Lebensdaten
1851 – 1925
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Rechtshistoriker ; Herausgeber englischer Rechtsquellen
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 116996129 | OGND | VIAF: 19763285
Namensvarianten
  • Liebermann, Felix
  • Libermann, Felix
  • Liebermann, F.
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Liebermann, Felix, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116996129.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Louis (1819–94), Kattun- u. Garnfabr. in B., S d. Joseph (1783–1860), Kattunfabr. in Märk.-Friedland, Sprottau u. B., u. d. Marianna Callenbach;
    M Philippine (1822–92), T d. Josef Benjamin Haller (1772–1838), Juwelier (Fa. Haller u. Rathenau) in B., u. d. Betty Landsberger;
    Om Ferdinand Haller (1805–76), Dr. iur., Senator, seit 1863 Bgm. v. Hamburg;
    B Max (s. 3), Vt Carl (s. 2);
    - 1880 Cäcilie Lachmann;
    N Hans (1876–1939), Prof. d. Chemie a. d. TH Berlin (s. Kürschner, Gel.-Kal. 1931; Pogg. V-VII).

  • Biographie

    Vier Jahre lang, von denen er zwei in Manchester und London verbrachte, war L. kaufmännisch im Bankwesen und im Textilhandel tätig. Dann wandte er sich einer wissenschaftlichen Laufbahn zu und sludierte, nach dem Wintersemester 1872/73 in Berlin, die fünf folgenden Semester in Göttingen bei Georg Waitz und Reinhold Pauli, einem Spezialisten für engl. Geschichte. Von diesen beiden gefördert, wurde er 1875 mit einer Dissertation über den Dialogus de Scaccario, eine Abhandlung des 12. Jh. über die engl. königl. Verwaltung, promoviert. Es überrascht nicht, daß sich Pauli L.s Mitarbeit für die Monumenta-Ausgabe engl. Quellen sicherte, die für die deutsche Geschichte bedeutsam waren. Bald zeigte sich, daß L., der 1879 „Ungedruckte anglo-normann. Geschichtsquellen“ publizierte, über besonderes editorisches Geschick verfügte. Er begann nun eine lebenslange Tätigkeit als Herausgeber mittelalterlicher Texte. Die ersten Früchte seiner Zusammenarbeit mit Pauli wurden 1881 im 13. Band der Scriptores-Reihe der MG veröffentlicht: Auszüge aus engl. Quellen von der Karolinger- bis zum Ende der Salierzeit. Das Unternehmen wurde mit den Bänden 27 und 28 (1885/88) derselben Reihe fortgesetzt mit Auszügen von engl. Autoren über das Deutschland der Stauferzeit. Den ersten dieser Bände gaben L. und Pauli gemeinsam heraus, den zweiten edierte L. nach Paulis Tod (1882) allein. Während die Auszüge von wichtigeren, bereits in England gut edierten Autoren (wie etwa Matthew Paris) nicht viel neues Material ans Licht brachten, erschienen hier einige kleinere Quellen in besseren Ausgaben. L.s Einleitungen stellten einen sehr nützlichen Wegweiser durch die engl. Historiographie vom 8. bis zum Ende des 13. Jh. dar.

    L.s eigentlicher Ruhm beruht jedoch nicht auf diesen Arbeiten, sondern auf seiner Edition eines umfangreichen Bestandes engl. Rechtsquellen von angelsächs. Zeit bis zur Mitte des 12. Jh. Seine Beschäftigung mit dem Dialogus de Scaccario hatte seine Aufmerksamkeit auf die bemerkenswerte Rechtssituation Englands im 12. Jh. gelenkt, als die alten angelsächs. Gesetze der eingeborenen Bevölkerung für die neuen Herrscher vom europ. Festland aufgezeichnet und ins Lateinische oder Normannisch-Französische übersetzt werden mußten. Da er fand, daß die vorhandenen Editionen von Lambarde (1568), Wilkins (1721), Thorpe (1840) und Reinhold Schmid (1832, ²1858) unzulänglich waren, machte er sich eine neue, kritische und umfassende Edition der Gesetze der Angelsachsen zur Lebensaufgabe. Die Edition sollte auf allen bekannten Manuskripten basieren, und das waren erheblich mehr, als seine Vorgänger benutzt hatten. Dieses große Werk, das er in bester Monumentisten-Tradition ausführte, ist gelegentlich ergänzt oder verbessert worden, es wird aber in absehbarer Zeit nicht ersetzt werden. Es enthält mehr Material, als der Titel verspricht, da es nicht auf Gesetzestexte der Angelsachsenzeit beschränkt ist, sondern auch wichtige Abhandlungen und andere Dokumente der anglo-normann. Periode enthält. Es basiert auf dem Studium von rund 180 Manuskripten, umfaßt Texte in Altenglisch, Normannisch-Französisch (in beiden Fällen mit deutscher Übersetzung) und Latein und ist nicht nur unentbehrlich für den Rechtshistoriker, sondern auch wertvoll für den an mittelalterlichem Englisch und Französisch interessierten Philologen. Als Ergebnis 40jähriger Arbeit begannen „Die Gesetze der Angelsachsen“ 1898 mit einer ersten Lieferung zu erscheinen. Der 1. Band mit|dem Untertitel „Text und Übersetzung“ (LXII u. 675 Seiten) wurde 1903 mit der 3. Lieferung abgeschlossen. Band 2 erschien in zwei Teilen 1906 und 1912 mit den Untertiteln „1. Hälfte: Wörterbuch“ (S. 1-253) und „2. Hälfte: Rechts- und Sachglossar“ (S. 254-758). Der dritte und letzte Band erschien 1916 mit dem Untertitel „Einleitung zu jedem Stück; Erklärungen zu einzelnen Stellen“ (356 Seiten). L.s große Leistung ist um so bemerkenswerter, als er keine juristische Ausbildung erhalten hatte. Die Resultate seiner Arbeit haben die aufgewandte Mühe mehr als gerechtfertigt, denn die engl. Rechtsquellen des 7. bis 12. Jh. sind in Menge und Qualität ohne Parallele auf dem Kontinent und stellen einen einmaligen Bestand von Informationen über german. und frühmittelalterliches Recht, Sprache, Kultur und Gesellschaft dar.

    L. veröffentlichte noch mehrere kleinere Studien zur mittelalterlichen engl. Geschichte. Seine Arbeit brachte ihn in Verbindung zu zahlreichen Personen und Institutionen in England in einer Zeit, die ohnehin durch bemerkenswert intensive engl.-deutsche intellektuelle Kontakte gekennzeichnet war und die mit dem Ausbruch des 1. Weltkriegs ein trauriges Ende nahm. Daß L. in der Lage war, ein so riesenhaftes Œuvre vorzulegen, lag in erster Linie an seiner unbeirrbaren Hingabe an die Wissenschaft, hatte aber auch mit seinen persönlichen Verhältnissen zu tun. L. war ein wirtschaftlich unabhängiger Privatgelehrter, der nie einen Lehrstuhl innehatte (wenn auch die preuß. Regierung ihm 1896 den Professortitel zuerkannte) und dem deshalb zeitraubende Lehr-, Prüfungs- und Verwaltungsaufgaben unbekannt waren. Mit ihrem privaten Vermögen machten er und seine Frau ihr Haus zu einem Zentrum der Gelehrsamkeit und des Kulturaustausches. 1905 gründeten sie die Felix- und Cäcilie-Liebermann-Stiftung, um begabten, aber wenig bemittelten jungen Menschen ein akademisches Studium zu ermöglichen.|

  • Auszeichnungen

    Dr. iur. h. c. (München, Oxford, Cambridge);
    Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss., d. Ges. d. Wiss. in Göttingen, d. Royal Historical Society u. d. Brit. Academy.

  • Werke

    Weitere W W-Verz. in: E. B. Graves (Hrsg.), A Bibliogr. of English Hist. to 1485, 1975.

  • Literatur

    Texte u. Forschungen z. engl. Kulturgesch., Festschr. z. L.s 70. Geb.tag, 1921;
    H. Bresslau, Gesch. d. Monumenta Germaniae Historica, in: NA 42, 1921, S. 559-61;
    K. v. Amira, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1925, S. 20-23;
    A. Brandl, in: Archiv f. d. Studium d. neueren Sprachen u. Literaturen Jg. 81, Bd. 150, 1926, S. 1-5;
    E. Ekwall, Beibl. z. Anglia, Mitt. üb. engl. Sprache u. Lit. 37, 1926, S. 289-95;
    E. Heymann, in: ZSRGG 46, 1926, S. XXIII-XXXIX;
    T. F. Tout, in: History, New Series 10, 1926, S. 311-19;
    A. Erler, in: Hdwb. z. dt. Rechtsgesch. II, 1978, Sp. 2005–07.

  • Porträts

    Gem. v. Max Liebermann, Abb. in: E. Hancke, Max Liebermann, 1923, S. 33.

  • Autor/in

    Raoul C. van Caenegem
  • Zitierweise

    Caenegem, Raoul C. van, "Liebermann, Felix" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 480-481 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116996129.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA