Lebensdaten
erwähnt 1429 oder 1430 , gestorben 1. Hälfte 15. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Dichter
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 102839476 | OGND | VIAF: 71794341
Namensvarianten
  • Josepe
  • Josep
  • Josepe
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Josep, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd102839476.html [18.04.2024].

CC0

  • Biographie

    J. nennt sich der Verfasser einer mittelniederdeutschen Dichtung von über 8 000 Versen, die als „Sündenspiegel“ nach den Hussitenkriegen (nach 1429/30) entstand und in einer aus dem Kloster Ebstorf stammenden Emder Handschrift überliefert ist. Er war wohl vornehmer Herkunft und lebte – sehr fraglich ob als Zisterzienser, aber kaum als gelehrter Laie (Vf.-Lex.) – anscheinend in ländlicher Umwelt zwischen Weser und Elbe.

    Das Grundgefüge des Werkes, in dem besonders Lothar von Segni, De miseria humanae conditionis, verwertet ist, könnte aus lat. Quelle stammen, auch sind zahlreiche lat. Zitate eingelegt, doch ist an der selbständigen Ausführung durch J. und an der Ausfüllung aus den Erfahrungen seiner Tage nicht zu zweifeln. Formal besteht das Gedicht aus den Belehrungen eines Vaters auf die Fragen seines Sohnes. Als Strafprediger, der zu rechtem Leben anleiten will, bekämpft J. unter Einfügung anschaulicher Exempel Unrecht, wo er es findet, bei hoch und niedrig. Er fordert strenge Klosterzucht und wendet sich gegen die reich gewordenen Stifte und gegen Weltgier, Pracht und Üppigkeit der hohen geistlichen Würdenträger bis zum Papst, die ihre Ämter oft der Simonie verdankten. Wenn er von den „leven bagynen“ spricht, zeigt dies das Gutheißen der neu aus den Niederlanden über Westfalen kommenden Bewegung, der nur das ganz persönliche Gottverhältnis ausschlaggebend ist. Auch ihm ist das Herz das Entscheidende. Auffällig ist das Bekenntnis zu einer krassen Prädestinationslehre. J. warnt davor, die Unergründlichkeit Gottes erfassen zu wollen. Auch im Weltlichen bekämpft er jedes sündhafte Verhalten, so bei Fürsten, Mächtigen, bestechlichen Richtern, und tritt für die Armen, den Landmann ein. Er betont die Vergänglichkeit des Irdischen, erkennt aber dessen Werte an: eheliche Liebe, Schönheit, Schmuck und Fröhlichkeit. Er gibt realistische Schilderungen und greift oft zu derben Bildern. Der persönliche Nachdruck, der in den stark gefüllten, frei gebauten Versen zur Geltung kommen kann, gibt der gehaltvollen Dichtung besondere Kraft.

  • Werke

    E. Schütz, J.s Sündenspiegel, Eine niederdt. Lehrdichtung d. 15. Jh., Kommentierte Textausg., 1973.

  • Literatur

    ADB 14;
    R. Sprenger, Der Schwank vom Kaiser u. Abt, in: Akadem. Bll., 1884;
    C. Borchling, Zur Gesch. d. Emder J.-Hs., in: Jb. d. Ges. f. bildende Kunst u. vaterländ. Altertümer zu Emden 15, 1903;
    W. Stammler, Die mittelniederdt. geistl. Lit., in: Neue Jbb. f. d. klass. Altertum, Gesch. u. dt. Lit. u. Päd. 45, 1920, S. 119 (L);
    ders., Die Bedeutung d. mittelniederdt. Lit. in d. dt. Geistesgesch., in: German.-Roman. Mschr. 13, 1925, S. 443 (L), beides wieder in: ders., Kleine Schrr. z. Lit.gesch. d. MA, 1953 (ohne L);
    Vf.-Lex. d. MA II.

  • Autor/in

    Ludwig Wolff
  • Zitierweise

    Wolff, Ludwig, "Josep" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 612-613 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102839476.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Josepe, Verfasser eines großen, mittelniederdeutschen Gedichts von 7958 Versen über die sieben Todsünden. Das Gedicht ist im 15. Jahrhundert, jedoch nicht vor 1419 entstanden. Die Anordnung der Todsünden ist die spätere, zuerst bei Michael Beheim vorkommende (vgl. v. Liliencron in der Festrede der bairischen Akademie der Wissenschaften vom 28. März 1876, „Ueber den Inhalt der allgemeinen Bildung in der Zeit der Scholastik"), wonach die accidia zuletzt angeführt wird. Bei jeder Sünde werden ihre Tochtersünden (filiae) besprochen. Doch hat der Dichter diese Abstammung nicht erfunden, sondern älteren theologischen Quellen entnommen. So werden der Superbia folgende Töchter beigelegt: Contemptio, Praesumptio, Jactantia, Pertinacia, Novarum rerum inventio; der Avaritia: Fallacia, Rapina, Perjurium, Usura, Tristitia. Simonia. J. ist wol kein Geistlicher, aber ein Gelehrter und dem geistlichen Stande Nahestehender gewesen, vielleicht Laienbruder eines Klosters oder ein Mitglied der Brüderschaft vom gemeinsamen Leben. Die einzige, bis jetzt bekannt gewordene Handschrift befindet sich in der Bibliothek der Gesellschaft für Kunst und Alterthum zu Emden, aufgefunden und mit Auszügen, Inhaltsangabe und Einleitung als Programm des Progymnasiums in Norden 1874 herausgegeben von dem Unterzeichneten.

  • Autor/in

    Babucke.
  • Zitierweise

    Babucke, "Josep" in: Allgemeine Deutsche Biographie 14 (1881), S. 534 unter Josepe [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102839476.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA