Lebensdaten
1831 – 1889
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Freiburg (Breisgau)
Beruf/Funktion
Mathematiker
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 1012183734 | OGND | VIAF: 29635662
Namensvarianten
  • Bois-Reymond, David Paul Gustave du
  • Du Bois-Reymond, Paul
  • Bois-Reymond, David Paul Gustave du
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Zitierweise

Du Bois-Reymond, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1012183734.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    B Emil s. (1);
    Tübingen 1875 Henriette (1842–1909), T des Gutsbesitzers Fritz Massute in Straußberg;
    S Pascal (* 1876), Schauspieler.

  • Biographie

    D. studierte zunächst Medizin in Zürich. Die in Königsberg durch C. G. J. Jacobi und F. Neumann begründete mathematische Schule bewog ihn jedoch, sich zum mathematisch Studium nach Königsberg zu begeben. 1859 promovierte er in Berlin, legte das Oberlehrerexamen ab und unterrichtete Physik und Mathematik am Friedrich-Werderschen Gymnasium. 1865 wurde er Privatdozent, 1868 außerordentlich Professor in Heidelberg. 1870 ging er als ordentlich Professor nach Freiburg i. Br., 1874 nach Tübingen und 1884 an die TH Berlin.

    D.s bedeutungsvollste Arbeiten sind der Theorie der unendlichen Reihen gewidmet, die er ausgebaut und erweitert hat. So sind einige Konvergenzkriterien für Reihen mit konstanten und mit veränderlichen Gliedern (Antrittsprogramm der Universität Freiburg, 1871) nach ihm benannt. Der von H. L. de Cauchy eingeführte Begriff der oberen und der unteren Häufungsgrenze ist erst durch ihn allgemein bekannt geworden (Allgemeine Funktionstheorie, 1882, französisch 1887), und die von ihm eingeführten Bezeichnungen für „asymptotisch gleich“ und „asymptotisch proportional“ sind zum geläufigen Bestand der Mathematik geworden. Von D. rührt der erste Versuch einer Systematisierung der allgemeinen Konvergenztheorie her, was später durch A. Pringsheim erfolgreich durchgeführt wurde. In der Theorie der Fourierreihen hat er als erster den Nachweis erbracht, daß es stetige Funktionen gibt, deren Fourierreihen divergieren (Göttinger Nachrichten, 1873, S. 571), andere Wissenschaftler zur Weiterentwicklung dieser Frage anregend. Auch hat er als erster die große und allgemeine Bedeutung des Begriffs der Derivierten einer Funktion für die Reihen- und Funktionenlehre ausdrücklich hervorgehoben und zu deren konsequenter Anwendung Anlaß gegeben. Diese Erweiterung der Differentialrechnung wurde zu einem der Grundpfeiler der modernen Theorie der reellen Funktionen im 20. Jahrhundert. In seinen Arbeiten über partielle Differentialgleichungen knüpfte D. an die Gedanken von G. Monge an, die er ausbaute und fortführte, um Aufschluß über die Eigenschaften der Integrale zu bekommen. In seinen mathematisch-philosophischen Arbeiten diskutierte er Begriffe wie Stetigkeit, Kontinuum, unbegrenzt, unendlich etc. (Annali di matematica, Serie 2, Band 4, 1871). Seine Einstellung brachte ihn in heftige Kämpfe gegen die damals aufkommenden arithmetischen Theorien der Irrationalzahlen.

  • Werke

    Btrr. z. Interpretation d. partiellen Differentialgleichungen mit drei Variablen, 1864; Eine neue Theorie d. Convergenz u. Divergenz v. Reihen mit positiven Gliedern, in: Journal f. d. reine u. angewandte Math. 78, 1873, S. 61-91: Versuch e. Classification d. willkürlichen Functionen reeller Argumente nach ihren Änderungen in d. kleinsten Intervallen, ebd. 79, 1875, S. 21-37;
    Über lineare partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung, ebd. 104, 1889, S. 241-301;
    Unterss. üb. d. Convergenz u. Divergenz d. Fourierschen Darstellungsformeln, in: Abhh. d. math.-physikal. Cl. d. Kgl. bayer. Ak. d. Wiss. XII, 2, 1876, S. 1-103; Über d. Grundlagen d. Erkenntnis in d. exakten Wiss., 1890 (aus d. Nachlaß, P).

  • Literatur

    L. Kronecker, in: Journal f. d. reine u. angew. Math. 104, 1889, S. 352-54;
    H. Weber, in: Math. Ann. 35, 1890, S. 457-69;
    C. v. Voit, in: SB d. math.-physikal. Cl. d. Kgl. bayer. Ak. d. Wiss. 20, 1890, S. 415-18;
    Pogg. III-V;
    CSP.

  • Autor/in

    Nikolaus Stuloff
  • Zitierweise

    Stuloff, Nikolai, "Du Bois-Reymond, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 148 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1012183734.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Du Bois: Paul D.-Reymond, Mathematiker, geboren am 2. December 1831 in Berlin, am 7. April 1889 in Freiburg. Solange das Fürstenthum Neuenburg einen Theil der preußischen Monarchie bildete, hat es begabte Söhne der nordischen Königsstadt zugeführt. Zu ihnen gehörte Felix Henri du Bois-Reymond, und bis zu einem gewissen Grade kann man auch seine beiden in Berlin geborenen Söhne Emil und Paul dazu rechnen, wenigstens insofern, als in beiden romanisches Blut floß, da auch die Mutter der sogenannten französischen Colonie in Berlin entstammte. Die Söhne wuchsen beidsprachig auf, was nicht hinderte, daß eine ausschließlich deutsche Gesinnung ihre politisch-nationalen Ansichten beherrschte. Paul besuchte überdies nach dem Französischen Gymnasium in Berlin noch eine Zeit lang das Collège in Neufchatel, dann das Gymnasium zu Naumburg, von wo er, abermals zwischen Deutschland und der Schweiz wechselnd, 1853 die Universität Zürich bezog, um dort Medicin zu studiren. Er verließ das gewählte Fach und die gewählte Hochschule, trotzdem er ebendort schon in Gemeinschaft mit seinem Freunde Adolf Fick eine werthvolle Untersuchung über den blinden Fleck im menschlichen Auge fertiggestellt und veröffentlicht hatte, und siedelte nach Königsberg über, wo die Anziehungskraft von Franz Neumann und von Richelot einen Kreis hervorragender Schüler der Mathematik vereinigte und fesselte. D.-R. war schon über 27 Jahre alt, als er 1859 in Berlin mit einer hydro-dynamischen Dissertation doctorirte und dort auch das Oberlehrerexamen ablegte, worauf er am Friedrich Werder'schen Gymnasium in Mathematik und Physik Unterricht ertheilte. Wieder um 6 Jahre später sehen wir ihn 1865 als Privatdocent in Heidelberg, wo er 1868 als außerordentlicher Professor charakterisirt wurde. Dann folgte er 1870 einem Rufe als ordentlicher Professor der Mathematik an die Universität Freiburg, von da 1874 einem ebensolchen nach Tübingen, 1884 einem abermaligen Rufe an die technische Hochschule in Charlottenburg. In den Osterferien 1889 war er im Begriffe eine Reise nach Neufchatel zu machen, als ein schon seit mehreren Jahren dauerndes Nierenleiden sich unterwegs in Freiburg plötzlich verschlimmerte und in kurzer Krankheit dort zum Tode führte. Du Bois-Reymond's Charakter war das eigenthümlichste Gemisch von einander geradezu widersprechenden Eigenschaften. Heiter und liebenswürdig, ein fröhlicher Zecher, geneigt zu scherzhafter Rede und Gegenrede, dann wieder aufs höchste empfindlich und verbissen, jede Meinungsverschiedenheit als Zeichen persönlicher Feindschaft auffassend; feinfühlend für die Schönheiten der Natur und der Kunst, in Anzug und Haltung jedem Schönheits- oder Ordnungsgefühle trotzend; zu Zeiten eine eiserne Arbeitskraft an den Tag legend, dann wieder ohne jede Arbeitsfreude; immer von augenblicklicher Stimmung getrieben, welcher er folgte, wohin sie auch führen mochte. Wenige seiner Freunde mögen sich nicht irgend eines Zerwürfnisses erinnern, welches irgend einmal zwischen ihnen eintrat, und welches, wenn D.-R. nachträglich sein Unrecht fühlte, damit endete, daß er, ohne ein Wort über das Vorgefallene zu äußern, den ersten Schritt that, der wieder zu dem alten Verhältniß führen konnte. Du Bois-Reymond's mathematische Leistungen verdienten und fanden hohe Anerkennung unter den Fachgenossen. Man kann sie in drei Gruppen zusammenfassen: Arbeiten über partielle Differentialgleichungen, über Fourier’sche Reihen und Reihenconvergenz überhaupt, über mathematisch-philosophische Fragen. Die Arbeiten der ersten Gruppe rahmen die übrigen ein. Ihnen gehören die Schrift „Beiträge zur Interpretation der partiellen Differentialgleichungen mit drei Variabeln. I. Heft: Die Theorie der Charakteristiken“ (1864), ihnen gehört die letzte Abhandlung im 104. Bande von Crelle's Joural „Ueber lineare partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung“ (1888) an. D.-R. knüpft an Gedanken Monge's an, die er, sie erweiternd fortführt, um Aufschluß über Inhalt und Bedeutung einer partiellen Differentialgleichung und ihrer Integrale zu erhalten. Am fruchtbarsten haben die Arbeiten der zweiten Gruppe sich erwiesen, deren wichtigste in der 2. Abtheilung des XII. Bandes der Abhandlungen der Bairischen Akademie (1876) den Titel führt „Ueber den gegenwärtigen Stand der Convergenzfrage der Fourier’schen Darstellungsformeln“. Ausgehend von einem Mittelwerthsatze für bestimmte Integrale, der unabhängig von einander durch Weierstraß und durch D.-R. aufgefunden, aber von letzterem in voller Allgemeinheit bewiesen wurde und deshalb seinen Namen führt, hat er gezeigt, was bis dahin gänzlich unbekannt war, daß die Fourier’sche Reihe nicht unter allen Bedingungen convergire. D.-R. hat nämlich eine zwar stetige aber mit unendlich vielen Maximis und Minimis behaftete Function gebildet, deren Fouriersche Entwicklung divergirt. Es gehörte zu seinen Methoden, die Unrichtigkeit allgemeiner Behauptungen durch das Aufzeigen ihnen widersprechender Beispiele an den Tag zu legen. Zu der dritten Gruppe von Arbeiten kann man bis zu einem gewissen Grade den in den Annali di matematica Serie 2, Band 4 gedruckten Aufsatz „Sur la grandeur relative desinfinis des fonctions“ (1871) rechnen, ferner den im Nachlasse aufgefundenen Aufsatz „Ueber die Grundlagen der Erkenntniß in den exacten Wissenschaften“, endlich und hauptsächlich den Band: „Die allgemeine Functionentheorie I. Theil. Metaphysik und Theorie der mathematischen Grundbegriffe: Größe, Grenze, Argument und Function“ (1882), welcher 1887 auch in einer von G. Milhaud und A. Girot unter Mitwirkung und mit Zusätzen des Verfassers angefertigten französischen Uebersetzung erschien. Ein Idealist und ein Empirist streiten in diesem Buche in Gesprächform über den Begriff der Stetigkeit, über den Unterschied zwischen unbegrenzt und unendlich u. s. w. Das Urtheil über diesen Band, dem die zugesagte Fortsetzung, welche die eigentlichen Ergebnisse hätte bringen müssen, nicht gefolgt ist, gehen sehr weit auseinander. Vielleicht ist D.-R. selbst allmählich von der hohen Meinung, welche er zuerst von diesem seinem Geisteskinde hegte, zurückgekommen, wenigstens hat er wiederholt ausgesprochen, daß|die Ergebnisse in allzu ungünstigem Verhältnisse zu der aufgewandten Zeit und Arbeit stehen.

    • Literatur

      Vgl. Heinrich Weber, Paul du Bois-Reymond in den Mathematischen Annalen, Band 35, S. 457—469 (1889). — J. Lüroth, Referat über Du Bois-Reymond, die allgemeine Functionstheorie in der Zeitschrift für Mathematik und Physik, Band 28, Historisch-litterarische Abtheilung S. 179—181 (1883).

  • Autor/in

    Cantor.
  • Zitierweise

    Cantor, Moritz, "Du Bois-Reymond, Paul" in: Allgemeine Deutsche Biographie 48 (1904), S. 126-128 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1012183734.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA