Lebensdaten
1772 – 1845
Geburtsort
Mitau
Sterbeort
Stuttgart
Beruf/Funktion
politischer Schriftsteller ; Journalist
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 117026379 | OGND | VIAF: 67232378
Namensvarianten
  • Lindner, Friedrich Ludwig
  • Erichson, George
  • Lindner, Fridericus Georgius Ludovicus
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Zitierweise

Lindner, Friedrich Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117026379.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ehregott Friedrich (1733–1816), Arzt, S d. Georg Friedrich (1701–47), 1720 Prediger in Schmolsin, 1733 in Königsberg, Prof. u. Schulrat, 1745 Konsistorialrat, u. d. Auguste Angelika Zeisich;
    M Henriette Marie Wirth (1744–1807);
    Ov Gottlob Immanuel (1734–1818), Arzt, Theologe, Vf. v.Philos. d. rel. Ideen“, hrsg. v. F. L. L. (1825);
    - 1810 Elise Reiffinger (* 1789) aus Hüningen.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Stadtschule studierte L. in Mitau seit 1790 an der Academia Petrina Theologie. Im Herbst 1791 setzte er sein Studium in Jena fort und begann ein Jahr später, Medizin zu studieren. Unter seinen Medizinerkollegen befreundete er sich mit David Veit. Erste literarische Versuche verbanden ihn mit der Dichterin Sophie Mereau. Es folgten Studienaufenthalte in Würzburg und Göttingen, wo L. einen Roman „Die Wanderungen und Schicksale des Paters Abilgärd“ zu schreiben begann. 1797 kehrte er nach Jena zurück und schloß sein Studium mit einer medizinischen Dissertation erfolgreich ab. Ende 1798 war er in Berlin und lernte hier durch David Veit Rahel Levin kennen. 1800 siedelte er nach Wien über, wo er sich als Arzt niederließ und durch die Vermittlung seiner Berliner Freundin mit Henriette Mendelssohn und ihrem Kreis bekannt wurde. 1802 hielt er sich zur Einführung der Blatternschutzimpfung in Brünn auf. Ende 1803 erneuerte er von Wien aus seine literarischen Beziehungen zu Sophie Mereau. Zusammen mit Josef Karl Schreyvogel redigierte er die Wiener Wochenschrift „Das Sonntagsblatt“. 1809 nahm er seinen Wohnsitz in Weimar, wo ihm F. J. Bertuch ein neues publizistisches Wirkungsfeld eröffnete. 1813 wurde er in Jena offiziell mit der Truppeneinquartierung beauftragt und zum Dank für seine dabei getroffenen umsichtigen Maßnahmen als Professor der Philosophie an die Univ. Jena berufen. 1814 gab er die Professur auf und siedelte auf das väterliche Gut Alt-Abgulden über, dessen Bewirtschaftung er bis zum Tod seines Vaters leitete. Im April 1817 kehrte L. nach Weimar zurück. Er wurde Redakteur am „Oppositionsblatt“, mußte jedoch infolge eines durch ihn veranlaßten Presseskandals Weimar noch im selben Jahr wieder verlassen. Ursache dafür war eine Indiskretion, durch die er in den Besitz eines von August v. Kotzebue für Zar Alexander I. geschriebenen literarischen Geheimberichts gelangt war. Kotzebue hatte darin die Zeitschrift „Nemesis“ kritisiert, und L. hatte diese Kritik nach der Originalvorlage abgeschrieben und zusammen mit einem anonymen Brief an den Herausgeber der „Nemesis“, Heinrich Luden, zur Veröffentlichung eingeschickt. Zwar wurde die Verbreitung durch die Zensur weitgehend verhindert, L.s Name aber war durch die Indiskretion belastet.

    L. ließ sich zunächst in Mülhausen im Elsaß nieder. Von hier aus trat er erneut mit seiner ehemaligen Berliner Freundin Rahel und ihrem Mann Karl August Varnhagen von Ense in Verbindung. Durch diesen, der damals als preuß. Minister-Resident am bad. Hofe akkreditiert war, fand sich für L. in Süddeutschland ein neues journalistisches und diplomatisches Betätigungsfeld. Als Vertreter Badens und Württembergs nahm er im Sept. 1818 am Kongreß von Aachen teil. Im Dezember desselben Jahres übernahm er die Redaktion der im Verlag von J. F. v. Cotta herausgegebenen „Europ. Annalen“ und siedelte nach Stuttgart über. Im Juli 1819 wurde ihm ebenfalls bei Cotta die Redaktion der neugegründeten „Tribüne, Würtemberg. Zeitung für Verfassung und Volkserziehung zur Freiheit“ übertragen. L. stellte sich als Journalist auf die Seite Kg. Wilhelms I. von Württemberg, dessen Vorstellungen von einer konstitutionellen Verfassung er teilweise sogar gegen seinen Verleger Cotta unterstützte. Das bedeutendste Dokument der politischen Zusammenarbeit von Wilhelm I. und L. ist das 1820 erschienene „Manuscript aus Süddeutschland“. Diese Veröffentlichung|vereinigte vor dem Hintergrund des ehemaligen Rheinbundgedankens die Idee einer Trias unter den drei süddeutschen Staaten unter Hinzuziehung weiterer deutscher Kleinstaaten mit einer Polemik gegen die Übermacht Preußens und Österreichs im Deutschen Bund. Sie wurde deswegen sowohl innerhalb als auch außerhalb Deutschlands stark beachtet und teilweise heftig angegriffen. L. blieb jedoch als Verfasser der Schrift von persönlichen Sanktionen verschont. Erst das Erscheinen einer zweiten Veröffentlichung „Geheime Papiere“, deren Verfasserschaft ebenfalls L. zugeschrieben wurde, setzte 1824 seiner Tätigkeit in Württemberg ein Ende. Er verwickelte sich außerdem in eine Polemik mit dem bad. Bundestagsgesandten v. Blittersdorf und mußte nicht zuletzt deswegen Stuttgart verlassen. 1825 ließ er sich in Augsburg nieder, im Mai 1827 in München, wo er weiterhin in Verbindung mit Cotta die Redaktion der „Politischen Annalen“ innehatte und sich seit 1828 mit Heinrich Heine in dieses Amt teilte. 1832 erhielt er das bayer. Indigenat und wurde zum bayer. Legationsrat ernannt. Im März desselben Jahres übernahm er die Redaktion der neugegründeten „Bayerischen Staatszeitung“. 1833 kehrte er nach Stuttgart zurück und lebte hier von einer Pension des württ. Königs. Aus dieser letzten Lebensphase stammen Übersetzungsarbeiten und ein satirisches Drama gegen Hegel.

    L.s journalistische Karriere stand unter dem Einfluß der Franz. Revolution und ihrer freiheitlich-demokratischen Ideen. Er galt unter seinen deutschtümelnden Zeitgenossen als franzosenfreundlich und vermochte sich deshalb wohl in keiner offiziösen Stellung als Journalist in deutschen Diensten dauerhaft zu behaupten. Als politischer Publizist hatte er anläßlich seiner Zusammenarbeit mit Kg. Wilhelm I. von Württemberg und durch das „Manuscript aus Süddeutschland“ seinen größten öffentlichen Erfolg.

  • Werke

    Briefe an Cotta, Das Za. d. Restauration 1815–32, hrsg. v. H. Schiller, 1927, S. 20 ff.;
    Der v. Hegel’scher Philos. durchdrungene Schuster-Geselle od. Der absolute Stiefel, 1844 (Nachdr. in: Hegel-Spiele, hrsg. v. H. Höfener, 1977, S. 7-69).

  • Literatur

    ADB 18;
    E. Fehre, Leben u. Schrr. d. Kurländers F. L. L. mit bes. Berücksichtigung d. „Manuscripts aus Süddeutschland“, in: Balt. Mschr. 37, 1895, S. 531-82, 671-99, 756-88;
    Uhlands Briefwechsel, hrsg. v. J. Hartmann, II, 1912;
    C. Misch, Varnhagen v. Ense in Beruf u. Pol., 1925;
    Briefe v. u. an Aug. Wilh. Schlegel, ges. u. erl. v. J. Körner, 2 Bde., 1930;
    Der Briefwechsel zw. Ignaz Paul Vital Troxler u. Karl Aug. Varnhagen v. Ense 1815 - 58, veröff. u. eingel v. I. Belke, 1953;
    G. Rieg, Die württ. Außenpol. u. Diplomatie in d. vormärzl. Zeit, Diss. München 1954 (ungedr.);
    K.-J. Grauer, Wilhelm I. Kg. v. Württemberg, 1960;
    Heinrich Heine, Briefe, Erste Gesamtausg. nach d. Hss., hrsg. u. eingel v. F. Hirth, 2 Bde., 1965;
    Krisenjahre d. Frühromantik, Briefe aus d. Schlegelkreis, hrsg. v. J. Körner, Bd. 2, ²1969, Bd. 3, 1958;
    Th. Zondek, Dr. med. Davit Veit (1771–1814), Eine Gestalt aus d. Emanzipationszeit, in: Bull. d. Leo Baeck Inst. NF 15, 1976, Nr. 52, S. 49-77;
    H. Körner, Die „Oppositionspartei“ d. Mittelstaaten b. d. Dt. Bundesverslg. in Frankfurt, in: Staatsvfg., Vfg.-staat, Pressepol., Festschr. f. E. Naujoks, 1980, S. 318-38;
    Lebe der Liebe u. hebe d. Leben, Der Briefwechsel v. Clemens Brentano u. Sophie Mereau, Mit Einl. hrsg. v. D. v. Gersdorff, 1981;
    Goedeke VIII, S. 137, 705;
    O. H. Elias, in: Lb. aus Schwaben u. Franken 15, 1983 (P).

  • Autor/in

    Konrad Feilchenfeldt
  • Zitierweise

    Feilchenfeldt, Konrad, "Lindner, Friedrich Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 610-611 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117026379.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Lindner: Friedrich Ludwig L., geb. 1772 zu Mitau, der Hauptstadt des damaligen polnischen Lehnsherzogthums Kurland, ging 1790 nach Jena, wo er anfangs Theologie, später Medicin studirte, setzte seine Studien zu Würzburg und Göttingen fort, wurde 1797 zum Dr. med. promovirt und ließ sich, nachdem er eine Weile in Wien, später in Weimar gelebt und daselbst an der Herausgabe des „Sonntagsblatts“ Theil genommen hatte, im J. 1812 als Professor extraordinarius in Jena nieder. 1814 kehrte er nach Kurland zurück, um die Verwaltung des seinem Vater gehörigen Gutes Alt-Abgulden zu übernehmen und drei Jahre lang in ländlicher Abgeschiedenheit zu leben. 1817 erschien L. abermals in Weimar, wo er mit Oken, Luden und Ludw. Wieland in nähere Beziehung trat, alsbald der eifrigste und fähigste Mitarbeiter des von diesen Führern des damaligen liberalen Deutschland herausgegebenen „Oppositionsblattes“, später auch der Nemesis und der Isis wurde und (wie es in Treitschke's Deutscher Geschichte heißt) „die politische Arbeit als ernsten Lebensberuf trieb“. Durch einen zufälligen Umstand kam L. in die Lage, Auszüge|aus Kotzebue's an den Kaiser Alexander I. von Rußland gerichteten litterarischen Berichten kennen zu lernen (L. wohnte mit Kotzebue's Abschreiber in demselben Hause und wurde von diesem zu Rathe gezogen) und in der „Nemesis“ und in dem „Volkssreunde“ veröffentlichen zu lassen. Der Inhalt dieser Berichte erregte so peinliches Aufsehen, daß Kotzebue aus Furcht vor dem Unwillen der Jenaer akademischen Jugend Weimar verlassen und nach Mannheim übersiedeln mußte, L. aber auf Betrieb der russischen Regierung ausgewiesen wurde. Nachdem er längere Zeit ein Wanderleben in Deutschland und Frankreich geführt, ließ er sich in Stuttgart nieder, wo er mit dem König von Württemberg in nähere Beziehung trat und auf dessen Antrieb, aber ohne Vorwissen des leitenden Ministers Grafen Wintzingerode das 1820 in London erschienene und rasch berühmt gewordene „Manuscript aus Süddeutschland“ schrieb, den ältesten politischen Katechismus des auf rheinbündlerischen Traditionen und streng protectionistischen Grundsätzen fußenden süddeutschen Particularismus. „Höchst feindselig aber immer mit einem gewissen Anstand gegen Osterreich und Rußland und nebenher gegen England; höchst feindselig gegen den deutschen Bund, halsbrechend für die kleinen Staaten, insolent gegen das nördliche Deutschland, sackgrob gegen die Seestädte, verachtungsvoll in Hinsicht auf Umtriebler, Studenten u. s. w., zugleich aber wüthend constitutionell“ lautete Gentz' Bericht über dieses Buch, das als wichtigste Grundschrift der sogen. „reindeutschen“, d. h. die beiden Großmächte ausschließender Bundesidee bezeichnet werden kann und Jahrzehnte lang der particularistischen und protectionistischen Presse Süddeutschlands zum Arsenal gedient hat. — Die vier Jahre später erschienenen „Geheimen Papiere“ stammten nicht von L., wurden ihm aber so allgemein zugeschrieben, daß die württembergische Regierung ihm die Herausgabe der „Tribüne“ untersagen und einen Ausweisungsbefehl zugehen lassen mußte. Er wandte sich in den Elsaß, ließ 1825 seines Oheims Gottlob Immanuel Lindner „Philosophie der religiösen Ideen“ erscheinen, ging dann aber nach Augsburg und später nach München, wo er als officiöser baierischer Publicist im Sinne des constitutionellen Particularismus thätig war, 1832 den Titel eines Legationsraths und das baierische Indigenat erhielt, die Leitung der baierischen Staatszeitung übernahm und schließlich nach Stuttgart übersiedelte, wo er im J. 1845 verstarb. Lindner's zahlreiche Schriften (zu denen außer verschiedenen Uebersetzungen aus dem Französischen, der Aufsatz „Europa und der Orient“, 1839, und die mit le Bret besorgte Ausgabe der „Oeuvres complètes de Napoléon“ gehören) sind mit Ausnahme des „Manuscripts aus Süddeutschland“ sämmtlich vergessen. Sie zeichnen sich durch Klarheit und Energie des Stils, Nüchternheit und Folgerichtigkeit der Ausfassung, zugleich aber durch ausgesprochene Parteilichkeit und Neigung zur Sophistik aus. Von der Mehrzahl zeitgenössischer politischer Publicationen sind sie durch Freiheit von Ueberschwänglichkeit und Phrasenwesen und durch das Streben nach praktischer Behandlung der Zeitfragen unterschieden.

    • Literatur

      Vgl. Recke-Napiersky, Schriftsteller- u. Gelehrtenlexikon von Liv-, Esth- u. Kurland (Mitau 1831), Bd. III. S. 78 ff. Nachträge u. Fortsetzungen zu dems. W. (Mitau 1859, II. S. 16 ff.) v. Gentz, Briefwechsel mit Pilat (Bd. II. S. 346 ff. u. 437 ff.). H. v. Treitschke, Historische und politische Aufsätze (3. Aufl. I. S. 207), sowie Neuer Nekrolog der Deutschen, 1845, XXIII. Thl. I. S. 427 ff. und Eckardt, Die baltischen Provinzen Rußlands, 2. Aufl. 1869, S. 261.

  • Autor/in

    Eckardt.
  • Zitierweise

    Eckardt, "Lindner, Friedrich Ludwig" in: Allgemeine Deutsche Biographie 18 (1883), S. 703-704 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117026379.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA