Lebensdaten
1817 – 1896
Geburtsort
Proßnitz (Mähren)
Sterbeort
Strassoldo (Görz)
Beruf/Funktion
österreichischer Kriegsminister ; Feldmarschalleutnant
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 133510743 | OGND | VIAF: 1203650
Namensvarianten
  • Kuhn von Kuhnenfeld, Franz Freiherr
  • Kuhn von Kuhnenfeld, Franz von
  • Kuhn, Franz Freiherr von
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Zitierweise

Kuhn von Kuhnenfeld, Franz Freiherr, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd133510743.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Franz K. v. K. (Adel 1823, 1772-1842), Major, S d. Erbrichters Joseph K. in Mähr.-Weißwasser;
    M Johnna Schwab (1787–1856), Bauern-T aus Dörflas b. Gewitsch/Mähren;
    1852 Rosa (1833–94), T d. Kasimir Rr. v. Thoren (1794–1864), u. d. Constantia Lachmann;
    4 S, 3 T, u. a. Otto (* 1859), GR u. Gesandter (1910–16 in Lissabon), Franz (* 1863), FML.

  • Biographie

    K. wurde nach Absolvierung der Theresianischen Militärakademie (1829–37) zur Infanterie ausgemustert, 1839 dem Generalquartiermeisterstab zugeteilt und 1843 in diesen übersetzt. In den Kämpfen in Italien 1848/49 zeichnete er sich als Hauptmann sowohl durch Bravour als auch durch geschickte Dispositionen besonders aus (Ritterkreuz des Theresienordens, Eiserner Kronenorden 3. Klasse). Nach dem Feldzug in Ungarn 1849 wirkte er als Generalstabschef des 11. Armeekorps. Auf Grund seiner strategischen Begabung wurde er 1856 zum Professor für Strategie und Kriegsgeschichte an der Kriegsschule ernannt. 1859 entwarf er einen kühnen Operationsplan für Italien und wurde Generalstabschef der von Gyulai befehligten 2. Armee, doch wurden seine Anträge immer wieder abgelehnt und er selbst nach der Schlacht bei Magenta als Brigadier nach Südtirol versetzt. 1866 leitete er als Generalmajor die Verteidigung Tirols gegen überlegene feindliche Streitkräfte und konnte dank seiner genialen Dispositionen sowie seiner elastischen und kühnen Kampfweise das Land behaupten (Kommandeurkreuz d. Theresienordens, Beförderung zum Feldmarschalleutnant). Seine Erfahrungen legte er 1870 in dem Werk „Der Gebirgskrieg“ (²1878, franz. 1880) nieder, das bis zum Weltkrieg für die Verteidigung Tirols grundlegend blieb. Als Kommandant der 8. Truppendivision und dann als Landesverteidigungskommandant in Tirol und Vorarlberg wirkte er bis zur Ernennung zum Reichskriegsminister am 18.1.1868. In dieser Stellung oblag es ihm, die Konsequenzen aus der Katastrophe von Königgrätz zu ziehen und die Neugestaltung der Armee in Angriff zu nehmen. Zunächst gelang es ihm, nach dem Ausgleich mit Ungarn die Einheit der Armee zu sichern, die beiden Landwehren in Grenzen zu halten sowie das von seinem Vorgänger entworfene neue Wehrgesetz fertigzustellen und in den Parlamenten beider Reichshälften durchzusetzen. Es beruhte auf der allgemeinen Wehrpflicht, die K. selbst trotz seiner dem Liberalismus zuneigenden Anschauungen innerlich ablehnte. Immerhin erreichte er die Festsetzung der Kriegsstärke auf 10 Jahre. Die Stellung des Reichskriegsministeriums erfuhr eine wesentliche Stärkung, während Erzhzg. Albrecht auf die Funktion des Generalinspektors des Heeres zurückgedrängt wurde. Andererseits erhielten die Mittelbehörden größere Selbständigkeit, die Heeresverwaltung wurde modernisiert und hierfür eine eigene Intendanz geschaffen. Die mit Hinterladern neu bewaffnete Truppe legte den traditionellen weißen Waffenrock ab. 1870 trat K. für den Kriegseintritt Österreichs ein. Auf ganz neue Grundlagen stellte er die Vorbereitungen für einen Kriegsfall (Mobilisierungsinstruktion, stabile Kriegsgliederung, jährl. Schlagfertigkeitsbericht, Vorsorgen für die Gliederung in 3 Armeen und für ein Armeeoberkommando, Divisionen als operative Einheiten, Kriegsspiele, Generalstabsreisen etc.). Gleichzeitig trachtete K., das intellektuelle Niveau der Armee zu heben (Reform der Bildungsanstalten, Truppenschulen, Stabsoffizierskurse; Technisches und administratives Militärkomitee). Die neue Beförderungsvorschrift beseitigte die Privilegien der Regimentsinhaber und basierte auf dem Leistungsprinzip, wobei aber die Theorie etwas überbewertet wurde. Die Auflösung des Generalstabs als eines eigenen Korps sollte diesen in engeren Kontakt mit der Truppe bringen. Diese zahlreichen Neuerungen sowie sein grobes und unbeherrschtes Wesen schufen K. viele Feinde. Vor allem die Spannungen mit Erzhzg. Albrecht, aber auch mit den Delegationen und mit Andrassy führten schließlich dazu, daß der Kaiser ihn am 14.6.1874 unter Verleihung des Großkreuzes des Stephansordens als Minister enthob und zum kommandierenden General in Graz (bis 1888) ernannte. Trotz verschiedener Auszeichnungen (u. a. 1886 Ernennung zum Kanzler des Militär-Maria-Theresien-Ordens) empfand K. dies als Verbannung. In den letzten Jahren beschäftigte sich K. mit wissenschaftlichen Studien, was seiner umfassenden, naturwissenschaftlich orientierten Bildung entsprach. – Als Soldat wie als Organisator gleich bedeutend, hat er die Armee auf neue Grundlagen gestellt.|

  • Auszeichnungen

    Großkreuz d. Leopoldordens;
    GR;
    FZM (1873).

  • Werke

    Weitere W Über Reorganisation d. Militär-Bildungsanstalten, 1868;
    Der Krieg gegen Preußen im J. 1866 b. z. Schlacht v. Königgrätz, 1869;
    Betrachtungen üb. d. Operationen d. franz. Ost-, West- u. Nordarmee im Monat Jänner 1871, 1890;
    Meine Thätigkeit im Kriege, 1859, in: Danzers Armeeztg., 1901.

  • Literatur

    ADB 51;
    H. v. Srbik, Reichskriegsmin. Frhr. v. K. 1868-74, in: MIÖG 55, 1944, wieder in: ders., Aus Österreichs Vergangenheit, 1949 (P);
    G. Probst, Der alte K., in: Zs. d. hist. Ver. f. Steiermark 55, 1964, S. 23 ff.;
    W. Wagner, Gesch. d. k. k. Kriegsmin. II, 1971;
    Wurzbach XIII;
    R. Kiszling, in: NÖB XIII, S. 55-63 (L, P);
    ÖBL. -
    Eigene Archivstud.

  • Porträts

    Lith. v. E. Kaiser, 1866, Abb. b. Srbik, s. L.

  • Autor/in

    Walter Wagner
  • Zitierweise

    Wagner, Walter, "Kuhn von Kuhnenfeld, Franz Freiherr" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 269-270 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd133510743.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Kuhn: Franz Freiherr K. von Kuhnenfeld, k. u. k. Feldzeugmeister, Corpscommandant und commandirender General, Commandeur und Kanzler des Maria-Theresienordens. Er wurde am 25. Juni 1817 als Sohn des 1823 geadelten Majors Franz v. Kuhn zu Proßnitz in Mähren geboren, fand in der k. k. Militärakademie zu Wiener-Neustadt Aufnahme und kam nach ausgezeichneter Absolvirung derselben 1837 als Unterlieutenant in das Infanterieregiment Nr. 1. Schon zwei Jahre später wurde er dem Generalstabe zugetheilt und zugleich zum Oberlieutenant befördert.

    Bei Beginn des Jahres 1848 befand er sich in Mailand, und als dort am 18. März der Aufstand ausbrach, leistete er bereits hervorragende Dienste. Am 19. Abends zerstörte er mit zwei Zwölfpfündern und zwei Compagnien Infanterie eine von den Aufständischen vertheidigte Barrikade nächst des Platzcommandos und stellte dadurch dessen Verbindung mit dem Castell her. In der Nacht und am folgenden Tage säuberte er mit zwei Raketengeschützen, die er auf dem Arco della Pace aufstellte, die bei der Arena liegenden Häuser Borgo Ortolani von den dort eingedrungenen Schweizer Insurgenten, zerstörte mit zwei Compagnien Fußvolk, zwei Zwölfpfündern und zwei Raketengeschützen eine Barrikade nächst Ponte vetro, brachte das Feuer der Aufständischen zum Schweigen und zwang den nächst der Carminekirche liegenden Stadttheil, die Feindseligkeiten einzustellen und um Gnade zu bitten. Am 21. Abends zerstörte er mit zwei Compagnien Fußvolk, zwei Zwölfpfündern und zwei Raketengeschützen eine starke Barrikade nächst Ponte S. Marco, wobei er einen Prellschuß an die Brust erhielt. Mit den aus den Häusern und von den Barrikaden feuernden Aufständischen kämpfend, drang er zum Militär- und zum Platzcommando vor, befreite die dort von den Aufständischen eingeschlossenen zwei Compagnien und kehrte mit ihnen und seiner eigenen Truppe ins Castell zurück.

    Auf dem Rückzuge der Kaiserlichen von Mailand nach Verona nahm er (22. März) eine Barrikade an der Porta Camesina und das von den Scharen Garibaldi's besetzte Thor und hielt es so lange, bis der Rückzug vollzogen war. Am 23. März erstürmte er den von den Insurgenten besetzten Ort Melegnano und machte am 9. April die Gefechte von Valeggio und Monzambano mit. Am 15. April wurde K. zum Hauptmann im Generalquartiermeisterstabe befördert. Am 20. April war er als Generalstabsofficier dem Oberst Heintzel zur Expedition gegen Bevilacqua beigegeben. Durch zwei Raketengeschütze, welche K. sehr günstig aufstellte, wurde sowol das Ufer des Flusses Fratta als das befestigte Bevilacqua von den Feinden gesäubert.

    Auch zum Siege bei Somma Campagna und Custozza trug K. wesentlich bei. Am 23. Juli bewog er den Generalmajor Strassoldo, dem er zugetheilt war, trotz Gegenbefehls bes Hauptquartiers noch des Nachts den Monte Vento zu stürmen; die Unternehmung, bei welcher K. das Bataillon führte, welches die Umgehung des Feindes vollzog und ihn in der Flanke angriff, gelang und die Valeggio und die Ebene von Prabiano beherrschende Stellung auf dem Monte Vento wurde genommen. Valeggio wurde besetzt und zur Vertheidigung hergerichtet. In der Schlacht bei Custozza (25. Juli 1848) ließ er von zwei Geschützen die piemontesischen Reservecolonnen so erfolgreich beschießen, daß sie sich fluchtartig nach Villafranca zurückzogen, was zur Folge hatte, daß das feindliche Centrum ebenfalls die Höhen von Custozza räumte und der Sieg für die Kaiserlichen auf der ganzen Linie entschieden war.

    Am 30. Juli kämpfte K. in den Gefechten bei Cremona, am 2. August bei Basiasco und Turano vor Lodi und am 4. August zeichnete er sich neuerdings in dem Kampfe bei Mailand durch hervorragende Umsicht und Tapferkeit aus. Er drang an der Spitze der Avantgarde vor, griff den Feind bei Nosedo an, warf ihn zurück, eroberte eine Batterie von acht Geschützen sammt Munitionskarren und Bespannung und nahm die Bedienungsmannschaft gefangen. Zwei Stunden stand er allein mit der Brigade Strassoldo dem Feinde gegenüber, hatte in dieser Zeit die Stellung der Piemontesen von Vigentino über Casa Gambaloita gegen Castagnedo und Colombo, ehe noch eine andere Brigade ins Feuer kam, gesprengt und durch rasches Erfassen der Gefechtslage, rücksichtslose Entschlossenheit und Tapferkeit, sowie durch rastlose Thätigkeit und wiederholtes Vorführen frischer Truppen wesentlich zum Siege beigetragen.

    Den verdienstvollen Leistungen folgte bald der Lohn. Am 26. Mai 1848 wurde ihm die allerhöchste Anerkennung ausgesprochen, am 30. September 1848 der Orden der eisernen Krone III. Cl. zuerkannt und am 29. Juni 1849 wurde er wegen seiner Waffenthaten in den Schlachten bei S. Lucia und bei Mailand durch das Ritterkreuz des Maria Theresienordens ausgezeichnet.

    Im Feldzuge von 1849 machte er die Gefechte von Gambalo und San Siro mit; bei dem Sturmangriff auf den letzteren Ort (21. März 1849) stellte er sich freiwillig an die Spitze einer Compagnie des 10. Jägerbataillons und feuerte sie durch sein todverachtendes Beispiel zu unwiderstehlichem Vorgehen an. Er nahm dann an der Expedition in die Romagna theil, und zwar sowol an der Unterwerfung Bolognas (8. bis 15. Mai) als an der Belagerung Anconas; bei dieser ging im Kriegsrathe sein Antrag durch, von dem geplanten Sturme auf das verschanzte Lager abzusehen und statt dessen zwei Drittel aller Munition in einer Nacht in die Festung zu schleudern. Es geschah und am andern Morgen (18. Juni) capitulirte Ancona. September 1849 wurde K. Major, am 11. Januar 1853 gemäß den Statuten des Maria Theresienordens in den Freiherrenstand erhoben, am 18. Juli desselben Jahres Oberstlieutenant, 1856 Lehrer der Strategie an der k. k. Kriegsschule in Wien und am 27. März 1857 Oberst.

    Nachdem Napoleon III. durch den verhängnißvollen Neujahrsgruß an den österreichischen Botschafter Baron Hübner in Paris (am 1. Januar 1859) seine Absicht constatirt hatte, Oesterreich feindlich entgegenzutreten, wurde K. beauftragt, einen Kriegsplan für einen allfälligen Kampf Oesterreichs gegen Frankreich und Sardinien zu entwerfen. Er kam diesem Befehle nach und überreichte Ende Februar 1859 dem Feldzeugmeister Baron Heß eine Denkschrift dieses Inhalts. Er forderte zu einem solchen Kriege 300 000 Mann, möglich baldigstes Beginnen desselben, um die sardinische Armee erdrücken,|zwischen Turin und Bra eine Centralstellung einnehmen und die Corps der französischen Armee bei ihrem Vormarsche aus den Alpenpässen einzeln angreifen zu können. Die ungeordneten Finanzverhältnisse, die politische Zerrüttung im Innern und die unglückliche Führung der auswärtigen Angelegenheiten vereitelten Kuhn's Plan; der Krieg konnte erst Ende April und nur mit 110 000 Mann begonnen werden.

    Am 19. März wurde K. zum Generalstabschef der Armee in Italien ernannt und legte dem Kaiser den Plan vor, daß vor allem die piemontesische Armee vor Ankunft der französischen Armee und vor Vereinigung mit dieser geschlagen werden müsse, oder aber zu trachten sei, sich Casales und Alessandrias zu bemächtigen. Am 24. März traf K. im Hauptquartier in Mailand ein, wo er Gyulai den Operationsplan mittheilte und hervorhob, daß, sobald die piemontesische Armee geschlagen worden sei, eine Stellung bei Bra genommen werden müsse, um sich auf die über die Alpen vorrückenden Franzosen zu werfen, womit sich Gyulai einverstanden erklärte und zugleich den Kaiser um Verstärkung durch ein fünftes Corps dringend bat. K. entwarf die Detailpläne, nach welchen die Armee bei Mezzana Corte den Po überschreiten, gegen Alessandria vorrücken und die Stellung der Piemontesen aufrollen sollte. Was ihm gleich anfangs hindernd in den Weg trat, war, daß das Kundschaftswesen gar nicht organisirt und es mit den Bespannungen der Verpflegscolonnen und den übrigen Reserveanstalten schlecht bestellt war.

    Da Mitte April von Wien die Nachricht eintraf, daß der Krieg erst binnen 10 bis 14 Tagen beginnen könne, erachtete K. seinen ersten Plan, gegen Alessandria vorzurücken, wegen der Nähe der französischen Corps für zu gefährlich und schlug Gyulai vor, mit der Armee den Tessin zu überschreiten, gegen Valenza und San Salvatore vorzudringen, sich der Höhen zu bemächtigen, die sardinische Armee anzugreifen und zu schlagen, eine Operation, welche alle Aussicht auf ein glückliches Gelingen bot. Als es am 3. Mai zur Ausführung dieses Planes kommen sollte, versagte Gyulai auf ein von Wien eingelangtes, jedoch im Hauptquartier falsch dechiffrirtes Telegramm dieselbe. Die richtige Lesung dieses von Wien an Gyulai gelangten Telegrammes lautet: „Bei der gegenwärtigen Sachlage bleibt der Kriegsschauplatz in Italien vorwiegend"; offenbar meinte man damit, der Ausbruch eines Krieges auf einem anderen Kriegsschauplatze — am Rhein — sei nicht so bald zu erwarten; die unrichtige Dechiffrirung lautete: „Bei der gegenwärtigen Sachlage bleibt der Kriegsschauplatz in Italien, vorwiegend in Verona“. Infolge dieses Telegrammes beschloß Gyulai, von jeder Offensive abzugehen, untersagte den von K. zum Zwecke des Durchbruches durch die piemontesische Armee vorgeschlagenen Angriff auf Valenza und San Salvatore und neigte sich immer mehr der Ansicht zu, mit der ganzen Armee den Rückzug bis in das Festungsviereck von Verona anzutreten. Kuhn's Rath zum Angriff war vollkommen sachgemäß und wurde später von Moltke und anderen berufenen Kritikern des Feldzuges als ganz zweckentsprechend bezeichnet. Gyulai ließ sich aber nicht von seinem Generalstabschef, sondern von den ihm beigegebenen Generaladjutanten berathen, welche dem damals in Oesterreich gesondert organisirten Adjutantencorps angehörten, das unter der Leitung des Grafen Grünne stand und in der Armee allmächtig war, während der Generalstab nur eine secundäre Rolle spielte. Da K. der Angriff von Valenza und San Salvatore aus vereitelt wurde, so schlug er vor, die österreichische Armee bei Mortara zu versammeln, um den Feind bei dem Vormarsche von Vercelli auf Novara in der Flanke anzugreifen, von seiner Rückzugslinie abzudrängen und gegen die Berge zu werfen. Auch diesen Vorschlag verwarf Gyulai und befahl den Rückzug|über den Tessin, um ihn dann weiter bis Verona fortzusetzen. Doch dem trat Feldzeugmeister Heß, der, vom Kaiser gesendet, am 3. Juni im Hauptquartier eingetroffen war, entgegen, der Rückzug wurde sistirt und die Armee erwartete auf dem linken Ufer des Tessin den Angriff des Feindes. So kam es am 4. Juni zur Schlacht bei Magenta.

    Als die Nacht dem Kampfe ein Ende gemacht, hatte keiner der beiden Theile das Gefühl, geschlagen zu sein, und am folgenden Morgen wäre die österreichische Armee in der Lage gewesen, den Kampf wieder aufzunehmen, denn sie zählte noch über 100 000 Mann, während Napoleon nur mehr über 67 000 Franzosen und Piemontesen gebot. Als Gyulai spät Abends K. fragte, was nun zu thun sei, sagte dieser: „Fortkämpfen, wir haben die Schlacht nicht verloren, da Robecco und Carpenzago in unserer Gewalt sind, Magenta selbst ist von wenig Belang.“ — K. hatte Recht, ein Theil des Feindes war in der Nacht über den Tessin zurückgegangen, und die Hauptmacht der französisch-sardinischen Armee blieb am 5. unbeweglich stehen. Gyulai jedoch folgte dem Rathe Kuhn's nicht, da er in der Nacht vom Commandanten des ersten Corps, Graf Clam-Gallas, die Meldung erhielt, daß seine Truppen nicht mehr gefechtsfähig seien und er daher, ohne einen Befehl des Hauptquartiers abzuwarten, den Rückzug nach Binasco angetreten habe; und obwol K. am Morgen des 5. Juni neuerdings in Gyulai gedrungen war, bei Pavia wieder über den Tessin zu gehen und den Feind in der Flanke anzugreifen, befahl der Höchstcommandirende allgemeinen Rückzug hinter den Mincio.

    Als am 8. die ganze Armee, 122 000 Mann stark, in dem Dreiecke Lodi-Pizzighettone-Pavia stand, entwarf K. den Plan zu einem Flankenangriff auf die von Mailand gegen Lodi vordringende französisch-sardinische Armee; Gyulai genehmigte diesen Plan, aber Feldzeugmeister Freiherr v. Heß verwarf ihn als zu kühn. So ging der Rückzug bis in das Festungsviereck Peschiera-Verona-Legnago-Mantua. Hier übernahm Kaiser Franz Josef selbst den Oberbefehl und an seiner Seite stand Feldzeugmeister Freiherr v. Heß als Generalstabschef.

    Nach dem Kriege wurde K. zum Commandanten des Infanterieregimentes Nr. 17, sodann (3. Juni 1862) zum Truppenbrigadier in Tirol und am 29. October 1863 zum Generalmajor befördert.

    Bei Beginn des Krieges von 1866 wurde K. mit der Vertheidigung Tirols betraut, zu welcher schwierigen Aufgabe ihm nur 10 000 Mann zur Verfügung standen. So lange die bei Custozza siegreiche Südarmee in und um Verona stand, war die Lage in Südtirol eine günstige; als aber nach der Niederlage der Nordarmee bei Königgrätz die Südarmee in höchster Eile an die Donau bei Wien beordert wurde, war Südtirol dem Einbruche der den Kaiserlichen um das Zehnfache überlegenen italienischen Truppen ausgesetzt und K. hatte das Land in der Strecke vom Stilfser Joch bis an die Grenze Kärntens zu vertheidigen. Während er früher offensiv vorgegangen und bis ins Valtellin vorgedrungen war, mußte er jetzt von der Offensive absehen und Vertheidigungsstellungen einnehmen. Der an allen Punkten nachdrängende Feind fand überall unerwarteten kräftigen Widerstand und durch Kuhn's Dispositionen wurde das beabsichtigte rasche Eindringen des 40 000 Mann zählenden Corps Garibaldi's in den Judicarien vereitelt, wo die Kaiserlichen in den Gefechten von Cimego und Condino (16. Juli) und bei Bececa im Ledrothale glänzende Erfolge errangen. Von diesem heftigen überraschenden Schlage getroffen, waren die Garibaldianer bis zur Beendigung des Krieges wie betäubt und wagten kaum schrittweise vorzugehen. Hatte K. dadurch den Südwesten Tirols gesichert, so drohte nunmehr größere Gefahr im Osten.

    Der italienische General Medici drang mit einer Division ins Val Sugana ein und bedrohte das Val Arsa. Am 23. hatte er bereits Levico erreicht und Trient war gefährdet. K. ließ nur 2000 Mann den 40 000 Garibaldianern in einer günstigen Flankenstellung gegenüber stehen und zog in größter Eile alle sonst verfügbaren Truppen in Trient zusammen. Dem General Medici gegenüber nahm er bei Civezzano Stellung, um das Vordringen gegen Trient zu verwehren; die Stadt selbst wurde in Vertheidigungsstand gesetzt, alle wichtigen Punkte, besonders gegen das Val Sugana, von, wenn auch kleinen, Abtheilungen bezogen, so daß der Feind am 24. nicht vorrückte und keinen Angriff auf die Stadt wagte. K. hatte vom Obercommando der operirenden Armee die Ermächtigung erhalten, Südtirol schrittweise zu räumen und seine Streitkräfte zur Vertheidigung Deutsch-Tirols zu concentriren, und am 24. Vormittags erschien vor ihm eine Deputation, aus dem Bischof von Trient, Riccabona, dem Bürgermeister Dordi und anderen bestehend, schilderte ihm die bedenkliche Lage, in der er sich befinde, da nach zuverlässigen Nachrichten General Medici eine Umgehung durch das Fleimser Thal und somit auf der Straße nach Botzen unternommen habe, und forderte ihn auf, Trient zu räumen.

    Seine Antwort lautete, er werde Trient auf das äußerste vertheidigen, womit er die Deputation entließ. Trient wurde von Stunde zu Stunde immer mehr zu einem Waffenplatze, der hartnäckig vertheidigt werden konnte, hergerichtet, ins Fleimser- und Fassathal wurden Truppen entsendet, durch Befestigungen eine Vertheidigungslinie geschaffen, in deren Rücken auf den Uebergängen nach Botzen und in das Eisackthal eine zweite befestigte Linie sich erhob.

    Angesichts dieser energischen Maßregeln wagte der Feind keinen Angriff (am 24.), und als am 25. eine italienische Brigade die Kaiserlichen im Val Sorda angriff, wurde jene von vier Compagnien Kaiserjäger und zwei Scharfschützencompagnien nicht nur zurückgeschlagen, sondern von den Kaiserlichen sogar die Stellung von Vigolo genommen. Am 25. Abends erhielten K. und Medici gleichzeitig die Nachricht vom Abschlusse des Waffenstillstandes.

    K. war es gelungen, mit einer an der ganzen langen Grenze Südtirols verteilten Macht, die erst zuletzt 14 000 Mann regulärer Truppen zählte, einem vielfach überlegenen Feinde den Eintritt in das Herz Südtirols zu verwehren. Nicht einen Augenblick war die Verbindung im Etschthale unterbrochen; nicht einer der wichtigeren Punkte im Lande kam in die Hand des Feindes, der nur einige Seitenthäler betreten konnte, während zwei österreichische Halbbrigaden unverrückbar auf feindlichem Boden standen und weit in des Feindes Land streiften.

    Die Waffenruhe wurde zweimal verlängert und während derselben erhielt K. einige Verstärkungen. Es schien, als ob der Kampf um Südtirol nochmals ausbrechen würde, denn Italien verzögerte Tag für Tag den Abschluß des definitiven Waffenstillstandes. Als am 10. August die Weisung aus Wien kam, daß die italienische Armee am 11. Tirol geräumt haben müßte, widrigenfalls die Operationen wieder zu beginnen hätten, hatte K. derartige Veranstaltungen getroffen, daß die Division Medici nur unter bedeutenden Verlusten den Rückzug hätte antreten können, wenn sie nicht vermuthlich ganz wäre eingeschlossen und gefangen genommen worden. Sie war aber schon am 10. von Val Sugana abgezogen. Auch Garibaldi war mit seinem Corps über die Grenze zurückgegangen, vor seiner Truppe laut bekennend, daß er mit seinen 40 000 Mann nicht im Stande gewesen sei, auch nur einen Berg einzunehmen.

    K. hatte durch die glorreiche Vertheidigung von Süd-Tirol, dieses große und hochwichtige Stück Land dem Kaiser und dem Reiche erhalten, denn wäre Trient verloren gegangen, so unterliegt es wol keinem Zweifel, hätte Italien die hartnäckigsten Ansprüche auf den Besitz von Welsch-Tirol in den Friedensverhandlungen erhoben und wäre damit vielleicht durchgedrungen. So gehört K. in die Reihe der genialen und heldenmüthigen Feldherren, Erzherzog Albrecht und Feldmarschalllieutenant John (Sieg bei Custozza) und Tegetthoff (Seeschlacht bei Lissa), welche in dem für den alten Kaiserstaat sonst so unglücklich verlaufenen Kriege von 1866 Oesterreichs Waffenehre aufrechterhielten. Es war daher nur eine gerechte Anerkennung seiner großen Verdienste, daß er am 17. August 1866 außer der Tour zum Feldmarschalllieutenant ernannt und am 29. August durch Verleihung des Commandeurkreuzes des Maria-Theresienordens ausgezeichnet wurde.

    Nach dem Kriege wurde K. zum Commandanten der achten Truppendivision in Innsbruck, zum Landesvertheidigungs-Obercommandanten in Tirol und Vorarlberg und zum Oberstinhaber des 17. Infanterieregimentes ernannt. Doch harrte seiner noch die Lösung einer größeren Aufgabe. Auch Oesterreich-Ungarn mußte vom Conscriptionssysteme zur allgemeinen Wehrpflicht übergehen. Um diese schwierige, in das ganze Staats- und Volksleben tief eingreifende Organisation durchzuführen, ward K. berufen. Er wurde am 18. Januar 1868 zum Reichskriegsminister ernannt; als solcher hatte er das neue Wehrgesetz zu entwerfen und es bei den legislativen Körperschaften Oesterreichs und Ungarns durchzubringen. Es gelang ihm, und das neue, auf der allgemeinen Wehrpflicht beruhende Wehrgesetz erschien für Oesterreich am 5. December 1868 und für Ungarn als Gesetzartikel 40 vom Jahre 1868. — Die Erhebung zum Wirklichen k. und k. Geheimen Rath (Titel Excellenz) 1869, das Großkreuz des Leopoldordens 1872, die außertourliche Ernennung zum Feldzeugmeister und, als er 1874 von seiner Stelle als Kriegsminister enthoben wurde, das Großkreuz des Stefansordens waren der wohlverdiente Lohn seiner großen Verdienste um die Reorganisation und Verwaltung des Heeres. Gleichzeitig mit der Enthebung von der Stelle des Reichskriegsministers wurde K. zum commandirenden General in Graz und zum Commandanten des dritten Corps (Steiermark, Kärnten, Krain und das Küstenland umfassend) und am 4. November 1886 zum Kanzler des Maria-Theresienordens ernannt.

    Den großen Verdiensten Kuhn's entsprachen diese Auszeichnungen. Dennoch hatte er in den höchsten (nicht allerhöchsten) Kreisen der Armee und des Hofes heftige Feinde und gefährliche Gegner. Die Entschiedenheit, mit der er handelte und sprach, die Wahrheitsliebe und Offenheit, die ihn in allen seinen Worten und Thaten charakterisirte, seine rauhe Außenseite, die aber die edelste Herzensgüte in sich barg, seine manchmal brüsken, doch stets richtigen Aeußerungen über Vorgänge und Persönlichkeiten im Heere, denen er aus wohlerwogenen Gründen oftmals nicht zustimmen konnte, die persönlichen Rücksichten, die nicht selten zu Tage traten, während er stets nur die Sache im Auge hatte, nur das Wohl des Staates und des Heeres, sowie das seines Kaisers, zum Ziele seines Lebens und Wirkens gemacht hatte, gaben seinen wenigen aber sehr hohen Widersachern den Hebel in die Hand, ihn zu beseitigen. Ohne irgend welche äußere Veranlassung wurde K. bei voller geistiger Frische am 16. Juli 1888 von dem Commando des III. Corps, dem Posten eines commandirenden Generals in Graz und als Landwehrcommandant enthoben und nach mehr als 55jähriger Dienstzeit in Disponibilität versetzt. Kuhn's Kaltstellung wurde vom III. Corps von seinem Adlatus an bis zum|letzten Mann, nicht minder aber auch von der Civilbevölkerung von Graz, wo er hochbeliebt und hochgeachtet war, mit dem größten Bedauern und tiefem Beileid entgegengenommen.

    K. war wissenschaftlich hoch gebildet; in jungen Jahren war er bereits erfolgreicher Lehrer der Strategie an der Kriegsschule in Wien, als Kriegsminister sorgte er trefflich für die Militärbildungs- und Erziehungsanstalten, als Corpscommandant in Graz noch lernte er autodidaktisch Griechisch und Latein, um die antiken Classiker in der Ursprache lesen zu können. Die militärischen Wissenschaften bereicherte er mit dem Werke: „Der Gebirgskrieg“, Wien 1870, das beinahe in alle europäischen Sprachen übersetzt und von allen militärischen Zeitschriften sehr vortheilhaft beurtheilt wurde. Er handelt in demselben vom Gebirgskrieg im allgemeinen, von der Vertheidigung, Befestigung, vom Angriff eines Gebirgslandes, von der Vertheidigung und Befestigung von Gebirgsgürteln, belegt seine Darstellungen mit zahlreichen Beispielen aus der Kriegsgeschichte und gibt zum Schluß specielle und ausführliche Beispiele über Gebirgskriege: den Feldzug Rohan's im Valtellin 1635, die Vertheidigung der Ostpyrenäen durch den spanischen General Riccardo 1793, die Vertheidigung Nord-Tirols in der ersten Hälfte Novembers 1805 und die von K. selbst getroffenen Dispositinnen zum Angriff auf Pergine und Levico am 10. und 11. August 1866.

    Die Jahre unfreiwilliger Ruhe verlebte K. anfangs zu Graz, später auf dem seiner verwittweten Tochter Gräfin Strassoldo gehörigen Landsitze Strassoldo bei Görz im Küstenlande, wo er, tief gekränkt über seine Enthebung vom activen Dienst, am 25. Mai 1896 aus dem Leben schied.

    • Literatur

      Willisen, Der italienische Feldzug des Jahres 1848. Berlin 1849. — Der Krieg in Italien 1859. Nach den Feldacten und anderen authentischen Quellen bearbeitet durch das k. k. Generalstabsbureau für Kriegsgeschichte. 3 Bände. Wien 1872—1876, besonders Bd. I. —
      (Bartels,) Der Krieg im Jahre 1859. Nach officiellen Quellen nichtofficiell bearbeitet. Bamberg 1894. (Mit den heftigsten Angriffen gegen Kuhn.) —
      Hierauf Kuhn's Erwiderung: Meine Thätigkeit im Kriege 1859 (in Danzer's Armeezeitung, Wien 1900, Nr. 50—52, 1901, Nr. 1—10). —
      H. Fr. (Friedjung), Eine Quellenschrift zur Geschichte des Krieges von 1859 (Beilage d. Allgemeinen Zeitung, München 1901, Nr. 100). —
      Oesterreichs Kämpfe im Jahre 1866. Nach den Feldacten bearbeitet durch das k. k. Generalstabsbureau f. Kriegsgeschichte. 5 Bände. Besonders Band V (Wien 1869), S. 3—71. —
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  • Autor/in

    Franz Ilwof.
  • Zitierweise

    Ilwof, Franz, "Kuhn von Kuhnenfeld, Franz Freiherr" in: Allgemeine Deutsche Biographie 51 (1906), S. 422-428 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd133510743.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA