. Selbst wenn auch auf Deutschland hohe finanzielle Kosten zukämen, sollte nach seiner Auffassung, die auch innerhalb der DDP auf Widerspruch stieß, eine solche Situation nicht nur zur Beendigung des Ruhrkampfes, sondern auch zur Revision des Friedensvertrages genutzt werden.

    Im Kabinett Gustav Stresemann übernahm O. am 13.8.1923 das Reichsverkehrsministerium, in das er seine Erfahrungen aus seiner preuß. Ministerzeit einbrachte. In der Koalitionskrise im November 1923 befürwortete er ein Ausscheiden der Sozialdemokraten aus dem Kabinett, verkannte allerdings deren Bereitschaft zur Tolerierung der Regierung. Unter Reichskanzler Wilhelm Marx bereitete O. die Selbständigkeit der Reichsbahn als privatwirtschaftlich organisierter Gesellschaft vor, wobei er die Geschäftsführung der Hauptverwaltung zunächst als Minister verantwortete. Anfang April 1924 ernannte ihn der Reichspräsident zum vorläufigen Generaldirektor der Reichsbahn, dem ein aus den Staatssekretären gebildetes provisorisches Direktorium zur Seite gestellt wurde. Die Reichsbahn arbeitete nun als eine formal unabhängige Institution, die zur Garantie der Reparationsleistungen nach dem Dawes-Plan einen Verwaltungsrat erhielt, dem auch Ausländer angehörten. Vor dem Reichstag vertrat O. im August erfolgreich die Notwendigkeit dieser Maßnahme als Voraussetzung für das Inkrafttreten des Dawes-Planes gegen die Kritik der DNVP und der Nationalsozialisten. Ende September 1924 bestimmte der Verwaltungsrat der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft O. zum Generaldirektor. Er schied am 11. Oktober aus dem Kabinett aus und wandte sich nun der von rechtsoppositioneller Kritik im Parlament begleiteten Umwandlung der Bahnstruktur zu. Bereits 1925 erkrankte er jedoch schwer und starb im folgenden Jahr.

  • Werke

    Die Besteuerung d. Kleinhandels durch Umsatz-, Branchen-, Filial-, Personal-, usw. Steuern sowie d. Lage d. Kleinhandels u. die Mittel zu ihrer Besserung, 1899/1901;
    Wie stellen wir uns zu d. Kartellen u. Syndikaten?, 1902;
    Mehr Kinder – mehr Erben! Die Bedeutung d. biol. Erbwerte für Kinder u. Volk, Zeitgemäße Betrachtungen, 1918;
    Unsere Kinder – unsere Zukunft (mit e. Vorrede v. E. Ludendorff), 1918;
    |

  • Quellen

    Qu Personalakte nach Auskunft d. Bahn AG im BA Außenstelle Berlin.

  • Literatur

    Gesch. d. Frankfurter Ztg., 1906;
    Die Reichsbahn, 1926, H. 23;
    M. v. Stockhausen, 6 J. Reichskanzlei, 1954;
    A. Brecht, Aus nächster Nähe, 1966;
    J. Erger, Der Kapp-Lüttwitz-Putsch, 1967;
    E. Eimers, Das Verhältnis v. Preußen u. Reich in d. ersten J. d. Weimarer Rep. (1919–1923), 1969;
    E. Feder, Heute sprach ich mit …, Tagebücher e. Berliner Publizisten 1926-1932, 1971;
    F. Blaich, Kartell- u. Monopolpol. im Kaiserl. Dtld., 1973;
    W. Stephan, Aufstieg u. Verfall d. Linksliberalismus, 1973;
    Akten d. Reichskanzlei Weimarer Rep. (Das Kab. Scheidemann, Bauer, Cuno, Die Kabinette Stresemann I/II, Marx I/II), 1976;
    H. Schulze, Otto Braun od. Preußens dem. Sendung, 1977;
    E. R. Huber, Dt. Vfg.gesch., VI/VII, 1981/84;
    H.-A. Winkler, Von d. Rev. zur Stabilisierung, 1984;
    Frankfurter Biogr.

  • Autor/in

    Martin Vogt
  • Zitierweise

    Vogt, Martin, "Oeser, Rudolf" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 458-460 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117106747.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA