Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Grafen ; Herzöge
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118808710 | OGND | VIAF: 8184137
Namensvarianten
  • Savoie
  • Savoia
  • Savoyen
  • mehr

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Zitierweise

Savoyen, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118808710.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Die aus dem Bugey stammende Familie erscheint in der Umgebung des letzten Königs von Burgund, Rudolf III. ( 1032) und dessen Frau, Kgn. Irmingard. Der erste bekannte Vertreter des Geschlechts, Humbert „Weißhand“ ( n. 1048), ein enger Verwandter (Bruder ?) Irmingards, nutzte die Integration Burgunds in das Reich (1032), um seine Vorherrschaft beidseits der Westalpen zu festigen. Im 12. Jh. kontrollierten seine Nachfolger, die gelegentlich den Titel der Grafen von Moriana (Maurienne) trugen, die beiden großen Alpenübergänge des Mt-Cenis und des Grand-St-Bernard und deren Zugangswege nach Norditalien, wodurch sie eine wichtige Rolle in der Politik des Reichs spielen konnten, dessen Lehnshoheit sie anerkannten. Die S. erlangten von den Kaisern und dt. Königen Privilegien, die den Ausbau ihrer Herrschaft, die im Mittelalter von Nizza bis vor die Tore Berns und vom Rhônetal bis nach Vercelli in der Lombardei reichte, begünstigten. Die Unterstützung der Reichsgewalt seitens der S. indes war unbeständig; sie schlug jedes Mal in offene Feindseligkeit um, wenn dt. Herrscher versuchten, das frühere Kgr. Burgund und spätere Kgr. v. Arles bzw. v. Vienne für sich zu revindizieren, und dadurch den Machtbereich der S. bedrohten. Gegenüber den ersten Staufern noch eher feindlich gesonnen, verbesserten sich die Beziehungen der S. zum Reich unter Philipp von Schwaben, der Thomas I. (1177–1233), Sohn Humberts III. ( 1189), 1207 mit Gütern belehnte, die er selbst von seinen Vorfahren erhalten hatte. Thomas, der als zweiter Gründer des Geschlechts betrachtet werden kann, führte eine betont expansive Territorialpolitik in Piemont, Savoyen und der Region Bassin Lémanique (am Genfersee) 1226 wurde er von Friedrich II. zum ksl. Reichsvikar in Italien bestellt. Als jedoch die Habsburger besonders nach der Thronbesteigung Rudolfs I. (1273) ihre Expansionsbestrebungen im Schweizer Mittelland verstärkten, löste dies direkte Feindseligkeiten mit Peter II. ( 1268) und Philipp ( 1285) aus, beides Söhne von Thomas I., die ursprünglich dem geistlichen Stand angehörten; Peter war Administrator von Lausanne, Philipp Erzhischof von Lyon. Erwähnt seien außerdem Wilhelm ( 1239), Bischof von Lüttich, und Eduard (1322–95), Bischof von Sitten (alle vier s. Gatz IV).

    Im 14. und Anfang des 15. Jh. gestalteten sich die Beziehungen der S. zum Reich, v. a. unter den Herrschern aus dem Hause Luxemburg, besonders eng. Amadeus V. (1249–1323) und sein Neffe Ludwig II. ( 1349) vom Nebenzweig S.-Waadt begleiteten Heinrich VII. auf dessen Italienzug. Nach seiner Krönung erhob der Kaiser am 11.6.1313 seinen Schwager Amadeus zum Reichsfürsten und übertrug ihm das Reichsvikariat in der Lombardei. Amadeus bekräftigte bei dieser Gelegenheit die Lehenshoheit des Reichs über die savoy. Besitzungen. Verschiedene Zugeständnisse (1356, 1362, 1365), die Karl IV. Amadeus VI. („dem grünen Gf.“, 1334-83) gewährt hatte, gaben diesem die Möglichkeit, sich in die Angelegenheiten kleinerer Herrschaften, besonders jener der Bischöfe von Genf und Lausanne sowie des Erzbischofs von Tarentaise, einzumischen. Der Graf konnte auf diese Weise seinen Vorrang als Repräsentant der ksl. Gewalt, insbesondere als letzte Berufungsinstanz, verstärken. 1361 wurde die Gfsch. Savoyen aus dem Kgr. Arles herausgelöst und direkt dem dt. Reich eingegliedert. Am 9.2.1416 erhob Ks. Sigismund Savoyen zum Herzogtum. Aus diesem Anlaß ließen die S. die Legende vom sächs. Ursprung der Dynastie in der von Jean Cabaret 1417-19 verfaßten „Chronik von Savoyen“ schriftlich fixieren. Dieses Werk – mehr episch als historisch – sollte nachweisen, daß die S. von einem Neffen Ks. Ottos III., einem gewissen Bérold, abstammten, dessen angenommenes Wappen in der Folge in die savoy. Heraldik eingefügt wurde. Die S. wurden so als angebliche Angehörige des sächs. Stamms dt. Fürsten. Erster Herzog war Amadeus VIII. (1383–1451), der sich 1434 von den Regierungsgeschäften zurückzog und 1440 zugunsten seines Sohnes Ludwig I. (1402–65) abdankte, 1439 vom Basler Konzil zum Papst gewählt wurde (als Felix V.), zehn Jahre später jedoch resignerte, da ihm die allgemeine Anerkennung versagt blieb.

    Dank der festen Verankerung im ksl. Einflußbereich, dem Titel eines Reichsvikars und der Betonung der german. Abstammung beanspruchten die S. eine Vorrangstellung u. a. gegenüber ital. Fürstentümern (bes. Mailand u. Florenz), wovon verschiedene Streitigkeiten um den Vorsitz bei den Reichstagen zeugen. Die S. hofften v. a., einer weiteren Expansion Frankreichs, das sich auf Kosten des ehemaligen Königreichs von Arles (Erwerbung d. Dauphiné 1349 u. d. Provence 1481) ausgedehnt hatte, Einhalt bieten zu können.

    Die europ. Konflikte der ersten Hälfte des 16. Jh. führten nach den militärischen Erfolgen Frankreichs und der Schweizer Eidgenossenschaft zu einer fast vollständigen Auflösung des Hzgt. Savoyen. Dank der Unterstützung Habsburgs erhielt Emmanuel Philibert ( 1580) einen Teil des Herzogtums zurück und verlegte nach der franz. Besetzung (1536–59) seinen Regierungssitz 1560 von Chambéry nach Turin. Seine Urenkelin Henriette Adelheid Kf. v. Bayern (1636–76) verhalf ital. Kunst in Bayern zum Durchbruch, sein Ururenkel Prinz Eugen (1663–1736, s. NDB IV) spielte in der Reichspolitik als ksl. Feldherr und Staatsmann eine hervorragende Rolle. Seitdem die S. in Turin residierten, orientierten sie sich politisch verstärkt nach Italien, zumal sie 1601 die westlichen Landesteile (Bresse, Bugey, Valromey) an Frankreich abtreten mußten und 1713-18 Könige von Sizilien sowie 1720 Könige von Sardinien wurden. Dies hinderte sie jedoch nicht, ihre Identität als Reichsfürsten weiter zu betonen. Sie ließen sich nach wie vor ihre Lehnsbesitzungen wie auch ihren Titel als Reichsvikar bestätigen, schickten regelmäßig Gesandte zu den Reichstagen, leisteten jedoch keine finanziellen Beiträge. Trotz begründeter Zweifel lebte der Mythos eines sächs. Ursprungs der S. bis zum Anfang des 19. Jh. fort. Der Untergang des Alten Reiches und die herausragende Rolle, die die S. in der ital. Einigung 1861 als nunmehrige Könige von Italien zu spielen verstanden, bewirkten, daß die Geschichtsschreibung nun die ital. Wurzeln der Dynastie betont.

  • Literatur

    S. Hellmann, Die Grafen v. S. u. d. Reich bis z. Ende d. Stauf. Periode, 1900;
    D. Muratore, L'imperatore Carlo IV nelle terre sabaude nel 1365 e il Vicariato imperiale del conte Verde, in: Memorie della Reale Accademia delle Scienze di Torino, II/56, 1906, S. 159-215;
    W. Kienast, Die dt. Fürsten im Dienst d. Westmächte, 2 Bde., 1924-31;
    G. Tabacco, Lo stato sabaudo nel Sacro Romano Impero, 1939;
    ders., La formazione della potenza sabauda come dominazione alpina, in: Die Alpen in d. Europ. Gesch. d. MA, 1965 (Vortrr. u. Forschungen 10), S. 233-43;
    T. Bohner. Das Haus S., 1941;
    B. Resmini, Das Arelat im Kräftefeld d. franz., engl. u. angiovin. Pol. nach 1250 u. d. Einwirken Rudolfs v. Habsburg, 1980;
    G. Coutaz. Die Reichsarchivalien in Turin u. d. Beziehungen d. Hauses S. zu Heinrich VII. (1310–1313), in: MIÖG 89, 1981, S. 241-67;
    L. Ripart, Le mythe des origines saxonnes des princes de Savoie, in: Razo, Cahiers du Centre d'études médiévales de Nice, 12, 1992, S. 147-61;
    Amédée VIII – Félix V, premier du de Savoie et pape (1383-1451), études publ. par B. Andenmatten et A. Paravicini Bagliani, 1992 (Bibl. hist. vaudoise 103);
    Pierre II de Savoie, „Le Petit Charlemagne“ ( 1268), Colloque internat. Lausanne, 30-31 Mai 1997, études publ. par B. Andenmatten, A. Paravicini Bagliani et E. Pibiri, 2000 (Cahiers lausannois d'hist. médiévale 27);
    La Suisse occidentale et l'Empire, Actes du colloque de Neuchâtel, 2002, 2004 (Memoires et Documents publies par la Soc. d'hist. de la Suisse romande, IV/7);
    HBLS (Stammtafel);
    Lex. MA (Stammtafel);
    GHdA 114, Fürstl. Häuser 15, 1997.

  • Autor/in

    Bernard Andenmatten
  • Zitierweise

    Andenmatten, Bernard, "Savoyen" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 475-476 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118808710.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA