Lebensdaten
1662 – 1740
Geburtsort
Schwalenberg (Grafschaft Lippe)
Sterbeort
Leipzig
Beruf/Funktion
Rechtshistoriker ; Reichspublizist ; Jurist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 104268336 | OGND | VIAF: 19669331
Namensvarianten
  • Lünig, Johann Christian
  • Lünig, Johann Christian
  • Lapide, Sincerus Germanus a
  • mehr

Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Aus dem Register von NDB/ADB

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Lünig, Johann Christian, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd104268336.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Beamtenfamilie.

  • Biographie

    L. studierte in Jena und Helmstedt die Rechte. Nach Abschluß seiner akademischen Ausbildung bot sich ihm Gelegenheit zu zahlreichen Reisen: Als Hofmeister von zwei jungen Adeligen durchquerte er halb Europa, kam nach Italien, England, in die Niederlande und nach Frankreich. Danach versuchte er zunächst, als Mitarbeiter eines Onkels in Hartenstein (Franken) Verwaltungspraxis zu erwerben. Dort hielt es L. indessen nicht lange. Wiederum begab er sich auf eine große Reise, die ihn zunächst nach Rom, dann durch weite Teile Italiens und in verschiedene deutsche Reichsstädte führte; schließlich gelangte er noch nach Moskau und durchquerte Schweden und Dänemark. Finanzielle Schwierigkeiten scheinen ihn veranlaßt zu haben, sich nach Wien zu begeben und in den Militärdienst einzutreten. Durch Vermittlung zweier Vorgesetzter, des gelehrten Staatsmannes und Offiziers Jakob Heinrich Gf. Flemming und des ebenfalls juristisch interessierten Ludwig Otto v. Plotho, gelang es ihm, nach der Teilnahme am Pfalz. Krieg eine Stelle als Amtmann in Eilenburg (Sachsen) zu erhalten. Nachdem er dieses Amt vier Jahre lang verwaltet hatte, berief man ihn zu Beginn des 18. Jh. zum Stadtschreiber von Leipzig. Dies blieb er bis zu seinem Tod. L. – dessen Leben und Tätigkeit bisher noch nicht Gegenstand eingehenderer Forschungen war – zählt zu den bedeutendsten Kompilatoren des Jus Publicum Germanicum. Er hat eine außergewöhnlich umfangreiche Sammlung von Gesetzen, Urkunden, Rechtsdeduktionen, Stil- und Zeremonialanweisungen gesammelt und veröffentlicht. Der Zugang zu diesen Dokumenten erforderte oft beträchtliches diplomatisches Geschick, Bestechung und organisatorisches Talent. Letzteres besaß L. offenbar nur in begrenztem Umfang, und so mußte er 1722 bekennen, sein Hauptwerk, das 24 Folio-Bände umfassende „Teutsche Reichs-Archiv“ (TRA) sei tatsächlich ein „großes Labyrinth“. In diesem noch heute unentbehrlichen Werk, das zu den umfassendsten Quellenpublikationen des Reichsrechts zählt, sind Tausende von Akten vereinigt; 1710-22 ist es in Leipzig erschienen. Das TRA – wohl unmittelbar angeregt durch Thomas Rymers „Foedera“ – steht neben ähnlichen Quellenkollektionen eines Adam Cortrejus, Johann Philipp Datt, Christian Leonhard Leucht oder Johann Joseph Pachner v. Eggenstorff. Es reflektiert zunächst die Bedürfnisse einer historisch orientierten Reichspublizistik, zu deren wichtigsten Vorreitern gerade die Universitäten, an denen L. studiert hatte, zählten. Im Reich bestand jedoch nicht nur ein theoretisch-wissenschaftliches Interesse an der komplizierten Materie des Jus Publicum. Ohne Zweifel waren es auch Bedürfnisse der praktischen Politik, die das Entstehen der L.schen Sammlung begünstigten und ihr einen „Markt“ eröffneten. Die publizistische Haupttätigkeit L.s fällt ziemlich genau mit der Regierungszeit Kaiser Karls VI. zusammen, in der der Reichsgedanke nochmals einen Aufschwung erlebte. L. war kein theoretischer Denker. Er stellte sein umfangreiches Quellenmaterial, seine praktischen „Musterbücher“ für Zeremonialverhalten, Wissenschaftlern und Staatsmännern zur Verfügung, als Grundlage für praktische Entscheidungen oder analytische Durchdringung.

  • Werke

    Weitere W Sylloge publicorum negotiorum ab augustissimo Rom. imperatore universis Europae regibus, S.R.I. electoribus etc. intra vicennium|latina quidem lingua tractatorum, 1694 (mit Ergänzungen bis 1702);
    Neu eröfnetes europ. Staats-Titulaturbuch, 1709, 1725;
    Literae procerum Europae …, 1712;
    Orationes procerum Europae, 1713;
    Teutsche Reichs-Cantzley …, 1648-1714;
    Curieuse Hof- u. Staats-Schreiben …, von Germano Sincero (d. i. J. C. L.), 1717;
    Bibl. curiosa deductionum …, 1717;
    Europ. Staats- Consilia … seit d. Anfang d. 16. seculi b. z. 1715. Jahr …, 1715;
    Grundfeste Europ. Potenzen Gerechtsame, 1716;
    Theatrum ceremoniale historico politicum, 1709;
    Selecta scripta illustria, welche in causis publicis ergangene Materien in sich halten, 1723;
    Corpus iuris militaris, 1723;
    Codex Augusteus od … corpus iuris Saxonici, 1724;
    Thesaurus iuris der Grafen u. Herren d. H. Röm. Reichs, 1725;
    Codex Italiae diplomaticus, 4 Bde., 1725, 1726, 1726, 1735;
    Corpus iuris feudalis Germanici, 1727;
    Ein angenehmer Vorrath wohlstylisirter Schreiben, welche v. Kaysern, Königen … abgelassen worden, 1728;
    Collectio nova, … d. … landsässigen Ritterschaft in Teutschland Prärogativen u. Gerechtsamen …, 1731;
    Angenehmes Labyrinth d. Staats- u. gel. Beredsamkeit …, 1731;
    Codex Germaniae diplomaticus, worinn Documenta enthalten, welche im Reichsarchive nicht befindlich …, 1732.

  • Literatur

    ADB 19;
    C. R. Hausen, Vermischte Schrr., 1766;
    J. St. Pütter, Litteratur d. Teutschen Staatsrechts I, 1776, S. 311;
    B. G. Struve, Bibl. iuris selecta, ed. Ch. G. Buder, ⁸1756, S. 657;
    F. C. Puhstkuchen, Beyträge zu d. Denkwürdigkeiten d. Gfsch. Lippe, 1769;
    N. Hammerstein, Jus u. Historie, Ein Btr. z. Gesch. d. hist. Denkens an dt. Universitäten im 17. u. 18. Jhg., 1972;
    ders., in: Hdwb. d. Dt. Rechtsgesch. III, 1984, Sp. 101 f.;
    K. Repgen, Über L.s „Teutsches Reichs-Archiv“ (1710-22): Aufbau u. Zitierungs-Möglichkeiten, in: ders. (Hrsg.), Forschungen u. Qu. z. Gesch. d. Dreißigj. Krieges, 1981;
    Zedler 18;
    Jöcher II;
    Jöcher - Adelung IV.

  • Autor/in

    Bernd Roeck
  • Zitierweise

    Roeck, Bernd, "Lünig, Johann Christian" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 468-469 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104268336.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Lünig: Johann Christian L., geb. 1662 zu Schwalenberg im Lippeschen, studirte zu Helmstädt und Jena, machte große Reisen, war dann Amtmann zu Eilenburg und fünf Jahre später Stadtschreiber zu Leipzig, wo er 1740 verstarb. Er hatte Gelegenheit gehabt, viele Bibliotheken und Archive kennen zu lernen, was er dazu benutzte, eine Sammlung von Urkunden und Staaatsschriften sich zu verschaffen, wie sie Anderen nicht zu Gebote stand. So entstand sein, auch heute noch eine Fundgrube staatsrechtlichen Wissens darstellendes Hauptwerk: „Teutsches Reichsarchiv“, 1710—22 in 24 Folianten. Man bemängelt daran, daß die Abdrücke nicht immer ganz zuverlässig sind. Sein großer Sammelfleiß ließ ihn eine ganze Reihe ähnlicher Werke veröffentlichen: „Teutsche Reichskanzley, oder auserlesene Briefe von Kaysern, Königen, Chur- und Fürsten etc. seit dem westphälischen Frieden“, 1714 in 8 Bänden — „Europäische Staatsconsilia seit dem Anfange des XIV. seculi nach beschehener Reformation bis 1715“, 1715 in 2 Bänden — „Grundfeste der Europäischen Potenzen Gerechtsamen in Deductionen und anderen merkwürdigen Schriften“, 1716 — „Codex Italiae diplomaticus“, 1725—35 — „Codex Germaniae diplomaticus“, 1732, 1733 u. a. m. Ein gutes Register besorgte Pet. Georgisch, Regesta chronologico-diplomatica, 1740—44.

    • Literatur

      Pütter, Litteratur des Teutschen Staatsrechts 1776, I, 308—315, II, 353. — Schulze, Einleitung in das deutsche Staatsrecht, 1867, S. 72.

    • Korrektur

      S. 641. Z. 11 v. u.: Lünig schrieb auch ein Theatrum ceremoniale historicopoliticum, 2 Bde. Fol. Leipzig 1719—20.

  • Autor/in

    Teichmann.
  • Zitierweise

    Teichmann, "Lünig, Johann Christian" in: Allgemeine Deutsche Biographie 19 (1884), S. 641 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104268336.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA