Lebensdaten
1773 – 1861
Geburtsort
Wolkenburg (Erzgebirge)
Sterbeort
Wolkenburg (Erzgebirge)
Beruf/Funktion
sächsischer Minister ; Eisenindustrieller
Konfession
lutherisch?
Normdaten
GND: 116425415 | OGND | VIAF: 15519495
Namensvarianten
  • Einsiedel, Detlev Graf von
  • Einsiedel, Detlev von

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Einsiedel, Detlev Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116425415.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Detlev Karl s. (2);
    M Sidonie Albertine Gfn. zu Schönburg-Lichtenstein;
    Dresden 1800 Joh. Frieder. Luise (1773–1832), T des Albr. Ludw. Gf. v. der Schulenburg-Klosterrode, sächsischer Geh. Kammer- u. Bergrat;
    1 T.

  • Biographie

    Einsiedel besuchte die Kreuzschule in Dresden und studierte seit 1790 in Wittenberg, wo er mit dem Dichter Novalis befreundet war. 1794 wurde er in Dresden Supernumerar-Amtshauptmann im Meißnischen Kreis, daneben 1795 Supernumerar-Obersteuereinnehmer und 1797 Kammerherr. Seit 1801 war E. Geheimer Finanzrat und 1809 Kreishauptmann des Meißnischen Kreises. Auf seine Anregung wurde 1810 die sächsische Gendarmerie eingerichtet. 1811-12 war er an Vorbereitungen zu einem neuen Abgabensystem führend beteiligt. Nach dem Tode des G. W. Graf Hopffgarten wurde E. auf Vorschlag des F. Ch. L. Graf Senfft-Pilsach am 14.5.1813 Kabinettsminister und Staatssekretär der inneren und am 18.5. nach Senffts Entlassung auch der auswärtigen Angelegenheiten, überließ aber letztere weitgehend dem Legationsrat F. L. Breuer. Während der Völkerschlacht bei Leipzig befand sich E. im Gefolge seines Königs und begleitete den Gefangenen nach Berlin. Hier sowie später in Preßburg und Wien verhandelte er mit den Großmächten, bis Friedrich August I. 1815 in das stark verkleinerte Sachsen zurückkehren konnte. 1815-19 hatte E. an dem schwierigen Ausgleich mit Preußen wesentlichen Anteil. Er verringerte nach 1815 den Verwaltungsaufwand Sachsens und ordnete die durch die Kriege Napoleons tief zerrütteten Staatsfinanzen, so daß das Land zu neuem Wohlstand aufblühte. Dem klugen Rechner und konservativen Beamten fehlte es jedoch an Genialität, an Wendigkeit und an Verständnis für allen politischen Fortschritt. Er verstärkte seine Macht noch, indem er 1817 die ihm widerstrebende oberste Landesbehörde, das Geheime Konsilium, zu einem fast nur noch beratenden Geheimen Rat herabdrückte. Von 1827 an war der politisch unerfahrene, hochbetagte König Anton völlig auf seinen Rat angewiesen. Wiederholte Anträge der Stände auf Vorlage vollständiger Staatshaushaltübersichten und auf andere Reformen wies E. in selbstbewußtem Ton zurück. Er wurde dadurch allgemein verhaßt, zumal er auch seine hohe Stellung zur Förderung seiner industriellen Unternehmungen benutzte und oft Unwürdige oder ausländische Pietisten begünstigte. Die Unruhen in Dresden im September 1830 und die gleichzeitige Auflehnung der Geheimen Räte gegen die Kabinettsregierung führten daher zum Sturz des Ministers.

    E. widmete nun seine ganze Kraft dem Ausbau der Industriewerke, deren Leitung er vom Vater 1804 übernommen hatte und die er 1840 in die „Gewerkschaft der gräflich Einsiedelschen Eisenhütten“ umwandelte. Obwohl er durch engherzige Rentabilitätsinteressen der übrigen Gewerken behindert wurde, förderte er den Ausbau durch die Aufstellung neuer Öfen und durch den Erwerb des von dem Industriellen von Schönberg in Riesa nach dem Bau der Eisenbahn Dresden-Leipzig errichteten Stahl- und Walzwerks. Er meisterte die schwierigen Probleme, die sich aus der allmählichen Erschöpfung der bodenständigen Erzbasis ergaben, befaßte sich mit der Verbesserung des Hochofenprozesses und des Frischverfahrens. Als einer der ersten in Sachsen führte er insbesondere das System der Winderhitzer, der Verwertung der Gichtgase und das Generatorgasverfahren ein. Aus den eigenen Reparaturwerkstätten entwickelte er einen vielseitigen Maschinenbau. Mit seinen technischen und wirtschaftlichen Interessen verband E. Weitblick in der Ausbildung fähigen Nachwuchses durch Errichtung von Schulen und Förderung des Studiums begabter junger Leute.

    Wenn E. das schwierige Problem, das sich aus der zunehmenden Verdrängung des relativ teuren Holzkohleneisens durch das billigere, mit Steinkohlenkoks erzeugte Roheisen ergab, auch nicht mehr lösen konnte, so blieben doch trotz der Krise, in die das Werk nach seinem Tode verfiel, seine und seines Vaters Verdienste weiterhin wirksam. Sie sind in der industriellen Erschließung eines von der Natur nicht reich ausgestatteten Raumes und in der Schaffung der Grundlagen zu erblicken, auf denen später in Gestalt der Linke-Hoffmann-Lauchhammer-Werke und Mitteldeutschen Stahlwerke wichtige Repräsentanten der mitteldeutschen Eisenindustrie erstanden, die für die Versorgung der weiterverarbeitenden Industriezweige von größter Bedeutung sind.

    Aus pietistischer Familie stammend, war E. ein Führer der sächsischen Erweckungsbewegung, die den in der lutherischen Kirche herrschenden Rationalismus zu überwinden suchte. Er war seit 1825 Präsident der Bibelgesellschaft und gehörte dem Komitee des Missionsvereins an. Das Fletchersche Schullehrerseminar und die Diakonissenanstalt in Dresden förderte er als deren Vorsteher durch Stiftungen.

  • Literatur

    (z. T. auch f. V Detlev Karl) ADB V;
    K. v. Weber, in: Archiv f. sächs. Gesch. 1, 1863, S. 50-116, 129-93 (L);
    E. Johnson, Zur Lebensgesch. d. Kabinettsmin. D. Gf. v. E., in: NA f. sächs. Gesch. 12, 1891;
    H. Schlechte, F. L. Breuer, ebd. 61, 1940, S. 21;
    W. v. Boetticher, Gesch. d. Oberlausitzer Adels u. s. Güter I, 1912;
    200 J. Lauchhammer 1725-1925, 1925 (P);
    K. Hennig, Die sächs. Erweckungsbewegung im Anfang d. 19. Jh., 1929, S. 150-62;
    F. Redlich, A German Eighteenth Century Iron Works during its first 100 years, in: Bull, of the Business Historical Society 27, Boston 1953, Nr. 2-4.

  • Porträts

    in: A. v. W[elck], Dem Gedächtnis d. Conferenzmin. D. C. Gf. v. E.u. s. Kinder, 1940.

  • Autor/in

    Walter Döring, Gerhard Schmidt
  • Zitierweise

    Döhring, Walter; Schmidt, Gerhard, "Einsiedel, Detlev Graf von" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 400-401 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116425415.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Einsiedel: Detlev, Graf v. E., sächsischer Cabinetsminister, geb. 12. Oct. 1773 zu Wolkenburg als Sohn des Obersteuerdirectors Graf Detlev Karl v. E. aus dessen Ehe mit Sidonie Albertine v. Schönburg-Lichtenstein. Seit 1806 Kreishauptmann des meißnischen Kreises, in welcher Stellung er während der Kriegsdrangsale Gelegenheit fand sich als tüchtigen Verwaltungsbeamten zu bewähren, wurde er im Mai 1813 nach dem Tode des Grafen Hopfgarten zum Cabinetsminister und Staatssecretär der inländischen Angelegenheiten sowie der militärischen und Wirthschaftssachen, nach der Entlassung des Grafen Senfft-Pilsach auch zu dem der auswärtigen Angelegenheiten ernannt. Als solcher befand er sich während der Leipziger Schlacht in der unmittelbaren Umgebung des Königs Friedrich August und begleitete hierauf den Gefangenen nach Berlin und Friedrichsfelde. In seiner Hand liefen hier die Fäden der geheimen auf die Wiederherstellung des Königs abzielenden Verhandlungen zusammen. Im März 1815 folgte er demselben nach Preßburg, um von dort und in Wien die Unterhandlungen zu leiten, welche mit der Wiedereinsetzung des Königs in das verkleinerte Sachsen ihren Abschluß fanden. Nach der Rückkehr in dieses erwarb er sich zwar durch Verwaltungsgeschick und Unermüdlichkeit in den Geschäften um das zerstückte und verarmte Land das Verdienst, die Ordnung in verhältnißmäßig kurzer Zeit wiederherzustellen und durch zweckmäßige Maßregeln den verschwundenen Wohlstand zurückzuführen, auch die Auseinandersetzung mit Preußen zu befriedigendem Abschluß zu bringen, zugleich aber erhob er die Feindschaft gegen allen politischen Fortschritt zur obersten Regierungsmaxime und übertrug die Enge seines eigenen Horizontes auf das gesammte Staatswesen. Seitdem es ihm 1817 gelungen war, die bisherige oberste Landesstelle, das geheime Consilium, zu beseitigen und durch einen nur mit berathenden Befugnissen ausgestatteten geheimen Rath zu ersetzen, concentrirte er die ganze Regierungsgewalt in seiner Person, in noch höherem Maße war dies unter Friedrich Augusts I. alterschwachem Nachfolger Anton der Fall, zugleich aber machte er sich durch seinen zähen Widerstand gegen jede zeitgemäße Reform, sein willkürliches Polizeiregiment, durch Nepotismus und Begünstigung einer äußerlichen und scheinheiligen Kirchlichkeit, endlich auch durch den Vorwurf des Mißbrauchs seiner amtlichen Stellung zu Gunsten seiner großen industriellen Unternehmungen bei Hoch und Niedrig so sehr zum Gegenstande des allgemeinen Hasses, daß sein Sturz eine der ersten Wirkungen des mit den Dresdner Unruhen im September 1830 eintretenden Umschwunges war. Er 20. März 1861.

    • Literatur

      A. v. Weber, Detlev Graf v. Einsiedel, Königl. Sächs. Cabinetsminister im Archiv für sächsische Geschichte Bd. I. 58 ff.

  • Autor/in

    Flathe.
  • Zitierweise

    Flathe, Heinrich Theodor, "Einsiedel, Detlev Graf von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 760-761 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116425415.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA