Lebensdaten
um 1509 oder 1490 – 1536
Geburtsort
Münster (Westfalen)
Sterbeort
Münster (Westfalen)
Beruf/Funktion
Wiedertäufer
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118747118 | OGND | VIAF: 13102776
Namensvarianten
  • Stockem, Bernd van (eigentlich, van ist kein Adelsprädikat)
  • van Stockem, Bernd (eigentlich, van ist kein Adelsprädikat)
  • Knipperdolling, Bernt
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Zitierweise

Knipperdollinck, Bernd, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118747118.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus wohlhabender Bürgerfam. in M.;
    V Johann van St. (1453–98), Gewandschneider, S. d. Gewandschneiders Albert;
    M Ursula Butepage (1463–1535);
    B Johann ( 1553), Domdechant in M.;
    - (wahrsch. 1525) Margaretha Kannengeter (* 1510, hingerichtet 1535), Wwe d. Matthias Hangesbeke;
    1 S, 3 T.

  • Biographie

    Von K.s Jugend ist nichts bekannt. Er war händelsüchtig und hatte 1528 Streit mit dem Bischof und mit der Stadt. Im bischöflichen Vechta verhaftet, mußte er Urfehde schwören, verklagte aber den Bischof beim Reichskammergericht. Durch Großmannssucht und Verschwendung brachte er, ein vielgereister Tuchkaufmann, den ererbten Reichtum und den Besitz seiner Frau durch. 1529 mußte er schon 290 Gulden Hypotheken auf sein Wohnhaus aufnehmen. Der Schreiner Gresbek bezeichnet ihn in seinem Bericht als einen „dreist en stolt man“. – K. schloß sich in den nächsten Jahren an den Prediger Bernd Rothmann an, beteiligte sich am Bildersturm und unterstützte die radikalen gegen die gemäßigten bürgerlichen Kreise. Auch stellte er sein Haus zu Versammlungen mit den holländischen Täufern zur Verfügung. Am 5.1.1534 wurden dort die ersten Taufen vollzogen. Von Rothmann ging K. zu den zugewanderten „Propheten“ über. Am 24.2. wurde er Bürgermeister; als solcher konnte er Jan Matthys davon abhalten, alle „Gottlosen“ zu töten, und ließ sie stattdessen aus der Stadt vertreiben. K. versuchte auch als Prophet zu wirken und zeigte sich als Visionär. Doch seine Rolle war bald ausgespielt. Vom „König“ zum Henker degradiert, mußte er dieses Amt wahrnehmen. Er versuchte zwar, Widerstand zu leisten, und beanspruchte das geistliche Königtum. Er wurde gefangengesetzt, doch wieder freigelassen. Bei der Eroberung Münsters wurde er gefangen und mit dem „König“ Johann Bockelson und dem „Kanzler“ Krechting im Lande umhergezeigt. Corvinus vernahm ihn in Horstmar. Seine Kirchenfeindschaft kam dabei zum Ausdruck. Vor der Hinrichtung lehnte er jeden Zuspruch ab und ertrug die Folterqualen mit großer Standhaftigkeit. Im Grunde war er mehr ehrgeiziger Abenteurer als religiöser Enthusiast.

  • Literatur

    ADB 16;
    Berichte d. Augenzeugen, hrsg. v. C. A. Cornelius, 1853, Neudr. 1965;
    H. Kerssenbrock, Anabaptistici furoris historica narratio, hrsg. v. H. Detmer, 1899/1900;
    R. Stupperich, A. Corvinus u. d. Münster. Täufer, in: Jb. f. Niedersächs. KG 53, 1955;
    ders., Die Münster. Apokalypse 1535, in: Jb. f. westfäl. KG 53/54, 1960/61;
    J. Prinz, B. K. u. s. Sippe, in: Westfalen 40, 1962, S. 96-116;
    Die Schrr. Bernh. Rothmanns, hrsg. v. R. Stupperich, 1970.

  • Porträts

    Kupf. v. H. A. Aldegrever, 1536, Abb. in: G. Tumbült, Die Wiedertäufer, 1899, S. 64;
    Gem. (Münster, Univ.bibl.), Abb. ebd.

  • Autor/in

    Robert Stupperich
  • Zitierweise

    Stupperich, Robert, "Knipperdollinck, Bernd" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 187 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118747118.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Knipperdollinck: Bernt K. Datum der Geburt unbekannt, vermuthlich kurz vor dem Anfang des 16. Jahrhunderts. Aus einem angesehenen Geschlecht der Stadt Münster; sein Haus lag in der Mitte der Stadt, unter den Bogen, am St. Lambertskirchhofe, gegenüber der Salzstraße. Er war Kaufmann. Unruhigen Sinns, den Kopf voll seltsamer Gedanken und Anschläge, nicht gewohnt seine Handlungen sorgsam zu erwägen, stattlich von Ansehen, durch Geberde und Rede der Einwirkung auf den gemeinen Mann mächtig, hoffärtig und aufrührisch, geneigt Muthwillen gegen die Obrigkeit zu üben, in unruhiger Zeit leicht Führer des Haufens zur Gewaltthat. Die erste sichere Erwähnung seines Namens fällt ins J. 1527, wo er als Theilnehmer an dem Auflauf erscheint, durch welchen der Frevler gegen das geistliche Gericht, Tonies Kruse, dem Bischof und dem Stadtrath zum Trotz, mit Gewalt aus dem Gefängniß befreit wurde. Um nicht zu lang des sicheren Geleits zu entbehren, dessen er zu seinen Geschäftsreisen bedurfte, machte er seinen Frieden mit dem Stadtrath und zahlte eine Buße; aber er täuschte sich, indem er dadurch auch vor dem Landesherrn sicher zu sein glaubte; auf der Reise verhaftet, blieb er ein Jahr lang im Gefängniß und mußte sich dann mit einer ungewöhnlich hohen Summe auslösen. Voll Ingrimm zurückkehrend begann er einen langwierigen Proceß gegen Bischof und Landschaft vor dem Reichskammergericht. Dann kam es zu der evangelischen Bewegung, in die er sofort mit allem Eifer eintritt. Er ist unter den thätigen Gönnern Rothmanns, als dieser noch zu St. Mauritz im Amt steht. Er zählt zu der evangelischen Partei Münsters, als Rothmann in die Stadt gezogen ist und führt im Einverständniß mit Rothmann das Wort für ihn und die evangelische Sache gegenüber dem widerstrebenden Stadtrath. Er gehört zu den Fürsprechern der Gewaltthat und es geschieht nach seinem Sinn, daß der Ueberfall von Telgte im December 1532 die Friedensverhandlungen mit dem Bischof unterbricht. Der Sieg der evangelischen Sache im Februar 1533 entfernt die alten Rathmannen und bringt evangelische Notabeln ans Ruder. Er gehört nicht zu den neuen Herrn. Erst die radikale Bewegung des Jahres 1533 macht die Demokraten zu Gebietern und erhebt ihn durch die Rathswahl vom Februar 1534 zum Bürgermeisteramt. Ob er an den religiösen Bestrebungen, welche dieser neuen Bewegung Anlaß und Stärke geliehen, einen inneren Antheil genommen, kann mit Bestimmtheit nicht versichert werden; doch läßt der Zusammenhang der Dinge es vermuthen. Heinrich Roll, die Seele und der Vorgänger des religiösen Radikalismus, scheint sein Hausgenoß gewesen zu sein. Dagegen ist offenbar, daß das melchioritische Prophetenthum in K. einen der ersten und feurigsten Anhänger gefunden hat. Johann v. Leiden kehrt bei ihm ein, als er die Botschaft von Johann Mathys bringt. K. erhebt den Bußruf, der die Einleitung zum Sturm bildet. Als die Parteien sich am 8. Februar mit den Waffen entgegentreten, ist er vom Täufergeist ergriffen, so daß er unbewehrt zu den Gegnern eilt, um sie zur Buße aufzufordern und vor Gottes Strafe zu warnen, worüber er in Gefangenschaft geräth. Dann kommt der Prophet Jan Mathys nach Münster und es wird Knipperdollings Haus für die nächsten Wochen das Hauptquartier der Partei. Er ordnet sich und seine volksthümliche Macht, dann seine obrigkeitliche Gewalt völlig dem Prophetenthum unter. Nach Jan Mathys Tode ist seine vertraute Freundschaft mit Johann v. Leiden, der bis zur Errichtung des Königthums sein Hausgenoß bleibt, die Hauptgrundlage des Regiments. Er erscheint vom Anfang bis zum Ende als der Repräsentant der Münsterischen, unter welchen keiner an Ansehen und Bedeutung ihm gleich kommt; und darum ist sein inniges Verhältniß zu Johann Symbol und Unterpfand des Bundes zwischen den Fremden und den Einheimischen. Johann stellt ihn stets an den ersten Platz. Nachdem er willig, der Errichtung der Aeltesten-Regierung zu Liebe, sein Bürgermeisteramt aufgegeben, empfängt er das Schwertträgeramt, bei der Errichtung des Königthums die Statthalterwürde. Die stürmenden Landsknechte erblicken in ihm das kriegerische Haupt der Belagerten. Als die Gegner der Vielweiberei unter Mollenhecke sich|erheben, nehmen sie Johann und K. gefangen und glauben damit den Sieg in Händen zu haben. Nur einmal tritt eine Störung ein: K. ist mit der Errichtung des Königthums nicht einverstanden, er zieht sich mißvergnügt zurück, dann gibt seine Opposition sich plötzlich vor der ganzen Gemeinde kund, in kindischen und vermessenen Reden und Handlungen, in einer Weise, die zugleich die Herrschaft des Täufergeistes über ihn offenbart und zugleich an die Seltsamkeiten seiner Jugend erinnert. Dies Beginnen bleibt eine Zeit lang unbestraft; Niemand, auch der König nicht, wagt ihm entgegenzutreten, bis Unfälle den Gedanken erzeugen, der Vater gebe seinen Unwillen darüber kund, daß man K. nicht ebenso wie alle anderen in Zucht nehme. Darauf kommt er ins Gefängniß, bis er bußfertig vor der Gemeinde erklärt, daß er damals von einem bösen Geist verführt worden sei. Bei dieser Erklärung der Sache ist er auch später geblieben. Seine Bekehrung war vollständig: er ist von da an wieder und bis zum Ende der treueste Gefährte, der rechte Arm des Königs geblieben. Bei dem Kampf um die Eroberung der Stadt wird er nicht erwähnt; erst in den folgenden Tagen aus einem Versteck gezogen, theilte er dann die lange Gefangenschaft des Königs und im Januar 1536 seinen qualvollen Tod.

    • Literatur

      Niesert, Münsterische Urkundensammlung. Bd. I. — Geschichtsquellen des Bisthums Münster, Bd. II. — Cornelius, Geschichte des Münsterischen Aufruhrs.

  • Autor/in

    Cornelius.
  • Zitierweise

    Cornelius, Carl Adolf, "Knipperdollinck, Bernd" in: Allgemeine Deutsche Biographie 16 (1882), S. 293-295 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118747118.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA