Lebensdaten
1871 – 1936
Geburtsort
Wilkowiszy (Russland, heute Vilkaviškis, Litauen)
Sterbeort
Prag
Beruf/Funktion
Publizist ; Herausgeber ; Politiker ; Schriftsteller
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 124316611 | OGND | VIAF: 30467718
Namensvarianten
  • Bloch, Joseph
  • Bloch, Josef
  • Bloch, Joseph Samuel

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Zitierweise

Bloch, Joseph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124316611.html [27.04.2024].

CC0

  • Joseph Bloch war von 1897 bis 1933 alleiniger Herausgeber der „Sozialistischen Monatshefte“, die er zu einem zentralen Organ des Revisionismus in der deutschen Sozialdemokratie formte. Politisch warb der „religiöse Sozialist“ und Bewunderer der Kultur und Demokratie Frankreichs für kontinentaleuropäische Aussöhnung und Zusammenarbeit unter Ausschluss Großbritanniens.

    Lebensdaten

    Geboren am 14. September 1871 in Wilkowiszy (Russland, heute Vilkaviškis, Litauen)
    Gestorben am 14. Dezember 1936 in Prag
    Grabstätte Neuer Jüdischer Friedhof in Prag
    Konfession jüdisch
    Joseph Bloch (InC)
    Joseph Bloch (InC)
  • Lebenslauf

    14. September 1871 - Wilkowiszy (Russland, heute Vilkaviškis, Litauen)

    - 1890 - Königsberg (Preußen, heute Kaliningrad, Russland)

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Kneiphöfisches Gymnasium

    1890 - 1897 - Königsberg; Berlin

    Studium der Mathematik, Physik und Philosophie

    Universität

    1895 - 1896 - Berlin

    Mitherausgeber

    Der Sozialistische Akademiker (Zeitschrift)

    1897 - 1933 - Berlin

    Herausgeber

    Sozialistische Monatshefte

    1907 - Erlangen

    Promotion (Dr. phil.)

    Universität

    1933 - 1936 - Prag

    Flucht; Exil

    14. Dezember 1936 - Prag
  • Genealogie

    Vater Levin Bloch Kaufmann in Königsberg (Preußen, heute Kaliningrad, Russland)
    Mutter Deborah Bloch, geb. Uryson 1835–1893 aus Wilkowiszy (Russland, heute Vilkaviškis, Litauen)
    Großvater mütterlicherseits Yehoshuah Heshil Uryson Kaufmann
    Bruder Alexander Süßkind Bloch 1874–1954 verh. mit Olga Bloch, geb. Oswald (1888–1941), Tochter des Kantors Samuel Hersch Oswald (geb. 1855)
    Heirat
    Ehefrau Helene Bloch, geb. Freudenheim 1867–1969 aus Kowno (Russland, heute Kaunas, Litauen); Zahnärztin in Königsberg und Berlin
    Schwiegervater Johann Freudenheim Kaufmann
    Kinder keine
    Neffe Charles Bloch (ursprünglich Karl Bloch) 1921–1987 Dr. phil.; Historiker; Dozent für Französische und Deutsche Geschichte in Tel Aviv und Nanterre bei Paris
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Bloch, Joseph (1871 – 1936)

    • Vater

      Levin Bloch

      Kaufmann in Königsberg (Preußen, heute Kaliningrad, Russland)

      • Großvater väterlicherseits

      • Großmutter väterlicherseits

    • Mutter

      Deborah Bloch

      1835–1893

      aus Wilkowiszy (Russland, heute Vilkaviškis, Litauen)

      • Großvater mütterlicherseits

        Yehoshuah Heshil Uryson

        Kaufmann

      • Großmutter mütterlicherseits

    • Bruder

      Alexander Bloch

      1874–1954

      verh. mit Olga Bloch, geb. Oswald (1888–1941), Tochter des Kantors Samuel Hersch Oswald (geb. 1855)

    • Heirat

      • Ehefrau

        Helene Bloch

        1867–1969

        aus Kowno (Russland, heute Kaunas, Litauen); Zahnärztin in Königsberg und Berlin

  • Biografie

    Bloch wuchs in einer orthodox-jüdischen Familie in Königsberg (Preußen, heute Kaliningrad, Russland) auf, wo er 1890 am Kneiphöfischen Gymnasium das Abitur ablegte und im selben Jahr ein Studium der Mathematik, Physik und Philosophie begann. 1892 wechselte er nach Berlin, trat 1895/96 mit Johannes Sassenbach (1866–1940) als Herausgeber der Zeitschrift „Der Sozialistische Akademiker“ erstmals öffentlich hervor und beendete 1897 sein Studium. 1907 wurde er bei dem Erlanger Philosophen Paul Hensel (1860–1930) mit der Studie „Die Entwickelung des Unendlichkeitsbegriffs von Kant bis Hermann Cohen“ zum Dr. phil. promoviert.

    Von 1897 bis 1933 war Bloch alleiniger Herausgeber der seit 1908 vierzehntägig erscheinenden „Sozialistischen Monatshefte“, die er zum wichtigsten Organ des Revisionismus innerhalb der Sozialdemokratie neben Karl Kautskys (1854–1938) „Neue Zeit“ formte. Bloch, der sich bei der Finanzierung seiner Zeitschrift auf regelmäßige Zuwendungen des Politikers Leo Arons (1860–1919) stützen konnte, bewahrte als Herausgeber stets Autonomie gegenüber der SPD-Führung. Vor allem aufgrund seiner kritischen Distanz zum orthodoxen Marxismus, seiner Unterstützung der deutschen Kolonialpolitik, seiner Befürwortung einer protektionistischen Agrarpolitik sowie seiner Ablehnung des Antiklerikalismus in der Sozialdemokratie war Bloch regelmäßig Zielscheibe innerparteilicher Kritik.

    Bloch, der nur vereinzelt als Autor hervortrat, sprach die in den „Sozialistischen Monatsheften“ publizierten Texte bis ins Detail mit den Autoren ab, sodass die Ausgaben seiner Zeitschrift, die es im Durchschnitt auf 2000 Abonnenten brachte, oft eine sehr hohe politisch-thematische Geschlossenheit aufweisen. Zu seinen regelmäßigen Mitarbeitern gehörten bis 1918 u. a. Eduard Bernstein (1850–1932), Richard Calwer (1868–1927), Eduard David (1863–1930), Wolfgang Heine (1861–1944), Paul Kampffmeyer (1864–1945) und Max Schnippel (1859–1928).

    Während des Ersten Weltkriegs unterstützte Bloch im Glauben, ein deutscher Sieg werde die Einheit Kontinentaleuropas befördern, die Politik des nationalen „Burgfriedens“, forderte jedoch auch wiederholt Friedensverhandlungen. Bei Kriegsende votierte er für die Einführung einer parlamentarischen Demokratie und für eine Zusammenarbeit der SPD mit den bürgerlichen Parteien bei Reformen in Politik und Wirtschaft. In den 1920er Jahren fanden die „Sozialistischen Monatshefte“ breite Zustimmung innerhalb der deutschen Sozialdemokratie, zu den prominentesten regelmäßigen Mitarbeitern zählten nun u. a. Max Cohen-Reuß (1876–1963), Carlo Mierendorff (1897–1943), Adolf Reichwein (1898–1944), Carl Severing (1875–1952) und Anna Siemsen (1882–1951).

    Blochs außen- und weltpolitisches Denken basierte seit 1918 mehr und mehr auf dem Ideal eines friedensichernden Gleichgewichts von fünf Imperien: Amerika, Britisches Empire, Ostasien, Russland und Kontinentaleuropa. Diese sollten jeweils eine „wirtschaftsimperiale Organisierung“ entwickeln und kleineren Völkern Autonomierechte zuweisen. Vor diesem Hintergrund warb Bloch für eine Aussöhnung Deutschlands mit Frankreich, dessen Demokratie und Kultur ihm zeitlebens Vorbild war. Sein Wunsch nach enger Zusammenarbeit Kontinentaleuropas verband sich mit der rigiden Ablehnung Großbritanniens, die eine Konstante in Blochs gesamter publizistischer Karriere war.

    Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme floh Bloch 1933 nach Prag, wo er nicht in die Arbeit der Exil-SPD involviert war und 1936 verstarb. 1938 veröffentlichte Felix Stössinger (1889–1954), vor 1933 langjähriger Redakteur der „Süddeutschen Monatshefte“, das Buch „Vermächtnis. Revolution der Weltpolitik“, in dem das späte politische Denken Blochs dokumentiert ist.

  • Auszeichnungen

  • Quellen

    Nachlass:

    Russisches Staatliches Militärarchiv, Moskau. (weiterführende Informationen)

    Weitere Archivmaterialien:

    Universitätsarchiv Erlangen, Sign. C 4,3b Nr. 2940. (handgeschriebener Lebenslauf, 1907)

    Internationales Institut für Sozialgeschichte, Amsterdam, Bestand RCH01 536. (Archiv der Sozialistischen Monatshefte mit Korrespondenzen Blochs) (weiterführende Informationen)

  • Werke

    Die Entwickelung des Unendlichkeitsbegriffs von Kant bis Hermann Cohen, 1907. (Diss. phil.)

    Vermächtnis. Revolution der Weltpolitik. In Zusammenarbeit mit Joseph Bloch von Felix Stössinger niedergeschrieben, 1938.

  • Literatur

    Anna Siemsen, Ein Leben für Europa. In memoriam Joseph Bloch, 1956.

    Franz Osterroth, Art. „Bloch, Joseph“, in: ders., Biographisches Lexikon des Sozialismus. Verstorbene Persönlichkeiten, Bd. 1, 1960, S. 25 f.

    Alfons Breuer, Sozialistische Monatshefte (1895–1933), in: Heinz-Dietrich Fischer (Hg.), Deutsche Zeitschriften des 17. bis 20. Jahrhunderts, 1973, S. 265–280.

    Charles Bloch, Joseph Bloch. Der jüdische Vorkämpfer für Kontinental-Europa, in: Jahrbuch des Instituts für Deutsche Geschichte. Beiheft 2, 1977, S. 147–162.

    Roger Fletcher, Revisionism and Empire. Joseph Bloch, the Sozialistische Monatshefte and German Nationalism, 1907–14, in: European Studies Review 10 (1980), S. 459–485.

    N. N., Art. „Bloch, Joseph“, in: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren, Bd. 3, hg. v. Archiv Bibliographia Judaica, 1995, S. 153–157.

    Walter Grab, Joseph Bloch (1871–1936). Ein Vorkämpfer der deutsch-französischen Freundschaft im Zeitalter des Rationalismus, in: Hans Otto Horch/Sharloṭ Ṿardi (Hg.), Jüdische Selbstwahrnehmung – La prise de conscience de l'identité juïve, 1997, S. 251–262.

    Katja Marmetschke, Die Sozialistischen Monatshefte. Gruppen- und Generationsbezüge einer unabhängigen Zeitschrift in der Weimarer Republik, in: Michel Grunewald (Hg.), Das linke Intellektuellenmilieu in Deutschland, seine Presse und seine Netzwerke (1890–1960), 2002, S. 335–361.

    Andreas Morgenstern, Die „Sozialistischen Monatshefte“ im Kaiserreich. Sprachrohr eines Arbeiterzionismus?, in: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 2012, H. 3, S. 5–25. (Onlineressource)

    Andreas Morgenstern, „Material für die berühmte Spaltung innerhalb der Partei“. Die „Sozialistischen Monatshefte“ als Blatt der Revisionisten in der SPD 1912, in: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 2014, H. 2, S. 162–182.

  • Onlineressourcen

  • Autor/in

    Andreas Morgenstern (Schiltach)

  • Zitierweise

    Morgenstern, Andreas, „Bloch, Joseph“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/124316611.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA