Lebensdaten
1809 – 1872
Beruf/Funktion
Historiker ; Archivar ; Ökonomierat ; Parlamentarier
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 11653334X | OGND | VIAF: 19668386
Namensvarianten
  • Riedel, Adolf Friedrich Johann
  • Riedel, Adolph Friedrich
  • Riedel, A. F.
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Riedel, Adolf Friedrich Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11653334X.html [19.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Riedel: Adolf Friedrich Johann R. ward als der älteste Sohn des Predigers R. zu Biendorf bei Doberan am 5. December 1809 geboren. Nach häuslicher Vorbereitung besuchte er die oberen Classen des Gymnasium Fridericianum zu Schwerin und bezog 1828 als Student der Theologie die Universität Berlin, wo er sich jedoch von Anfang an ausschließlich den philosophischen, philologischen und geschichtlichen Studien hingab. Sein Eifer lenkte die Aufmerksamkeit Wilken's und Wohlbrück's auf ihn, seine Erstlingsschrift auch die der Staatsbehörden und der gelehrten Welt; als er nämlich die von der philosophischen Facultät für das Jahr 1828 gestellte Preisaufgabe, eine Darstellung des Zustandes der Mark Brandenburg um die Mitte des 13. Jahrhunderts zu liefern, mit einer Belesenheit und einem Scharfsinne löste, die eines gereiften Mannes würdig waren. Diese Arbeit wurde entscheidend für seinen Lebensgang. König Friedrich Wilhelm III. ertheilte ihm mittelst Cabinersordre vom 30. November 1829 „die Rechte der Eingeborenen“ und veranlaßte ihn dadurch, den Eintritt in den preußischen Staatsdienst zu suchen; der Minister v. Kamptz aber machte es möglich, daß Riedel's Arbeit, ins Deutsche übersetzt, unter dem Titel „Die Mark Brandenburg im Jahre 1250“ in zwei Bänden 1831—1832 gedruckt erschien.

    Während R. noch mit der Umgestaltung seiner Preisschrift beschäftigt war, begann er die Mitarbeiterschaft an mehreren wissenschaftlichen Zeitschriften, zuerst an Ledebur's „Allgemeinem Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates“, für welches er z. B. die mustergültige Arbeit über Bischof Anselm von Havelberg lieferte. Mit eisernem Fleiße verschaffte er sich daneben durch Ertheilung wissenschaftlichen Unterrichts die Mittel, um durch juristische und cameralistische Studien sich auf den höheren Staatsdienst und auf ein akademisches Lehramt vorzubereiten. Am Schlusse seines Trienniums (1831), auf die Dissertation „De comite palatii judiciis praefecto“, von der philosophischen Facultät der Berliner Universität multa cum laude zum Doctor promovirt, habilitirte er sich 1832 mit einer Rede „De disciplinae politicae notione et finibus“ als Privatdocent an derselben Hochschule. Als solcher und seit 1836 als außerordentlicher Professor las er über Staatswissenschaften gewöhnlich zwei Collegia in jedem Semester, die von Anfang an so besucht waren, daß er lange Zeit hindurch eine größere Zuhörerzahl hatte, als die alteren Cameralisten, mit denen er concurrirte. Viele Freude hatte er auch an den Privatissimis, welche er jungen Herren aus den fürstlichen Häusern der Radziwill, Löwenstein-Wertheim und Stourdza, meist zu ihrer Vorbereitung für die diplomatische Laufbahn, ertheilte. Trotzdem sah er sich später durch überhäufte Geschäfte genöthigt, seine Lehrthätigkeit erst zu beschränken, dann gänzlich einzustellen.

    Als eine Frucht des akademischen Lehramtes erschien 1837—40 das dreibändige Werk „Nationalökonomie oder Volkswirthschaftslehre“. Den jungen Privatdocenten beschäftigte der Minister v. Kamptz mit Hülfsarbeiten für die Revision der märkischen Provinzialrechte, an welchen damals im Justizministerium unter Hinzuziehung ständischer Deputirter gearbeitet wurde. Einen Theil der Ergebnisse seiner Untersuchungen auf diesem Gebiete veröffentlichte R. unter dem Titel „Magazin des Provinzial- und statutarischen Rechts der Mark Brandenburg und des Herzogthums Pommern“ in drei Bänden 1837—39. In dieser Sammlung werden 20 verschiedene Materien abgehandelt, unter welchen einige, wie z. B. die Allodification der märkischen Rittergüter, auch über die allgemeine Landesgeschichte aufklärendes Licht verbreiten. Im J. 1833 trat R. als geheimer Archivar in das Archiv des ehemaligen General-Oder-Finanz-, Kriegs- und Domänen-Directoriums, mit welchem die Registraturen mehrerer aufgehobener Behörden (Königreich Westfalen, Generalmünzdepartement, Invalidendepartement u. s. w.) äußerlich vereinigt waren. Unter seiner Leitung wurde nun dies Archiv und die mit demselben verbundenen Specialarchive zu einem Gesammtarchive für die Ministerien der inneren Verwaltung organisirt und im J. 1838 zu einem eigenen, vom Finanzministerium ressortirenden Institute unter dem Namen „Geheimes Ministerialarchiv“ erhoben. In seiner Stellung als Archivvorstand konnte R. an die Ausführung des Gedankens gehen, mit welchem er sich schon als Student getragen hatte, der fortan eine seiner Lebensaufgaben bildete und mit einer mehr als dreißigjährigen Arbeit durchgeführt ward: der Mark Brandenburg eine Sammlung ihrer Geschichtsquellen in einer Vollständigkeit und demnach in einem Umfange zu schaffen, deren Gleichen keine deutsche Landschaft aufzuweisen hat. Als Vorläufer hatte er schon im J. 1833 einen Band „Diplomatische Beiträge zur Geschichte der Mark Brandenburg und ihrer angränzenden Länder“ herausgegeben, welcher die Urkunden von Hillersleben, Werben, Lehnin, Radensleben und Lindow-Ruppin umfaßte; im J. 1838 erschienen dann die ersten Hefte des „Codex diplomaticus Brandenburgensis“, der im J. 1869 mit etwa 19 000 Urkunden in 36 Quartbänden Text und 5 Registerbänden abgeschlossen wurde.

    Nur vorübergehend ruhte, wenn nicht die Arbeit, so doch der Druck am Codex, nämlich in den Jahren 1849—55, in denen R. sich dem parlamentarischen Leben zuwandte. Er vertrat den Wahlkreis Barnim im J. 1848 als Mitglied der zur Vereinbarung einer Verfassung für den preußischen Staat berufenen Nationalversammlung und in der zweiten Kammer von 1849—52, dann den zweiten Berliner Wahlkreis in den Legislaturperioden von 1852—55 und 1859—61. Auch dem Staatenhause des Erfurter Parlaments gehörte er an. Sein constitutionelles Glaubensbekenntniß hatte er bald nach den Märztagen in einer Broschüre „Ansprache an die Wähler u. s. w“ abgelegt und keinen Zweifel darüber gelassen, daß er „ein erbliches mächtiges Königthum wolle, unter welchem Preußen blühend und groß geworden“. Ebenso hatte er das Zweikammersystem für eine unerläßliche Bedingung unseres Staatslebens erklärt, als er am 5. Mai 1848 in der Waisenhauskirche zu Berlin sich den Wählern als Kandidat vorstellte. Nur ausnahmsweise trat er in der Kammer als Redner in politischen Fragen auf, z. B. an jenem Junitage kurz vor dem Zeughaussturm, wo er die von der Linken beantragte „Anerkennung der Revolution“ mit einer feierlichen Verwahrung gegen das Princip der Volkssouveränität bekämpfte. Zu desto angestrengterer Thätigkeit veranlaßte ihn die Bearbeitung nationalökonomischer|Gegenstände, die ihm theils als Vorsitzendem, theils als vorzüglich fachkundigem Mitgliede der betreffenden Commissionen und Abtheilungen zufiel. Trotz der scharfen Opposition, in die er allmählich gegen das Ministerium Brandenburg-Manteuffel gerieth, war er bereit, unter Manteuffel im Ministerium des Innern zu arbeiten. Der Plan zerschlug sich; und so blieb ihm nur übrig, seine nationalökonomischen Grundsätze theoretisch zu entwickeln, z. B. 1849 in der Broschüre „Die Domänen und Forsten, Gruben, Hütten und Salinen des preußischen Staates“, indem er die Frage, ob dies nutzbare Eigenthum durch allmählichen Verkauf in Privateigenthum zu verwandeln sei, der Erörterung unterzog und bejahend beantwortete.

    Im J. 1851 gab er die „Zehn Jahre aus der Geschichte der Ahnherren des preußischen Königshauses“ heraus; es sind die Jahre 1410—20 gemeint, und der Kernpunkt des Buches ist die Beweisführung, daß die Mark Brandenburg den Hohenzollern vom Kaiser Siegmund weder für 400 000 Goldgulden, noch sonst für Geld verkauft, sondern zum Lohn für die dem Reiche und dem Kaiserhause geleisteten Dienste übertragen worden ist. In demselben Jahre 1851 wählte die Akademie der Wissenschaften ihn zu ihrem Mitgliede, und als akademische Abhandlungen erschienen z. B. „ Graf Rudolf von Habsburg und Burggraf Friedrich von Nürnberg in ihren Beziehungen zu einander" (1853), „Die Ahnherren des preußischen Könighauses bis gegen Ende des 13. Jahrhunderts" (1854) u. s. w. Alle diese Abhandlungen bilden die Bausteine für ein in großem Maßstabe angelegtes Werk, die „Geschichte des preußischen Königshauses“, dessen erster und zweiter Theil, bis zum Jahre 1440 reichend, zur Krönungsfeier des 18. October 1861 herauskamen. Eine längere Reihe von Monographien, in denen er einzelne Abschnitte der Geschickte Friedrichs des Eisernen und Albrecht Achills behandelt hat, ist als Vorarbeit für die Fortsetzung des Werkes zu betrachten, die leider ungedruckt geblieben ist. Sein letztes größeres Buch war „Der brandenburgisch-preußische Staatshaushalt in den beiden letzten Jahrhunderten“ (1866).

    Im J. 1837 stiftete R. in Verbindung mit dem Geh. Archivrath Höfer und dem Landgerichtsdirector Odebrecht den Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. Als Generalsecretär redigirte er bis 1862 die Vereinszeitschrift „Märkische Forschungen", die er unausgesetzt mit eigenen Arbeiten bereicherte; seit 1862 leitete er als Vorsitzender die Geschäfte des Vereins. Auch die „Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde" zählte ihn von ihrem Entstehen an (1864) zu ihren Gönnern und zu ihren bedeutendsten, gefälligsten und uneigennützigsten Mitarbeitern. Der Reichthum seiner Sammlungen gestattete ihm überdies, für besondere Anlässe passende Stoffe der vaterländischen Geschichte auf anziehende und lehrreiche Weise zu behandeln. So war er ein gern gehörter Redner im „Wissenschaftlichen“ und im „Gustav-Adolfs-Verein“. Diese, sowie seine im Auftrage von Behörden oder im Namen des Märkischen Vereins verfaßten Gelegenheitsschriften sind frei von den Spuren der Zufälligkeit ihrer Entstehung, z. B. die „Geschichte der Dominikaner-Klosterkirche zu Neu-Ruppin“, zur Einweihung bei Wiederherstellung derselben, 1839; „Die Erwerbung der Mark Brandenburg durch das Luxemburgische Haus“, zum Dienstjubiläum des Ministers v. Kamptz, 1840; „Die Verbindung der Stadt und Herrschaft Teupitz mit dem Brandenburg-Preußischen Staate“, zur vierhundertjährigen Erinnerungsfeier. 1862; „Die Geschichte des schloßgesessenen adligen Geschlechts von Bismarck bis zur Erwerbung von Crevese und Schönhaufen“, 1866.

    Neben all dieser amtlichen, parlamentarischen und wissenschaftlichen Thätigkeit blieb ihm die Kraft und Zeit zu lebhafter Betheiligung an industriellen|Unternehmungen. Er saß von 1843—49 im Directorium der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft; von 1845 bis an sein Lebensende führte er einen Theil der Verwaltung der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn; seit 1850 gehörte er auch dem Directorium des Vereins für die Rübenzuckerindustrie an und redigirte die Zeitschrift, welche er zur Vertretung dieses über ganz Deutschland ausgebreiteten Vereins begründet hatte.

    In seinen letzten Lebensjahren war er außerdem noch als Gutsbesitzer thätig, zuerst auf Britz und, nachdem er dies Gut verkauft hatte, auf Hohenschönhausen und Bürknersfelde. Die Studien aber ruhten auch neben der Landwirthschaft nicht; ja er empfing wol von dieser den Antrieb zu jenen; wie z. B. zu der Abhandlung „Ueber die Pflege des Obstbaumes in der Mark Brandenburg“ (1871) der Umstand ihn veranlaßte, daß er selbst in seinen Gärten der Obstbaumzucht besondere Sorgfalt zuwandte.

    • Literatur

      Zum „Historiographen der Brandenburgischen Geschichte“ ernannt (1868), starb er zu Berlin am 8. September 1872.

  • Autor/in

    Holtze.
  • Zitierweise

    Holtze, "Riedel, Adolf Friedrich Johann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 28 (1889), S. 514 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11653334X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA