Lebensdaten
1868 – 1937
Geburtsort
Bad Soden (Taunus)
Sterbeort
Hamburg
Beruf/Funktion
Anthropologe ; Ethnologe ; Völkerkundler ; Professor in Hamburg
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118622013 | OGND | VIAF: 30329816
Namensvarianten
  • Thilenius, Georg Christian Adolar Friedrich Emil Julius
  • Thilenius, Georg
  • Thilenius, Georg Christian Adolar Friedrich Emil Julius
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Zitierweise

Thilenius, Georg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118622013.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus hess. Ärztefam.;
    V Georg (1830–85), Dr. med., Sanitätsrat, 1855–85 Badearzt in Soden, 1870 Mitgl. d. Preuß. Abg.hauses, 1874 Mitgl. d. RT (s. ADB 38; Biogr. Hdb. Preuß. Abg.haus I), S d. Otto (1800–67), Dr. med., nassau. Obermed.rat, Gründer d. Bades Soden (s. Nassau. Biogr.; A. Hoffmann, Hess. Lb. z. Kulturgesch. d. Wassers, 2005), u. d. Emilie Buderus (1809–31);
    M Helena Bronislawa (1844–1919), T d. Vinzenz v. Suminski (1804–62) u. d. Helena v. Siennicka (1816–89);
    Ur-Gvv Gerhardt (1745–1809), Dr. med., 1796 Hof- u. Badearzt in Wiesbaden, 1803 nassau-usingen. Leibarzt (s. ADB 38; BLÄ; Nassau. Biogr.);
    Ober-Kauffung/Katzbach 1905 Helene Luise Marie (* 1884), T d. Richard Friedrich Wilhelm Ludwig v. Bergmann (1851–1906), preuß. Major, u. d. Luise Marie Berta|v. Korn (* 1861), auf Stöckel-Kauffung, Rodeland u. Nieder-Kaufffung;
    2 S Richard (* 1908), Georg (* 1915), 2 T Renate (* 1911), Marianne (* 1914).

  • Biographie

    Nach dem Besuch des franz. Gymnasiums in Berlin und dem Abitur an der kgl. Klosterschule Ilfeld wandte sich T. zunächst dem Studium der Medizin und Naturwissenschaften in Bonn und Berlin zu, das er 1892 mit der Promotion zum Dr. med. abschloß. 1893–1900 wirkte er als Assistent für Anatomie bei Gustav Schwalbe (1844–1916) an der Univ. Straßburg, wo er sich 1896 habilitierte. 1900 wurde T. als ao. Professor für Anthropologie und Ethnologie nach Breslau berufen. Dort betreute er auch die Anatomische Sammlung und baute eine separate anthropologisch-ethnologische Sammlung auf. Bereits 1892–99 hatte T. Reisen durch Nordafrika, in die Südsee sowie nach Australien und Neuseeland unternommen, während derer sich sein Interesse hin zur Ethnologie verschob. Seine 1902/03 publizierten „Ethnographischen Ergebnisse aus Melanesien“ etablierten T. in der damals noch jungen Disziplin der Völkerkunde. 1904 wurde er Direktor des Museums für Völkerkunde in Hamburg, dem er bis zu seiner Pensionierung 1935 vorstand.

    In T.s Amtszeit entstanden bis 1912 ein Museumsneubau sowie 1929 ein Erweiterungsbau. Die Sammlungen des Museums erfuhren unter T. eine enorme Ausweitung, wozu u. a. eine von ihm konzipierte Schiffsexpedition in die Südsee (1908–10) beitrug, deren Ergebnisse und Funde bis 1954 in 30 Bänden vom Museum publiziert wurden. Verdienste erwarb sich T. v. a. im Bereich der Museumspraxis und -didaktik. In dem Neubau stellte er der klassischen, rein ethnologischen Sammlung Abteilungen für vergleichende Ethnologie, Anthropologie und Urgeschichte zur Seite, wobei auch eine europ. Abteilung entstand. Er etablierte eine Aufstellung von Exponaten nach Typen sowie in Kojen und sah das Museum auch in volkspädagogischer Verantwortung, wofür er es gezielt für Schulen und breitere Bevölkerungskreise öffnete.

    T. war in Hamburg eine prägende Persönlichkeit in Forschung, Lehre und Wissenschaftsorganisation: An der Planung und politischen Durchsetzung des 1908 eröffneten Hamburger Kolonialinstituts maßgeblich beteiligt, stand er dessen Professorenrat bis 1910 vor und vertrat die Völkerkunde in der Ausbildung der Kolonialbeamten. Ebenso wirkte T. an der 1919 erfolgten Gründung der Universität mit (1920/21 Rektor). 1923 erhielt er den Lehrstuhl für Völkerkunde (1926–28 u. 1933/34 Dekan d. phil. Fak., em. 1935). Forschung und Lehre prägten die Betrachtung „primitiver Kulturen“ und das Verständnis, daß Kulturunterschiede durch unterschiedliche Denkweisen und Umweltfaktoren bestimmt seien. T. betonte die Verbindung von Ethnologie und Anthropologie unter Einbeziehung einer aufgrund seiner med. Prägung als Methode verstandenen Rassenkunde. Deren ideologischer Aufladung im Nationalsozialismus stand er allerdings fern.

    1909–21 war T. zunächst Generalsekretär und anschließend bis 1933 Vorsitzender der Dt. Anthropologischen Gesellschaft, deren „Archiv für Anthropologie“ sowie Korrespondenzblatt er herausgab. In der „Notgemeinschaft der Dt. Wissenschaft“ saß T. im Hauptausschuß und war Fachreferent für Völkerkunde. Politisch stand er der DVP nahe, die er 1921–24 in der Hamburg. Bürgerschaft vertrat. 1933 unterzeichnete er das „Bekenntnis der Professoren an den dt. Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat“, sorgte aber auch dafür, daß die rassistisch motivierte Entlassung eines Abteilungsleiters des Museums, Theodor Wilhelm Danzel (1886–1954), aufgehoben wurde. Der NSDAP trat er nicht bei.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Leopoldina (1897), d. Anthropol. Ges. Wien (1904), d. Inst. Colonial Internat., Brüssel (1910), d. Anthropol. Ges. Köln (1913), d. Amis d’Histoire Naturelle d’-Anthropol. et d’Ethnographie, Moskau (1914), d. Kuratoriums d. Hamburg. Wiss. Stiftung (1920), d. Straßburger Wiss. Ges., Heidelberg (1920);
    korr. Mitgl. d. Nederlandsche Anthropol. Vereeniging, Den Haag (1904);
    Ehrenmitgl. d. Ver. f. Völkerkde., Leipzig (1922);
    Huxley-Memorial-Lecture u. Huxley-Memorial-Medal d. Royal Anthropological Inst. of Great Britain and Ireland, London (1931).

  • Werke

    Weitere W u. a. Das Hamburg. Mus. f. Völkerkde., 1916;
    Die Museen f. Völkerkde., in: Die Kunstmuseen u. d. dt. Volk, hg. v. Dt. Mus.bund, 1919, S. 185–97;
    Völkerkde. u. Schule, Einf. in d. Ausst. d. Mus. f. Völkerkde. in Hamburg, 1925;
    Der Plan d. Expedition, in: Ergebnisse d. Südsee-Expedition 1908–1910, Bd. 1, Allgemeines, 1927, S. 1–40;
    Völkerkde., in: Aus fünfzig J. Dt. Wiss., FS f. Friedrich Schmidt-Ott, hg. v. G. Abb, 1930, S. 384–99;
    On some biological view-points in ethnology, in: Journal of the Royal Anthropological Inst. 61, 1931, S. 287–99;
    Vom Akad. Gymn. z. Hamburg. Univ., in: FS d. Hamburg. Univ. ihrem Ehrendr. Herrn Bgm. Werner v. Melle, D. Dr. jur., Dr. phil. h. c., Dr. rer. pol. h. c., Präs. d. Hamburg. Wiss. Stiftung, z. 80. Geb.tag (…), 1933, S. 3–20.

  • Literatur

    L F. Termer, in: Mus.kde. NF 10, 1938, S. 49–54;
    J. Zwernemann, Hundert J. Hamburg. Mus. f. Völkerkde., 1980;
    H. Fischer, Die Hamburger Südsee-Expedition, Über Ethnographie u. Kolonialismus, 1981;
    ders., Völkerkde. im NS, Aspekte d. Anpassung, Affinität u. Behauptung e. wiss. Disziplin, 1990;
    ders., Völkerkde. in Hamburg 1933 bis 1945, in: Hochschulalltag im „Dritten Reich“, Die Hamburger Univ. 1933–1945, hg. v. E. Krause, L. Huber u. H. Fischer, 1991, S. 589–606;
    H. G. Penny, Objects of Culture, Ethnology and Ethnographic Museums in Imperial Germany, 2002;
    A. Laukötter, Von d. „Kultur“ z. „Rasse“ – v. Objekt z. Körper? Völkerkundemuseen u. ihre Wiss. zu Beginn d. 20. Jh., 2007;
    J. Ruppenthal, Kolonialismus als „Wiss. u. Technik“, Das Hamburger Kolonialinst. 1908 bis 1919, 2007;
    R. F. Buschmann, Anthropology’s Global Histories, The Ethnographic Frontier in German New Guinea, 1870–1935, 2009;
    Rhdb.;
    Personenlex. Drittes Reich;
    zur Fam.: Dt.GB 31, 1920, S. 461–97; – Qu StA Hamburg.

  • Porträts

    P Ölgem., Der Hamburg. Professorenkonvent, v. M. Liebermann, 1905/06 (Hamburger Kunsthalle); Bronzebüste v. A. Wöbcke, 1929 (Hamburg, Mus. f. Völkerkde.); Photogr., Abb. in: R. Dührkoop, Hamburg. Männer u. Frauen am Anfang d. XX. Jh., Kamera-Bildnisse, 1905, Tafel 89.

  • Autor/in

    Gunnar B. Zimmermann
  • Zitierweise

    Zimmermann, Gunnar B., "Thilenius, Georg" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 144-146 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118622013.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA