Lebensdaten
1890 – 1946
Geburtsort
Charkow
Sterbeort
Überlingen am Bodensee
Beruf/Funktion
Kunsthistoriker
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118774328 | OGND | VIAF: 50021219
Namensvarianten
  • Hetzer, Theodor
  • Hetzer, Theodor J.
  • Hetzer, Theodor Johann

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Zitierweise

Hetzer, Theodor, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118774328.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Woldemar, Kaufm. u. Dir. e. landwirtsch. Maschinenfabr. in Ch., S d. Joh. Benjamin (1798–1860), aus Torgau, 1815 n. Rußland ausgewandert, Tuchfabr. in Moskau, u. d. Adélaide Louise Dupuis;
    M Elisabeth Wille, aus dt.-russ. Fam.;
    Ur-Gvv Constantine Fidèle Dupuis, aus Hugenottenfam. in Friedrichsfelde b. Berlin, Oberverwalter d. Fürsten Bariatinsky in Ivanovskoje (Gouv. Kursk);
    Ur-Groß-O Ernst Friedr. Apelt ( 1859), Philos. u. Math. (s. NDB I);
    O Willibald Apelt (1877–1965), Prof. d. Rechte in Leipzig u. München, 1927-29 sächs. Innenmin. (s. Wi. 1958);
    - ⚭ Charlotte Medenwaldt ( 1967); kinderlos.

  • Biographie

    H., der in der Ukraine aufwuchs, kam nach dem frühen Tod des Vaters in die Schweiz und dann nach Freiburg im Breisgau, wo er das humanistische Gymnasium besuchte. Er wollte Maler werden, studierte dann aber Kunstgeschichte in Freiburg bei W. Vöge und in Berlin bei H. Wölfflin. Sein eigentlicher Lehrer wurde dort Friedrich Rintelen, bei dem er 1915 in Basel promovierte. Nach seiner Rückkehr aus dem 1. Weltkrieg und ausgedehnten Reisen habilitierte er sich 1923 bei Pinder in Leipzig und lehrte dort, seit 1929 als außerordentlicher, seit 1935 als ordentlicher Professor, während 20 Jahren Kunstgeschichte.

    H. verschaffte sich eine gründliche Anschauung von den Hauptwerken der europäischen Kunst, nicht der bloßen Kennerschaft wegen, sondern um zum näheren Verständnis des großen Kunstwerks und dessen Stellung im Gesamtprozeß der Kunstentwicklung zu kommen. Seine Dissertation „Die frühen Gemälde des Tizian“ (1915) folgte noch der Stilkritik seines Lehrers Rintelen, aber schon die folgende Schrift, „Das deutsche Element in der italienischen Malerei des 16. Jahrhunderts“ (1929), ging darüber hinaus. H. blieb auch nicht dabei stehen, im Sinne Schmarsows und Wölfflins isoliert verstandene nationale Kunstcharaktere festzustellen, sondern entdeckte hinter diesen Grundkräfte des Künstlerischen, die bei aller Form- und Wertverschiedenheit im gegebenen Augenblick aufeinander wirken. Er erkannte, daß die überzeitlichen Gestaltungsfaktoren im einzelnen Künstler jeweils neu zur Geschichtlichkeit kommen und an dessen Größe mitbeteiligt sind. Die dichte Reihe seiner Künstlerbetrachtungen beginnt mit den „Gedanken um Raffaels Form“ (1932, ²1957); stets ist es das Verständnis von Formweise und Formentwicklung, um die es sich in ihnen handelt. H.s Kriterien dafür sind, inwieweit es dem Künstler gelingt, neben den speziellen die allgemeinen Gestaltungsprinzipien – unter anderem das Ornamentale, das Plastische, das Mathematische – selbständig zu entwickeln und miteinander zu verbinden. Am ausführlichsten befaßte er sich mit dem, was er das Bildhafte nannte und das ihm nicht nur für die Malerei, sondern für alle Künste bedeutsam erschien, wobei es ihm neue Erklärungsgründe für vieles nur scheinbar Erkundete bot, so für die Auswirkung der Antike auf die ihr folgende Kunst, für die führende Rolle der Malerei seit Giotto, für die Einschätzung Italiens als „Land der Kunst“ und anderes mehr.

    H. richtete sein Augenmerk auf das Ganze der Künstlerperson und deren Werk, weshalb er auch zum ersten Farbhistoriker in der Kunstgeschichte wurde. Daneben liegt seine Bedeutung in der Klarsicht, mit der er die These von der Kunst als einer bei all ihrer Bedingtheit autonomen und aus sich selbst entwicklungsfähigen Größe nicht nur, wie Wölfflin, psychologisch und am Einzelfall, sondern kunstgeschichtlich und aus der Gesamtentwicklung der Kunst begründete. Er legte dar, daß das Kunstwerk nur mit der ihm wesensverwandten Anschauung auffaßbar ist. „Aus der Freude am Anschauen Dürerscher Bilder“ hätten sich ihm seine Fragestellungen ergeben, sagt er im Vorwort seines Dürerbuches, und er verweist damit auf das „reine Anschauen und freudige Erkennen“, das seine Schriften kennzeichnet, ihnen Evidenz ohne falschen Beweisanspruch verleiht und sie vor der Spekulation bewahrt. – H.s Sinn für das Konkrete beweist auch sein waches Verhältnis zu Gegenwartsfragen, einschließlich denen der Politik. Die Vorahnungen kommender Katastrophen haben ihn tief beunruhigt, ihm aber auch den Blick ungewöhnlich geschärft. Sein (noch nicht vollständig veröffentlichtes) wissenschaftliches Werk hat über sein Fach stark hinausgewirkt, in diesem selbst aber nur zögernde Aufnahme gefunden. Doch folgt die jüngere Forschergeneration immer mehr seinem Beispiel, im Kunstwerk ein dichtes Netz von Beziehungen zu erkennen und es in sinnvolle Zusammenhänge gebettet zu sehen.

  • Werke

    Weitere W Tizian, Gesch. s. Farbe, 1935, ²1948;
    Dürers Bildhoheit, 1939;
    Giotto, s. Stellung in d. europ. Kunst, 1941, ²1960;
    Die Fresken Tiepolos in d. Würzburger Residenz, 1943, ²1947;
    Die Sixtin. Madonna, 1947;
    Claude Lorrain, 1947;
    Erinnerungen an ital. Architektur, 1951;
    Aufsätze u. Vorträge. 2 Bde., zus.gest. v. G. Berthold, 1957.

  • Literatur

    F. Klingner, Th. H., Gedächtnisrede am 15.1.1947, 1947;
    G. Berthold, Th. H., Gedanken zu s. Werk, in: Festschr. Kurt Badt, 1959.

  • Autor/in

    Werner Gross
  • Zitierweise

    Gross, Werner, "Hetzer, Theodor" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 36-37 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118774328.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA