Giesler, Paul
Giesler, Paul Heinrich Hermann
1895 – 1945
SA-Führer, NS-Gauleiter, Bayerischer Ministerpräsident
- Lebensdaten
- 1895 – 1945
- Geburtsort
- Siegen
- Sterbeort
- Bischofswiesen
- Beruf/Funktion
- SA-Führer ; Gauleiter ; Bayerischer Ministerpräsident ; Architekt ; Politiker ; Soldat ; Funktionär
- Konfession
- evangelisch-lutherisch, später „gottgläubig“
- Normdaten
- GND: 1163130303 | OGND | VIAF: 57409158
- Namensvarianten
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- Giesler, Paul Heinrich Hermann
- Giesler, Paul
- Giesler, Paul Heinrich Hermann
Biografische Lexika/Biogramme
Quellen(nachweise)
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Porträt(nachweise)
Verknüpfungen
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Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel
- Adolf Hitler (1889–1945)
- Adolf Wagner (1890–1944)
- Christoph Probst (1919–1943)
- Ernst Röhms (1887–1934)
- Gotthold Reinhardt (geb. 1871)
- Gustav Vitt (1895–1960)
- Hans Scholl (1918–1943)
- Heinrich Himmlers (1900–1945)
- Heinrich Hoffmann
- Josef Wagner (1899–1945)
- Ludwig Siebert (1874–1942)
- Martin Bormanns (1900–1945)
- Sophie Scholl (1921–1943)
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Als langjähriger SA-Führer wurde Paul Giesler 1941 zum Gauleiter von Westfalen-Süd ernannt und im Folgejahr nach München berufen, wo er das Amt des Gauleiters von München-Oberbayern und die Leitung der Bayerischen Staatsregierung übernahm. Seinem Förderer Adolf Hitler (1889–1945) bis zuletzt loyal ergeben, nahm er sich kurz vor der deutschen Kapitulation das Leben.
Lebensdaten
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Lebenslauf
15. September 1895 - Siegen -
Genealogie
Vater Jacob Wilhelm Hermann Giesler 1866–1941 aus Siegen; Architekt Großvater väterlicherseits Johannes Jacob Giesler 1834–1891 aus Oberhees bei Siegen; Kutscher Großmutter väterlicherseits Henriette Giesler, geb. Sauer 1843–1933 Hausfrau Mutter Luise Giesler, geb. Faust 1870–1945 Hausfrau Großvater mütterlicherseits Jakob Faust 1840–1876 Architekt aus Freudenberg Großmutter mütterlicherseits Anna Margarethe Faust 1839–1914 Hausfrau Bruder Ernst Giesler 1893–1968 Kaufmann Bruder Hermann Giesler 1898–1987 Architekt; 1931 NSDAP; seit 1938 Generalbaurat für die Neugestaltung Münchens als „Hauptstadt der Bewegung“; 1941–1945 führender Mitarbeiter der Organisation Todt Bruder Alfred Giesler 1903–1954 Lehrer Heirat 26.5.1921 in Weidenau Ehefrau Wilhelmine Margarethe Giesler, geb. Patt 1896–1945 Schwiegervater Friedrich Jakob Karl Patt 1859–1913 aus Haardt (Weidenau), Bäckermeister, Hotelier Schwiegermutter Johanna Emma Therese Patt, geb. Keller 1868–1945 Kinder keine Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Giesler, Paul (1895 – 1945)
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Vater
Jacob Wilhelm Hermann Giesler
1866–1941
aus Siegen; Architekt
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Großvater väterlicherseits
Johannes Jacob Giesler
1834–1891
aus Oberhees bei Siegen; Kutscher
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Großmutter väterlicherseits
Henriette Giesler
1843–1933
Hausfrau
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Mutter
Luise Giesler
1870–1945
Hausfrau
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Großvater mütterlicherseits
Jakob Faust
1840–1876
Architekt aus Freudenberg
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Großmutter mütterlicherseits
Anna Margarethe Faust
1839–1914
Hausfrau
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Bruder
Ernst Giesler
1893–1968
Kaufmann
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Bruder
1898–1987
Architekt; 1931 NSDAP; seit 1938 Generalbaurat für die Neugestaltung Münchens als „Hauptstadt der Bewegung“; 1941–1945 führender Mitarbeiter der Organisation Todt
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Bruder
Alfred Giesler
1903–1954
Lehrer
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Heirat
in
Weidenau
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Ehefrau
Wilhelmine Giesler
1896–1945
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Biografie
Giesler meldete sich nach Erreichen der Unterprima auf der Realschule Siegen im August 1914 als Freiwilliger zur preußischen Armee und war bis zum Ende des Ersten Weltkriegs v. a. an der Westfront eingesetzt (zuletzt Leutnant der Reserve). Von 1919 bis 1921 absolvierte er in Darmstadt eine Ausbildung zum Architekten und arbeitete anschließend bis 1933 in seiner Heimatstadt in diesem Beruf. Während der 1920er Jahre war er in mehreren rechtsnational orientierten Kriegervereinen in führender Funktion tätig und trat 1922 (erneut 1928) der NSDAP bei, für die er in Westfalen als Redner und Wahlkämpfer auftrat.
Gieslers eigentliche Heimat in der NS-Bewegung wurde Anfang der 1930er Jahre die SA, an deren organisatorischem Aufbau im Siegerland (Westfalen) er sich maßgeblich beteiligte. Unter seiner Führung ging die SA im Umfeld der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 brutal gegen Gegner aus dem linken politischen Spektrum vor, die Gewalt richtete sich aber auch gegen bürgerliche Eliten wie den Geschäftsführer der Siegener „Volks-Zeitung“ Gustav Vitt (1895–1960) und den fürstlich-berleburgischen Kammer- und Forstdirektor Gotthold Reinhardt (geb. 1871). Als bestimmende Figur der NSDAP im Siegerland wurde Giesler im November 1933 für den Wahlkreis Westfalen-Süd in den Reichstag gewählt, dem er bis zum Ende des „Dritten Reichs“ angehörte.
Im Rahmen des „Röhm-Putsches“ vom 30. Juni 1934 von dem Gauleiter von Westfalen-Süd, Josef Wagner (1899–1945), als Anhänger Ernst Röhms (1887–1934) bezichtigt, musste Giesler auf Weisung der Obersten SA-Führung sein Betätigungsfeld in Westfalen verlassen, konnte nach dem Freispruch vor dem Obersten Parteigericht der NSDAP im April 1935 seine SA-Karriere aber fortsetzen. Nach einjähriger Tätigkeit als Führer in Oldenburg wurde er im September 1936 zum Stabsführer der SA-Gruppe Hochland in München ernannt und leitete nach der Okkupation Österreichs seit Juni 1938 die SA-Gruppe Alpenland mit Sitz in Linz.
Giesler nahm 1939/40 als Hauptmann an den Feldzügen gegen Polen und Frankreich teil. Im November 1941 ernannte ihn Adolf Hitler (1889–1945), in dessen Gunst er und sein Bruder Hermann (1898–1987) standen, zum Nachfolger des in Ungnade gefallenen Josef Wagner. Zugleich Protegé Martin Bormanns (1900–1945), gehörte Giesler einer neuen Generation von Gauleitern an, die wesentlich enger an die Parteikanzlei angebunden waren, als etwa der langjährige Gauleiter von München-Oberbayern, Adolf Wagner (1890–1944), dessen Nachfolge Giesler im Juni 1942 antrat.
Nach dem Tod des Bayerischen Ministerpräsidenten Ludwig Siebert (1874–1942) übernahm Giesler auch dessen Ämter und vereinigte damit alle bayerischen Ministerien auf seine Person. In seiner Amtsausübung weitgehend auf das Gebiet seines Parteigaus fokussiert, arbeitete er im Sinne der NSDAP auf die Beseitigung der Reststaatlichkeit Bayerns hin, dessen Gebiet spätestens nach Kriegsende in Reichsgaue aufgeteilt werden sollte.
Im Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich Gieslers Politik als Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar v. a. auf die Bewältigung der Folgen des Luftkriegs, die Aufrechterhaltung der Lebensmittelversorgung und die Mobilisierung aller personellen und materiellen Ressourcen für Kriegsrüstung und Wehrmacht. Eine Rede Gieslers anlässlich der 470-Jahrfeier der Ludwig-Maximilians-Universität München am 13. Januar 1943, in der er die anwesenden Frauen aufforderte, Kinder zu gebären, anstatt zu studieren, rief heftige Proteste der Studentenschaft hervor, die im sechsten Flugblatt der Widerstandsgruppe Weiße Rose aufgegriffen wurden. Kurze Zeit später war Giesler die treibende Kraft hinter den raschen Todesurteilen gegen Christoph Probst (1919–1943), Hans Scholl (1918–1943) und Sophie Scholl (1921–1943).
Den unmittelbar vor Einmarsch der US-Armee in München erfolgten Aufstandsversuch der „Freiheitsaktion Bayern“ ließ Giesler Ende April 1945 mithilfe von Einheiten der SS und des „Volkssturms“ niederschlagen, wobei – u. a. während der „Penzberger Mordnacht“ – rund 60 Personen ermordet wurden. Im Testament Hitlers zum Nachfolger Heinrich Himmlers (1900–1945) als Reichsminister des Innern bestimmt, flüchtete Giesler am 30. April 1945 aus München und nahm sich mit seiner Frau unter ungeklärten Umständen in der Nähe von Berchtesgaden das Leben.
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Auszeichnungen
vor 1919 Eisernes Kreuz II. Klasse vor 1919 Eisernes Kreuz I. Klasse 1919 Mitglied im Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten 1920 Mitglied im Jungdeutschen Orden 1939 Spange zum Eisernen Kreuz -
Quellen
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Bestand Staatskanzlei; Bestände der von Giesler geleiteten bayerischen Ministerien des Innern, der Finanzen, für Wirtschaft, für Unterricht und Kultus sowie der Staatskanzlei (Ministeramt).
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, Bestand BDC. (Personalunterlagen)
Staatsarchiv München, Bestand NSDAP.
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Literatur
Winfried Müller, Gauleiter als Minister. Die Gauleiter Hans Schemm, Adolf Wagner, Paul Giesler und das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus 1933–1945, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 60 (1997), S. 973–1021.
Renate Frühling, Paul Giesler. Eine Karriere im Nationalsozialismus, in: Siegener Beiträge 5 (2000), S. 135–154.
Dieter Pfau, Christenkreuz und Hakenkreuz. Siegen und das Siegerland am Vorabend des „Dritten Reiches“, 2001.
Michael Früchtel, Der Architekt Hermann Giesler. Leben und Werk (1898–1987), 2008.
Ulla-Britta Vollhardt, Art. „Giesler, Paul“, in: Hermann Weiß (Hg.), Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, überarb. Neuausg., 22011, S. 146.
Daniel Rittenauer, Das Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten in der NS-Zeit, 2018, S. 304–341.
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Onlineressourcen
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Porträts
Fotografien, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek München, Sammlung Heinrich Hoffmann.
Fotografie, ca. 1933, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. IX. Wahlperiode 1933, hg. v. Büro des Reichstags, 1934, S. 404. (Onlineressource)
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Autor/in
→Daniel Rittenauer (München)
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Zitierweise
Rittenauer, Daniel, „Giesler, Paul“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/1163130303.html#dbocontent