Lebensdaten
1868 – 1946
Geburtsort
Leipzig
Sterbeort
Grainau (Oberbayern)
Beruf/Funktion
Staatsrechtler ; Völerrechtler
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117417920 | OGND | VIAF: 39452233
Namensvarianten
  • Triepel, Carl Heinrich
  • Triepel, Heinrich
  • Triepel, Carl Heinrich
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Zitierweise

Triepel, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117417920.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gustav Adolf (1828–1901), Exportkaufm. in L., Untern., S d. Carl Friedrich, Kommunalbeamter in L., u. d. Christiane Körner;
    M Mathilde Marie Henriette (1842–1909), T d. Heinrich Kurz (1805–73), Doz. f. ostasiat. Sprachen in München, Prof. f. dt. Sprache u. Lit. an d. Kt.schule St. Gallen, Lit.hist. (s. NDB 13; HLS), u. d. Sophie Barbara Amsler;
    B Hermann (1871–1935), ao. Hon.prof. f. Anatomie in Breslau (s. Kürschner, Gel.-Kal. 1931; Fischer; Wi. 1935);
    Tutzing 1894 Marie (1871–1951), T d. Georg Ebers (1837–98), o. Prof. d. Ägyptol. in L., Schriftst. (s. NDB IV), u. d. Antonie Beck (1838–1913);
    2 T Hertha (1896–1970, 1919–27 Peter v. Gebhardt, 1888–1947, sächs. Adelsanerkennung 1915, Bacc. iur., wiss. Hilfsarb. im Ausw. Amt, Archivar, Geneal., s. Wi. 1935, 2] Hermine Dahl, 1906–36, T d. Hermann Dahl, 1874–1941, Ing., Gießereifachmann, Wirtsch.berater, Vors. d. Ver. dt. Gießereifachleute, s. NDB III, S d. Oskar v. Gebhardt, 1844–1906, Leiter d. Univ.bibl. Leipzig, Patristiker, s. NDB VI), Autorin, Übers., Irmgard (1898 – n. 1945).

  • Biographie

    Nach dem Abitur am humanistischen Gymnasium zu St. Thomae (Thomasschule) in Leipzig 1886 studierte T. Rechtswissenschaften in Freiburg (Br.) und Leipzig, wo er 1891 bei Karl Binding (1841–1920) zum Dr. iur. utr. promoviert wurde und sich 1893 unter dessen Ägide habilitierte. 1893–1900 wirkte T. in Leipzig als Privatdozent und ao. Professor, übernahm dann einen Lehrstuhl für öffentliches Recht an der Univ. Tübingen und wechselte 1909 nach Kiel, wo er gleichzeitig Völkerrecht an der Marineakademie lehrte. Seit 1913 Mitglied der Berliner Juristenfakultät (Rektor 1926/27), nahm er 1935 vorzeitig seinen Abschied, nachdem er erkannt hatte, daß ein Antrag auf weitere Ausübung der Lehrtätigkeit wegen seiner jüd. Verwandtschaft und seines Eintretens für jüd. Kollegen und Schüler keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

    T. gehört zu den bedeutendsten dt. Staats- und Völkerrechtslehrern der ersten Hälfte des 20. Jh. und war gleichzeitig ein erfolgreicher Wissenschaftsorganisator. Auch auf die politische Praxis wirkte er auf vielfältige Weise ein. So beteiligte er sich 1918/19 am Verfassungsentwurf des Vereins „Recht und Wirtschaft“, er war Mitglied der DRP (bis 1918) und der DNVP (1919–29/30). Als seine wichtigste Leistung gilt die Gründung der „Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer“ 1922. An dem heute im Grundgesetz konkretisierten Paradigmenwechsel von einem formalen zu einem materialen Verfassungsverständnis war T. führend beteiligt. Obwohl „Herzensmonarchist“ und Kritiker der Auswüchse des modernen Parteienstaats (Die Staatsvfg. u. d. pol. Parteien, 1928), trug er maßgeblich zur inhaltlichen Aufwertung der Weimarer Verfassung bei. So betrachtete T. die Grundrechte schon früh als „legalisierte Wertungen“ und trat für die Inhaltskontrolle von Gesetzen durch unabhängige Gerichte ein.

    T.s zahlreiche Abhandlungen zu zentralen Fragen des Staatsrechts waren Ausfluß einer früh entwickelten antipositivistischen Methodenauffassung. Er übertrug die von der „Tübinger Schule der Interessenjurisprudenz“ zum Zivilrecht entwickelten Grundsätze auf das Öffentliche Recht. Diese „publizistische|Interessenjurisprudenz“ entwickelte er unter Rekurs auf verschiedene Strömungen der (Rechts-)Philosophie zu einem Drei-Stufen-Modell weiter und verfeinerte sie, ohne hierbei jedoch die Normativität des positiven Rechts preiszugeben. Sein Konzept der „publizistischen Wertungsjurisprudenz“ enthielt, wie besonders in seiner berühmten Rektoratsrede „Staatsrecht und Politik“ (1927) deutlich wird, eine eindeutige Kampfansage gegen den damals noch herrschenden staatsrechtlichen Positivismus. Gerade diese Methode befähigte T. auch dazu, die ausgetretenen Pfade der spätkonstitutionalistischen Staatsrechtslehre zu verlassen. Paradigmatisch hierfür ist z. B. seine Theorie von den immanenten Grenzen der Verfassungsänderung, seine Vier-Phasen-Lehre der Entwicklung politischer Parteien oder die Charakterisierung der NS-Machteroberung als „legale Revolution“.

    Am folgenreichsten war sicher T.s materiale Deutung des Gleichheitssatzes, die über seinen Schüler Gerhard Leibholz (1901–82) in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Eingang fand. T. führte auch die USamerik. Doktrin der implied powers in das dt. Verfassungsrecht ein. Zur Weiterentwicklung des Völkerrechts leistete er mit seiner dogmatischen Grundlegung der dualistischen Lehre in „Völkerrecht und Landesrecht“ (1899) und der damit verbundenen graduellen Abkehr vom klassischen Souveränitätsdogma einen Beitrag, der bis heute national wie international als wegweisend anerkannt ist.

    Ein Leitmotiv von T.s Arbeiten bildet die normative Begrenzung staatlicher Machtausübung nach außen und innen. Auch wenn er im 1. Weltkrieg einen konsequent nationalen Standpunkt einnahm, weitgehend am traditionellen Souveränitätsbegriff festhielt und „Die Hegemonie“ (1938) machtstaatliche Züge aufweist, war ihm dennoch das humanitäre Kriegsvölkerrecht zeitlebens ein besonderes Anliegen (Die neuesten Fortschritte auf d. Gebiete d. Kriegsrechts, 1894). Noch deutlicher wird T.s individualistische Grundorientierung im Staatsrecht. Sein materiales Rechtsstaatsdenken befähigte ihn, gerade auch das Drohpotential des modernen Parteienstaats für die individuelle Freiheitssphäre sensibler als die meisten seiner Fachkollegen zu erfassen. Dementsprechend erwies er sich auch in der Zeit des NS-Regimes trotz seiner anfangs eher pragmatischen Haltung, die in der von ihm 1933 geprägten fragwürdigen Formel der „legalen Revolution“ aufscheint, als unzeitgemäßer „Enthusiast des Rechtsstaats“.

  • Auszeichnungen

    A Dr. sc. pol. h. c. (Tübingen 1901);
    Ehrenkreuz 2. Kl. d. fürstl. lipp. Hausordens (1903);
    Großoffz. kreuz d. siames. Kronen-Ordens (1907);
    Mitgl. d. Inst. de Droit internat. (1910–20);
    preuß. Roter Adler-Orden 4. Kl. (1911);
    preuß. GJR (1914);
    Mitgl. d. Staatswiss. Ges. (1915);
    Mitgl. (1921) u. Vors. (1931–37) d. ständigen Deputation d. Dt. Jur.tages;
    Mitgl. d. Staatsger.hofs f. d. Dt. Reich (1921);
    Vors. d. Vereinigung Dt. Staatsrechtslehrer (1922–26);
    Gründungsmitgl. d. Ver. Inst. f. ausländ. öff. Recht u. Völkerrecht e. V. (1924);
    o. Mitgl. d. Inst. internat. de droit public an d. jur. Fak. d. Univ. Paris (1927);
    Mitgl. d. dt.-niederl. ständigen Vergleichsrates (1928);
    Sachverständiger b. Vfg.ausschuß d. Länderkonf. (1928);
    Ehrenmitgl. d. dt. Ges. f. Wehrpol. u. Wehrwiss. (1936).

  • Werke

    Weitere W Das Interregnum, 1892;
    Unitarismus u. Föderalismus im Dt. Reiche, 1907;
    Staatsdienst u. staatlich gebundener Beruf, 1911;
    Die Zukunft d. Völkerrechts, 1917;
    Die Reichsaufsicht, 1917, Nachdr. 1964;
    Streitigkeiten zw. Reich u. Ländern, 1923, Nachdr. 1965;
    Delegation u. Mandat im öff. Recht, 1942, Nachdr. 1974;
    Vom Stil d. Rechts, 1947, Nachdr. 2007.

  • Literatur

    L A. Hollerbach, in: AöR 91, 1966, S. 417–41 u. 537–57 (W-Verz.);
    U. M. Gassner, H. T., Leben u. Werk, 1999 (W-Verz., P);
    ders., in: R. Domingo (Hg.), Juristas universales III, 2004, S. 852–55;
    ders., in: Berlin. Lb. X, 2012, S. 189–209;
    R. Poscher, in: A. J. Jacobson u. B. Schlink (Hg.), A Jurisprudence of Crisis, 2000, S. 171–76;
    A. v. Arnauld u. W. Durner, in: H. T., Vom Stil d. Rechts, 1947, Nachdr. 2007, S. V–XLII; Marcon-Strecker (Qu, W
    , L, P); A. v. Arnauld, in: Staatsrechtslehrer 20. Jh., S. 128–45 (W, P).

  • Autor/in

    Ulrich M. Gassner
  • Zitierweise

    Gassner, Urlich M., "Triepel, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 412-413 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117417920.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA