Lebensdaten
um 1390 – 1459
Sterbeort
Aschaffenburg
Beruf/Funktion
Erzbischof und Kurfürst von Mainz
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 102040109 | OGND | VIAF: 120776855
Namensvarianten
  • Erbach, Dietrich Graf zu
  • Dietrich zu Erbach
  • Erbach, Dietrich Schenk von
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Zitierweise

Dietrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd102040109.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Eberhard X. Erbschenk v. Erbach ( 1415), S des Heinrich I. u. der Anna v. Erbach (ältere Linie);
    M Maria, T des Dietrich I. v. Bickenbach u. Agnes v. Isenburg-Büdingen.

  • Biographie

    D., zuerst 1413 als Domherr in Mainz bezeugt, machte 1415 eine Stiftung für die Kirche zu Michelstadt im Odenwald, verzichtete 1416 mit seinen Brüdern Diether und Heinrich auf das Patronat zu Wieblingen zugunsten des Kurfürsten von der Pfalz, erhielt 1421 vom Mainzer EB Konrad III. den Hof „Tiergarten“ zu Mainz, wurde 1429 Domkantor und nach dem Tode Konrads vom Domkapitel in Bingen am 6.7.1434 wegen seiner „Tugenden“ zum Erzbischof gewählt. Papst Eugen bestätigte diese Wahl am 5.12.1434 mit Übersendung des Palliums; den Eid als Kurfürst legte D. am 10.1.1435 zu Heppenheim in die Hände des von Kaiser Sigmund hierzu beorderten EB Raban von Trier ab. In der Eigenschaft eines Mainzer Erzbischofs als Königsmacher, „Vorgeher und Dechant“ des Kurfürstenkollegs bereitete D. die Wahlen König Albrechts II. 1438 und Friedrichs III. im darauffolgenden Jahre vor und führte sie durch. In dem damals schwebenden Kirchenstreit zwischen dem Papst und dem Baseler Konzil war D. vor allem auf die Belange der deutschen Kirche bedacht; es bleibe dahingestellt, wieweit die auf dem Mainzer Kongreß im März und April 1439 und auf dem anschließenden Kurfürstentag dort im August des gleichen Jahres ausgesprochene „Neutralität“ der deutschen Kurfürsten in diesem Kirchenzwist auf die Veranlassung D.s zurückgeht; die kurze Aufeinanderfolge besonderer Provinzialsynoden in seinem Erzbistum (zu Mainz August 1439 und zu Aschaffenburg Oktober 1439, August 1440 und August 1443) beweist, wie sehr ihm selber an einem Ausgleich und an der Befriedung der innerdeutschen Kirchenverhältnisse gelegen war. Er steht weiterhin im Vordergrund kurfürstlicher Eigenpolitik gegenüber Papst und König auf dem Frankfurter Kurfürstentag vom Juni 1445 und beim Frankfurter Kurverein vom 21.3.1446, von denen unter Verlängerung der „Neutralität“ ein deutsches Nationalkonzil gefordert wurde, während er, wohl nicht ohne Absicht, der sogenannten Aschaffenburger Punktation vom Juli 1447, die das Wiener Konkordat von 1448|vorbereitet hatte, nachweisbar fern geblieben war. Auch die Ereignisse der späteren Zeit finden ihn in fast stetigem Gegensatz zur Kurie und damit nicht minder zur papstfreundlichen Politik des Kaisers; so ließ er auf einer Aschaffenburger Provinzialsynode im Juni 1455 „Beschwerden“ für eine Botschaft nach Rom ausarbeiten. Die kurfürstlichen Tage zu Frankfurt und Nürnberg im Februar und März 1456 mit gleichzeitiger Synodaltagung zu Mainz erbrachten Mahnschreiben des Kurkollegs an den Kaiser, und ein Frankfurter Tag im August desselben Jahres erneuerte die „Beschwerden der deutschen Nation“, während die beiden Frankfurter Kurfürstentage von 1457, die letzten im Leben D.s, ohne Entscheidung blieben. Demgegenüber berührt nun seine Zurückhaltung, ja Gleichgültigkeit in den Fragen der weltlichen Reichspolitik um so seltsamer; denn 1441 überließ er die ihm selber zustehende Leitung der Reichskanzlei dem politisch weit aktiveren EB Jakob von Trier, im August 1444 mußte er sich vom Kaiser zur Teilnahme am Nürnberger Reichstag eigens herbeirufen lassen, und an den beiden großen Vertragswerken der Kurfürsten mit dem französischen Königtum von 1445 und 1447 blieb D. gänzlich unbeteiligt. Sein Verhältnis zu den Nachbarfürsten erhellt aus der Beteiligung an den Münzverträgen der rheinischen Kurfürsten von 1444 und 1454, aus dem Friedensschluß mit Hessen von 1443 nach 200jährigem Hader zwischen beiden Herrschaften, aus einem Vergleich zu Schorndorf vom 6.7.1446 mit dem Pfalzgrafen, dem Herzog Albrecht von Österreich und den Fürsten von Baden und Württemberg, dann aus dem Dieburger Vertrag von 1456 und einem nachfolgenden Bündnis 1457 mit Kurpfalz sowie aus der Mergentheimer Einung westdeutscher Landesherrn vom 20.6.1458. In größere Fehden verwickelt findet man ihn zunächst 1441-49 mit seiner eigenen Bischofsstadt Mainz, die dabei um ihre Unabhängigkeit rang, und innerhalb des Städtekriegs 1448-53 in einem Rachefeldzug gegen Schwäbisch Hall 1449. Das Bild seiner politischen Tätigkeit bliebe trotzdem unvollständig, wenn nicht auch seiner mehrfachen Vermittlerrolle bei innerdeutschen Zwistigkeiten gedacht würde, sei es etwa 1447 durch seine Verwendung für die vom Papst gebannten Erzbischöfe von Trier und Köln oder 1448 als Schiedsrichter zwischen Köln und Cleve und nochmals 1458 zwischen dem Erzbischof von Trier und dem Herzog von Jülich. In allen Bestrebungen aber hatte er in seinen Kanzlern, vor allem im Mainzer Generalvikar Dr. Helwig von Boppard, im Stiftspropst von Heiligenstadt Dr. Heinrich Leubing und seit 1455 in dem Humanisten Dr. Martin Mair, fast immer treue Helfer seiner Politik zur Seite.

    D. galt als friedliebend und klug, nach außen hin prachtliebend, im Persönlichen jedoch sparsam, als gastfrei und Freund der Jagd. Ihm wurde auch der berühmte Schenkenbecher der Familie Erbach zuteil. In seiner Regierungszeit hat Gutenberg zu Mainz den Buchdruck erfunden.

  • Literatur

    ADB V;
    RTA, Bd. 11-17;
    J. Chmel, Gesch. K. Friedrichs IV., I, 1840;
    G. Simon, Die Gesch. d. Dynasten u. Grafen zu Erbach, 1858, bes. S. 357 ff.;
    Pastor I, ⁴1901, S. 708 ff.;
    E. Ziehen, Mittelrhein u. Reich im Za. d. Reichsreform I, 1934, bes. S. 80 ff.; zur Mainzer Fehde:
    C. Hegel, Verfassungsgesch. v. Mainz, 1882, S. 157 ff., = Chron. d. dt. Städte, 2. Abt., Bd. 18;
    LThK; zum Schenkenbecher:
    A. Feigel, in: Festgabe G. Lenhart, 1939, S. 120.

  • Porträts

    Gem. im Besitz d. Grafen v. Erbach.

  • Autor/in

    Walter Kaemmerer
  • Zitierweise

    Kaemmerer, Walter, "Dietrich" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 679-680 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102040109.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Dietrich, Schenk von Erbach, Sohn Eberhards des Erbschenken von Erbach, Erzbischof von Mainz (1434—1459). Vorher Domherr zu Mainz, wurde er in einer zu Bingen anberaumten Capitelsversammlung am 6. Juli 1434 zum Erzbischof und Kurfürsten von Mainz erwählt und am 20. Octbr. von Papst Eugen IV. bestätigt. Es waren zu jener Zeit heftige Streitigkeiten zwischen Eugen IV. und dem Baseler Concil ausgebrochen. Beide Theile klagten sich gegenseitig ungebührlicher Anmaßungen an und in der 26. Sitzung am 31. Juli 1437 setzte das Concil den Papst in Anklagezustand. D. rieth den deutschen Fürsten, keinen Theils weder dem Papste noch dem Concile anzuhängen, die Baseler aber, welche am 24. Jan. 1438 die Suspension über Eugen IV. aussprachen, von weiterem Vorschreiten gegen diesen abzumahnen. Die Kurfürsten bemühten sich, unter den streitenden Parteien zu vermitteln und erklärten, um desto eher Nachgibigkeit zu erzielen, am Tage vor der Wahl Albrechts II., den 17. März 1438, die deutsche Kirche für neutral; Kaiser und Reich nahmen aber auf einem Convent zu Mainz am 26. März 1439 die Beschlüsse des Baseler Concils an, ausgenommen die Suspension des Papstes und schlugen beiden Theilen zur Ausgleichung eine deutsche Stadt zur Abhaltung einer neuen Kirchenversammlung vor. Die allgemeine Annahme ihrer Reformation jedoch verleitete|die Baseler Väter zu einer Ueberschätzung ihrer moralischen Kraft; sie lehnten jede Nachgibigkeit ab, sprachen am 25. Mai 1439 die Absetzung Eugens aus und stellten in Felix V. einen Gegenpapst auf. Das Verfahren beunruhigte sowol Kaiser Friedrich III. als auch mehrere Fürsten und Bischöfe, und D. sowol als des Kaisers Geheimschreiber Aeneas Sylvius brachten nach mehrfacher Bemühung eine Einigung zu Stande. Man erkannte Eugen IV. als rechtmäßigen Papst an und verstand sich mit dessen Nachfolger Nicolaus V. auch auf dem Convent zu Aschaffenburg, Juli 1447, über die Besetzung der deutschen Kirchenstellen durch den Papst. — Verschiedener Bedrückungen wegen züchtigte D. mehrere adliche Herren. Mit Kurpfalz schloß er ein gegenseitiges Schutzbündniß Auf die Sitten der Geistlichen achtete er sehr streng, wie die Synoden zu Mainz 1438, 1446 und 1451 und die zu Aschaffenburg 1440 und 1455 beweisen. Unter ihm kam Amt und Schloß Lindau vom Bisthum Hildesheim zur einen Hälfte an das Erzstift. Von der Abtei Fulda erwarb er 1455 das Dorf Dietzenrode. Das Nonnenkloster am Fuße des Johannesberges löste er auf, das zu Klingenmünster revidirte er, das Chorherrnstift zu Flonheim verwandelte er in eine gewöhnliche Collegiatkirche. In seine Zeit fällt die Erfindung der Buchdruckerkunst durch Guttenberg in Mainz. D. am 6. Mai 1459 zu Aschaffenburg.

  • Autor/in

    Walther.
  • Zitierweise

    Walther, "Dietrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 185-186 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102040109.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA