Lebensdaten
1780 – 1843
Geburtsort
Karlsruhe
Beruf/Funktion
Mathematiker ; Physiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 100710158 | OGND | VIAF: 54499331
Namensvarianten
  • Wucherer, Gustav Friedrich
  • Wucherer, G. F.
  • Wucherer, G. Fr.
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Quellen(nachweise)

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Wucherer, Gustav Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd100710158.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Wucherer: Gustav Friedrich W., Mathematiker und Physiker, geboren am 24. Januar 1780 in Karlsruhe, am 5. April 1843 ebendaselbst, Sohn von Wilhelm Friedrich W. (19. I. 1743—21. VII. 1816), welcher bis 1807 als Professor der Mathematik am Karlsruher Gymnasium lehrte, dann Vorlesungen an der Universität Freiburg hielt, während des Karlsruher Aufenthaltes auch Mitglied der obersten evangelischen Kirchenbehörde war. W. erbte alle Neigungen seines Vaters, durch den er in den Schuljahren seine Vorbildung erhielt. Er bezog 1799 die Universität Tübingen, um Theologie zu studiren, hörte aber auch die mathematischen und physikalischen Vorlesungen von Pfleiderer (s. A. D. B. XXV, 678) und Bohnenberger (III, 81—82). Nach im J. 1802 bestandener Prüfung fand er in Karlsruhe Verwendung im kirchlichen und Schuldienste, wo gerade eine Lücke auszufüllen war. 1807 erhielt W. die Pfarrei Rusheim bei Karlsruhe, aber noch bevor er die erste Quartalbesoldung zu erhalten hatte, wurde er in eine weit wichtigere Stellung versetzt. Freiburg, die bisherige Hauptstadt von Vorder-Oesterreich, war unter dem Großherzog Karl Friedrich von Baden mit dessen Landen vereinigt worden. Eine evangelische Gemeinde entstand in der alten Bischofsstadt und ein Seelsorger mußte an deren Spitze treten, mußte zugleich von solcher geistigen Bedeutung sich erweisen, daß er in der katholischen Universitätsstadt keine untergeordnete Rolle spielte. Zu dieser Stellung wurde W., obgleich erst 27 Jahre alt, ausersehen. Man ernannte ihn zum evangelischen Stadt- und Universitätsprediger in Freiburg und verpflichtete ihn zugleich zu Vorlesungen über Physik. W. trat in die Doppelstellung ein. Seine Eltern begleiteten ihn bei der Uebersiedelung und starben beide in seinem Hause. Ein physikalisches Cabinet war damals in Freiburg so gut wie nicht vorhanden, und was da war, das war durch Verwahrlosung unbrauchbar geworden. Ersatzstücke wurden aus den Klöstern Salem, St. Blasien, St. Peter herbeigeschafft, hergestellt, catalogisirt, und dazu sowie zu den Vorlesungsversuchen standen jährlich 75 Gulden (nicht ganz 130 Mk.) zu Wucherer's Verfügung. Er leistete mit diesen geringen Mitteln das Mögliche und ersetzte durch fesselnden Vortrug, was er an Versuchen ersparen mußte. 1813 brachte W. die Ernennung zum ordentlichen Professor der Physik und Technologie, während seine Pfarrstellung unverändert blieb, von welcher er erst 1818 und auf vieles Bitten enthoben wurde. Inzwischen hatte W. sich um die Universität, der er angehörte, sehr große Verdienste erworben. Gegen Ende des Jahres 1816 ging das Gerücht von der drohenden Auflösung der Universität Freiburg. Professor Schaffroth, der damalige Prorector, wurde in Begleitung von W. nach Karlsruhe geschickt, um den Streich abzuwenden. Wochenlang nicht vorgelassen, erhielten sie endlich durch Vermittelung der Markgräfin Amalie eine Audienz, bei deren nicht leicht zugänglichem Sohne, Großherzog Karl, der sich dahin aussprach, man werde es wohl beim Alten bewenden lassen müssen. Das war ein Trost, aber ein schlechter, denn ein Bewendenlassen beim Alten, das hieß die erledigten Lehrstellen nicht neu besetzen, keinerlei neue Aufwendungen machen, die Hochschule zu Grunde gehen lassen. W. wurde für das Studienjahr 1817 bis 1818 zum Prorector gewählt. Eine neue Eingabe an die Staatsregierung wurde entworfen, W. nach Karlsruhe abgesandt, Vertreter der städtischen Behörden Freiburgs begleiteten ihn, abermals wirkte Markgräfin Amalie im Sinne der Abordnung, und nun war die Universität endgiltig gerettet. In Freiburg herrschte großer Jubel, der die vorhandenen Schranken zwischen Bürger- und Professorenkreisen niederwarf; W. insbesondere war der Mann des Tages. Er benutzte seine Volksthümlichkeit zur Begründung eines Polytechnischen Institutes aus Privatmitteln, welches er vier Jahre hindurch selbst erhielt und erst 1822 kam er um eine Staatsunterstützung von 3000 Gulden (etwa 5143 Mk.) ein. Inzwischen war Böckmann (s. A. D. B. II, 788) im Juni 1821 gestorben und W. an dessen Stelle als Professor der Physik berufen worden. Der Uebergang von der Universität an ein Gymnasium wurde durch eine damit verbundene Gehaltserhöhung aufgewogen, und W. entschloß sich zur Uebersiedelung nach Karlsruhe. Von dem Augenblicke an, daß W. Freiburg verließ, ging es mit dem Polytechnischen Institute abwärts. Es schlief ein. Aber in Regierungskreisen hatte man doch einsehen gelernt, was eine solche Anstalt, wenn gut geleitet und ausgestattet, zu leisten vermöge, und man beschloß die Gründung eines Polytechnikums in Karlsruhe. Hatte man doch in W. eine Persönlichkeit zur Hand, der ähnliches schon einmal ins Leben gerufen hatte. Er wurde mit der Entwerfung der Satzungen betraut und ihm die Direction der am 1. December 1825 eröffneten neuen Landesanstalt|übertragen. Seit 1823 kränkelte aber W. anhaltend, und das mochte die natürliche Reizbarkeit seines Charakters noch verschärfen. Eine ohne sein Wissen getroffene Satzungsänderung, derzufolge in der Leitung des Polytechnikums ein jährlicher Wechsel stattfinden und der Director durch das Lehrercollegium gewählt werden sollte, erbitterte W. aufs tiefste und rief jahrelangen Kampf zwischen ihm und der Anstalt beziehungsweise der Staatsbehörde hervor, welcher 1834 mit einem Stellentausche zwischen W. und Seeber (s. A. D. B. XXXIII, 565 bis 566) endigte. Letzterer ging an das Karlsruher Polytechnikum über, ersterer erhielt neuerdings die Freiburger Professur der Physik. Als solcher war er thätig bis ein Ende 1841 erlittener Schlaganfall seine Leistungsfähigkeit hemmte. Gelähmt kehrte er im August 1842 nach seiner Vaterstadt Karlsruhe zurück, die Geisteskräfte nahmen langsam aber stetig ab. Ein achtmonatliches Hinwelken leitete seinen Tod ein. W. war ein vorzüglicher Organisator, ein beliebter Lehrer. Seine schriftstellerische Thätigkeit war fruchtbar, ohne die Wissenschaft sonderlich zu fördern.

    • Literatur

      Vgl. Neuer Nekrolog der Deutschen, 21. Jahrg. 1843, Th. I, 257—277. — Poggendorff, Biogr.-litterar. Handwörterbuch II, 1371—1372. — Badische Biographien, herausgegeben von Fr. v. Weech II, 522.

  • Autor/in

    Cantor.
  • Zitierweise

    Cantor, Moritz, "Wucherer, Gustav Friedrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 44 (1898), S. 261-263 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd100710158.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA