Lebensdaten
1669 – 1719
Geburtsort
Hořenoves (Böhmen)
Sterbeort
Neapel
Beruf/Funktion
kaiserlicher Diplomat ; Duca di Lucera
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 124222463 | OGND | VIAF: 3399677
Namensvarianten
  • Lucera, Johann Wenzel Herzog von
  • Gallas, Johann Wenzel Graf von
  • Lucera, Johann Wenzel Herzog von
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Zitierweise

Gallas, Johann Wenzel Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124222463.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    VFranz Ferd. (1635–97), Duca di Lucera, kaiserl. Gen., S d. Matthias (s. 2) u. d. Dor. Anna Gfn. v. Lodron;
    M Joh. Emerentia (1646–1735), T d. Joh. Gg. Gf. v. Gaschin ( 1669), auf Hultschin, Rosenberg usw., kaiserl. GR u. Landeshptm. z. Troppau;
    1) 1700 Anna Maria Gfn. v. Dietrichstein (1681–1704), 2) 1716 Maria Ernestine Gfn. v. Dietrichstein (1688–1745, 2] 1721 Alois Gf. v. Harrach, 1742, österr. Min.), beide T d. Phil. Sigismund Gf. v. Dietrichstein (1651–1716);
    S aus 1) Phil. Jos. ( 1757, Maria Franziska Anna Gfn. Colonna), k. k. GR, Statthalter, Obersthof- u. Lehnrichter in Böhmen, Letzter s. Geschl., übertrug 1757 Namen u. Vermögen auf die N (S d. Schwägerin) Chrstn. Phil. Gf. v. Clam-Gallas ( 1805, s. NDB III*) u. Carl Leopold Gf. v. Clam-Gallas;
    T aus 2) Marie Elis. (1718–37, Ferd. Bonaventura Gf. v. Harrach, 1708–78, k. k. WGR, Gen.-Gouverneur d. Lombardei, Reichshofratspräs.).

  • Biographie

    Als Erbe der vom Großvater erworbenen böhmischen Güter einer der reichsten Männer Europas, entsprach G. den höchsten Anforderungen kaiserlicher Repräsentation. Er war Botschafter 1705-11 in London, 1714-19 in Rom, seit 4.7.1719 Vizekönig von Neapel. 1709 nahm er mit Prinz Eugen, Sinzendorff, Marlborough und Townshend an den Verhandlungen mit Torcy im Haag teil. „Einer der fähigsten Diplomaten“ (Arneth), während des Spanischen Erbfolgekrieges auf dem wichtigsten Posten, wurde er im Sturz des Whigkabinetts, für das er mit Übereifer Partei nahm, mitgerissen. Sein spanischer Sekretär – G. vertrat auch König (Erzherzog) Karl in Barcelona – verriet den Chiffrenschlüssel. Bemerkungen über die Königin Anna, wie „je crois qu'elle laisserait périr dix Angleterres et les quatre parties du monde pour seulement mortifier miledi Marlborough“ veranlaßten diese, G. den Hof und ihren Ministern jeden Verkehr mit ihm zu verbieten. In Rom veranstaltete er an den kaiserlichen Festtagen denkwürdige Theateraufführungen, zu denen er Metastasio, Rolli und Bononcini heranzog. G. finanzierte das Prachtwerk über die Münzen Neapels von Vergara (Rom 1715). Die Ernennung zum Vizekönig von Neapel verdankte G. der spanischen Partei und dem Günstling Karls VI., Michael Josef/Joseph Graf von Althan, die ihm Gelegenheit geben wollten, sich vom Aufwand als Botschafter zu erholen. Die Reise in der Julihitze und Nächtigung in fieberverseuchten Orten führten bald nach seinem Amtsantritt den Tod herbei. Die Witwe kehrte 1728 als Gattin des Vizekönigs Alois Graf von Harrach nach Neapel zurück. – G. ließ durch J. B. Fischer von Erlach das Prager Palais (Portal von Matthias Braun) erbauen. 1713 erwarb er das von Tencala erbaute Palais Dietrichstein (heute Lobkowitz) in Wien und ließ es durch J. B. Fischer von Erlach umgestalten.

  • Literatur

    ADB VIII;
    H. O. Miltner, Beschreibung d. bisher bekannten böhm. Privatmünzen u. Medaillen, Prag 1852;
    A. Arneth, Prinz Eugen v. Savoyen II/III, 1858;
    M. Landau, Gesch. Kaiser Karls VI. als Kg. v. Spanien, 1889;
    Č. Zibrt, Bibliogr. česke historie I, Prag 1900, Nr. 9548;
    H. Benedikt, Das Kgr. Neapel unter Kaiser Karl VI., 1927;
    Dipl. Vertr. I/II.

  • Porträts

    Kupf. v. M. Bernigeroth (Dresden, Kupf.Kab.).

  • Autor/in

    Heinrich Benedikt
  • Zitierweise

    Benedikt, Heinrich, "Gallas, Johann Wenzel Graf von" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 45-46 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124222463.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gallas: Johann Wenzel Graf v. G., Herzog von Lucera, geb. am 23. Mai 1669, am 25. Juli 1719. Seine Eltern waren Franz Ferdinand Graf G. ( 1697), ältester Sohn des im folgenden Artikel genannten Matthias G., aus dessen zweiter Ehe mit Dorothea Anna, geb. Gräfin Lodron, und Johanna Emerentia, geb. Gräfin Gaschin-Rosenberg. Er empfing eine sehr sorgfältige, von Jesuiten geleitete Erziehung, durch die er sich die weltmännische Bildung der vornehmen Jugend seiner Zeit in hohem Grade aneignete. Frühzeitig zu öffentlicher Stellung gelangt und in diplomatischen Angelegenheiten mit Auszeichnung verwendet, erhielt er bald nach Ausbruch des spanischen Erbfolgekrieges die ebenso wichtige als schwierige Mission eines kaiserl. Gesandten am englischen Hofe. Die bedeutsamen Verhandlungen der Cabinete Wien und London in den kritischen J. 1704—7 gingen durch seine Hand. Seine diplomatische Correspondenz aus dieser Zeit ist zwar vor Jahren wieder aufgefunden, leider aber noch immer nicht veröffentlicht worden. Sie wird von ihrem Finder als „von ganz ausnehmender Wichtigkeit“ bezeichnet, insbesondere die Correspondenz mit den kaiserlichen Ministern und Gesandten, in erster Linie dem Fürsten Salm, Hofkanzler Kaiser Josephs I., und dem Grafen Wratislaw, Vorgänger des Grafen G. im Londoner Gesandtschaftsposten. Ihnen zur Seite stehen die sehr weitläufigen kenntnißreichen Berichte des Grafen G. selbst. „Sie sind sorgfältig nach all' den Notizen gearbeitet, die über Spanien, Portugal, Holland in Lon don einliefen und sind, abgesehen von den Mittheilungen über den Fortgang des Krieges, auch für die Kenntniß der Angelegenheiten Englands von hohem In teresse“. Doch scheinen eben diese Berichte des Gesandten „nicht ohne Mit wirkung seines geschickten Secretärs Primoli entstanden“ zu sein. Als G. im August 1707 London verließ, wurde Primoli daselbst verhaftet, ohne daß die eigentliche Ursache dieses Ereignisses jemals aufgeklärt worden wäre. G. übernahm im Januar 1708 den nicht minder ansehnlichen Posten eines kaiserlichen Gesandten bei der niederländischen Republik im Haag. Sechs Monate später erlangte er das Amt eines Oberstlandmarschalls des Königreiches Böhmen. Dem folgten im Verlaufe dreier Jahre die Verleihungen des Geheimrathstitels, des Ordens des goldenen Vlieses, eines herzoglichen Lehens in Neapel, der Würde eines spanischen Granden etc. Nach Kaiser Josephs I. Tode, während der ge heimen Friedensverhandlungen zwischen England und Frankreich, scheint G. abermals in London gewesen zu sein, „allwo er“, wie eine sonst verläßliche Quelle mittheilt, „den Betrug des letzten Ministerii unter der Königin Annae Regierung zeitlich entdeckte, auch deswegen viel Verdruß ausstehen mußte und im J. 1711 (nach Anderen im Dec. 1712) das Königreich England gar verließ". Gewiß ist, daß er „bei den englischen Tories, sonderlich dem Harley, ... nicht wohl gestanden“. Nach Abschluß des Utrechter Friedens ging G. als Botschafter beim päpstlichen Stuhle nach Rom, wo er im Januar 1714 eintraf. Die Aussicht Oesterreichs auf den Erwerb der spanischen Nebenländer in Italien gab der neuen Stellung Gallas' erhöhte Bedeutung. Doch ist über seine Thätigkeit in Rom nicht viel mehr bekannt, als daß er dort, wie in London, sich „durch seine prächtige Aufführung und redliche Bezahlung bei jedermann in große Aestimation gesetzt, daß seiner allda auch wider Willen des Hofes allzeit in Ehren gedacht wurde“. Ohne Zweifel erwarb er sich auch hier besondere Verdienste um den Kaiser, der ihn im J. 1719 mit der Charge eines Vicekönigs und Generalcapitäns des Königreiches Neapel auszeichnete. Am 4. Juli d. J. zog er feierlich in Neapel ein; doch schon nach wenigen Tagen erkrankte er da selbst und starb im 50. Jahre seines Alters. Mit ungeheuerem Prunk, den er im Leben sehr geliebt hatte, wurde am 28. Juli 1719 seine Leiche in Neapel bestattet. — Ueber Gallas' öffentliche Thätigkeit muß ein Endurtheil füglich|bis zur Veröffentlichung seines schriftlichen Nachlasses verspart werden. Als Herr einer Anzahl ausgedehnter Privatbesitzungen enthielt er sich beinahe jeder Einflußnahme auf die Verwaltung, die er, zum großen Nachtheile für seine „Unterthanen“, der unbeschränkten Tyrannei beschränkter Leute überließ. Sein Sohn erster Ehe (mit Maria Johanna, geb. Gräfin Dietrichstein), Namens Philipp Joseph, starb kinderlos als der Letzte seines Stammes am 23. Mai 1757. Name und Vermögen übergingen an dessen Neffen, Christian Philipp Frhrn. von Clam, Stammvater der Familie Clam-Gallas.

    • Literatur

      Vgl. C. Höfler, Die diplomatische Correspondenz des Grafen Joh. W. Gallas. Hallwich, Reichenberg und Umgebung.

  • Autor/in

    Hallwich.
  • Zitierweise

    Hallwich, Hermann, "Gallas, Johann Wenzel Graf von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 8 (1878), S. 319-320 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124222463.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA