Lebensdaten
1893 – 1943
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Hollywood bei Los Angeles
Beruf/Funktion
Schauspieler
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119228866 | OGND | VIAF: 19875176
Namensvarianten
  • Veidt, Hans Walter Conrad
  • Veidt, Conrad
  • Veidt, Hans Walter Conrad
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Veidt, Conrad, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119228866.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Philipp Heinrich (1859–1917), Kanzleisekr.;
    M Amalie Maria Anna Göhtz (1866–1922);
    1) 1918 1919 Auguste Marie (Gussy) Holl (1888–1966, 2] Emil Jannings, 1884–1950, Schausp., Regisseur, Filmproduzent, s. NDB X), Schausp., 2) 1923 1932 Felizitas Lüttgau, geb. Radke, 3) 1933 Ilona (Lily) Preger, geb. Barta ( 1980), aus Ungarn, Leiterin e. Schausp.agentur;
    1 T aus 2) Viola (1925–2004), Sängerin.

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Berliner Hohenzollern-Gymnasiums, das er ohne Abschluß 1912 verließ, begann V. 1913, von Max Reinhardt engagiert, als Schauspieler-Volontär am „Deutschen Theater“ und wurde schon im selben Jahr von seinem Mentor in kleineren Rollen besetzt. Im Dez. 1914 eingezogen und an die Ostfront kommandiert, wurde er zum Fronttheater abgestellt und 1916 auf Widerruf als nicht tauglich aus dem Militärdienst entlassen; danach setzte er seine unterbrochene Laufbahn als Schauspieler erfolgreich an Berliner Reinhardt-Bühnen fort.

    1916 von der „Deutschen Bioscop“ verpflichtet, startete er eine fulminante Karriere als Filmschauspieler. V. verstand es, auch kleinen Rollen einen pointiert individuellen Stil zu geben und setzte früh seinen intensiven Augenausdruck als gestalterisches Mittel ein. Dies prädestinierte ihn dazu, besonders von Obsessionen verfolgte und von Wahnsinn gepeinigte Figuren mit Dringlichkeit zu formen, etwa in „Opium, Die Sensation der Nerven“ (1918, Regie Robert Reinert), „Wahnsinn“ (1919, in eigener Regie), „Unheimliche Geschichten“ oder „Nachtgestalten“ (beide 1919, Regie Richard Oswald) und „Das Wachsfigurenkabinett“ (1923, Regie Paul Leni). In diesen Rollen ist der Kern des somnambulen und zum Mörder mißbrauchten Cesare angelegt, den V. in „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1920, Regie Robert Wiene) verkörperte, eine Gestalt, in der intuitiv Moden und Traumata der Nachkriegszeit versammelt sind: Rauschgiftsucht, Hypnose und Kriegszittern der Frontsoldaten. Ein zweites darstellerisches Spektrum eröffnete V. sich in den „Sittenfilmen“ Richard Oswalds (1880–1963), mit dem ihn eine enge Arbeitsbeziehung verband. Auch hier spielte er Gefährdete und Ausgestoßene, einen Homosexuellen in „Anders als die Andern“ (1919), einen an Syphilis Erkrankten in „Dürfen wir schweigen?“ (1926). Der Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau (1888–1931) besetzte V. in fünf Filmen: „Satanas“ (1919), „Sehnsucht“, „Der Januskopf“, „Abend – Nacht – Morgen“ und „Der Gang in die Nacht“ (alle 1920). V. galt schon zeitgenössischen Kritikern als Schauspieler des Un- und Unterbewußten, der Gestik und Mimik geschickt reduzierte, um desto unvermittelter in ein exaltiertes und für den Zuschauer unkalkulierbares Spielen auszubrechen. Dies machte ihn 1926 auch zum kongenialen Darsteller der Titelrolle im Remake von „Der Student von Prag“ (Regie Henrik Galeen). Doch bei aller vermeintlichen Festlegung auf einen Typ, brillierte V. auch in Historienfilmen und ironisierte dabei seinen Status zuweilen, etwa als Admiral Nelson in Oswalds „Lady Hamilton“ (1921) mit|zerschossenem Arm und schwarzer Augenbinde als ramponierte Marionette.

    In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre konnte V. auch international reüssieren, in Schweden, v. a. aber 1926–29 in Hollywood. In Alan Croslands „The Beloved Rogue“ (1927) spielte er den franz. Kg. Ludwig XI. ohne effekthascherische Attitüde als einen von den eigenen Obsessionen gehetzten und gequälten Menschen, in Paul Lenis „The Man Who Laughs“ (1928) Verfilmung von Victor Hugos Roman „L’Homme qui rit“, stattete er den entstellten Gwynplaine mit anrührender Melancholie aus. Der aufkommende Tonfilm 1929 veranlaßte V., nach Deutschland zurückzukehren. Er spielte preuß. Offiziere, psychologisch gebrochene Charaktere ohne heldisches Klischee (in Kurt Bernhardts „Die letzte Kompagnie“, 1930 u. in Gerhard Lamprechts „Der schwarze Husar“, 1932), und er zeigte 1931 als Fürst Metternich in Erik Charells „Der Kongreß tanzt“ und 1933 als Marquis in Friedrich Hollaenders einzigem Regiefilm „Ich und die Kaiserin“, daß er auch unterkühlt komödiantisch agieren konnte. In diesen Jahren knüpfte V. auch professionelle Kontakte nach England, die ihm die Emigration erleichterten. Im April 1933 fuhr er mit seiner dritten Ehefrau, die Jüdin war, nach London. Zwar kehrte er Ende des Jahres noch einmal nach Deutschland zurück, wirkte als Gessler unter der Regie des bekennenden Nationalsozialisten Heinz Paul (1893–1983) in einer Produktion der Züricher „Terra-Film AG“ mit, widerstand aber allen Versuchen Joseph Goebbels’, ihn in Deutschland zu halten. Sein erster engl. Exilfilm „Jew Suss“ (Regie Lothar Mendes) nach dem Roman von Lion Feuchtwanger kann auch als ein politisches Statement verstanden werden. Von England aus arrangierte er 1935 den Umzug seiner Schwiegereltern aus Wien ins sichere Zürich, für seine zweite Frau und seine Tochter fand er ein Unterkommen in Genf. Anfang April 1938 erhielt V. die brit. Staatsbürgerschaft. In England drehte er für die „Gaumont-British“ und für Alexander Kordas „London Film Productions“. Herausragend war seine Interpretation des Großwesirs Jaffar in dem 1940 von Ludwig Berger und anderen inszenierten „The Thief of Bagdad“. Im Mai 1940 übersiedelte V. zunächst nach Kanada und von dort weiter in die USA, wo er – oft als Nazi oder SS-Mann besetzt – in Anti-Nazi-Filmen Hollywoods mitwirkte, etwa als Major Strasser in Michael Curtiz’ Film „Casablanca“ (1942). Obwohl politisch eindeutig gemeint, vermochte er es, die Typisierung seiner Protagonisten zu unterspielen und ihnen individuellen Ausdruck zu verleihen.

  • Werke

    Weitere W Das Tageb. einer Verlorenen, 1918;
    Dida Ibsens Gesch., 1918;
    Kurfürstendamm, 1920;
    Der Reigen, Ein Werdegang, 1920;
    Lucrezia Borgia, 1922;
    Carlos u. Elisabeth, Eine Herrschertragödie, 1924;
    Tempête sur l’Asie (Sturm über Asien), 1938 (Regie alle Richard Oswald);
    Prinz Kuckuck, 1919 (Paul Leni);
    Das ind. Grabmal, 2 T., 1921 (Joe May);
    Paganini, 1923 (Heinz Goldberg);
    Nju, Eine unverstandene Frau, 1924;
    Der Geiger v. Florenz, 1926 (beide Paul Czinner);
    Orlacs Hände, 1924 (Robert Wiene);
    Die Brüder Schellenberg, 1926 (Karl Grune);
    Das Land ohne Frauen, 1929 (Carmine Gallone);
    Menschen im Käfig, 1930 (E. A. Dupont);
    Die andere Seite, 1931 (Heinz Paul);
    The Passing of the Third Floor Back, 1935 (Berthold Viertel);
    The Spy in Black, 1939;
    Contraband, 1940 (beide Michael Powell);
    Escape, 1940 (Mervyn LeRoy);
    A Woman’s Face (Erpressung), 1941 (George Cukor);
    All Through the Night, 1941 (Vincent Sherman);
    Nazi Agent, 1941 (Jules Dassin);
    Above Suspicion, 1943 (Richard Thorpe); – Schr.: Mein Leben vor d. weißen Wand, 1920.

  • Literatur

    L P. W. Jacob, C. V. u. d. Kunst d. Films, in: ders., Rampenlicht, Köpfe d. Lit. u. d. Theaters, 1945, S. 185–201;
    R. Freund, Ein diesseitiger Dämon, in: H. Knietzsch (Hg.), Prisma 4, 1973, S. 266–77;
    H. Holba u. D. Robinson, From Caligari to Hollywood, in: Focus on Film 21, 1975, S. 27–46;
    D. Gebauer, in: Retrospektive 9, Internat. Filmfestspiele Berlin 1975, S. 80–105;
    ders., ebd. 10, Internat. Filmfestspiele Berlin 1976, S. 74–89;
    R. Blume u. W. Fritsch, C. V., d. Nachtgestalt, in: K. Hickethier (Hg.), Grenzgänger zw. Theater u. Film, 1986, S. 111–26;
    J. C. Allen, C. V., From „Caligari“ to „Casablanca“, 1987, erw. ²1993;
    W. Jacobsen (Hg.), C. V., Lebensbilder, 1993;
    D. Sannwald, Continental Stranger, C. V. u. seine brit. Filme, in: G. Dunkhase u. J. Schöning (Red.), London Calling, 1993, S. 89–97;
    J. T. Soister, C. V. on Screen, 2002;
    G. Gemünden, Allegories of Displacement, C. V.’s British Films, in: Destination London, hg. v. T. Bergfelder u. Ch. Cargnelli, 2008, S. 142–54;
    Rhdb. (P);
    Klassiker d. dt. Tonfilms, 1980;
    Klassiker d. dt. Stummfilms, 1983;
    BHdE II;
    CineGraph;
    Munzinger;
    Kosch, Theater-Lex.; Mann für Mann

  • Autor/in

    Wolfgang Jacobsen
  • Zitierweise

    Jacobsen, Wolfgang, "Veidt, Conrad" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 731-732 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119228866.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA