Lebensdaten
1736 – 1811
Beruf/Funktion
hannoverischer Feldmarschall
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 130253219 | OGND | VIAF: 67568524
Namensvarianten
  • Wallmoden, Ludwig Graf von
  • Wallmoden-Gimborn, Johann Ludwig Graf von
  • Wallmoden-Gimborn, Ludwig Graf von
  • mehr

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Wallmoden-Gimborn, Ludwig Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd130253219.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Wallmoden: Johann Ludwig, Graf von W.-Gimborn, kurfürstlich braunschweig-lüneburgischer Feldmarschall und commandirender General der gesammten königlich-kurfürstlichen Truppen, wurde am 27. April 1736 zu Hannover geboren. Seine Mutter war die Gemahlin des Oberhauptmann Adam Gottlieb v. W. (geboren 1704, 1756) und die Tochter einer Generalin v. Wendt. eine Großnichte der alten Gräfin Platen, welche die Maitresse des Kurfürsten Ernst August von Hannover war, und eine Nichte der Tochter derselben, welche im nämlichen Verhältnisse zu dessen Sohne, König Georg I. von England, stand. Sie selbst ward wieder die Maitresse des Sohnes des letzteren, des Königs Georg II. Als dessen Gemahlin, Karoline von Brandenburg-Ansbach, am 1. December 1737 gestorben war, ging sie nach England, wo der König ihr am 1. April 1739 den Titel einer Gräfin Yarmouth beilegte, und am königlichen Hofe von Saint-James wuchs beider Sohn unter dem Namen „Monsieur Louis“ auf. Der Oberhauptmann v. W. ließ sich von seiner ungetreuen Gattin scheiden, welche 1765, fünfundfünfzigjährig, zu Hannover starb. Der junge W. zeigte gute Anlagen und Neigung für den Soldatenstand. Als Herzog Ferdinand von Braunschweig den Oberbefehl auf dem westlichen Schauplatze des siebenjährigen Krieg's übernommen hatte, erscheint er in dessen Gefolge. Im Februar 1758 fragt der Herzog seinen Geheimschreiber Westphalen, welcher Titel dem jungen W. auf der Adresse zu geben sei und im April sendet er letzteren mit seinem Operationsplane nach England, von wo aus W. ihm während des Sommers Mittheilungen macht (v. Westphalen, Geschichte der Feldzüge des Herzogs Ferdinand von Braunschweig Lüneburg, II. Berlin 1859). Martin Ernst v. Schlüssen (A. D. B. XXI, 516), welcher damals mit W. zusammen diente, nennt ihn in „Nachrichten von einigen Häusern des Geschlechtes von Schlichen,“ Cassel 1784 (Seite 447) den besten Gefährten im Treffen und bei Langeweile. Schon 1759 wurde W Oberst und Commandeur des Cavallerieregiments Garde du Corps (1763 Leibgarde-Regiment) und 1761 Generalmajor Als der Friede geschlossen war, unternahm er größere Reisen, sammelte Kunstschätze, besuchte Schlachtfelder und Festungen, ward Gesandter am kaiserlichen Hofe zu Wien, erwarb 1782 vom Fürsten Schwarzenberg um einen viel zu hohen Preis die geringwerthige Grafschaft Gimborn-Neustadt (F. E. v. Mering, Geschichte der Burgen in den Rheinlanden, XI. Heft, Seite 11, Köln 1853), eine dereinst für den Grafen Kolbe Wartenberg geschaffene territoriale Mißbildung des absterbenden Reiches, erhielt vom Kaiser Josef II. am 17. Januar 1783 ein Grafendiplom und wurde als Reichegraf in das westfälische Grafencollegium eingeführt. Der Kauf bildete den Hauptgrund zu den finanziellen Schwierigkeiten, in welche W. später gerieth, und die nach dem Jahre 1803 einen vollständigen Vermögensverfall für ihn herbeiführten; der damals eintretende Zusammenbruch aller wirthschaftlichen Verhältnisse, welcher durch die französische Aussaugung verursacht wurde, traf ihn vernichtend. Sein Ziel bei dem Kaufe war wol der Wunsch gewesen dem hohen Adel anzugehören, wie er es seiner vermeintlich vornehmen Geburt angemessen erachtete (v. Ompteda, Ein englisch-hannoverscher Officier vor hundert Jahren, Seite 193, Leipzig 1892). Nach seiner in der Mitte der achtziger Jahre erfolgten Rückkehr in den praktischen Dienst, neben welchem er das Amt des Oberstallmeisters wahrnahm, lebte er in Hannover auf großem Fuße, im Winter in seinem am Markte belegenen, später dem Brauer Bornemann gehörenden Hause, im Sommer in einem prächtigen, an der Südseite der Herrenhausener Allee belegenen Landhause, dem jetzigen Palais im Georgengarten, welcher lange Wallmodengarten hieß. Dort befand sich auch eine von ihm aus Italien mitgebrachte Sammlung von Statuen und Büsten, welche nach dem Jahre 1815 die Regierung kaufte; bald darauf ward am 1. September 1818|seine Gemäldesammlung versteigert, deren werthvollstes Stück, eine Venus von Paul Veronese, welche W. mit 2200 Ducaten bezahlt hatte, bei der Ungunst der Zeiten für 1100 Thaler nach England ging (B. Hausmann, Erinnerungen aus dem achtzigjährigen Leben eines hannoverschen Bürgers, Seite 107, 109, Hannover 1873). Seit 1766 war er mit einem Fräulein v. Wangenheim verheirathet, welche 1783 starb; 1788 vermählte er sich zum zweiten Male mit einer Tochter des sachsen-gothaischen Ministers Freiherrn v. Liechtenstein.

    Als im Frühjahr 1793 ein hannoversches „Auxiliarcorps“ von 13 000 Mann unter dem Oberbefehle des Feldmarschalls von Freytag (s. A. D. B. VII, 374) in englischem Solde, um am Kriege gegen die französische Republik theil zu nehmen, nach den Niederlanden ging, führte W., damals General der Cavallerie und Chef des Leibgarde-Regiments, in seiner Doppelstellung als Officier und Hofmann das Leben eines großen Herren; in der hannoverschen Gesellschaft spielte er, obgleich er bei weitem nicht die höchstgestellte Persönlichkeit war, die erste Rolle. Der bevorstehende Krieg weckte seinen militärischen Ehrgeiz und seinem Wunsche entsprechend wurde er zur Theilnahme am Feldzuge befehligt. Auf einen unverdächtigen Gewährsmann sich stützend, der W. genau kannte und den maßgebenden militärischen Kreisen angehörte, schildert W. von Hassell in „Das Kurfürstenthum Hannover vom Baseler Frieden bis zur preußischen Occupation im J. 1806“ (Hannover 1894) ihn als einen Officier, welcher durch das Studium kriegswissenschaftlicher Werke und durch eigene, auf vielfachen Reisen gewonnene Anschauung eine Menge von Kenntnissen, sogar in den Einzelheiten der Festungsbaukunst, erworben und damit gern geprunkt habe, der aber im Grunde mehr Diplomat und Hofmann als Soldat gewesen sei; vom grünen Tische aus habe er langathmige Befehle und kleinliche Dienstvorschriften erlassen, aber Kampfesfreude und mannhafte Entschlossenheit hätten ihm gefehlt und mit strategischen Scheingründen habe er später seine rückgängigen Bewegungen zu rechtfertigen gesucht. Den günstigen Zufall, welcher ihm als Gehilfen in dem nun beginnenden Kriege einen Scharnhorst an die Seite gegeben hatte, wußte er nicht zu benutzen. Er mochte wol nicht für möglich halten und sich selbst nicht eingestehen wollen, daß des Bauern Sohn den Königssprößling an Geist und Herz weit überragte.

    Im Hauptquartier des Feldmarschalls v. Freytag hatte W. einen festbegrenzten Wirkungskreis zunächst nicht, dagegen verschafften seine militärischen Kenntnisse, seine weltmännische Gewandtheit und sein Selbstbewußtsein ihm bald einen überwiegenden Einfluß auf die Entschließungen und Maßnahmen des Oberbefehlshabers der englischen und in englischem Solde stehenden Truppen, des achtundzwanzigjährigen Herzogs von York, eines Sohnes König Georg's III., und das Verhältniß, in welches W. zum Herzoge trat, trug dazu bei das zwischen diesem und Freytag bestehende Verhältniß, welches von vornherein nicht war wie es sein sollte, so zu gestalten, daß Freytag im October 1793 den Kriegsschauplatz verließ.

    An seiner Stelle übernahm W. den Oberbefehl über das Auxiliarcorps, welches nach einem neuen zwischen England und dem Kurfürstenthume geschlossenen Uebereinkommen im nächsten Jahre auf einen Stand von 18 000 Mann gebracht werden sollte, in Wirklichkeit aber noch hinter der ursprünglich festgesetzten Stärke weit zurückblieb. Dieser Feldzug, der von 1794, in dessen Beginn die Selbstbefreiung der Besatzung von Menin unter dem Hannoveraner Hammerstein (s. A. D. B. X. 492) fällt, verlief höchst unglücklich. Während der verlorenen Schlacht bei Tourcoing am 17./18. Mai war W. krank, bald darauf hatte er in einem bei Pont-à-Chin am 22. d. M. gelieferten Gefechte einen Erfolg, dann aber ging es unaufhaltsam rückwärts bis hinter die Waal,|wobei er das erste Treffen des englisch-combinirten Heeres befehligte. Als der Winter gekommen war, hielt der Herzog von Hort den Feldzug für beendet, schützte dringende Geschäfte vor und ging am 2. December nach England. W. übernahm an seiner Stelle den Oberbefehl, mit der Einschränkung jedoch, daß er den englischen Nationaltruppen unmittelbare Befehle nicht ertheilen durfte, sondern sich zu solchem Behufe zuvor mit ihrem Höchstcommandirenden ins Einvernehmen setzen mußte. General Pichegru, welcher an der Spitze des französischen Heeres stand, dachte anders als der Herzog. Von den holländischen Patrioten gerufen ging er von neuem angriffsweise vor und veranlaßte W. im Anfange des Monats Januar 1795 einen Rückzug anzutreten, welcher ihn unter großen Schwierigkeiten und Entbehrungen bis hinter die Ems führte. Ende April machte der am 5. d. M. zu Basel abgeschlossene Friede den Feindseligkeiten ein Ende. Als darauf, um die Neutralität des nordwestlichen Deutschland vor Verletzungen durch die Franzosen zu sichern, im Frühjahr 1796 eine preußisch-hannoversche Observationsarmee unter dem Herzoge Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig aufgestellt wurde, erhielt W. das Commando der zu derselben gehörenden hannoverschen Truppen in der Stärke von 15 000 Mann mit dem Generalquartiere zu Hoya. Bevor aber diese Armee aufgelöst wurde, erfolgte, nachdem am 2. Januar 1798 Feldmarschall v. Freytag mit Tode abgegangen war, Wallmoden's Ernennung zum commandirenden General Seiner Majestät sämmtlichen deutschen Truppen und am 2. Mai d. J. die Beförderung zum Feldmarschall. Daneben übernahm er, als im J. 1799 die Gräfin Juliane zu Schaumburg-Lippe, welche seit dem 1787 erfolgten Tode ihres Gemahls an Stelle ihres minderjährigen Sohnes, des nachmaligen Herzogs Georg, die Regierung geführt hatte, gestorben war, bis zu des letzteren im J. 1807 eingetretener Volljährigkeit die Vormundschaft, deren Mitglied er bis dahin gewesen war, allein.

    W. brachte für das ihm übertragene militärische Commando mancherlei gute Eigenschaften mit, die wichtigsten aber gingen ihm ab. Außer den schon früher an ihm gerühmten Kenntnissen besaß er, neben Pflichttreue und Diensteifer, in hohem Grade die Gabe, die ihm gehaltenen Vorträge schnell und richtig aufzufassen und auf Grund derselben sich eine Meinung zu bilden, es fehlten ihm aber oft der Wille und die Entschlossenheit diese Meinung durchzuführen und nicht selten stiegen alsbald Zweifel in ihm auf, wegen deren die Verwirklichung seiner Absichten unterblieb. Trotz eines ihm innewohnenden, stark ausgeprägten Selbstbewußtseins ordnete er seine richtigeren Ansichten und sein besseres Wollen vielfach den Rathschlägen seiner Umgebung unter und die Behauptung seines Schwiegersohnes, des Reichsfreiherrn vom Stein, daß er „ein Mann von seltener Welt- und Menschenkenntniß gewesen sei“ (Seeley, Leben Stein's, deutsch Gotha 1883, I 86) wird in ihrem zweiten Theile durch die Thatsache widerlegt, daß er seinem Flügeladjutanten, dem Oberst Freiherrn von Löw von und zu Steinfurt, einem ebenso unfähigen wie unwürdigen Manne, einen weitgehenden und unheilvollen Einfluß gestattete und dagegen verdiente Officiere, die ihm nahe gestanden hatten, wie Scharnhorst und den späteren General von Scheither (s. A. D. B. XXX, 731), in fremde Dienste ziehen ließ. Wenn Stein sodann den Adel von Wallmoden's Gesinnung, seine Gutmüthigkeit und seinen Familiensinn rühmt, so soll dagegen nichts eingewendet werden. Das Vertrauen seiner Untergebenen verstand letzterer nicht zu erwerben und eine Neugestaltung des der Verbesserung in hohem Grade bedürftigen Heerwesens hat er nicht herbeigeführt, auch keinen ernstlichen Versuch dazu gemacht, so viele neue Reglements er auch erließ und so sehr er in Kleinigkeiten Aenderungen vornahm. Und doch wies der Ernst der Zeiten darauf hin, daß dem Kurstaate zu seiner Erhaltung eine tüchtige Truppenmacht in hohem Grade von Nöthen sei. Schon|im J. 1801 hatte ihr Nichtvorhandensein sich fühlbar gemacht. Damals nahm Preußen, um einem befürchteten Einmarsche französischer Truppen zuvorzukommen, das Land in Besitz und, im Bewußtsein ihrer Unfähigkeit diesem Vorgehen Widerstand leisten zu können, mußten die hannoverschen Alles über sich ergehen lassen, was dem stärkeren Nachbar anzuordnen gutdünkte; im J. 1803 aber, nachdem die Besetzung des Landes durch preußische Truppen infolge anderweiter Abmachungen aufgehört hatte, erfolgte jene damals als in Aussicht stehend angenommene Vergewaltigung durch Frankreich thatsächlich. W. selbst und die von ihm befehligte Armee fielen ihr zum Opfer, als Bonaparte, damals der Eiste Consul, um England, welches er auf seinen Inseln nicht fassen konnte, dadurch zur Nachgiebigkeit zu bewegen, des Königs-Kurfürsten deutsche Lande mit Beschlag zu belegen beschloß und zu diesem Zwecke den General Mortier mit einer Truppenmacht entsandte.

    Die Ereignisse trafen die hannoverschen Truppen und ihren Höchstcommandirenden ganz unvorbereitet, die ersteren in einer, um mit Aussicht auf Erfolg Widerstand leisten zu können, ganz ungenügenden Verfassung. Zwar hatte am 5. April Minister von Lenthe, der Mittelsmann zwischen König Georg III. und der Regierung in Hannover, von London aus geschrieben, man müsse sich auf die möglichen Fälle im voraus fassen und dürfe der Entfernung wegen niemals auf bestimmte Befehle aus England rechnen, aber eine Erweiterung seiner beschränkten Machtbefugnisse ward W. nicht zu theil und selbständige Entschlüsse zur Ausführung zu bringen waren weder „die zur königlich großbritannischen und kurfürstlich braunschweig-lüneburgischen Regierung verordneten Geheimen Räthe“ in der Residenzstadt an der Leine noch der Feldmarschall die geeigneten Leute. Daß zwischen Letzterem und Ersteren kein Einvernehmen bestand, hinderte außerdem ein zielbewußtes kräftiges Zusammengehen. W., von Jugend auf mit der Politik vertraut, in der großen Welt aufgewachsen und eingeweiht in die Feinheiten des höfischen Lebens, übersah die Minister bei weitem, er spottete über ihren engen Gesichtskreis, ließ sie seine Ueberlegenheit in der Behandlung staatsmännischer Fragen fühlen und blickte schon deshalb auf sie herab, weil sie Civilisten waren. So kam es, daß eine tiefgehende Mißstimmung vorhanden war, wo alle hätten einig sein müssen. Am 19. April ging endlich zu Hannover der am 5. in London ausgefertigte Befehl ein, die Beurlaubten zu den Fahnen zu berufen und sie demnächst in Uebungslager zusammenzuziehen, dabei sollte aber kein Aufsehen erregt werden. W. verlangte nun von den Ministern Verhaltungsbefehle, welche diese zu ertheilen Anstand nahmen, und so unterblieben entschiedene Maßregeln überhaupt. Der Feldmarschall wurde ganz und gar kleinmüthig, in einem am 27. an den König abgesandten Berichte schrieb er, daß für die hannoverschen Truppen, wenn nur ein noch so mittelmäßiges und unbedeutendes Corps heranrückte, nicht einmal an eine noch so drückende Capitulation zu denken, sondern eine Ergebung auf Discretion unvermeidlich sein würde, und am 4. Mai fragte er an, wem er das Commando zu übergeben hätte, wenn etwa seine Kräfte ihn verließen, seine Gesundheit schleunig erschüttert werden sollte. — Zur Uebernahme des Commandos wäre der Herzog von Cambridge, ein jüngerer Sohn des Königs, welcher als Inspecteur der Cavallerie und der Infanterie unter W. diente, wenn es auch ältere Generale gab, die meist geeignete Persönlichkeit gewesen; auf das Zureden desselben wandte W. sich am 5. Mai von neuem an das Ministerium um Anordnungen herbeizuführen, welche die Wehrkraft des Heeres auf eine einigermaßen achtunggebietende Höhe bringen sollten. Bestimmte Weisungen aus London blieben aus und die Hoffnungen, welche man auf den Beistand Preußens setzte, gingen nicht in Erfüllung. Was in Hannover angeordnet wurde, war dürftiges Flickwerk|Erst am 22., als schon ganz sichere Meldungen über den nahe bevorstehenden Einmarsch französischer Truppen aus Holland vorlagen, ward die Aushebung von 15 000 Rekruten angeordnet und der Aufschwung der Gemüther, welcher auch bei den Räthen der Krone und dem Feldmarschall einige Tage zu spüren gewesen war, verflog bald wieder. Trotzdem konnte letzterer sich nicht entschließen von der ihm seitens des Königs auf die obige Anfrage ertheilten Ermächtigung, das Commando an den Herzog abzutreten, Gebrauch zu machen. Man beschloß den anrückenden Franzosen Abgeordnete entgegenzusenden, welche Unterhandlungen anknüpfen sollten. Diese führten am 3. Juni zur Convention von Sulingen, welche vorschrieb, daß die hannoverschen Truppen, deren Vorposten dem nahenden erfolgreich entgegengetreten waren, sich hinter die Elbe zurückzuziehen hätten. Es waren an der Weser etwa 11 000 Mann vereinigt gewesen, das Commando derselben hatte kurze Zeit der Herzog von Cambridge geführt; als die Absicht feststand das Land ohne Schwertstreich auszugeben, schiffte dieser sich nach England ein und W. blieb sich allein überlassen. Er verließ Hannover und kam am 9. Juni im Städtchen Lauenburg an. In wenigen Tagen war er ein ganz alter Mann geworden und mit Uebereifer bestrebte er sich die Forderungen der Franzosen zu erfüllen und ihnen mehr zu gewähren als sie beanspruchen konnten. General Mortier, welcher 16 000 bis 17 000 Mann über die Grenze geführt hatte, besetzte das Kurfürstenthum bis auf den kleinen am rechten Elbufer belegenen Theil des Herzogthums Lauenburg.

    Bonaparte war aber keineswegs geneigt die Convention von Sulingen, welche „vorhältlich seiner Zustimmung“ abgeschlossen war, zu genehmigen. Die Bedingungen derselben gingen ihm noch nicht weit genug. Am 30. Juni gab Mortier, dessen Truppen inzwischen den Hanoveranern gegenüber am linken Elbufer eingetroffen waren, dem Feldmarschall davon Kenniniß. Die französischen Forderungen riefen allgemeine Entrüstung hervor und noch einmal schien es als ob man sich schlagen und lieber mit den Waffen in der Hand sterben als auf entehrende Bedingungen eingehen würde. W. selbst schien von diesem Geiste beseelt zu sein. Als aber Mortier etwas mildere Saiten aufzog, ein feindlicher Angriff auf die hannoversche sehr feste Stellung bevorzustehen schien und bei einigen Cavallerieregimentern, zu denen die Leibgarde, Wallmoden's eigenes Regiment, gehörte, vorübergehend Unbotmäßigkeit, veranlaßt durch Gerüchte über das den Truppen bevorstehende Schicksal, sich bemerklich machte, berief er am 4. Juli die Generale zu einer Besprechung und verkündete ihnen seinen Entschluß zu capituliren; wenn einer der Herren den Kampf wagen wolle, so möge er an seine Stelle treten. Da alle, auch Hammerstein, der Held von Menin, auf den die Uebrigen ihre Augen richteten, schwiegen, ließ er sich ihre schriftliche Zustimmung zum Abschlusse der Capitulation geben, welche am 5. zu Artlenburg zwischen W. und Mortier zu Stande kam. Sie bedeutete die Auflösung der hannoverschen Arme, welche bald darauf, ein Phönix aus der Asche, in Gestalt der englisch-deutschen Legion jenseits des Meeres von neuem erstand, und die Ueberlieferung des Kurfürstenthums an die Franzosen auf zehn lange, schwere Jahre.

    W. führte fortan ein unstätes Leben. Er hielt sich abwechselnd in Mecklenburg, in Bückeburg, in Braunschweig und auf seinem Gute Heinde bei Hildesheim auf. Seinen Schwiegersohn, den Grafen Kielmannsegg auf Gültzow im Lauenburgischen, entsandte er, um ihn beim Könige zu rechtfertigen, nach London und auf die in Zeitungen und Flugschriften gegen ihn erhobenen zahlreichen und heftigen Vorwürfe antwortete er durch zwei Schriften, von denen die erste den Titel „Des Feldmarschalls Grafen von Wallmoden kurze aber gründliche Vertheidigung gegen Lästerzungen“ führt. Als diese wenig Eindruck machte,|ließ er in deutscher und in französischer Sprache eine zweite als „Darstellung der Lage, in welcher sich das hannoversche Militär in den Monaten Mai, Juni und Juli befand“ folgen, welche alle Schuld auf die Minister abzuwälzen sucht. Ferner übergab er einem Auditeur Koppe, später preußischer Geheimer Regierungsrath, Berichte, welche er sich über die Unbotmäßigkeiten im Lager bei Lauenburg hatte erstatten lassen und welche dieser in einer dritten Schrift als „Historische Berichtigung über die durch die Occupation des Kurfürstenthums Hannover veranlaßten militärischen Maßregeln“ veröffentlichte, um zu beweisen, daß W. mit seinen meuterischen Truppen nicht habe fechten können. W. starb am 10. October 1811 zu Hannover und wurde am 16. desselben Monats in seinem Erbbegräbnisse zu Heinde bei Hildesheim beigesetzt. Das Gerücht, daß er durch Selbstmord geendet habe, entbehrt der Begründung.

    • Literatur

      L. v. Sichart, Geschichte der königlich hannoverschen Armee, 4. Band, Hannover 1871. — F. v. Ompteda, die Ueberwältigung Hannovers durch die Franzosen, Hannover 1862. — W. v. Hassell (s. oben).

  • Autor/in

    B. Poten.
  • Zitierweise

    Poten, Bernhard von, "Wallmoden-Gimborn, Ludwig Graf von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 40 (1896), S. 756-761 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd130253219.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA