Lebensdaten
1772 – 1851
Geburtsort
Neumarkt (Oberpfalz)
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Benediktiner ; Bibliothekar ; Priester
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 117060275 | OGND | VIAF: 15082809
Namensvarianten
  • Schrettinger, Johann Martin (Taufnamen)
  • Schrettinger, Willibald (Ordensname)
  • Schrettinger, Martin Willibald
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Zitierweise

Schrettinger, Martin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117060275.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Matthias (1740–1814, 2] Margaretha Blomenhofer, 1] Georg Schottner, v. 1800), aus Falkenstein, Hutmachermeister, S d. Johann Michael (* 1695, 2] Anna Maria Weigl, 1768), Schuster (Riemer), u. d. Anna Barbara Heindl (1753-1800), Schusters-T in Regen;
    M Ursula Barbara (geboren 1742), T d. Johann Martin Rumer, Glaser in N., u. d. Maria Ursula Steger ( 1] N. N. Brandmayer); 2 Schw (1 früh †) Maria Barbara (1774–1849, Georg Xaver Hauer, 1831, Hutmacher in N.).

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Gymnasien in Burghausen und Amberg trat S. 1790 in das Benediktinerkloster Weißenohe ein (Profeß 1793, Priesterweihe 1795), wo er seit 1800 als Bibliothekar fungierte. Nach einer Phase zunehmender Distanz zum monastischen Leben verließ S. 1802 Weißenohe, ging nach München und engagierte sich dort für die Aufhebung seines Klosters. Im selben Jahr fand er in der Münchner Hofbibliothek seine Lebensaufgabe (Kustos 1806, Unterbibliothekar 1823). 1803-14 geriet die Hofbibliothek durch enormen Zuwachs v. a. aus säkularisierten Klöstern sowie durch zwei gescheiterte Katalogisierungsversuche völlig in Unordnung: S. konnte schließlich eine Einteilung des Druckbestandes in zwölf Hauptfächer mit 180 Unterabteilungen durchsetzen. Dieser Plan wurde bis 1818 realisiert, die Aufstellung blieb bis 1936 in Kraft. 1819 begann S. einen Schlagwortkatalog, an dem er auch nach seinem Ruhestand 1844 weiterarbeitete. In diesem weltweit ersten „Realkatalog“, der noch heute in der Bayer. Staatsbibliothek benutzt wird, verzeichnete S. 84 000 Titel und damit knapp ein Viertel des gesamten damaligen Buchbestands.

    Von S.s nicht sehr zahlreichen Publikationen ist als bibliothekstheoretische Arbeit v. a. das vierte Heft des „Versuchs eines vollständigen Lehrbuchs der Bibliothek-Wissenschaft oder Anleitung zur vollkommenen Geschäftsführung eines Bibliothekärs“ (H. 1-3, 1808-11, H. 4, 1829) hervorzuheben, das seine aus der Praxis gewonnenen Erkenntnisse klar und gültig summiert. Mit seiner Ablehnung einer Zusammengehörigkeit von Katalog und Aufstellung, dem Wechsel von der bisher üblichen systematischen Aufstellung der Bücher zur Ordnung nach Fachgruppen, der Abkehr vom systematischen Katalog zugunsten von alphabetischen, Schlagwort- und Standortverzeichnissen, Überlegungen zu Bibliotheksarchitektur und -einrichtung sowie zur Professionalisierung der Ausbildung gehört S. zu den Begründern der modernen Bibliothekswissenschaft; dieser Begriff wurde 1808 erstmals von S. verwendet. Seine Ideen, die die Entwicklung von der musealen Sammlung zur Gebrauchsbibliothek maßgeblich beeinflußten, wurden auch in anderen dt. Bibliotheken und im Ausland (Wien, Budapest, Athen) rezipiert.

    S., der zeitlebens Priester blieb, wurde 1814 Hofkaplan, 1839 Kanoniker der Hofkirche St. Kajetan. Er gehört mit Paul Georg Hupfauer, Heinrich Joachim Jaeck, Thomas Joachim Schubauer u. a. zu jenen Personen in Bayern, die ihre Bücherkenntnis noch im Kloster erwarben, sie aber dann nutzten, um die Essenz der klösterlichen Bibliotheken in Staatsbesitz zu überführen und sie dort nutzbar zu machen. Im Traditionsbruch der rigoros durchgeführten bayer. Säkularisation stellten diese Personen ein Element der Kontinuität dar.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Hist. Ver. v. Oberbayern (1838).

  • Werke

    Weitere W Hdb. d. Bibl.-Wiss., bes. zum Gebrauche der Nicht-Bibliothekare, welche ihre Privat-Bücherslgg. selbst einrichten wollen auch als Leitfaden zu Vorlesungen über d. Bibl.-Wiss. zu gebrauchen, 1834, Neudr. mit e. Nachw. u. e. Bibliogr. hg. v. H. Nitzschner u. a., 2003 (W-Verz., Nachlaßverz); zahlr. Kataloge verzeichnet in:
    Hist. Kataloge d. Bayer. Staatsbibl. München, Münchner Hofbibl. u. andere Provenienzen, verzeichnet v. St. Kellner u. A. Spethmann (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis XI), 1996; |

  • Nachlass

    Nachlaß: Bayer. Staatsbibl., Schrettingeriana (enthält u. a. e. Autobiogr. u. e. Tageb. f. d. J. 1793-1850); A-Reg. A II Schrettinger (Personalakt); A-Reg. A 66, A-Reg. A 117; Cgm 7390, 8417.

  • Literatur

    ADB 32;
    A. Hilsenbeck, M. S. u. d. Aufstellung in d. Kgl. Hof- u. Staatsbibl. München, in: Btrr. z. Gesch. d. Bayer. Staatsbibl., hg. v. R. Hacker, 2000, S. 127-51;
    H. Striedl, 150 J. Münchener Aufstellungsschema, ebd., S. 143-76;
    Alois Schmid, M. S. aus Neumarkt in d. Oberpfalz, in: Jber. d. Hist. Ver. f. Neumarkt i. d. Opf. u. Umgebung 22, 1999, S. 139-62 (W-Verz., Nachlaßverz., P);
    St. Kellner, Vom „künstlichen Chaos“ zur Ordnung „in Reih u. Glied“, Der schwierige Weg zur Katalogisierung d. Druckschrr., in: Lebendiges Büchererbe, Säkularisation, Mediatisierung u. d. Bayer. Staatsbibl., 2003, S. 72-79 (P);
    S. Uhlmann, M. S., Wegbereiter d. modernen Bibl.wiss., in: M. S., Hdb. d. Bibl.wiss. (…), 2003 (s. W), S. 1-37;
    I. Rückert, Der S.-Kat. u. d. Alte Realkat., 200 J. Sacherschließung an d. Bayer. Staatsbibl., in: Bibl. u. Philol., FS f. H.-J. Schubert z. 65. Geb.tag, hg. v. B. Lorenz, 2005, S. 107-36;
    A. Lindner, Die Schriftst. u. d. um Wiss. u. Kunst verdienten Mitgll. d. Benediktiner-Ordens im heutigen Kgr. Bayern (…), I. 1880, S. 214 f., II, 1884, S. 25;
    K. Bader, Lex. dt. Bibliothekare, 1925;
    Kosch, Lit.-Lex.²;
    LGB;
    LGB².

  • Porträts

    Lavierte Federzeichnung v. Ch. W. Bock, 1801 (München, Bayer. Staatsbibl., Schrettingeriana 2,4); Ölgem., Kniestück sitzend, anon., o. J. (München, Bayer. Staatsbibl.).

  • Autor/in

    Stephan Kellner
  • Zitierweise

    Kellner, Stephan, "Schrettinger, Martin" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 545-546 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117060275.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Schrettinger: Martin Wilibald S., geboren am 17. Juni 1772 zu Neumarkt im Oberdonaukreis, machte seine Studien zu Burghausen, Amberg und im Benedictinerkloster Weißenohe bei Nürnberg, wo er am 24. Juni 1793 Profeß ablegte. Zwei Jahre später zum Priester geweiht, erhielt er am 15. März 1800 den Posten als Klosterbibliothekar. Nach Aufhebung der Klöster wurde er auf seinen Wunsch hin an der königl. Hofbibliothek in München beschäftigt. Am 8. April 1806 erfolgte seine Ernennung als Custos und am 3. Juli 1823 als Unterbibliothekar an derselben Bibliothek. Am 2. Februar 1839 trat er unter Beibehaltung seiner Bibliothekarstelle in die Reihe der Kanonici am Collegiatstift St. Kajetan ein. In den letzten Jahren seines Lebens zog er sich vom Bibliothekdienste zurück und starb am 12. April 1851. Um die Münchener Hofbibliothek hat S. sich verdient gemacht durch die Anfertigung eines handschriftlichen Realkatalogs. Er ist der Verfasser folgender Schriften: 1) „Die Kunst, unter Menschen glücklich zu leben, von H. Graf von Chesterfield. Aus dem Französischen übersetzt.“ Sulzbach 1801; 2) „Uebersicht der verschiedenen Meinungen über den Ursprung der Buchdruckerkunst von Bürger Daunon. Aus dem Französischen übersetzt und berichtigt“. (In Aretin's Beiträgen zur Geschichte der Literatur 1805, Bd. V, S. 161—237); 3) „Das Wiederaufleben des baierischen Nationalgeistes. Ein historisches Gedicht.“ München 1806; 4) „Versuch eines vollständigen Lehrbuches der Bibliothekwissenschaft.“ München, Heft I u. II 1808, Heft III u. IV 1829; 5) „Handbuch der Bibliothekwissenschaft besonders zum Gebrauch für Nichtbibliothekare.“ Wien 1834. Außerdem finden sich poetische und prosaische Beiträge in folgenden Zeitschriften und Zeitungen: Hübners bayr. Wochenblatt 1800, Nr. 33. Eos 1820, Nr. 94. Inland 1830, Nr. 10, 11, 12. Aurora von Auerweck 1830, Nr. 37 und 39. Bayrische National-Zeitung 1835, Nr. 20, 65, 66, 95; 1838 Nr. 52, sodann Recensionen in der Oberdeutschen Lit.-Ztg. und in der Allgem. Jenaer Lit.-Zeitung. Andere Arbeiten sind nur im Manuscript vorhanden, darunter ein Tagebuch vom Jahre 1793—1850, eine Autobiographie und ein Aufsatz über Volksdialekte (Hofbibliothek in München, Cod. germ. Schrettingeriana).

    • Literatur

      A. Lindner, Die Schriftsteller und die um Wissenschaft und Kunst verdienten Mitglieder des Benediktiner-Ordens im heutigen Königreich Bayern vom Jahre 1750 bis zur Gegenwart I, 214, 215, Regensburg 1880 und Nachträge zum I. und II. Bde., S. 25, daselbst 1884.

  • Autor/in

    Wilh. Bäumker.
  • Zitierweise

    Bäumker, Wilhelm, "Schrettinger, Martin" in: Allgemeine Deutsche Biographie 32 (1891), S. 491 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117060275.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA