Lebensdaten
1806 – 1884
Beruf/Funktion
bayerischer Staatsminister
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117059315 | OGND | VIAF: 37683587
Namensvarianten
  • Schrenck-Notzing, Karl Freiherr von
  • Schrenck von Notzing, Karl Freiherr
  • Schrenck-Notzing, Karl Freiherr von
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Schrenck von Notzing, Karl Freiherr, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117059315.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Karl Freiherr v. S. auf Notzing, geboren am 17. August 1806 zu Wetterfeld bei Cham, war der Sohn des k. Landrichters Sebastian Freih. v. S. (später Justizminister, s. S. 488). S. studirte die Rechte auf der Hochschule zu Landshut und trat 1828 in bairischen Staatsdienst. Etappen seiner Beamtenlaufbahn sind die Ernennungen zum Landgerichtsassessor in Landshut 1834, zum|Regierungsrath im Ministerium des Innern 1838, zum Regierungspräsidenten der Pfalz 1845, endlich an Stelle des verstorbenen Vaters zum Justizminister 1846. Ein Beweis des besonderen Vertrauens König Ludwig's I. wurde ihm dadurch zu theil, daß dieser, gegen Abel (vgl. A. D. B. I, 14) mißtrauisch geworden, am 15. December 1846 die Absonderung eines eigenen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom Ressort des Ministers vom Innern verfügte und das neue Portefeuille dem Justizminister S. übertrug. Noch auch S. vereinigte sich mit den übrigen Ministein am 11. Februar 1847 zur Ueberreichung des bekannten Memorandum, das die Aufregung des Landes über die Standeserhöhung der Sennora Lola Montez mit grellen Farben schilderte und als unausbleibliche Folge die Gefährdung des Königthums in Aussicht stellte; darauf wurde er (24. Febr.) entlassen, wenige Tage später zum Regierungspräsidenten der Oberpfalz ernannt, sechs Wochen später aber in den Ruhestand verseht. 1848 winde er von einem oberpfälzischen Wahlkreis ins Frankfurter Parlament gewählt; ohne als Redner in den Vordergrund zu treten, hielt er sich bei den Abstimmungen zur katholischoberdeutschen Partei. Nach der Heimkehr wurde er von König Maximilian II. in den Staatsdienst zurückberufen; 1849 wurde er zum Präsidenten der Regierung von Niederbaiern, 1850 zum Gesandten am reactivirten Bundestag ernannt. In dieser Stellung hatte er natürlich nur die Politik des Ministeriums v. d. Pfordten zu vertreten, weshalb auf Bd. XXV, 697 verwiesen sei. Die von Poschinger veröffentlichten Berichte des k. preußischen Bundestagsgesandten v. Bismarck gewähren auch über das Verhalten des bairischen Collegen manche Aufschlüsse. Im allgemeinen, behauptet Bismarck, strebe auch S. gleich allen seinen mittelstaatlichen Collegen allzu ängstlich darnach, vor der öffentlichen Meinung fein säuberlich dazustehen und den Kammern gegenüber das Odium aller unpopulären Beschlüsse den beiden deutschen Großmächten zuzuschieben; den persönlichen Vorzügen Schrenck's läßt jedoch Bismarck alle Gerechtigkeit widerfahren. „Den bairischen Gesandten Herrn v. S. rechne ich zu den besten Elementen der Versammlung, sowohl seiner Befähigung, als seinem Charakter nach; er ist ein gründlicher und fleißiger Arbeiter, dabei praktisch in seinen Auffassungen und Urtheilen, wenn auch seine mehr juristische Bildung und Denkungsweise ihn mitunter rechthaberisch macht und einem leichteren Fortgang der Geschäfte hemmend entgegentreten. Im amtlichen Verkehr ist er offen und gefällig, so lange sein in der That hochgesteigertes und sehr reizbares Nationalgefühl geschont wird, welchem Rechnung zu tragen ich mir besonders angelegen sein lasse“ (30. Mai 1853). Sogar in den Tagen des mittelstaatlichen Congresses zu Bamberg unterhielt der preußische Bundestagsgesandte mit S. vertraulichen Verkehr. Schon damals lag eine Berufung Schrenck's zur Leitung der bairischen Politik sozusagen in der Luft. Bismarck schreibt darüber (5. Mai 1855): „Sollte es in München zu einem Wechsel kommen, der meinen Collegen S. ans Ruder brächte, so halte ich dadurch für den Augenblick nichts verschlimmert. S. ist von der Fehlerhaftigkeit der dermaligen Politik Oesterreichs (in der orientalischen Frage) durchdrungen und wird ihr entgegenwirken, so lange er Hoffnung hat, Oesterreich vom Bruch (mit Rußland) abzuhalten; fängt Oesterreich aber doch Krieg an, so glaubt er, daß man es nicht stecken lassen dürfe. Es fragt sich aber, ob der König Max mit einer für Bayern kostspieligen und unfruchtbaren Hülfsleistung dann einverstanden sein würde“. Daß sich S. um die von Baiern durchgesetzte allgemeine deutsche Handelsgesetzgebung persönliches Verdienst erworben habe, wird von Bismarck rühmend anerkannt, dagegen glaubt er mit Bedauern feststellen zu müssen, daß S. immer entschiedener zu Oesterreich hinneige und davon nicht einmal durch die Besorgniß, daß Baiern in neue und unberechenbar weittragende Verpflichtungen verstrickt werden könnte, zurückzuhalten sei. „Der bairische Bundestagsgesandte“,|schreibt Bismarck 1858 in seiner Denkschrift über Inaugurirung einer selbständigen preußisch-deutschen Politik, „ist ein gewissenhafter Charakter, aber auch ihn bewegen seine österreichischen Familienverbindungen und sein auf die Politik übertragener Katholicismus in der Richtung, daß er unwillkürlich österreichischen Sympathien folgt“. Noch ehe der Streit zwischen Oesterreich und Frankreich zum Krieg führte, mußte v. d. Pfordten dem Unwillen der zweiten Kammer über die Staatsstreichgelüste des Ministers, sowie über dessen angebliche Hinneigung zu Frankreich weichen, und König Max betraute (9. April 1859) den bisherigen Bundestagsgesandten mit der Leitung der bairischen Politik: S. sollte dem Monarchen „Frieden mit seinem Volk“ vermitteln. S. übernahm neben dem Portefeuille des Auswärtigen auch dasjenige des Handels. Im Innern ist seiner Verwaltung viel Gutes nachzurühmen; weniger glücklich erwies sich seine auswärtige Politik. Nicht bloß vertrat er bei Ausbruch des Kriegs in Italien offen den Standpunkt, daß es Pflicht der deutschen Fürsten sei, der deutschen Präsidialmacht zu Hülfe zu kommen — diese Anschauung wurde ja von der überwiegenden Mehrheit des bairischen Volkes getheilt —; auch nach dem Frieden von Villafranca trat er, als sich der Gegensatz zwischen den deutschen Großmächten immer feindseliger zuspitzte, ganz offen und bestimmt auf Oesterreichs Seite. Diese Parteinahme erklärt sich theilweise auch daraus, daß Oesterreich, wie sich 1860 bei den Berathungen über die Bundeskriegsverfassung zeigte, dem Lieblingswunsche des bairischen Monarchen und seines Ministers, der Triasidee, wohlwollend gegenüberstand, während Preußen alle Staaten mit Ausnahme der beiden Großmächte von der Führung des Bundesheeres ein für allemal ausgeschlossen wissen wollte. Als Preußen die Erklärung gab, es werde nur mit denjenigen Staaten, welche dem französischen Handelsvertrag beiträten, den demnächst ablaufenden Zollverein erneuern, stellte sich S. entschlossen auf die Seite der schutzzöllnerischen Gegner der preußischen Forderung. Angeblich um der Bevölkerung zur Kundgebung ihrer Meinung in einer so wichtigen Frage Gelegenheit zu geben, in Wahrheit, um die Abstimmung darüber nicht einer unsicheren Zukunft zu überlassen, sondern die augenblicklich günstige Volksstimmung auszunützen, wurde im Februar 1863 der Landtag ausgelöst. Die Berechnung war richtig gewesen, die neue Kammer billigte mit großer Stimmenmehrheit die Zollpolitik des Ministeriums, und S. glaubte nun um so entschiedener vorgehen zu dürfen. Auf dem Frankfurter Fürstentag von 1863, wohin er seinen Monarchen begleitete, unterhielt er mit Rechberg demonstrativ freundschaftlichen Verkehr. Auch in der schleswigholsteinischen Frage bewegte er sich in schroffem Gegensatz zur preußischen Politik; die Einsetzung des Herzogs von Augustenburg wurde von keinem deutschen Cabinete mit so viel Wärme und Entschlossenheit betrieben, wie vom bairischen. Wie in den Denkwürdigkeiten des Herzogs Ernst von Coburg versichert wird, war S. sogar über v. d. Pfordten höchst ungehalten, weil ihm dieser im Bundestag zu lau und langsam vorzugehen schien. Natürlich war auch hierbei die Hoffnung maßgebend, daß sich die Vertretung einer so populären Sache als Hebel benützen lasse, um die ersehnte Führung der „dritten Großmacht“, der vereinigten Mittel- und Kleinstaaten, in die Hand zu bekommen. Die energische Initiative Baierns würde wohl auch eine entscheidende Wendung herbeigeführt haben, wenn nicht Herzog Friedrich selbst, um bei den Großmächten nicht anzustoßen, sich gegen ein zu rasches Vorgehen in der Successionsfrage verwahrt und damit die Münchener Politik lahmgelegt hätte; der bairische Antrag auf sofortige Anerkennung des Augustenburgers mußte auf der Würzburger Conferenz (Februar 1864) bis auf weiteres zurückgezogen werden. Als Baiern am 12. März im Bundestag den Antrag einbrachte, war der günstige Augenblick schon verpaßt. Das Ableben König Maximilian's II. und der Regierungsantritt Ludwig's II. hatten zunächst|Aenderung der bairischen Bundes- und Handelspolitik nicht zur Folge; S. blieb an der Spitze des Ministeriums. Die Berliner Zollconferenz (Mai 1864) wurde von Baiern nicht beschickt, dagegen wurde in Wien die Gründung eines süddeutschen Zollvereins mit Einschluß Oesterreichs angeregt. Als aber die Commission zur Fortsetzung der Verhandlungen nach München übersiedelte, protestirte das eigene Land gegen das ministerielle Programm, das zur Sprengung des alten Zollvereins führen müsse; sämmtliche Fabrik- und Handelsräthe des Königreichs sprachen sich gegen die bisher gefaßten Beschlüsse der Zollconferenz aus, und auch einer der verbündeten Staaten nach dem andern fiel von dem Sonderbundsplane ab. Als im September 1864 das preußische Ultimatum erschien, erklärte der letzte Bundesgenosse, Württemberg, es sei ihm unmöglich, sich von dem unter Preußens Führung begründeten neuen Zollverein auszuschließen; nun trat auch der bairische Gesandte in die Berliner Zollconferenz ein, und am 12. October wurden die neuen Zollvereinsverträge unterzeichnet. Damit war die Stellung Schrenck's unhaltbar geworden; er erbat und erhielt am 21. September 1864 seine Entlassung. Zum zweiten Male erfolgte ein Tausch der Rollen Schrenck's und v. d. Pfordten's; der letztere wurde am 4. December zum Minister des Auswärtigen, S. am 8. December zum Bundestagsgesandten ernannt. In dieser Eigenschaft mußte er im Juli 1866 den durch preußische Truppen von Frankfurt verscheuchten Bundestag nach Augsburg begleiten; nach der Abreise des österreichischen Gesandten oblag ihm die traurige Pflicht, als letzter Präsident das Ende des deutschen Bundestags zu proclamiren. Nach der Heimkehr wurde er zum ordentlichen Staatsrath und lebenslänglichen Mitglied des Reichsraths ernannt. In der Kammer entfaltete er bis an sein Lebensende rege Thätigkeit; er war nicht bloß regelmäßig Commissär bei Controle des Staatsschuldenwesens, sondern griff auch häufig mit glanzloser, aber wirksamer, rein sachlicher Rede im Sinne der Rechten in kirchenpolitischen und verfassungsrechtlichen Fragen in die Debatte ein. 1868 war er als Abgeordneter eines oberpfälzischen Wahlkreises Mitglied des Zollparlaments. Als im März 1870 der bairische Gesandte in Wien, Graf Bray, an Stelle Hohenlohe's den Vorsitz im Staatsministerium übernahm, erhielt S. den erledigten Wiener Posten. In Berlin wurde dankbar anerkannt, daß S., vermöge der hohen Achtung, die der seiner österreichischen Sympathien wegen seinerzeit gestürzte Staatsmann am Wiener Hofe genoß, bei Ausbruch des deutsch-französischen Krieges treffliche Dienste zu leisten im Stande war. Im September 1871 wurde er durch Graf Bray abgelöst und trat in Ruhestand. Am 10. September 1884 starb er auf seinem Gute Wetterfeld bei Cham und wurde an der Seite seiner Gemahlin, einer geb. Freiin v. Franckenstein, in Ullstadt, dem Stammsitz der Franckenstein, bestattet.

    • Literatur

      Gallerie denkwürdiger Persönlichkeiten der Gegenwart, 130. — Poschinger, Preußen im Bundestag von 1851—1859, I, 68, 72, 76, 90, 256 ff. — Ernst II., Aus meinem Leben, I, 140, III, 259 ff. — Personalact im Kreisarchiv München.

  • Autor/in

    Heigel.
  • Zitierweise

    Heigel, Karl Theodor von, "Schrenck von Notzing, Karl Freiherr" in: Allgemeine Deutsche Biographie 32 (1891), S. 485-488 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117059315.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA