Lebensdaten
1792 – 1874
Geburtsort
Höfen bei Cham (Oberpfalz)
Sterbeort
Regensburg
Beruf/Funktion
Publizist ; Redakteur
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 104135034 | OGND | VIAF: 15200352
Namensvarianten
  • Pfeilschifter, Johann Baptist (bis 1829)
  • Pfeilschifter, Johann Baptist von
  • Pfeilschifter, Johann Baptist (bis 1829)
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Zitierweise

Pfeilschifter, Johann Baptist von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd104135034.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus e. seit d. 16. Jh. in d. Region Cham ansässigen kleinbäuerl. Fam.;
    V Johann Adam P. (um 1747-1811), Häusler in H., S d. Johann Georg (1698–1762), Bauer aus Reisach, u. d. Anna Mühlbauer (1702–67);
    M Anna Barbara (um 1750–1826), T d. Michael Fischer, Bauer aus Gschieß;
    1838 Johanna Elisabeth, T d. meckl. Hofrats v. Eckenberg ( 1837);
    1 T Julie (1840–1918), Pianistin, Komp., seit 1881 in Wiesbaden (s. Nassau. Biogr.); Verwandter (?) Georg (s. 2).

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Gymnasiums in Straubing studierte P. seit 1809 Jura in Landshut (Dr. iur. 1815). Danach arbeitete er als Journalist in Aarau, seit 1817 in Weimar, wo er 1818/19 durch seine ultraliberale Zeitschrift „Zeitschwingen“ Aufsehen erregte. Nachdem er Louis Bonald und dessen legitimistischen, theologisch begründeten Traditionalismus kennengelernt und 1820 als Berichterstatter für die Augsburger Allgemeine Zeitung den revolutionären Aufstand in Spanien erlebt hatte, vollzog er eine radikale Geisteswandlung. P. wandte sich nun gegen Revolution und Liberalismus und wurde zum Verfechter der Einheit von Thron und Altar, von Autorität und Hierarchie. Vergebens warb er in München und Wien für den Plan einer monarchischen Zeitung an einer der beiden Bundestagsgesandtschaften. Metternich war – von Friedrich v. Gentz bestärkt – indes bereit, P. für seine Pressepolitik einzusetzen. So übernahm P. den geheimen Auftrag, in Offenbach das Journal „Der Staatsmann, Zeitschrift für Politik und Tagesgeschehen“ herauszugeben. Seit 1822 propagierte er im „Staatsmann“ eine monarchischlegitimistische, religiös begründete, von Rom gestützte Staatsordnung und agierte scharfzüngig und doktrinär gegen den Frühkonstitutionalismus in Süddeutschland, den Protestantismus und liberale Strömungen an den Universitäten. Gegenüber Wiener Vorbehalten wegen seiner staatspolitisch untragbaren Unbedachtsamkeit gegenüber der restaurativ-legitimistischen, sozialkonservativen Kongreßpolitik Metternichs bestand P. auf freier, unabhängiger Gestaltung seiner Publizistik ohne jede Oberaufsicht, obwohl er seit|1823 – ohne Titel und Amtsstellung – das Gehalt eines Hofsekretärs erhielt. Er wurde in seiner unnachgiebigen Haltung durch die von Adam v. Müller bewirkte Ernennung 1825 zum Legationsrat durch Hzg. Ferdinand von Anhalt-Köthen bestärkt. Als nach seiner Erhebung in den erblichen Adelsstand 1829 seine Ernennung zum Pariser Geschäftsträger wegen des Todes des Herzogs hinfällig wurde, fand P.s Karrierestreben ein jähes Ende. 1831 gab er den „Staatsmann“ auf.

    P., der als ein Wegbereiter des politischen Katholizismus in Deutschland gilt, war zwar Einzelgänger, gewann jedoch stets wichtige Mitarbeiter und pflegte Kontakt zum Mainzer Kreis um Karl Theodor v. Dalberg und zum Wiener Kreis um Klemens Maria Hofbauer. Seine Beziehungen zum Münchener Eos-Kreis um Joseph Görres und Franz v. Baader zeigen jedoch, daß die Zeit über P. hinwegschritt: Der Phase distanzierter Duldung folgte nach 1830 mit der Öffnung des Eos-Kreises zum monarchisch-konstitutionellen Verfassungsstaat die strikte Ablehnung des ultrakonservativen P. Aus der Reihe seiner kurzlebigen Zeitungsgründungen ragte lediglich die Aschaffenburger „Kath. Kirchenzeitung“ (1829-37) hervor, die P. zu einem politisch-geistlichen Kampforgan gestalten wollte. Dann mündete seine Wirksamkeit – etwa mit dem „Herold des Glaubens“ (1837-41) und dem religiösen Tagebuch „Cölestine“ (seit 1837) – in die kath. Erweckungsbewegung. Der Entzug der Gehälter aus Wien und Köthen nach der Revolution 1848/49 leitete den endgültigen Abstieg in bittere Not ein, den er auch durch literarische Gelegenheitsarbeiten wie den „Bayerischen Plutarch“ (1861) nicht aufhalten konnte. Sein schriftlicher Nachlaß wurde beim Stadtbrand von Cham 1877 vernichtet.

  • Literatur

    ADB 25;
    L. Bergsträsser, Stud. z. Vorgesch. d. Zentrumspartei, 1910, Kap. 4;
    A. Döberl, Aus d. Papieren d. ersten kath. Journalisten, Zugleich e. Btr. z. Gesch. d. Eoskreises, in: Hist.-pol. Bll. f. d. kath. Dtld. 152, 1913, S. 605-13;
    E. Reinhard, J. B. v. P., Ein Redakteur aus d. Vormärz, ebd. 168, 1921/22, S. 17-33;
    ders., J. B. v. P., Derbayer. Plutarch, 1954 (S. 43-51; Verz. d. pol.-hist. u. rel. Schrr.) ;
    K. Bachem, Vorgesch., Gesch. u. Pol. d. dt. Zentrumspartei, I, 1927, S. 128 ff.;
    P. Paulin, Bischof Andreas Räss u. J. B. v. P., in: Archiv f. Elsäss. KGesch. 4, 1929, S. 367-86;
    H. Rumpel, J. B. P. u. d. österr. Staatskanzlei, in: Jb. f. fränk. Landesforsch. 14, 1954, S. 235-62;
    ders., Die Beziehungen zw. K. L. v. Haller u. J. B. P., Nach Briefen aus e. fränk. Fam.archiv, ebd. 16, 1956, S. 505-09;
    F. Gsellhofer, in: Bayerwald-Echo, Monatsbeil., in: Waldheimat 5, 1964, Nr. 11 (P);
    LThK²;
    Lex. d. Konservativismus, 1996, S. 420-22. – Eigene Archivstud.

  • Porträts

    Ölgem. v. Lemker, 1824 (Cham, Städt. Heimatgeschichtl. Slg.), Abb.: in: Gsellhofer (s. L).

  • Autor/in

    Hubert Rumpel
  • Zitierweise

    Rumpel, Hubert, "Pfeilschifter, Johann Baptist von" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 328-329 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104135034.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Pfeilschifter: Johann Baptist v. P., Litterat, geb. am 27. September 1793 zu Gösen bei Cham, am 16. November 1874 zu Regensburg. Nach Absolvirung des Gymnasiums zu Straubing studirte er 1810—13 zu Landshut, darauf zu München Philosophie, Geschichte und Jura. Er fing schon als Student an zu schriftstellern. 1816 ging er zu H. Zschokke nach Aarau, war eine Zeit lang Mitarbeiter der Aarauer Zeitung, dann des zu Weimar erscheinenden „Oppositionsblattes", arbeitete auch für Brockhaus' Conversationslexikon und die „Zeitgenossen“. 1817 begründete er die Zeitschrift „Zeitschwingen“, die erst zu Jena, dann zu Leipzig, zuletzt zu Frankfurt a. M. erschien, hier im September 1819 in L. Börne's Hände überging, dann aber bald unterdrückt wurde (s. A. D. B. III, 167). 1820 machte er eine Reise nach Holland, Frankreich und Spanien und correspondirte von hier aus für die Augsburger „Allgemeine Zeitung“. 1822 nach Frankfurt zurückgekehrt, gründete er die Zeitschrift „Der Staatsmann“, welche seit 1831 als „Zuschauer am Main“ bis 1838 erschien. Er vertrat fortan eine streng conservative und noch strenger|katholische Richtung. 1825 erhielt er von dem katholisch gewordenen Herzog Ferdinand von Anhalt-Köthen (s. A. D. B. VI, 671) den Titel Legationsrath und 1829 wurde er von demselben geadelt. Von 1830 bis 1840 lebte er meist im Sommer in Aschaffenburg, im Winter in Mannheim, von 1841 bis 1851 in Würzburg, dann in Darmstadt. Der 1829 von ihm und Adam v. Müller (s. A. D. B. XXII, 501) begründete „Litteratur- und Kirchen-Correspondent“ ging nach Müller's Uebersiedelung nach Wien bald wieder ein. Von 1831 bis 1837 war er der Hauptredacteur der Aschaffenburger „Katholischen Kirchenzeitung", von 1837 bis 1841 des „Herold des Glaubens". 1837 bis 1839 gab er auch ein religiöses Taschenbuch „Cölestine“ heraus. Er schrieb auch für den „Katholik“ und andere Zeitschriften und veröffentlichte zwischen 1830 und 1846, theilweise anonym oder pseudonym, eine Reihe von kleineren Schriften, u. a. „Denkwürdigkeiten aus der Geschichte der Revolution in Spanien“, 1836; „Mittheilungen aus Spanien“, 1837; „Betrachtungen über die Revolutionen in Spanien, Portugal“ u. s. w., 1839; „Politische Studien“, 1839; „Biographien denkwürdiger Priester und Prälaten“ und „Papst Gregor XVI.“, 1846 (beide unter dem Namen J. B. Wagner). Nach langer Unterbrechung veröffentlichte P. 1861 das erste Bändchen eines „Baierischen Plutarch", dem aber kein zweites folgte. Er übernahm dann für einige Zeit die Redaction des „Westfälischen Merkur“ und versuchte die Begründung eines „Katholischen Kirchenblattes“. Der Erfolg seiner schriftstellerischen Thätigkeit entsprach nicht seinen Erwartungen. Von seinen Schriften hat keine einen bleibenden Werth.

    • Literatur

      M. Brühl, Gesch. der katholischen Literatur Deutschlands, 1854, S. 792. — Literarischer Handweiser 1875, 20.

  • Autor/in

    Reusch.
  • Zitierweise

    Reusch, Heinrich, "Pfeilschifter, Johann Baptist von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 25 (1887), S. 657-658 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104135034.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA