Lebensdaten
1759 – 1840
Geburtsort
Winterthur
Sterbeort
Winterthur
Beruf/Funktion
schweizerischer Politiker ; Schriftsteller
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 116572167 | OGND | VIAF: 287467066
Namensvarianten
  • Hegner, Johann Ulrich
  • Hegner, Ulrich
  • Hegner, Johann Ulrich
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Hegner, Ulrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116572167.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Heinrich (1715–82), Dr. med., Stadtarzt in W., S d. Hans Ulrich (1682–1735), Dr. med., Stadtrichter u. Großrat in W., u. d. Anna Barbara Schellenberg;
    M Elisabeth (1719–1810), T d. Hans Ulrich Hegner (1685–1773), Stadtrichter u. Großrat in W., u. d. Anna Katrina Künzli;
    Winterthur 1785 Elisabetha (1759–1830), T d. Jakob Sulzer (1728–85), Stadtrichter u. Großrat in W., u. d. Elisabeth Sulzer; kinderlos; Adoptiv-K.

  • Biographie

    H. ist vielleicht die bemerkenswerteste Gestalt Winterthurs im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert Seine Wirksamkeit reichte weit über die Heimatstadt hinaus. Aus Pflichtbewußtsein stand er seinen Mitbürgern in einer politisch bewegten Zeit zur Seite und hatte zugleich das Bedürfnis, seine bedeutenden historischen und kulturellen Ansichten einem weiteren Freundeskreis mitzuteilen. Trotzdem galt H. als eine in sich gekehrte Natur, als ein Beobachter der großen Ereignisse, ohne sich von ihnen mitreißen zu lassen. – Nachdem er gegen seinen Willen von 1776-81 in Straßburg Medizin studiert und sich die Doktorwürde erworben hatte, kehrte H. nach einer Reise durch Deutschland in seine Vaterstadt zurück und übernahm – ohne den Beruf des Arztes auszuüben – die Stelle eines Landschreibers der Landvogtei Kiburg. Dieses Amt, das sich seit 1525 in der Familie vererbt hatte, übte er bis zum Zusammenbruch der alten Eidgenossenschaft 1798 aus. Der Neuordnung der politischen Verhältnisse innerhalb der Eidgenossenschaft und des Kantons Zürich stand er ohne Begeisterung gegenüber, anerkannte aber ihre Notwendigkeit. Darum übernanm er auf Wunsch seiner Mitbürger verschiedene Ämter: 1798-1801 war er Mitglied des neu geschaffenen Kantonsgerichtes in Zürich und lebte dort bei seinem Freunde Johann Caspar Lavater. 1805-14 war er Friedensrichter und zugleich Mitglied des Stadtrates von Winterthur. 1814 kehrte er in die kantonale Politik zurück: wenige Monate als Mitglied des Kleinen Rates (kantonale Exekutive) und bis 1829 als Mitglied des Großen Rates (kantonale Legislative). Zunehmendes Alter und die Erkenntnis, daß die ihm nicht zusagende Demokratisierung der politischen Institutionen des Kantones nicht aufzuhalten sei, ließen ihn vollständig aus dem öffentlichen Leben ausscheiden.

    Wichtiger für die Nachwelt wurde H. als Schriftsteller, Bibliothekar und Sammler. Er versah 1789-1834 die Stelle des Winterthurer Stadtbibliothekars; sein Verdienst bestand in der Neugestaltung dieser etwas heruntergekommenen städtischen Institution und in der Herausgabe heute sehr gesuchter Neujahrsblätter, die sich in Wort und Bild mit der Geschichte der Schlösser und Dörfer in der näheren Umgebung der Stadt befaßten Sein persönliches künstlerisches Schaffen ist in der Hauptsache in seinen Gesammelten Schriften enthalten, die 1828-30 in 5 Bänden in Berlin erschienen. An erster Stelle stehen seine beiden Romane „Die Molkenkur“ (1812, Neuausgabe 1959) und „Salys Revolutionstage“ (1814). Der erste Roman, dessen Schauplatz das Appenzeller Dorf Gais ist, setzt sich kritisch mit der Überschwenglichkeit und Empfindsamkeit, mit dem Unechten der eigenen Zeit auseinander; im zweiten versucht H., ein Bild der politischen Umgestaltungen seiner Zeit zu geben; doch wird mit Recht darauf hingewiesen, daß dem Werk die Unmittelbarkeit des Ausdruckes fehle, weil sich der Autor zu sehr als Beobachter, nicht als Mitstreiter in der großen Auseinandersetzung fühle. Der Roman „Suschens Hochzeit“ (1819), eine Fortsetzung der „Molkenkur“, wurde nicht in die Gesammelten Schriften aufgenommen, da er nicht an die beiden ersten heranreicht. Dagegen sticht unter den Reisebeschreibungen „Auch ich war in Paris“ (1803/04, Neuausgabe 1959) hervor; sie zeigt den ausgezeichneten Beobachter politischer und kultureller Zustände. Dazu gesellen sich H.s Betrachtungen über künstlerisch und literarisch bedeutende Persönlichkeiten; besonders erwähnenswert sind „Hans Holbein der Jüngere“ (1827) und „Beiträge zur näheren Kenntnis und wahren Darstellung Johann Kaspar Lavaters“ (1836), eine bemerkenswert objektive Würdigung dieser viel umstrittenen Persönlichkeit. – Die mannigfachen Beziehungen in die Nähe und Ferne trugen H. viele Freundschaften ein; diese fanden in weitgesponnenen Korrespondenzen, die heute zum großen Teil noch erhalten sind und teilweise publiziert wurden, ihren Niederschlag.

  • Werke

    W Verz. in: H. Schollenberger, Grundriß z. Gesch. d. dt.-schweizer. Dichtung I, 1789-1830, 1919, S. 71 f. (L); - H.s Nachlaß:
    Tagebücher, Selbstbiogr., Briefe etc. in d. Stadtbibl. Winterthur.

  • Literatur

    ADB XI;
    M. Rychner, Rückblick auf 4 Jhh., 1925, S. 115 (L, P);
    E. Ermatinger, Dichtung u. Geistesleben d. dt. Schweiz, 1933, S. 137 ff.;
    R. Hunziker, Briefe d. Malers J. J. Biedermann an U. H., in: Neuj.bl. d. Hülfsges. Winterthur, 1936;
    ders., Ludwig Vogel u. U. H., ihr Briefwechsel, ebd. 1937 u. 1939;
    ders., in: Jb. d. Literar. Vereinigung Winterthur, 1943;
    ders., Aus Winterthurs Kulturgesch. im 19. u. 20. Jh., = 26. Gabe d. Literarischen Vereinigung Winterthur 1957;
    W. Ganz, U. H.s Stellung z. Pol., in: Für d. Sonntag, Beibl. d. Neuen Winterthurer Tagbl. 1940, Nr. 2 u. 3;
    E. Dejung, U. H. u. d. Stadtbibl., ebd. 1940, Nr. 2;
    ders., U. H., in: Winterthurer Jb., 1959;
    ders., 300 J. Stadtbibl. Winterthur, in: Neuj.bl. d. Stadtbibl. Winterthur, 1960;
    H. Kläui, Über d. Ahnen U. H.s, in: Landbote 1959, Nr. 275 u. 276;
    HBLS (P);
    Goedeke VI, S. 489 ff. (W, L), XII, S. 88-91 (L);
    Kosch, Lit.-Lex. (W, L).

  • Porträts

    3 Ölgem. v. D. Sulzer (2 im Bes. d. Stadtbibl. Winterthur, 1 Winterthur, Heimatmus.), Abb. in: Zürcher Taschenbuch 1888 u. Neues Winterthurer Tagbl. 1959, Nr. 31;
    Temperabild (in Privatbes.).

  • Autor/in

    Werner Ganz
  • Zitierweise

    Ganz, Werner, "Hegner, Ulrich" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 235-236 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116572167.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hegner: Joh. Ulrich H., geb. zu Winterthur am 7. Februar 1759, gest. daselbst am 3. Januar 1840, Schriftsteller und Dichter. Aus einem angesehenen Winterthurer Bürgergeschlechte stammend, der Sohn des dortigen Stadtphysicus, war H. von dem Vater gleichfalls für den Beruf eines Arztes bestimmt und er wurde, nach einer eigenthümlich abgeschlossenen, streng häuslichen Erziehung, welche aber der Leselust und der daraus sich nährenden geistigen Regsamkeit doch freien Raum ließ, 1775 auf die Universität Straßburg gebracht. Ohne Lust zu den ihm vorgeschriebenen Studien und ohne rechte Concentration in seiner Beschäftigung, erwarb er sich da doch 1780 den Doctorhut, nachdem er noch in der letzten Zeit seines Aufenthaltes von dem durch Goethe bekannt gewordenen Actuar Salzmann allerlei Förderung gewonnen hatte. Nach Hause zurückgekehrt, empfing er in der Ausübung der Praxis neben dem Vater keine höhere Schätzung seines Berufes, und so übernahm er, ohne dabei Winterthur verlassen zu müssen, 1786 die amtliche Stellung des Landschreibers unter dem zürcherischen Landvogte in dem äußeren Theile der ausgedehnten Grafschaft Kiburg, die in seiner Familie so zu sagen erblich war. Wohl hauptsächlich der in den 11 Jahren der Amtsführung erworbene Name verursachte, daß der keineswegs demokratisch gesinnte Städter doch im April 1798 unter der neuen helvetischen Ordnung als zürcherischer Kantonsrichter erwählt wurde. In Zürich nahm H. nun seine Wohnung bei dem berühmten Theologen Lavater, mit dem er schon längere Zeit bekannt war. Damals entstand auch, als er, selbst zu keiner ausgesprochenen Partei zählend, mitten unter Anhängern des Alten und Neuen stand, der Plan zu seiner ersten litterarischen Arbeit, dem allerdings erst 1814 erschienenen, als Gesammtschöpfung mißglückten, im Einzelnen trefflichen Zeitbilde: „Saly's Revoluzionstage“. Anfang 1801 trat H. aus der Behörde aus und benutzte im gleichen Jahre seine Muße zu einer Reise. Vorher hatte ihn Rom angezogen; aber „die besten Kunstwerke, der Hauptgegenstand der Reise, waren von der großen Nation hinwegerobert worden“, und so folgte H. denselben nach der Stadt, welche durch den ersten Consul immer mehr Hauptstadt Europa's werden zu sollen schien. Die drei Bändchen des „Auch ich war in Paris“ (1803—4) legten den feinen Kunstgeschmack, die geschickte Beobachtungsgabe und die sprachliche Gewandtheit des Verfassers schon klar vor die Augen; daneben findet der kundige Leser besonders im ersten Theile eine Fülle trefflicher theils humoristisch gefärbter, theils von hohem sittlichen Ernste durchdrungener Bemerkungen über die zur Zeit der Reise zweifelhaften politischen Zustände des Heimathlandes. Darnach lebte H., Anerbietungen zu politischer Bethätigung sehr bestimmt ablehnend, wieder längere Zeit ganz zurückgezogen in Winterthur. In einer für sein Wesen äußerst bezeichnenden Weise wies er 1803, als er unter der neu eingeführten Mediationsverfassung nur als Bezirksrichter und nicht, wie er erwartete, als Präsident des Winterthurer Bezirksgerichts erwählt wurde, diese Wahl in unverblümter Zuschrift ab, wobei er in einem im weiteren Verlaufe an den ersten Staatsschreiber gerichteten Schreiben in Bezug auf jene von Zürich aus nicht angenommene erste Eingabe sagte, er könne darin nichts finden, das nicht „unter einer freyen, kaum begonnenen Regierung mit Anständigkeit gesagt werden dürfte“. Seinem Freunde, Meyer von Knonau, der H. sehr gerne wieder in die öffentlichen Geschäfte gezogen wissen wollte, schrieb er in diesen Tagen: „Soll nun meine politische Laufbahn ein Ende haben, so sey es; der Mensch ist nicht um der Politik willen in der Welt. Epikur wußte sich in seinem Garten Ehre und Glück zu schaffen; ich habe auch einen Garten“. Seit 1805 Mitglied des Winterthurer Stadtrathes, bald auch in der ihm noch zumeist zusagenden Stellung eines Friedensrichters, ökonomisch völlig unabhängig, lebte H. ganz seinen Studien, deren Früchte nach einigen Jahren zu Tage traten. Denn „als die Fülle seines Geistes, seine feine Beobachtung der Menschen und eine rege Laune einen Schatz von Ideen in seinem Innern gesammelt hatten, die er nicht mehr zu verschließen vermochte und deren Zurückhaltung dem Vergraben reicher Kostbarkeiten gleich zu achten gewesen wäre, trat er in einer Reihe von Schriften auf, die sein hohes Talent beurkunden": — so sagt der unten zu erwähnende Nekrolog. Nach kleineren Stücken, einer 1805 in der Monatsschrift Isis herausgegebenen Reisebeschreibung in das Berner Oberland, biographischen Arbeiten (worunter besonders eine 1807 als Neujahrsblatt der Züricher Künstlergesellschaft erschienene treffliche Charakteristik des 1806 verstorbenen vorzüglichen Winterthurer Malers Johann Rudolf Schellenberg, dessenoriginelle Art hier höchst lebenswahr gezeichnet wurde) kam 1812 der erste Theil vom Hauptwerke Hegner's, der „Molkenkur", an deren zwei Hälften erst 1819 mit „Suschens Hochzeit" der dritte abschließende Band, das Ganze vollendend, sich anreihte. An Bedeutung tritt hinter den einzelnen Vorzügen das Ganze der Dichtung, die Fügung des Romanes, allerdings zurück: — der Hauptreichthum liegt in der meisterhaften Schilderung und Auffassung von Land und Leuten — Hauptschauplatz ist des Verfassers Lieblingsaufenthalt zur Sommerszeit, der Appenzeller Kurort Gais —, in den sehr feinen Urtheilen über schweizerische Art, welche einem anfangs mit Unlust, dann mit immer größerem Interesse beobachtenden norddeutschen Briefschreiber in den Mund gelegt sind; doch fehlt es auch nicht an einzelnen wahrhaft poetischen Abschnitten, wovon besonders die Erzählung von der Reise nach dem Sonnenaufgange im dritten Theile Zeugniß ablegt. Noch viel weniger konnte als Ganzes das endlich 1814 erschienene, im Einzelnen treffliche Charakteristiken bietende Zeitbild von 1798 befriedigen, das schon erwähnt ist; vollends der Schluß dieser Geschichte „Saly's des Holzhackers“ gewann erst in der Umarbeitung für die gesammelten Werke 1828, nach des Autors eigener Ansicht, „ein gefälligeres Ende“. Noch ein Mal war inzwischen H. in das öffentliche Leben getreten, hatte 1814 beim Beginne der Restaurationszeit einige Monate dem neugewählten kleinen Rathe angehört, aber bald, da er sich nicht wohl in seiner Stellung fühlte, nach Winterthur sich wieder zurückgezogen, wo der kinderlose Mann, der sich aber durch Adoption eine Familie geschaffen hatte, allein seinen Studien, daneben einigen gemeinnützigen Bestrebungen, so weit man in engen Verhältnissen seinen Rath hören mochte, besonders der Förderung der öffentlichen Bibliothek lebte. In diese späteren Jahre fällt eine ausgezeichnete Schilderung einer Rigi-Reise, „Berg-, Land- und Seereise“, 1818 erschienen; vornehmlich aber wies die 1816 gemachte Reise nach München — deren Tagebuch in den gesammelten Schriften — in deutlichster Weise schon auf ein in Vorbereitung befindliches kunstwissenschaftliches Werk des ebenso eifrigen, als verständnißvollen Forschers und Sammlers. Abgesehen davon, daß H. noch mehrmals Künstlerbiographien in die Neujahrsblätter der Züricher Künstlergesellschaft gegeben hatte, so 1815 des Winterthurers Anton Grass (s. d. Art.), ließ er 1827: „Hans Holbein der Jüngere“ (Berlin) erscheinen: wie die Anregung durch die Holbein’schen Werke der Basler Sammlung gegeben war, so lag natürlich das Hauptverdienst in der Darstellung und Würdigung des Antheiles der Schweiz an dem großen deutschen Meister, und hier hat H. sehr Vieles in höchst anerkennenswerther Weise bereits festgestellt, so daß sein Buch auch neben den allerdings viel weiter gediehenen Forschungen der neuesten Jahre eine bleibende der Beachtung würdige Leistung auf dem Entwickelungsgange der deutschen Kunstgeschichte sein wird. Daneben benutzte H. auch fortwährend, von 1810 an bis 1834, gerne die Gelegenheit, in den anfangs nur auf ein Blatt sich beschränkenden, seit 1826 auf ein Heft erweiterten Texten zu den Winterthurer Neujahrsblättern, in den Erläuterungen zu den abgebildeten Schlössern und anderen bemerkenswerthen Oertlichkeiten im nördlichen Theile des Kantons Zürich, geschichtliche Belehrungen, da und dort jedoch auch treffende oft scharfe persönliche Bemerkungen in weitere Kreise zu verbreiten. Von 1828—30 kamen dann bei G. Reimer in Berlin in fünf Bänden „Hegner's gesammelte Schriften“ heraus. Sie enthalten, theilweise etwas umgestaltet, die schon erwähnten belletristischen und Reiseschriften, dann gesammelte Gedichte — wol die schwächste Seite des Meisters der Prosa —, sowie vielfach sehr bemerkenswerthe „aus früheren Papieren gezogene Gedanken, Meynungen, Urtheile“. Zum letzten Male trat H. 1836 mit den „Beiträgen zur näheren Kenntniß und wahren Darstellung Johann Kaspar Lavater's“ litterarisch , welche nach einer interessanten Auswahl von Briefen und Brieffragmenten den meisterhaften Versuch einer Charakteristik Lavater's: „Etwas von seinem Leben und Wirken“ mittheilen. H. hatte den Geschilderten genau gekannt und wollte hier „Wahrheit, erweisliche Wahrheit“ geben: „Nur dem Nimbus bin ich gram“ — schrieb er über das Buch seinem Freunde Meyer von Knonau — „der keinem Menschen wohl anstehet, und sollte ich, wo so viel Kraft vorherrschet, nicht von der Schwachheit reden dürfen? Die blinden Anhänger Lavater's achten, weil ihnen die Täuschung genommen wird, um so viel weniger auf das überwiegende Gute, Schöne, Reinmenschliche, was da von ihm gesagt ist“. — Nicht geradezu verdrossen oder verbittert, aber doch immer mehr sich einspinnend, verlebte H., der, mochte er es nicht zugestehen, stets zur Hypochondrie Anlage gehabt hatte, seine letzten Jahre. Schon jetzt zählen die Schriften des feinen Humoristen zu jenen Erzeugnissen, für deren Würdigung der gegenwärtigen Leserwelt, freilich zu ihrem eigenen Schaden voran, infolge einer gewissen Uebersättigung die verständnißvolle Erkenntniß zumeist abgeht.

    • Literatur

      Vgl. einen (sehr wahrscheinlich von L. Meyer von Knonau verfaßten) Nekrolog in der Neuen Zürcher Ztg. vom 8. Jan. 1840 (Nr. 4). Von Hegner's Jugend- und Studienjahren gab J. Melch. Ziegler eine treffliche Zeichnung (mit vorzügl. Portr., von Amsler), im Winterthurer Neuj.-Bl. v. 1855. Ganz werthlos ist das inhaltsarme Büchlein: Erinnerungen an Hegner (Winterthur 1843). Neuestens im Zürcher Taschenbuch v. 1879: Aus dem Briefwechsel zwischen Ulrich Hegner und Ludwig Meyer von Knonau (S. 162 bis 228), v. Verf. d. Art.

  • Autor/in

    Meyer von Knonau.
  • Zitierweise

    Meyer von Knonau, "Hegner, Ulrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 288-291 unter Hegner, Johann Ulrich [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116572167.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA