Lebensdaten
1888 – 1969
Geburtsort
Sohrau (Żory, Oberschlesien)
Sterbeort
Berkeley (Kalifornien)
Beruf/Funktion
Physiker
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 119320665 | OGND | VIAF: 70396309
Namensvarianten
  • Stern, Otto
  • Sthern, Otto

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Zitierweise

Stern, Otto, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119320665.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Oskar, Mühlenbes., Getreidehändler in S., seit 1892 in Breslau;
    M Eugenie Rosenthal, aus Rawitsch (Posen);
    1 B, 3 Schw; – ledig; Verwandter Fritz (* 1926), Hist. (s. L).

  • Biographie

    S. besuchte das Johannes-Gymnasium Breslau, legte 1906 das Abitur ab, und studierte anschließend an der dortigen Universität Physik. 1912 wurde er – nach kurzen Studienaufenthalten in Freiburg (Br.) und München – mit „Untersuchungen über den osmotischen Druck des Kohlendioxids in konzentrierten Lösungen“ bei Otto Sackur (1880–1914) promoviert. Anschließend ging er an die Dt. Univ. Prag, um dort mit Albert Einstein zusammenzuarbeiten, dem er zum Wintersemester 1912 /13 als Forschungsassistent an die ETH Zürich folgte. Mit Einstein verband S. eine lebenslange Freundschaft. 1913 habilitierte sich S. mit einer Arbeit „Zur kinetischen Theorie des Dampfdrucks einatomiger Gase“ für das Fach physikalische Chemie. Er wirkte als Privatdozent zunächst in Zürich und 1914–21 an der neu eröffneten Univ. Frankfurt/M., wo er dem Lehrstuhl für theoretische Physik von Max Born (1882–1970) angegliedert war. Dazwischen leistete er Kriegsdienst in einer meteorologischen Einheit. 1921 erhielt S. einen Ruf als ao. Professor für theoretische Physik an die Univ. Rostock. 1923 wurde er Ordinarius des an der Univ. Hamburg neu gegründeten Instituts für physikalische Chemie. Einer Entlassung durch die nationalsozialistischen Behörden zuvorkommend, erklärte er im Frühjahr 1933 seinen Rücktritt und emigrierte in die USA. Am Carnegie Institute for Technology in Pittsburgh baute er in den folgenden Jahren|ein neues Labor für Molekularstrahluntersuchungen auf. Während des 2. Weltkriegs beteiligte er sich an militärtechnischen Forschungen und wirkte als Berater des US-Kriegsministeriums. Nach seiner Emeritierung 1946 zog er sich nach Kalifornien zurück. S. verstand sich selbst als „experimentierender Theoretiker“. Bis zum Beginn der 1920er Jahre konzentrierte er sich fast ausschließlich auf theoretische Untersuchungen. Die Quantenhypothese und Einsteins Ansätze, diese auf Probleme der Molekülphysik und speziell der spezifischen Wärme von Festkörpern anzuwenden, wurden für seine Forschungen zentral. Gemeinsam mit Einstein untersuchte er die Frage, ob sich die Atome eines festen Körpers den Gesetzen der klassischen Physik folgend am absoluten Nullpunkt in Ruhe befinden, oder noch eine nichtverschwindende (quantenmechanische) „Nullpunktsenergie“ von h/2 besitzen, die sie um eine Gleichgewichtsposition schwingen läßt. Gemeinsam mit Born gelang ihm in Frankfurt die experimentelle Prüfung der Maxwellschen Geschwindigkeitsverteilung freier Atome. Diese Arbeiten werden für S.s künftige Forschungen wegweisend, nutzte er doch hierbei erstmals die sogenannte Molekülstrahlmethode, die er in den folgenden Jahren zur Perfektion brachte. Hierbei werden Strahlen definierter Atome oder Moleküle im Vakuum erzeugt und deren Ablenkbarkeit durch äußere magnetische oder elektrische Felder zum Studium atomarer Eigenschaften und der Messung atomarer Konstanten genutzt. Mit dieser bahnbrechenden Technik untersuchte S. 1921 zusammen mit dem Experimentalphysiker Walther Gerlach (1889–1979) das Verhalten von Atomen in einem homogenen Magnetfeld. Gerlach mußte die Versuche allerdings schon bald allein weiterführen, da S. seine Rostocker Professur antrat. Im Febr. 1922 konnte schließlich an einem Strahl von Silberatomen die sog. Richtungsquantelung nachgewiesen werden, was eine glänzende Bestätigung der Bohrschen Atomtheorie war. Das „Stern-Gerlach-Experiment“ wurde zum Vorbild aller späteren Versuchsanordnungen S.s zur Messung von Grundgrößen der kinetischen Gastheorie, von magnetischen Momenten von Molekülen und zum Nachweis der Beugung von Wasserstoff- und Helium-Molekularstrahlen an NaCl-Kristallen, die zur Bestimmung der de-Broglie-Wellenlänge führte. Mit einer modifizierten Form des Stern-Gerlach-Versuchs gelangen S. 1932 zusammen mit Otto Robert Frisch (1904–79) erste Präzisionsmessungen des kernmagnetischen Moments des Protons, deren gravierende Differenzen zur Theorie Hinweise auf eine Substruktur des Protons lieferten. Diese Arbeiten wurden 1943 mit dem Nobelpreis geehrt. Nach der Emigration gelangen S. keine derart herausragenden Forschungsleistungen mehr, doch trug er dazu bei, die Molekularstrahltechnik in den USA durchzusetzen und für diese durch Schüler wie Isaac Rabi (1898–1988) auch grundsätzliche neue Gebiete und Nutzungsmöglichkeiten zu erschließen.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. Dän. Ak. d. Wiss. (1936), d. National Ac. of Science, Washington (1945), d. American Association for the Advancement of Science u. d. American Philosophical Soc.;
    Nobelpreis f. Physik (1943);
    Dr. h. c. (Univ. of California;
    ETH Zürich 1960).

  • Werke

    Einige Argumente f. d. Annahme e. molekularen Agitation beim absoluten Nullpunkt, in: Ann. d. Physik 40, 1913, S. 551–60 (mit A. Einstein);
    Eine direkte Messung d. therm. Molekulargeschwindigkeit, in: Zs. f. Physik 2, 1920, S. 49–56, ebd. 3, 1920, S. 417–21 (mit M. Born);
    Ein Weg z. experimentellen Prüfung d. Richtungsquantelung im Magnetfeld, ebd. 7, 1921, S. 249–53;
    Der experimentelle Nachweis d. magnet. Moments d. Silberatoms, ebd. 8, 1921, S. 110 f.;
    Der experimentelle Nachweis d. Richtungsquantelung im Magnetfeld, ebd. 9, 1922, S. 349–55;
    Über d. Richtungsquantelung im Magnetfeld, in: Ann. d. Physik 74, 1924, S. 673 (alle mit W. Gerlach);
    Über d. magnet. Ablenkung v. isotropen Wasserstoffmolekülen u. d. magnet. Moment d. „Deutons“, in: Zs. f. Physik 86, 1933, S. 132–34 (mit I. Estermann);
    Nachlaß:
    American Physical Soc.

  • Literatur

    I. Estermann, Recent Research in Molecular Beams, A Collection of Papers Dedicated to O. S., 1959 (W-Verz.);
    ders., in: K. Bethge u. H. Klein (Hg.), Physiker u. Astronomen in Frankfurt, 1989, S. 46–52 (P);
    W. Gerlach, Zur Entdeckung d. Stern-Gerlach-Effektes, in: Physikal. Bll. 25, 1969, S. 472 f.;
    E. Segre, in: Biographical Memoirs d. Nat. Ac. of Science of the USA, 43, 1973, S. 213–36 (W-Verz., P);
    B. Friedrich u. D. Herschbach, S. and Gerlach at Frankfurt, Experimental Proof of Space Quantization, in: W. Trageser (Hg.), Stern-Stunden, Höhepunkte Frankfurter Physik, 2005, S. 149–72;
    O. S. u. d. Univ. Frankfurt, hg. v. W. Trageser, 2006 (P);
    Fritz Stern, Fünf Dtld. u. e. Leben, 2007;
    W. Trageser, Der Stern-Gerlach-Effekt, Genese, Entwicklung u. Rekonstruktion e. Grundexperimentes d. Quantentheorie 1916 bis 1926, 2011;
    H. Schmidt-Böcking u. K. Reich, O. S., Physiker, Querdenker, Nobelpreisträger, 2011;
    BJ III, S. 116 u. Tl.;
    BHdE II;
    Biogr. Judaica Bohemiae;
    Pogg. V–VII a;
    Die Juden d. Frankfurter Univ., hg. v. R. Heuer u. S. Wolf, 1997 (L, P);
    Complete DSB.

  • Autor/in

    Dieter Hoffmann
  • Zitierweise

    Hoffmann, Dieter, "Stern, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 281-282 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119320665.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA