Lebensdaten
1806 – 1879
Geburtsort
Darmstadt
Sterbeort
Heidelberg
Beruf/Funktion
Jurist
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 116580623 | OGND | VIAF: 62303793
Namensvarianten
  • Röder, Karl David August
  • Röder, Karl David August
  • Roeder, Carl D.
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Zitierweise

Röder, Karl David August, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116580623.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Franz (1774–1840), hess. Major;
    M Wilhelmine Krämer (* 1811);
    1836 Bertha Margarethe Marie Sophie Zammin(g)er (1813–69);
    2 S, 3 T.

  • Biographie

    R. studierte 1822-26 Rechtswissenschaft und Philosophie in Göttingen. Dort hörte er 1825 eine Vorlesung des Philosophen Karl Christian Friedrich Krause (1781–1832), dessen idealistisch utopische Philosophie für ihn maßgeblich blieb. Er habilitierte sich 1830 in Gießen und erhielt 1842 eine ao. Professur an der jur. Fakultät in Heidelberg, wo er bis zu seinem Tode blieb. 1843/44 führte er den span. Juristen Julian Sanz del Rio in Krauses Philosophie ein; Sanz wurde später zum Begründer der überaus einflußreichen Gesellschaftsphilosophie des Krausismo in Spanien und Lateinamerika. In Deutschland gehörte R. neben dem Juristen Heinrich Ahrens (1808–74) zu den führenden Krauseanern, insbesondere in der Rechtsphilosophie.

    R.s wissenschaftliche Bedeutung liegt hauptsächlich auf dem Gebiet der Straftheorie und des Strafvollzugs. Er vertrat eine Theorie der Besserungsstrafe, nach der der Strafvollzug eine erzieherische Aufgabe zur moralischen Besserung des Straftäters habe. Auch der Rechtsbrecher solle sich zu sittlicher Vollkommenheit entwickeln können. Diese bis in Einzelheiten der Formulierung von der Philosophie Krauses beeinflußte Lehre vertrat R. zuerst programmatisch in der Schrift „Zur Rechtsbegründung der Besserungsstrafe“ (1846). Die Legitimation der Strafe leitete er aus einer als umfassend verstandenen Vormundschaft des Staates über den einzelnen ab, womit er letztlich in der geistesgeschichtlichen Tradition des Naturrechts des 18. Jh. stand. Für den Strafvollzug propagierte R. im Anschluß an Ideen der Quäker die Einzelhaft, die die Chance individueller Bildung biete. R.s Ideen zum Strafvollzug fanden auch im 20. Jh. Beachtung; v. a. ist sein Einfluß auf Gustav Radbruch (1878–1949) hervorzuheben.

    Außerhalb des Bereichs des Strafvollzugs veröffentlichte R. Lehrbücher zum Naturrecht und zur Rechtspolitik und beteiligte sich an der heftigen Diskussion zwischen jur. Romanisten und Germanisten, wobei er für die Gemeinschaftswerte des dt. Rechts eintrat. Als später Vertreter des dt. Naturrechts hat er mit seinen Schriften auch auf Juristen außerhalb des engen Kreises der Schüler Krauses gewirkt.

  • Werke

    Weitere W Grundzüge d. Pol. d. Rechts, 1837;
    Grundzüge d. Naturrechts oder d. Rechtsphilos., 1846 (span. 1879);
    Grundgedanken u. Bedeutung d. röm. u. german. Rechts, 1855;
    Die Verbesserung d. Gefängniswesens mittels d. Einzelhaft, 1856;
    Der Strafvollzug im Geiste d. Rechts, 1863;
    Die herrschenden Grundlehren v. Verbrechen u. Strafe in ihren inneren Widersprüchen, 1867 (span. 1871). |

  • Nachlass

    Nachlaß: Univ.bibl. Heidelberg, Hss.abt. (unveröff. Autobiogr.: Streiflichter auf mein Leben u. Streben, bes. in Bezug auf d. Lehre Krauses).

  • Literatur

    ADB 55;
    G. Radbruch, Der Erziehungsgedanke im Strafwesen, in: ders., Gesamtausg., Bd. 10, 1994, S. 71-79 (zuerst als Festvortrag 1932);
    J. Schwieters, K. D. A. R., Ein biogr. Btr. z. Gesch. d. Strafvollzugs im 19. Jh., Diss. Münster 1964;
    K. Lithner, in: Zs. f. d. ges. Strafrechtswiss. 73, 1961, S. 487-509;
    P. Landau, Die rechtsphil. Begründung d. Besserungsstrafe, Karl Christian Friedrich Krause u. K. D. A. R., in: Strafgerechtigkeit, FS f. Arthur Kaufmann, hg. v. F. Haft u. a., 1993, S. 473-85;
    E. M. Ureña, Cincuenta Cartas ineditas entre Sanz del Rio y Krausistas alemanes (1844-1869), 1993;
    ders., Philos. u. gesellschaftl. Praxis, Wirkungen d. Philos. K. C. F. Krauses in Dtld. (1833–1881), 2001;
    B. Wirmer-Donos, Die Strafrechtstheorie Karl Christian Friedrich Krauses als theoret. Grundlage d. span. Korrektionalismus, Rechtspol. Reformpotential u. paradigmat. Bedeutung e. vergessenen Strafrechtstheorie, 2001;
    Bad. Biogrr. III;
    Drüll, Heidelberger Gel.lex. I.

  • Porträts

    Univ.archiv Heidelberg, Bilderslg.;
    Kurpfälz. Mus. Heidelberg.

  • Autor/in

    Peter Landau
  • Zitierweise

    Landau, Peter, "Röder, Karl David August" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 709 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116580623.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Röder *)Zu Bd. LIII, S. 419.: Karl David August R. wurde am 23. Juni 1806 in Darmstadt geboren als Sohn eines höheren hessischen Officiers. Er besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, ging 1822 zur Universität und trat nach beendeten Studien in den praktischen Staatsdienst seines engeren Vaterlandes ein. Im J. 1830 habilitirte er sich an der Universität Gießen mit einer Abhandlung: „de usuris in futurum acceptis“. Nach Veröffentlichung seiner „Grundzüge der Politik des Rechts. Erster Theil: Einleitung. Allgemeine Staatsverfassungslehre“ (Darmstadt 1837) wurde ihm untersagt, staatsrechtliche Vorlesungen zu halten, obwohl die in dem Buche vorgetragenen Ansichten nichts weniger als revolutionär sind, Verfasser sich vielmehr ausdrücklich als überzeugten Anhänger der monarchischen Staatsform bekennt. R. verzichtete dann auf sein Lehramt und siedelte nach Heidelberg über, wo er 1839 mit einer „Commentatio de quaestione an poena malum esse debeat“ die venia docendi erwarb. Im J. 1842 wurde er zum außerordentlichen Professor, im J. 1879 zum Honorarprofessor ernannt. Am 20. December 1879 starb er zu Heidelberg nach kurzem Krankenlager.

    Die Schrift, die ihm sein Gießener Lehramt kostete, und seine Heidelberger Habilitationsschrift kennzeichnen den Kreis seines eigentlichen wissenschaftlichen Interesses: Naturrecht und Reform des Strafwesens. Unter seinen zahlreichen Schriften — eine vollständige Aufzeichnung der in Buchform erschienenen Schriften gibt Teichmann in v. Holtzendorff's Rechtslexikon III, 1. S. 482 — befinden sich auch einige civilistische, die aber nur als gelegentliche Nebenarbeiten angesehen werden können, während seine staatsrechtlichen Veröffentlichungen durchaus auf dem Boden naturrechtlicher Anschauungen stehen. Hier hat sich R. frühe den Lehren Krause's angeschlossen, dessen „Vorlesungen über Rechtsphilosophie“ er im J. 1874 herausgegeben hat. In dem „Vorbericht“ zu dieser Ausgabe erwähnt R., daß er nur eine öffentliche Vorlesung (über den Begriff der Philosophie) bei Krause gehört habe, sich aber noch lebhaft des tiefen Eindrucks erinnere, den diese Vorlesung auf sämmtliche Zuhörer machte. Für Röder's philosophische und politische Anschauungen ist dieser Vorbericht sehr werthvoll, er läßt zugleich deutlich erkennen, was ihn eigentlich an Krause's Gedanken besonders angezogen hat. Daß er dabei stark unter dem Einflusse seines Freundes Ahrens gestanden haben mag, wie Erdmann (Grundriß der Geschichte der Philosophie II, 701) annimmt, läßt sich aus verschiedenen Stellen seines Hauptwerks schließen. Dieses, „Grundzüge des Naturrechts oder der Rechtsphilosophie“, erschien 1846 in erster, 1860—63 in zweiter ganz umgearbeiteter Auflage. Es theilte das Schicksal der Werke des Meisters, es fand in Deutschland geringe, im Ausland lebhafte Anerkennung. Daß Röder's hervorragende Begabung nicht auf dem Gebiete systematischer Philosophie lag, wird auch ein billiger Beurtheiler des Buches nicht in Abrede stellen können. Das tritt ebenso in seinen strafrechtlichen Arbeiten deutlich zu Tage. Wenn er hier in seiner Bekämpfung der Vergeltungstheorien zunächst von naturrechtlichen Constructionen ausgeht und seine Besserungstheorie auf sie gründet, so liegt ihm doch vor allem an der praktischen Umgestaltung des Strafrechts und Strafvollzuges, dessen Gestaltung im geltenden Rechte seinem warmherzigen Empfinden als eine sinnlose und deshalb unberechtigte Quälerei des Verbrechers erschien. Das hat ihn nicht müde werden|lassen, wieder und wieder gegen die herrschende Richtung anzukämpfen, deren Mängeln er dadurch glaubte abhelfen zu können, daß er Besserung des Verbrechers zum ausschließlichen Strafzweck erhob. Dadurch ist er zum typischen Vertreter der Besserungstheorie in Deutschland geworden, und dadurch hat er sich einen Platz in der Geschichte der Strafrechtswissenschaft gesichert. Sein Streben fand freilich in Deutschland mehr Kritik als Beifall (vgl. z. B. Heinze in v. Holtzendorff's Handbuch des Strafrechts I, 264, 269 — Laistner, Das Recht in der Strafe, S. 162 — v. Bar, Handbuch des Strafrechts I, 264 f.), und zweifellos scheitert seine Theorie, wie alle Theorien, die ausschließlich nur einen Zweck der Strafe gelten lassen wollen, an ihrer Undurchführbarkeit in der Praxis.

    Im engen Zusammenhang mit seinen theoretischen Bestrebungen steht sein Eintreten für die Reform des Strafvollzugs durch die Einzelhaft, das vielleicht die am meisten erfolgreiche Seite seiner Thätigkeit bildet. Hier hat ihm auch die Anerkennung, namentlich der deutschen Strafanstaltsbeamten nicht gefehlt. Im übrigen würdigte auch seine strafrechtlichen Leistungen das Ausland in weit höherem Maße als die Heimath. In Holland (z. B. Moddermann), in Spanien (z. B. Giner), in Italien (z. B. Gabba) hatte er zahlreiche Anhänger und Verehrer, und noch in neuerer Zeit hat ihn der Oesterreicher Vargha mit begeisterten Worten gepriesen (Die Abschaffung der Strafknechtschaft [1896] I, 130). Allerdings fehlte es auch hier nicht an Polemik, insbesondere F. Carrara und A. Buccellati sind seinen Ausführungen über italienische Strafrechtswissenschaft (in der Rivista penale II, 273 ff.) scharf entgegengetreten. (Die Entgegnungen von Carrara [ebenda V, 148 ff.) und Buccellati [ebenda IX, 273 ff.) sind rein polemisch und befassen sich mit den Arbeiten von R. im allgemeinen nicht, enthalten namentlich keinerlei Gesammtwürdigung seiner wissenschaftlichen Persönlichkeit. Die Anführung dieser Artikel bei Teichmann a. a. O. ist deshalb nicht ganz gerechtfertigt.)

    Röder's litterarische Thätigkeit war sehr ausgedehnt; außer seinen selbständig erschienenen Schriften hat er in wissenschaftlichen und populären Zeitschriften des In- und Auslandes zahlreiche Abhandlungen veröffentlicht. Auch in der Tagespresse hat er sich häufig vernehmen lassen. Ein kurzer Nekrolog, der unmittelbar nach seinem Hinscheiden in der (Augsburger) Allgemeinen Zeitung (Nr. 358, 24. Dec. 1879, S. 5272) erschien, erwähnt, daß R. ein eifriger Mitarbeiter des Blattes gewesen sei, und daß ein am 28. u. 29. November 1879 in der „Beilage“ erschienener Artikel: „Zur Geschichte der Kämpfe Spaniens um seine geistige Wiedergeburt“ aus Röder's Feder stammte.

    • Literatur

      Eine größere biographische Arbeit über Röder ist nicht vorhanden. Kurze Skizzen geben Strauch in v. Weech, Badische Biographien III, 130 bis 132, v. Lilienthal in: Heidelberger Strafrechtslehrer, 1903, S. 36—38 (Heidelberger Professoren aus dem XIX. Jahrhundert. Heidelberg 1903. I, 238 f.) Der Artikel von Teichmann a. a. O. enthält im wesentlichen bibliographische Angaben.

  • Autor/in

    K. v. Lilienthal.
  • Zitierweise

    Lilienthal, Karl von, "Röder, Karl David August" in: Allgemeine Deutsche Biographie 55 (1910), S. 590-591 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116580623.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA