Lebensdaten
1903 – 1996
Geburtsort
Amsterdam
Sterbeort
Zürich
Beruf/Funktion
Mathematiker
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 119089181 | OGND | VIAF: 95163036
Namensvarianten
  • Waerden, Bartel Leendert van der
  • Waerden, Bartel van der
  • Waerden, Bartel Leendert van der
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Waerden, Bartel van der, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119089181.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Theo(dorus) (1876–1940), Lehrer f. Math. u. Mechanik, 1918 soz.demokrat. Abg. d. 2. Kammer d. niederl. Parl. (s. Biogr. Woordenboek van het Socialisme en de Arbeidersbeweging in Nederland), S d. Henricus Johannes (1837–1929), Schmied in Eindhoven, u. d. Johanna Huberta Cornelia Gossens (1847–1916);
    M Dorothea Adriana (1877–1942), T d. Coenraad van der Endt (* 1845) u. d. Maria Anna Kleij (* 1847);
    B Coenraad (1904–82), Ing., 1957–66 u. 1970 / 71 soz.demokrat. Abg. d. 1. Kammer d. niederl. Parl., Benno (1909–87), Jur., Richter in A.;
    Graz 1929 Camilla Juliana Anna (1905–98), T d. Franz Rellich (1863–1924), Grundbes., Postmeister, u. d. Camilla Fiedler (1879–1969);
    1 S Hans (* 1937), 2 T Helga (* 1930, Walter Habicht, 1915–98, o. Prof. f. Math. in Basel), Ilse (* 1934);
    Schwager Franz Rellich (1906–55), o. Prof. f. Math. an d. TH Dresden u. an d. Univ. Göttingen (s. NDB 21).

  • Biographie

    Nach Abschluß der Hogere Burgerschool in Amsterdam studierte W. seit 1919 an der Univ. Amsterdam Mathematik, u. a. bei Hendrik de Vries, Roland Weitzenböck, Gerrit Mannoury und Luitzen Egbertus Jan Brouwer, sowie Physik, Mechanik und Chemie. Mit einem Stipendium des International Education Boards ging er 1924 / 25 an die Univ. Göttingen, wo er sich bei Emmy Noether (1882–1935) mit Algebra sowie bei Richard Courant (1888–1972) und David Hilbert (1862–1943) mit math. Physik beschäftigte. 1926 wurde er mit einer Arbeit zu den Grundlagen der abzählenden Geometrie an der Univ. Amsterdam promoviert. 1926 / 27 verbrachte W. ein Jahr an der Univ. Hamburg. Dort befaßte er sich mit Algebra und algebraischer Zahlentheorie zusammen mit Emil Artin (1898–1962), Wilhelm Blaschke (1885– 1965), Erich Hecke (1887–1947) und Otto Schreier (1901–29). W. habilitierte sich im Febr. 1927 an der Univ. Göttingen mit der Arbeit „Der verallgemeinerte Satz von Bézout“, war dort von Mai 1927 bis Sept. 1928 Assistent von Courant und beschäftigte sich u. a. mit Topologie. Anschließend war er bis 1931 – mit Ausnahme einer Gastprofessur an der Univ. Göttingen im Sommersemester 1929 – Ordinarius für Geometrie an der Univ. Groningen. Hier entstand sein berühmtes auflagenstarkes zweibändiges Werk „Moderne Algebra“ (1930 / 31, ⁵1967, ⁹1993), das auf Vorlesungen von Artin beruhte und den von E. Noether und Artin entwickelten, abstrakten Zugang zur Algebra erstmals in Form eines Lehrbuchs einer breiteren Leserschaft erschloß.

    Von Mai 1931 bis zum Ende des 2. Weltkriegs wirkte W. als Ordinarius für Geometrie an der Univ. Leipzig. Hier arbeitete er u. a. mit den Physikern Friedrich Hund (1896–1997) und Werner Heisenberg (1901–76) zusammen. Nach dem Krieg kehrte er mit seiner Familie in die Niederlande zurück, wo er aufgrund seiner Berufsausübung in NS-Deutschland Schwierigkeiten hatte, eine Anstellung an einer Universität zu erhalten. Er war zunächst bei der „Baatafsche Petroleum Maatschappij“ (heute: Shell) und dann am neu gegründeten „Mathematisch Centrum“ als Leiter der Abteilung für Angewandte Mathematik tätig. Im Herbst 1947 ging W. für ein Jahr als Gastprofessor an die Johns Hopkins University in Baltimore (Maryland, USA). Danach erhielt er an der Univ. Amsterdam eine ao. Professur und im Okt. 1950 eine o. Professur für Reine und Angewandte Mathematik. Zu diesem Zeitpunkt hatte W. bereits einen Ruf an die Univ. Zürich angenommen, wo er seit dem Sommer 1951 lehrte. Nach seiner Emeritierung übernahm er 1973 die Leitung der neu gegründeten Abteilung für Geschichte der Wissenschaft des Zürcher Mathematischen Instituts, die bereits sechs Jahre später wieder aufgelöst wurde.

    W.s math. Werk erstreckt sich über viele Teilgebiete: Algebra (1930 / 31; Gruppen v. linearen Transformationen, 1935), Geometrie (Einf. in d. algebraischen Geometrie, 1939), Topologie, Zahlentheorie, Analysis, Optimierung, Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik (Math. Statistik, 1957) sowie math. Physik (Die gruppentheoret. Methode in d. Quantenmechanik, 1932). Die algebraische Geometrie war jedoch sein Hauptarbeitsgebiet mit zahlreichen Veröffentlichungen über seine ganze Schaffensperiode hinweg. Ca. ein Drittel seiner math. Publikationen befassen sich mit angewandter Mathematik und math. Physik. Nicht selten gingen diese Arbeiten aus speziellen Fragen von Kollegen hervor, die sich an W. wandten; 1928 / 29 beispielsweise|wünschte sich Paul Ehrenfest (1880–1933) von W. einen Kalkül für Spinoren.

    In der Wissenschaftsgeschichte, die ca. zwei Fünftel seines Gesamtwerks ausmacht und zu der W. seit 1937 publizierte, leistete er Beiträge zur Geschichte der alten Mathematik (Ontwakende Wetenschap, Egyptische, Babylonische en Griekse Wiskunde, 1950; Die Pythagoreer, 1979) und der Astronomie sowie zur Geschichte der Algebra und Geometrie und der Physik (Sources of Quantum Mechanics, 1967).

    Zu seinen Schülern zählen u. a. David van Dantzig (1900–59), Herbert Seifert (1907–96), Hans Richter (1912–78), Wei-Liang Chow (1911–95), Günther Frei (* 1942) und Erwin Neuenschwander (* 1942).

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. zahlr. wiss. Vereinigungen, u. a. d. Sächs. Ak. d. Wiss. z. Leipzig (1934), d. Niederl. Ak. d. Wiss. (1949) u. d. Leopoldina (1960);
    korr. Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (1951), d. Heidelberger Ak. d. Wiss. (1951) u. d. Ac. internat. d’ hist. des sciences (1963 / 67);
    Ehrenmitgl. d. Schweiz. Math. Ges. (1973);
    zahlr. Ehrungen, u. a. Dr. h. c. (Athen 1961 u. Leipzig 1984 oder 1985);
    Orden Pour le mérite f. Wiss. u. Künste (1973).

  • Werke

    Weitere W De logische grondslagen van de Euclidische Meetkunde, 1937;
    Differentiaalrekening, 1951;
    Tafeln z. Vgl. zweier Stichproben mittels X-Test u. Zeichentest, 1956 (mit E. Nievergelt);
    Integraalrekening, 1958;
    Erwachende Wiss., Bd. 2: Die Anfänge d. Astronomie, 1965;
    Stud. z. Theorie d. quadrat. Formen, 1968 (mit H. Gross);
    Math. f. Naturwissenschaftler, 1975;
    Geometry and Algebra in Ancient Civilizations, 1983;
    Zur algebra. Geometrie, Selected Papers, mit Bibliogr., 1983;
    A Hist. of Algebra, 1985;
    Die Astronomie d. Griechen, 1988;
    Mithg.: u. a. Math. Ann.;
    Archive for Hist. of Exact Sciences;
    Springer R. „Die Grundlehren der math. Wiss.“;
    Autobiogr.: On the Sources of my Book Moderne Algebra, in: Hist. Mathematica 2, 1975, S. 31–40;
    The School of Hilbert and Emmy Noether, in: Bull. of the London Mathematical Soc., 1983, S. 1–7;
    Y. Dold-Samplonius, B. v. d. W. befragt v. ders., in: NTM, Internat. Zs. f. Gesch. u. Ethik d. Naturwiss. u. d. Med. (N. S.) 2, 1994, S. 129–47 (P);
    Meine Göttinger Lehrj., in: Mitt. d. DMV 2, 1997, S. 20–27 (P);
    Bibliogrr.: H. Gross, Herr Prof. B. L. v. d. W. feierte seinen siebzigsten Geb.tag, in: Elemente d. Math. 28, 1973, S. 25–32;
    W., Zur algebra. Geometrie, 1983;
    J. Top u. L. Walling, Bibliogr. of B. L. v. d. W., in: Nieuw Archief voor Wiskunde 12, 1994, S. 179–93 (alle unvollst.);
    Nachlaß: Bibl. d. ETH Zürich, Spezialslgg., Nachlässe HS 652;
    B. Jacob: Die Briefslg. B. L. v. d. W., 1985 (Findbuch).

  • Literatur

    |G. Eisenreich, B. L. v. d. W.s Wirken v. 1931–45 in Leipzig, in: H. Beckert u. H. Schumann (Hg.), 100 J. math. Seminar d. Karl-Marx-Univ. Leipzig, 1981, S. 218–44 (mit unvollst. Bibliogr., P);
    G. Frei u. U. Stammbach, Die Mathematiker an d. Zürcher Hochschulen, 1994, S. 218–44 (P);
    J. P. Hogendijk, B. L. v. d. W.s Detective Work in Ancient and Medieval Mathematical Astronomy, in: Nieuw Archief voor Wiskunde 12, 1994, S. 145–58;
    W. R. Knorr, The Geometer and the Archaeoastronomers, On the Prehistoric Origins of Mathematics, in: British Journ. for Hist. of Science 18, 1985, S. 197–212;
    E. Neuenschwander, in: J. W. Dauben u. C. J. Scriba (Hg.), Writing the Hist. of Mathematics, Its Hist. Development, 2002, S. 547–51;
    N. Schappacher, A Hist. Sketch of B. L. v. d. W.s Work on Algebraic Geometry, 1926–1946, in: J. Gray u. K. Parshall Hunger (Hg.), Episodes in the Hist. of Modern Algebra, 1800–1950, 2007, S. 245–83;
    K.-H. Schlote, B. L. v. d. W., Moderne Algebra, in: I. Grattan-Guinness, Landmark Writings in Western Mathematics, 1640–1940, 2005, S. 901–16;
    ders., Von geordneten Mengen bis z. Uranmaschine, 2008, S. 239–43, 255–61, 353–57 u. a. (P);
    M. R. Schneider, Zw. zwei Disziplinen, B. L. v. d. W. u. d. Entwicklung d. Quantenmechanik, 2011 (P);
    R. Siegmund-Schultze, B. L. v. d. W. (1903–1996) im Dritten Reich, Moderne Algebra im Dienste d. Anti-Modernismus, in: D. Hoffmann u. M. Walker (Hg.), „Fremde“ Wissenschaftler im Dritten Reich, d. Debye-Affäre im Kontext, 2011, S. 200–29;
    A. Soifer, The Mathematical Coloring Book, Mathematics of Coloring and the Colorful Life of its Creators, 2009, S. 309–485 (P);
    ders., The Scholar and the State, In Search of V. d. W., 2015 (P);
    R. Thiele, V. d. W. in Leipzig, 2009 (P);
    HLS;
    Lex. bed. Math.;
    Pogg. VI-VIII;
    Mitgll. Sächs. Ak. d. Wiss. (P);
    Würdigungen u. Nachrufe: G. Frei, Dedication, B. L. v. d. W. z. 90. Geb.tag, in: Hist. Mathematica 20, 1993, S. 5–11;
    ders., J. Top u. L. Walling, A Short Biogr. of B. L. v. d. W., in: Nieuw Archief voor Wiskunde 12, 1994, S. 137–44;
    J. C. Scriba, in: Berr. z. Wiss.gesch. 19, 1996, S. 245–51 (P);
    E. Hlawka, in: Alm. d. Österr. Ak. d. Wiss. 146, 1995 / 96, S. 399–405;
    Y. Dold-Samplonius, in: Hist. Mathematica 24, 1997, H. 2, S. 125–30 (P);
    T. A. Springer, in: Koninklijke Nederlandse Ak. van Wetenschappen, Levensberichten en herdenkingen, 1997, S. 45–50.

  • Porträts

    |Photogrr. (Math. Forsch.inst. Oberwolfach;
    Centraal Bureau voor Geneal., Den Haag, Photoslg. Veenhuijzen;
    Univ.archiv Leipzig;
    Bibl. d. ETH Zürich, Bildarchiv).

  • Autor/in

    Martina R. Schneider
  • Zitierweise

    Schneider, Martina R., "Waerden, Bartel van der" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 179-180 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119089181.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA