Lebensdaten
1660 – 1727 oder 1726
Geburtsort
Preßburg
Sterbeort
Dublin
Beruf/Funktion
Komponist ; Musiker
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 101380151 | OGND | VIAF: 17490447
Namensvarianten
  • Cousser, Johann Sigismund
  • Cousser, Johann Siegmund
  • Kusser, Johann Siegmund
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Kusser, Johann Sigismund, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd101380151.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann (1626–95), Kantor d. dt.-luth. Kirche in P., als Glaubensflüchtling seit 1674 Musikdir. d. Stiftskirche u. d. Pädagogiums in Stuttgart, Komponist (s. MGG VII);
    M Marie N.N. ( 1711);
    Braunschweig 1691 Hedwig Melusine (1668–1749), T d. Ratsherrn Jürgen v. Damm in Braunschweig u. d. Anna Sophia Schomerus;
    2 T, u. a. Auguste Elisabeth ( Phil. Jul. Rethmeyer, Pastor, Stadtchronist in Braunschweig);
    N Daniel Gottlieb Treu (1695–1749), Komp. (s. MGG 13).

  • Biographie

    K. wuchs unter Anleitung seines Vaters in der Tradition der ev. Kirchenmusik des 17. Jh. auf. 1674 kam er nach Auflösung der ev. Gemeinde in Preßburg über Rust (Ungarn) mit seiner Familie nach Stuttgart. Im gleichen Jahr ging er nach Paris, wo er bis 1682 blieb, von J.-B. Lully unterrichtet wurde und dessen Freundschaft erwarb. K.s „Composition“ von 1682, eine Sammlung von Orchestersuiten, ist stilistisch durch das Vorbild seines Lehrers geprägt. Offenkundige Folge des Pariser Studiums war eine Anstellung als Kapellmeister am Hof in Ansbach (1682/83). Über die nächsten Lebensjahre fehlen gesicherte Angaben. 1690 wurde K. Kapellmeister am neuen Braunschweiger Opernhaus. Zum überwiegend ital. Repertoire dieser Bühne steuerte er 8 eigene Werke bei, in denen er sich mehr und mehr dem ital. Gesangsstil annäherte. Wegen Differenzen mit seinem Librettisten F. Ch. Bressand verließ er die Stadt und ging nach Hamburg, wo er 1693 für die Bühne am Gänsemarkt seine erste Oper komponierte. Bald darauf übernahm er die musikalische Leitung des Hauses, für das er nach dem Fortgang des damaligen Pächters J. Kremberg, mit dem er schwere Auseinandersetzungen hatte, eine künstlerische Hochblüte herbeiführte. 1695 verließ er jedoch Hamburg wieder und scheint nun einige Jahre ohne feste Anstellung gewesen zu sein. Er zog mit einer Wandertruppe durch Süddeutschland, wo er 1697/98 in Augsburg und Nürnberg Opern aufführte. Im April 1700 erhielt K. die einträgliche Stellung eines Oberkapellmeisters am Stuttgarter Hof, wo er sich offenbar schon 1698 durch Opernaufführungen empfohlen hatte. 1701 bereiste er Italien. 1704 entließ ihn der Herzog auf eigenen Wunsch. Anfang 1705 ging er nach England, zunächst nach London, bald darauf nach Dublin. Dort wurde er 1710 als „Composer of the State Music“ angestellt, 1716 als „Chief Composer and Music Master at Dublin Castle“ erwähnt. Trotz dieser und weiterer klangvoller Titel schrieb K. in den letzten Jahren nur wenige Gelegenheitswerke, etwa Geburtstagsserenaden für die königl. Familie. Eine längere Besuchsreise führte ihn noch einmal nach Stuttgart, wo er dem Sohn seiner Schwester, dem späteren Komponisten D. G. Treu, Kontrapunktunterricht gab.

    Man hat in K. wohl weniger den bedeutenden Komponisten zu sehen, als vielmehr den selbstbewußten praktischen Musiker. Seine größten Verdienste, die bereits sein Zeitgenosse J. Mattheson ausdrücklich würdigte, erwarb er sich als Orchestererzieher und in der Arbeit mit Sängern. Auch seine „Composition“ trägt den Charakter eines Lehrwerks und kann als Arbeitsgrundlage für seine Ansbacher Zeit gelten. Typisch|franz. Merkmale dieser Musik sind die knappe Form in klarer Taktperiodik und eine vom Tanz her bestimmte Rhythmik, eingebunden in den 5stimmigen Satz Lullys. Während der nächsten Jahrzehnte vollzog sich in K.s Werken ein Stilwandel, besonders in seinen Opern wächst der ital. Einfluß, für den A. Steffani als Vorbild genannt werden kann. Die Melodielinie wird um Koloraturen bereichert, der Instrumentalsatz ist nicht mehr genormt, sondern häufig durch obligate Instrumente variabel besetzt und durch prägnante Baßführung rhythmisch aufgelockert, die Da-capo-Form gewinnt an Bedeutung. Zeugnis für diesen Stilwandel sind die beiden gedruckten Ariensammlungen aus den Opern „Ariadne“ (1692) und „Erindo“ (1693) sowie die 3 Sammlungen von Orchestersuiten „Apollon“, „La Festin“ und „La Cicala“ von 1700. Die beiden letzteren zeigen bereits den 4stimmigen Orchestersatz nach ital. Vorbild.

  • Werke

    Ausgaben: Orchester-Suite Nr. 4 aus „Composition de Musique“, hrsg. v. H. Osthoff, in: Nagels Musikarchiv, Nr. 100;
    Arien, Duette u. Chöre aus „Erindo“, hrsg. v. dems., in: Das Erbe dt. Musik, Landschaftsdenkmale Schleswig-Holstein III, 1938.

  • Literatur

    ADB IV (unter Cousser);
    J. Sittard, Zur Gesch. d. Musik u. d. Theaters am Württ. Hofe, 1890;
    H. Scholz, f. S. K., 1911;
    G. F. Schmidt, Die frühdt. Oper, 1934;
    W. Schulze, Die Qu. d. Hamburger Oper, 1938;
    H. Ch. Wolff, Die Barockoper in Hamburg, 2 Bde., 1957;
    R. Brockpähler, Hdb. z. Gesch. d. Barockoper in Dtld., 1964;
    MGG VII (W);
    Riemann.

  • Autor/in

    Klaus Zelm
  • Zitierweise

    Zehn, Klaus, "Kusser, Johann Sigismund" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 342-343 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd101380151.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Cousser: Johann Siegmund C., eigentlich Kusser, doch nach seinem eigenen Vorgange meist wie voranstehend geschrieben; genialer Musiker, Operncomponist, besonders ausgezeichneter Capellmeister. Er stammte aus Preßburg, war der Sohn des dortigen gut renommirten Cantors und Componisten Johann Kusser und wird um 1657 geboren sein. Der bekannte Operncomponist Daniel Gottlieb Treu war sein Neffe und nachmals auch sein Schüler im Contrapunkt. Höchst begabt und tüchtig, aber von unruhigem Geiste, der ihn an keinem Orte lang ausdauern ließ, reiste er anfangs als Instrumentalmusiker umher und war in verschiedenen Capellen angestellt; dann ging er nach Paris zu Lully, um mit der französischen Opernmanier und Instrumentalmusik sich bekannt zu machen, und soll daselbst, von Lully sehr geschätzt, sechs Jahre sich aufgehalten haben. Gegen Ende des Jahres 1691 finden wir ihn als Kapellmeister und Componisten bei der braunschweig-wolfenbüttel’schen Oper, wo folgende von ihm componirte Werke über die Bühne gingen: 1692, „Ariadne", „Jason", beide von Bressand gedichtet; „Narcissus“ von Fiedler; 1693, „Porus“ von Bressand. Leider konnte er mit Bressand sich nicht vertragen (s. Chrysander Jahrb. I, 191), auch mag der Hofdienst ihm unbequem gewesen sein, daher verließ er wahrscheinlich aus diesen Gründen Wolfenbüttel schon 1693, nach nur etwa anderthalbjährigem Aufenthalte. Noch in demselben Jahre übernahm er, in Verbindung mit Jakob Kremberg und an Stelle des zeitweilig abtretenden Gerhard Schott, die Direction der deutschen Oper zu Hamburg, für welche nun, mit Cousser's Leitung, die Zeit der Blüthe begann. Wohlvertraut mit der italienischen Gesangmanier und nicht minder bewandert im französischen Geschmacke, dem er besonders in Instrumentalsachen sehr zugethan war, dabei ein Capellmeister „wie man seines Gleichen nie gesehen hatte“, brachte er bald, soweit die Verhältnisse es irgend zuließen, eine weit bessere Ordnung und Haltung in das bisherige zügellose und dilettantenmäßige Musiktreiben bei der Oper. Die gute Art zu singen, welche er nach Hamburg mitbrachte und an der Bühne einführte, war dort noch etwas ganz Neues, und auch sonst war er äußerst bemüht, die ganze Musikübung auf eine höhere Stufe zu bringen und nach italienischem Geschmacke einzurichten (Mattheson. Chrenpf. 189). Die Mittel, alle Ausführenden, und selbst gegen ihren Willen, seinen Absichten fügsam zu machen, besaß er in einem Grade, wie nur jemals ein Capellmeister sie besessen haben kann. „Der ehemalige wolfenbüttel’sche Capellmeister J. S. Cousser besaß in diesem Stücke eine Gabe, die unverbesserlich war, und dergleichen mir noch nie wieder aufgestoßen ist“, sagt Mattheson, Capellm. 480; „Er war unermüdlich im Unterrichten, ließ alle Leute, vom größesten bis zum kleinesten, die unter seiner Aufsicht standen, zu sich ins Haus kommen; sang und spielte ihnen eine jede Note vor, wie er sie gerne herausgebracht wissen wollte; und solches alles bei einem jeden insbesondere, mit solcher Gelindigkeit und Anmuth, daß ihn Jedermann lieben, und für treuen Unterricht höchst verbunden sein mußte. Kam es aber von der Anführung zum Treffen und zur öffentlichen Aufführung oder Probe, so zitterte und bebte fast Alles vor ihm, nicht nur im Orchester, sondern auch auf dem Schauplatze: da wußte er Manchem seine Fehler mit solcher empfindlichen Art vorzurücken, daß diesem die Augen dabei oft übergingen. Hergegen besänftigte er sich auch alsofort wieder, und suchte mit Fleiß eine Gelegenheit, die beigebrachten Wunden durch eine ausnehmende Höflichkeit zu verbinden. Auf solche Weise führte er Sachen aus, die vor ihm Niemand hatte angreifen dürfen. Er kann zum Muster dienen.“ Nicht minder hoch stellt Mattheson (Ehrenpf. 146) seine treffende Auffassung der verschiedenen Componisten je nach ihren besonderen Eigenthümlichkeiten; und als nun Keiser kam, fand er den Boden soweit vorbereitet, daß er seine blüthenreiche Saat mit Erfolg darin ausstreuen konnte. Opern von Cousser's Composition sind in Hamburg in Scene gegangen: 1693 „Erindo"; 1694 „Porus"; „Pyramus und Thisbe“ (ob zur Aufführung gekommen, ist zweifelhaft); „Scipio|Africanus"; 1695 kam sein für Braunschweig componirter „Jason“, aber „nach dem Hamburger Humeur“ abgeändert, noch einmal auf die Bühne und war seine letzte Oper, welche über den dortigen Schauplatz ging. Er selbst verließ Hamburg 1696, in welchem Jahre Schott wieder die Direction der Oper übernahm. Hierauf soll er, getrieben von rastlosem Drange nach immer weiterer Vervollkommnung, noch zweimal in Italien gewesen sein; dann nach England hin verschlagen, beschäftigte er sich zuerst in London mit Unterrichten und Concertgeben, bis er 1710 zu Dublin Capellmeister am Trinity-College wurde, in welchem Amte er, fleißig mit theoretischen Studien beschäftigt und hochangesehen wegen seiner künstlerischen und menschlichen Tüchtigkeit, bis zu seinem 1726 erfolgten Tode verblieb. Nach Chrysander, Jahrb. I, 192 ist er schon 1696, also von Hamburg aus, mit Kremberg nach England gegangen, mithin mag er seine italienischen Ausflüge von dort aus unternommen haben; daß er noch aus Irland nach Stuttgart gekommen sei und daselbst seinen jungen Neffen Daniel Treu unterrichtet habe, erzählt Mattheson, Ehrenpf. 371. Gedruckt ist von seinen Compositionen nur wenig: „Apollon enjoué, cont. 6 Ouvertures de Théâtre, accomp. de plusieurs Airs“, 1700; „Heliconische Musenlust in der Oper Ariadne“, 1700; „A Serenade to be represented on tbe Birth-Day of H. M. George etc.“, 1724. Eine zu London von ihm componirte Ode auf den Tod der Arabella Hunt scheint nicht gedruckt zu sein.

  • Autor/in

    v. Dommer.
  • Zitierweise

    Dommer, Arrey von, "Kusser, Johann Sigismund" in: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 535-537 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd101380151.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA