Lebensdaten
1861 – 1939
Geburtsort
Lichtenau (Westfalen)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Astronom
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 116198095 | OGND | VIAF: 23617398
Namensvarianten
  • Archenhold, Friedrich Simon Sigismund
  • Archenhold, Friedrich
  • Archenhold, Friedrich Simon Sigismund
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Zitierweise

Archenhold, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116198095.html [25.04.2024].

CC0

  • Simon Archenhold hatte als engagierter Volksbildner großen Anteil an der Popularisierung der Astronomie in Deutschland um 1900. Als Gründer und Direktor der Volkssternwarte in Berlin-Treptow, die 1946 nach ihm benannt wurde, setzte er vielfältige Impulse, die von Zeitgenossen an anderen Orten rege aufgenommen wurden.

    Lebensdaten

    Geboren am 2. Oktober 1861 in Lichtenau (Westfalen)
    Gestorben am 14. Oktober 1939 in Berlin
    Grabstätte Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin
    Konfession jüdisch
    Friedrich Archenhold, BArch / Bildarchiv (InC)
    Friedrich Archenhold, BArch / Bildarchiv (InC)
  • Lebenslauf

    2. Oktober 1861 - Lichtenau (Westfalen)

    - 1882 - Lippstadt (Westfalen)

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Realgymnasium

    1882 - 1887 - Berlin; Straßburg (Elsass, heute Strasbourg, Frankreich)

    Studium der Naturwissenschaften (Abschluss: nicht bekannt)

    Universität

    1889 - 1889 - Berlin

    Observator

    Urania-Sternwarte

    1890 - 1895 - Berlin

    Astronom

    Königliches Recheninstitut und Grunewald-Sternwarte

    1896 - 1931 - Berlin-Treptow

    Direktor

    Treptow-Sternwarte

    1925 - Berlin

    Geschäftsführer

    Panterra-Gesellschaft

    14. Oktober 1939 - Berlin
  • Genealogie

    Vater Moses Archenhold 21.8.1824–19.2.1899
    Großvater väterlicherseits Seligmann Archenhold 2.6.1795–5.11.1878
    Großmutter väterlicherseits Goldine Archenhold, geb. Kleeberg 1799–12.4.1838
    Mutter Rosa Archenhold, geb. Blumenfeld 15.4.1829–15.1.1906
    Heirat 3.7.1897
    Ehefrau Alice Archenhold, geb. Markus 27.8.1874–9.2.1943 ermordet im Ghetto Theresienstadt
    Schwiegervater Edward Markus
    Schwiegermutter Auguste Markus, geb. Fehr 10.4.1846–ca. 1905
    Tochter Lilli Auguste Archenhold 10.9.1898–17.5.1982 nach Großbritannien emigriert
    Tochter Hilde Archenhold 12.3.1900–31.3.1944 ermordet im Ghetto Theresienstadt
    Tochter Ilse Archenhold 10.7.1901–7.2.1965 nach Großbritannien emigriert
    Sohn Günter Archenhold 28.8.1904–21.2.1999 seit 1931 Direktor der Treptow-Sternwarte; 1939 nach Großbritannien emigriert
    Sohn Horst Frederick Gerwin Archenhold 20.5.1920–11.5.1998 nach Großbritannien emigriert
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Archenhold, Friedrich (1861 – 1939)

    • Vater

      Moses Archenhold

      21.8.1824–19.2.1899

      • Großvater väterlicherseits

        Seligmann Archenhold

        2.6.1795–5.11.1878

      • Großmutter väterlicherseits

        Goldine Archenhold

        1799–12.4.1838

    • Mutter

      Rosa Archenhold

      15.4.1829–15.1.1906

    • Heirat

      • Ehefrau

        Alice Archenhold

        27.8.1874–9.2.1943

        ermordet im Ghetto Theresienstadt

  • Biografie

    alternativer text
    Archenhold-Sternwarte, BArch / Bildarchiv (InC)

    Nach dem Abitur am Realgymnasium in Lippstadt 1882 studierte Archenhold bis 1887 Naturwissenschaften an der Universität Berlin, wo er von dem Astronomen Wilhelm Foerster (1832–1921) gefördert wurde, und 1884 in Straßburg (Elsass, heute Strasbourg, Frankreich). Seit 1889 arbeitete Archenhold als Observator in der Sternwarte der Berliner Urania, die Astronomie populärwissenschaftlich vermittelte. Von 1890 bis 1895 war er freier Mitarbeiter Foersters für die Berliner Sternwarte, in deren Außenstelle im Grunewald er kurzbrennweitige Objektive für Astrofotografie nutzte und das Phänomen der Leuchtenden Nachtwolken untersuchte. Diese etwa 80 Kilometer hoch liegenden Wolken sind an Standorten von 50 bis 70 Grad Breite sichtbar und reflektieren in den Sommermonaten das Sonnenlicht auch noch lange nach Sonnenuntergang. Meteorologisch war um 1900 die Entstehung Leuchtender Nachtwolken noch schlecht verstanden, ihre Beobachtung daher vielversprechend.

    Vor dem Hintergrund eines wachsenden Interesses der Öffentlichkeit an der Astronomie entwickelte Archenhold die Idee, ein großes Teleskop als Attraktion für die Berliner Gewerbeausstellung 1896 zu errichten. Ein enger Zeitplan, Schwierigkeiten mit der Finanzierung und eine Konkurrenzsituation zum Astrophysikalischen Observatorium Potsdam führten dazu, dass statt eines lichtstarken fotografischen Teleskops ein Linsenfernrohr mit besonders langer Brennweite gebaut wurde. Das große Interesse des Publikums während und nach der Gewerbeausstellung nutzte Archenhold dazu, eine Sternwarte im Treptower Park zu etablieren und ihr Programm auf Wissenschaftspopularisierung auszurichten. Umtriebig und von seiner Ehefrau Alice unterstützt, sorgte Archenhold für ein breites Spektrum an astronomischen und naturwissenschaftlichen Veranstaltungen. Beobachtungen mit dem großen Teleskop der Sternwarte wurden ergänzt durch Vorträge, Filme und Ausstellungen. Archenhold unternahm Forschungsreisen und vernetzte sich international. Dies gelang in besonderem Maß vor und während einer 1926 in der Treptow-Sternwarte stattfindenden Ausstellung über den Planeten Mars, wozu er geschickt die Mitte der 1920er Jahre öffentlich rege geführte Debatte über intelligentes Leben auf dem Mars ausgenutzt hatte.

    Seit 1900 gab Archenhold die popularisierende und illustrierte Zeitschrift „Das Weltall“ heraus, die bis 1944 erschien und mit einer Auflage von 5 000 Stück für eine überregionale Sichtbarkeit der Treptow-Sternwarte sorgte. Archenholds Ehefrau trug einen Großteil der redaktionellen Arbeit. „Das Weltall“, dessen Themenspektrum von Astronomie über Meteorologie und Geologie bis zu Technik reichte, brachte Beiträge von Akademikern und Amateurastronomen. Zugleich sorgte Archenhold für die stetige Erweiterung der öffentlichen Bibliothek seiner Sternwarte und nutzte mit Filmen seit 1912 neue Medien für Popularisierungszwecke. Die 1913 von ihm gegründete „Kinematographische Studiengesellschaft“ fand zwar nicht die erhoffte Unterstützung seitens der Behörden, aber der Kinosaal in der Sternwarte wurde zu einer Hauptattraktion neben Teleskop und Museum. Mit dem Filmemacher Oskar Messter (1866–1943) erstellte Archenhold 1912 erste Filmaufnahmen einer Sonnenfinsternis.

    Während des Ersten Weltkriegs hielt Archenhold in der Treptower Sternwarte Vorträge zur Nutzung astronomischer Kenntnisse im Krieg. Zugleich wurde er 1914 Mitglied im „Bund neues Vaterland“, einer auf internationale Verständigung bedachten Vereinigung mit hauptsächlich intellektuellen Mitgliedern, u. a. Albert Einstein (1879–1955), zu dem das Ehepaar Archenhold guten Kontakt pflegte. Bei der 1925 erfolgten Gründung der Gesellschaft „Panterra“, die durch technische Erfindungen und Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnis den Frieden und auch das Flugwesen fördern wollte, übernahm Archenhold den Posten des Geschäftsführers.

    1931 übergab Archenhold seinen Posten als Direktor der Treptower Sternwarte an seinen Sohn Günter, blieb aber Vorsitzender des zugehörigen „Vereins Treptow-Sternwarte“, von dem er auch nach der nationalsozialistischen Machtübernahme Unterstützung erhielt. Dies verhinderte die Übernahme der Sternwarte durch die Stadtverwaltung 1936 nicht. Während der Sohn 1938 im KZ Sachsenhausen inhaftiert wurde und nach der Freilassung im Januar 1939 nach Großbritannien emigrierte – wie auch die Kinder Lilli, Ilse und Horst –, wurden seine Ehefrau und seine Tochter Hilde im Ghetto Theresienstadt ermordet.

    Archenholds entschlossenes Engagement für die Gründung der Treptow-Sternwarte wurde 1946 damit belohnt, dass sie nach ihm benannt wurde. Die Kombination von Himmelsbeobachtungen mit Vortrags-, Film- und Ausstellungsprogramm wurde in den folgenden Jahrzehnten von vielen Volkssternwarten adaptiert.

  • Auszeichnungen

    1907 Dr. h. c., Western University of Pennsylvania, Pittsburgh (Pennsylvania, USA)
    1928 Ehrenvorsitzender des Berliner Flugvereins
    1946 Archenhold-Sternwarte, Berlin
    1990 Simon-Archenhold-Straße, Lichtenau (Westfalen)
    1992 Archenhold-Oberschule, heute Archenhold-Gymnasium, Berlin
    1993 Archenholdschule, Lichtenau
    1999 Asteroid Archenhold
  • Quellen

    Nachlass:

    Forschungsbibliothek Gotha.

    Weitere Archivmaterialien:

    Landesarchiv Berlin, F Rep. 241 Acc.  634. (Briefwechsel)

    Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Mscr. Dresd. e. 200. (Dokumente, Briefe, u. a. Korrespondenz mit Ernst Wilhelm Förstemann)

  • Werke

    Das Weltall, 1900–1936. (Hg.) (Onlineressource)

    Friedrich S. Archenhold/M. Albrecht, Ausgrabungen und Vermessungen der Sternwartenreste Tycho Brahe’s auf der Insel Hven im Jahre 1902, 1904.

    Kometen, Weltuntergangsprophezeiungen und der Halleysche Komet, 1910.

    Kometenfurcht und Aberglaube, 1910.

    Johannes Hevelius, in: Das Weltall 11 (1910), H. 10, S. 139–160.

    Alte Kometen-Einblattdrucke, 1917.

  • Literatur

    J. C. Poggendorffs biographisch-literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften, Bd. 4, 1904, S. 35 u. Bd. 6, 1936, S. 69 f.

    Diedrich Wattenberg, Friedrich S. Archenhold. Ein Leben für die Astronomie, 1962. (P)

    Diedrich Wattenberg, Aus der Vorgeschichte der Archenhold-Sternwarte, 1966.

    Dieter B. Herrmann, Friedrich Simon Archenhold und seine Treptower Sternwarte, 1986. (P)

    Dieter B. Herrmann, Blick in das Weltall. Die Geschichte der Archenhold-Sternwarte, 1994. (P)

    Dieter B. Herrmann, Hundert Jahre Archenhold-Sternwarte, in: ders./Karl-Friedrich Hoffmann (Hg.), Die Geschichte der Astronomie in Berlin, 1998, S. 123–127.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    zwei Fotografien v. Georg Pahl (1900–1963), 1927, Bundesarchiv.

    Büste v. Theo Balden (1904–1995), 1961, Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow. (weiterführende Informationen)

  • Autor/in

    Benjamin Mirwald (München)

  • Zitierweise

    Mirwald, Benjamin, „Archenhold, Friedrich“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116198095.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA

  • Genealogie

    V Moses Archenhold, Kaufmann;
    M Rosa Blumenfeld;
    Alice, 1943 umgekommen im KZ Theresienstadt;
    1 S Günther Archenhold, Leiter der Archenhold-Sternwarte; 3 T.

  • Biographie

    A. studierte anfangs in Straßburg, aber hauptsächlich in Berlin als Schüler von W. Förster Astronomie. Ab 1891 arbeitete er auf der Außenstation Grunewald der Berliner Sternwarte. Für die Berliner Gewerbeausstellung wurde auf sein Betreiben mit Unterstützung von industrieller Seite ein Riesenfernrohr von 68 cm Objektivdurchschnitt und 21 Meter Brennweite gebaut. Nach der Ausstellung wurde in Berlin-Treptow eine Volkssternwarte errichtet, die heute noch unter dem Namen A.-Sternwarte existiert und sich im Besitz der Stadt Berlin befindet. 1900 gründete A. die populär-astronomische Zeitschrift „Weltall“. 1936 wurde die gesamte Familie wegen jüdischer Abstammung entfernt.

  • Literatur

    Techn. Lit.-Kal. III, 1929, Sp. 12;
    Pogg. IV, VI;
    D. Wattenberg, in: Mitt. d. Archenhold-Sternwarte, Nr. 14, 1950.

  • Autor/in

    Felix Schmeidler
  • Zitierweise

    Schmeidler, Felix, " Archenhold, Simon " in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 335 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116198095.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA