Lebensdaten
1822 – 1910
Geburtsort
Breslau
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Statistiker ; Agrarhistoriker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116871423 | OGND | VIAF: 7470823
Namensvarianten
  • Meitzen, August
  • Meitzen, Ernst
  • Meitzen, Friedrich August
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Zitierweise

Meitzen, August, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116871423.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ernst (1785–1837), Gouvernementsauditeur in Breslau (aus Fam. in Ostpreußen u. d. Baltikum);
    M Susanne (1801–65), T d. Friedrich August Websky (1769–1823), KR, Kaufm. in Breslau, u. d. Friederike Eleonore Henriette Schmige;
    Om Martin Websky (1799–1867), KR, Fabrikbes. in Wüstegiersdorf u. Breslau;
    B Reinhold (1832–92), Geh. Reg.rat, Dir. in d. Verwaltung d. direkten Steuern;
    Clara, T d. Joh. Michael Eduard Regenbrecht (1792–1849), Prof. f. Kirchenrecht an d. Univ. Breslau (s. ADB 27), u. d. Marianne Schreiber (1801–53).

  • Biographie

    M. studierte seit 1843 zunächst Naturwissenschaften, dann Rechts- und Staatswissenschaften in Breslau, Heidelberg und Tübingen. 1846 promovierte er in Breslau zum Dr. iur., 1848 zum Dr. phil. 1846 trat er in den Justizdienst ein, 1848 arbeitete er als Volontär beim preuß. Finanzministerium, 1849 am Landratsamt in Tecklenburg; 1849/50 war er als Regierungsreferendar in Münster und Breslau tätig, wo er die Deichregulierungsgeschäfte der Provinz Schlesien leitete. 1853-56 war er Bürgermeister in Hirschberg (Schlesien), dann kehrte er als Regierungsassessor in den Staatsdienst zurück. Die für sein wissenschaftliches Lebenswerk grundlegenden praktischen Erfahrungen sammelte er in den folgenden Jahren als Spezialkommissar bei der Generalkommission zu Breslau, die zahlreiche gutsherrlich-bäuerliche Auseinandersetzungen abwickelte, und seit 1861 als Regulierungskommissar bei der Einführung des preuß. Grundsteuergesetzes vom 21.5.1861. Daneben studierte er als Externer an der Univ. Breslau bei dem Quellenkundler Wilhelm Wattenbach und veröffentlichte 1863 sein erstes größeres wissenschaftliches Werk, die „Urkunden schles. Dörfer“, eine kommentierte Sammlung von Dokumenten über sechs Dörfer vom Mittelalter bis zum Ende des 18. Jh. Bereits in dieser Untersuchung wurde deutlich, welchen Stellenwert er dem Flurbild für die agrargeschichtliche Forschung beimaß.

    1865 meldete sich M. beim preuß. Landwirtschaftsministerium, das zusammen mit dem Finanzministerium die Herausgabe eines statistischen Werks über den Boden, seine Beschaffenheit und Bewirtschaftung plante. Die Durchführung einer solchen Untersuchung bot sich an, da anläßlich der Grundsteuerveranlagung umfassende agrarstatistische Daten zusammengetragen wurden. M. wurde mit dieser Aufgabe betraut, 1865 in das Landwirtschaftsministerium berufen und veröffentlichte 1868-71 die ersten vier Bände und einen Atlasband „Der Boden und die landwirthschaftlichen Verhältnisse des Preuß. Staates nach dem Gebietsumfange vor 1866“. Weitere Bände für die Zeit nach 1866 und unter Berücksichtigung der neu gewonnenen Provinzen folgten unter seiner Leitung und Herausgeberschaft zwischen 1894 und 1908. Bis heute gilt dieses Werk, das neben agrarstatistischen Daten u. a. auch historische Rückblicke über die Besiedlung, die gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, die Agrarreformen und die Betriebsentwicklung in Land- und Forstwirtschaft enthält, als grundlegend für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Preußens. 1868 wurde M. als Regierungsrat Mitglied des Preuß. Statistischen Büros und 1872 Geheimer Regierungsrat und erstes Mitglied des Statistischen Amtes des Deutschen Reiches, dem er bis 1882 angehörte. In beiden Ämtern war er maßgeblich an landwirtschaftlichen, gewerblichen und hydrographischen Veröffentlichungen beteiligt. 1875 wurde er zum ao. Professor der Staatswissenschaften an die Univ. Berlin berufen, 1892 erfolgte seine Ernennung zum o. Honorarprofessor. Er war einer der akademischen Lehrer Max Webers. Seine Schwerpunkte in der Lehre lagen auf dem Gebiet der Statistik (seit 1886 häufig auf der Grundlage seines Buchs „Geschichte, Theorie und Technik der Statistik“) und der Agrar- und Siedlungsgeschichte. Er lehrte bis zum Wintersemester 1903/04.

    Wissenschaftliche Bedeutung erlangte M. – abgesehen von seinen statistischen Untersuchungen, vor allem dem „Bodenwerk“ – durch seine siedlungsgeschichtlichen Studien, deren Summe er 1895 in seinem Werk „Siedelung und Agrarwesen der Westgermanen und Ostgermanen, der Kelten, Römer, Finnen und Slawen“ zog. Er führte die verschiedenen Siedlungstypen auf die ethnischen Einheiten Europas zurück und ging von der Existenz eines genossenschaftlichen Hufensystems als der ursprünglichen germanischen Agrarverfassung aus, der er insbesondere die keltische, „clanschaftlich“ organisierte Agrarverfassung gegenüberstellte. Darüber hinaus lag seinen Studien die Annahme zugrunde, die Siedlungs- und Flurformen hätten sich seit der Zeit ihrer Erstanlage|durch das Mittelalter hindurch bis zu den Agrarreformen im 19. Jh. im wesentlichen unverändert erhalten. Obwohl diese Thesen heute teils widerlegt, teils umstritten sind (im Falle der Konstanz der Siedlungsformen), kommen M. auch heute noch in methodischer Hinsicht zwei wesentliche Verdienste zu: die Entdeckung der Flurkarten als Quellen (agrar) historischer Forschung sowie die Typenbildung (von Siedlungsformen) und ihre vergleichende Analyse.

  • Werke

    u. a. De artificibus iisdemque agricolis (Über d. Uhrenindustrie d. Schwarzwalds), Diss. Breslau 1848, wieder in: Alemannia 28, 1900 (P);
    Urkk. schles. Dörfer, z. Gesch. d. ländl. Verhältnisse u. d. Flureintheilung insbes. (= Codex Diplomaticus Silesiae IV), 1863;
    Der Boden u. d. landwirthsch. Verhältnisse d. Preuß. Staates nach d. Gebietsumfange vor 1866;
    8 Bde., 2 Atlasbde., 1868-1908 (Nachdr. 1988);
    Landwirthsch., II. T., Agrarpol. im engeren Sinne, Landeskultur-Gesetzgebung, in: G. Schönberg (Hrsg.), Hdb. d. Pol. Ökonomie, ²1882, I, S. 669-710, ⁴1896, II/1, S. 141-220;
    Gesch., Theorie u. Technik d. Statistik, 1886, ²1903 (engl. 1891, Nachdr. d. engl. Übers. 1970);
    Siedelung u. Agrarwesen d. Westgermanen u. Ostgermanen, d. Kelten, Römer, Finnen u. Slawen, 3 Bde., 1 Atlasbd., 1895 (Nachdr. 1963).

  • Literatur

    Hdwb. d. Staatswiss. VI, ³1910, S. 644 f. (W-Verz.);
    R. Kötzschke, M. als Historiker d. Siedelungs- u. Agrarwesens, in: Dt. Gesch.bll. 11, 1910, S. 273-78;
    W. Weddigen, in: Schles. Lb. III, 1928, S. 358-62;
    H. Harnisch, A. M. u. s. Bedeutung f. d. Agrar- u. Siedlungsgesch., in: Jb. f. Wirtsch.gesch. 1975, T. I, S. 97-119;
    L. Capogrossi Colognesi, Communità agraria in Roma antica, Appunti sul rapporto Mommsen-M.-Weber, in: Quaderni di storia, 11. Jg., Nr. 21, 1985, S. 77-99;
    J. Deininger, Einleitung, in: Max Weber-Gesamtausg. I/2, 1986, S. 15-19;
    W. Treue u. K. H. Kaufhold, Vorbemerkung zu: A. M., Der Boden u. d. landwirthsch. Verhältnisse (s. W), 1. Bd., Nachdr. 1988.

  • Autor/in

    Rita Aldenhoff
  • Zitierweise

    Aldenhoff, Rita, "Meitzen, August" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 734-735 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116871423.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA