Lebensdaten
1820 – 1905
Geburtsort
Lindau im Bodensee
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Dichter
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119002248 | OGND | VIAF: 27257467
Namensvarianten
  • Lingg, Hermann (bis 1890)
  • Lingg, Hermann Ritter von
  • Lingg, Hermann (bis 1890)
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Zitierweise

Lingg, Hermann Ritter von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119002248.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ambros (1776–1841), Advokat in L., S d. Bauern Joh. Jacob in Hergensweiler (Westallgäu) u. d. Anna Sickin;
    M Dorle (1796–1847), T d. Anton Sedlmayer, Mautoberbeamter in Ingolstadt u. Memmingen, u. d. Rosine Strobel; Verwandter Maximilian (s. 2);
    - München 1854 Seraphine (1817–1903), T d. Forstaufsehers Georg Lang in Füssen u. d. Crescenzia Schwartz;
    2 S, 1 T.

  • Biographie

    Schon auf dem Gymnasium in Kempten, das er seit 1831 besuchte, zeigte L. besonderes Interesse für Literatur und Geschichte und legte erste dichterische Proben vor. Trotz seiner poetischen Neigung studierte er auf Wunsch des Vaters in München Medizin und schloß dort 1843 sein Studium mit der Promotion ab, nachdem er einige Semester auch in Berlin, Prag und Freiburg verbracht hatte. Nach Assistentenjahren in München trat er 1846 als Militärarzt in die bayer. Armee ein und war in Augsburg, Straubing und Passau tätig. Eine längere Reise nach Rom und Neapel 1847 regte ihn zu intensiver dichterischer Betätigung an. L.s sensible Natur geriet in Konflikt, als er bei der Revolution von 1848 mit den Aufständischen sympathisierte, als Militärarzt jedoch zu einer konservativen Haltung verpflichtet war. Er erfuhr einen körperlichen und geistigen Zusammenbruch, litt unter Verfolgungswahn, floh aus dem Regiment und mußte 1849/50 längere Zeit die Heilanstalt Winnenthal b. Cannstatt aufsuchen. L. konnte 1850 Winnenthal als geheilt verlassen, wenn auch Melancholie und Lebensmüdigkeit, Pessimismus und Minderwertigkeitsgefühle ihn seither nie mehr ganz freigaben, Stimmungen, die seine Lyrik widerspiegelt. Aufgrund seines labilen Zustandes wurde er nicht mehr in den Militärdienst aufgenommen, sondern 1853 pensioniert. L. verbrachte einige für ihn erniedrigende Jahre, in denen er mit seinen Verwandten prozessierte, die ihn für unmündig erklären lassen wollten, um eine für sie nicht standesgemäße Verbindung mit Seraphine Lang, der Tochter eines Forstaufsehers, die L. seit seiner Studienzeit kannte, zu verhindern. 1853 zog L. nach München, wo er im folgenden Jahr heiratete.

    L., der bis zu dieser Zeit mit seinen Dichtungen nur bescheidene Erfolge hatte, gelang nun der entscheidende Schritt in die Öffentlichkeit. Durch Freunde lernte er die erste dichterische Autorität jener Jahre, Emanuel Geibel, kennen, der Gefallen an seinen Gedichten fand und sie an den Cotta-Verlag vermittelte. Geibel leitete L.s „Gedichte“ von 1854 mit einem begeisterten Lob ein. Sein Urleil wurde zunächst von der Kritik weithin bestätigt und verschaffte L. allgemeine Resonanz. Kg. Maximilian II. von Bayern gewährte ihm ein Jahresgehalt, er wurde neben Heyse, Bodenstedt, Schack, Leuthold und anderen ein angesehenes Mitglied des Münchener Dichterkreises und gehörte dem von Heyse als Gegengewicht zu den norddeutschen Poeten um Geibel gegründeten literarischen Verein „Krokodil“ an, dem L.s Gedicht „Das Krokodil von Singapur“ den Namen gab. Die 60er Jahre wurden für L. die produktivste Zeit. Seine ersten „Gedichte“ erreichten 1871 die 7. Auflage, zwei weitere Sammlungen von „Gedichten“ erschienen 1868 und 1870, „Vaterländische Balladen und Gesänge“ schlossen sich 1869 an. L. versuchte sich auf dramatischem Gebiet („Catilina“, „Die Walküren“, beide 1864) und veröffentlichte 1865-68 sein 1846 begonnenes Epos „Die Völkerwanderung“, das er als sein Hauptwerk betrachtete. In der Münchener Gesellschaft angesehen, wurde er zum begehrten Verfasser von Gelegenheitsgedichten und Festprologen. Die Ehrungen zu seinem 70. und 80. Geburtstag zeigen, daß L. im ganzen Deutschen Reich und im Ausland bekannt war.

    Mit zunehmendem Alter wurde L. die Abfassung von Natur-, Liebes- und Stimmungsgedichten in Weltschmerzpose geradezu zur Gewohnheit. Er bekennt in seiner Autobiographie „Meine Lebensreise“ (1899), zeitweilig jeden Tag ein Gedicht verfaßt zu haben. Außerdem schrieb er etwa 20 Novellen und ebenso viele Dramen, mit denen er jedoch nicht erfolgreich war. Seine eigentliche Stärke war die historische Lyrik. Angeregt von Platen, Heine und Freiligrath, gelangte er hier über epigonale Leistungen hinaus. Seine lyrisch-epischen Schilderungen dringen, wenigstens in seinen frühen Stücken, in den Geist vergangener Epochen ein. L.s Vorliebe|für historische Krisenzeiten, für das Gewaltige und Titanhafte bewährte sich an der in Oktavenform abgefaßten „Völkerwanderung“. Das Publikum brachte den german.-nationalen Gedanken des 5. Jh. mit dem Gedanken an die eigene Reichsgründung in Verbindung und schätzte den Verfasser daher hoch ein. Zunehmend bemängelte allerdings die Kritik, daß er sich oft mit „einem Antiquitätenkabinette, einem historisch-ethnologischen Museum“ begnüge ohne jeglichen Bezug zur Gegenwart (Strodtmann). Der der Kritik gegenüber empfindliche Autor kannte selber seine Grenzen und leugnete nicht, Epigone zu sein. Obwohl die Kritik der Naturalisten an den Epigonendichtern der Gründerzeit L. nicht direkt trifft und er sogar lyrische Beiträge in Michael Georg Conrads Zeitschrift „Die Gesellschaft“ veröffentlichte, fand L.s Dichtung im neuen literarischen Klima um die Jahrhundertwende kaum mehr Beachtung.|

  • Auszeichnungen

    Maximilians-Orden f. Wiss. u. Kunst (1874).

  • Werke

    Weitere W u. a. Zeitgedichte, 1870;
    Dunkle Gewalten, Epische Dichtungen, 1872;
    Schlußsteine, Neue Gedichte, 1878;
    Byzantin. Novellen, 1881;
    Lyrisches, Neue Gedichte, 1885;
    Dramat. Dichtungen, Gesamtausg., 2 Bde., 1897-99;
    Schlußrhythmen u. neueste Gedichte, 1901;
    Ausgew. Gedichte, hrsg. v. P. Heyse, 1905 (P). - W-Verz.: G. v. Wilpert u. A. Gühring, Erstausgg. dt. Dichtung, 1967. |

  • Nachlass

    Nachlaß: München, Bayer. Staatsbibl.

  • Literatur

    Stimmen d. Zeit 2, 1860, 2, 2, S. 45-56;
    A. Strodtmann, in: Ergänzungsbll. z. Kenntniß d. Gegenwart 5, 1870, 1, S. 90;
    E. Ziel, H. L. als Lyriker, in: ders., Literar. Reliefs I, 1885, S. 112-27;
    A. Sonntag, H. L. als Lyriker, 1908 (P);
    F. Port, H. L., Eine Lebensgesch., 1912;
    W. Knote, H. L. u. s. lyr. Dichtung, 1936;
    B. Zittel, in: Lebensbild(er) Bayerisch Schwaben II, 1953, S. 396-415 (W, P);
    BJ X (u. Tl.);
    Brümmer;
    Kosen, Lit.-Lex.

  • Porträts

    Stahlstich in: Der Salon f. Lit., Kunst u. Ges. 4, 1869;
    Phot., 1884, Abb. b. Könnecke;
    Ölgem. v. F. v. Lenbach, 1897, Abb. in: H. L., Ausgew. Gedichte, 1905, u. in: S. Mehl, F. v. L., 1980.

  • Autor/in

    Günter Häntzschel
  • Zitierweise

    Häntzschel, Günter, "Lingg, Hermann Ritter von" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 623-624 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119002248.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA